Steuersünder unter Druck

Auf dem Schwarzmarkt werden immer mehr Informationen über deutsche Steuerhinterzieher mit Bankkonten in der Schweiz angeboten. Viele wollen trotzdem durchhalten. Das ist extrem riskant.

Düsseldorf Tausende Bundesbürger mit Schweizer Schwarzgeld-Konten dürften in den kommenden Wochen schlecht schlafen. Der Fahndungsdruck wird nochmals zunehmen. Fast im Monatsrhythmus kaufen deutsche Behörden inzwischen Filetstücke aus dem Schweizer Bankgeheimnis heraus: Datensätze über deutsche Kunden, die zwischen 120 und 180 Milliarden Euro auf schweizerischen Konten versteckt haben sollen.

Wer auffliegt, steht nicht selten vor dem Ruin. Ihm droht neben einer Gefängnisstrafe ein Bündel von Strafzahlungen, die oft weit mehr als den Anlagebetrag auffressen. Wer sich rechtzeitig – also vor dem Beginn von Ermittlungen – selbst anzeigt, zahlt weniger und umgeht eine Vorstrafe. Nach Angaben des NRW-Finanzministeriums haben sich in diesem Jahr 6463 NRW-Bürger selbst angezeigt. Bundesweit nahm der Fiskus durch Selbstanzeigen zwei Milliarden Euro ein.

NRW hat bislang mindestens sechs gestohlene Datensätze gekauft. Meist sind es die Banker selbst, die ihren Zugriff auf sensible Daten missbrauchen. Die jüngste Steuer-CD bekam die Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche zugespielt. Erneut sollen Hunderte Anleger aus NRW betroffen sein. Außerdem deutet NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) an, dass die nächste Daten-CD schon in der Pipeline steckt: "Es sieht so aus, als könne man damit noch etliche Steuerbetrüger aus Deutschland überführen", sagt er. Im Herbst werden die ersten Verfahren eingeleitet.

Die Verkäufer haben eine Art Schlussverkauf gestartet. Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen, das ab 2013 gelten soll, verbietet deutschen Behörden künftig unter Umständen den Kauf solcher Daten. Allerdings ist der Wortlaut des Abkommens in diesem Punkt schwammig, so dass einige Experten ihn entgegengesetzt interpretieren. In jedem Fall aber sind die Betrüger aber angesichts der sich zuspitzenden Lage zu einer Wette gezwungen, bei der sie nur verlieren können. Möglichkeit eins: Sie hoffen auf das Steuerabkommen, das im November im Bundesrat verabschiedet und ab 2013 gelten soll. Dann kommen sie mit einem blauen Auge davon. Es sieht eine moderate Nachbesteuerung der Schwarzgelder vor, zudem eine Kapitalsteuer in der Zukunft. Im Gegenzug wird das Schwarzgeld legalisiert und die Anleger bleiben anonym. Der Haken: Auch wegen der spektakulären Erfolge der NRW-Steuerfahnder stößt das geplante Abkommen auf immer mehr Widerstand. Es zeichnet sich ab, dass es im Bundesrat scheitert. Die Hinterzieher hoffen also auf ein rettendes Ufer, das es vielleicht gar nicht gibt.

Möglichkeit zwei: Selbstanzeige. Also eine Art Schadensbegrenzung. Teuer, aber kalkulierbar. Möglichkeit drei: Hoffen, nicht erwischt zu werden. Wegen des extremen Risikos raten Steuerberater davon ab. Denn wegen immer neuer Steuer-CDs wird der Fahndungsdruck zum Jahresende nochmals zunehmen. Und selbst, wenn das Steuerabkommen kommt, will Walter-Borjans weiter Daten kaufen lassen. Wer ein Schwarzgeld-Konto in der Schweiz hat, sitzt so oder so auf einem Pulverfass.

(RP)
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