Lohndumping-Vorwürfe Schlecker beendet Kooperation mit Leiharbeitsfirma

Berlin (RPO). Die Drogeriemarktkette Schlecker beendet nach öffentlicher Kritik an ihrem Einsatz von Leiharbeitskräften die Zusammenarbeit mit einer umstrittenen Leiharbeitsfirma. Die Regierung will die Vorwürfe genau prüfen.

 Drogerie Schlecker: Angeblich Stammpersonal durch Zeitarbeitskräfte ersetzt.

Drogerie Schlecker: Angeblich Stammpersonal durch Zeitarbeitskräfte ersetzt.

Foto: ddp, ddp

Um die öffentliche Diskussion um die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern der Firma Meniar zu beenden, habe Schlecker beschlossen, "mit sofortiger Wirkung keine neuen Arbeitnehmerüberlassungsverträge" mit der Firma mehr abzuschließen, teilte ein Sprecher des Unternehmens am Montag auf Anfrage mit. Die Debatte habe die Drogeriemarktkette jedoch "bisher nicht nachvollziehen können".

Die Regierung will die Lohndumping-Vorwürfe gegen die Drogeriekette genau prüfen und den möglichen Missbrauch von Leiharbeit notfalls mit schärferen Gesetzen eindämmen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte am Montag in Berlin, ihr Ministerium werde sehr genau prüfen, ob die Firma Gesetze verletze oder umgehe. Weise der Gesetzesrahmen Schlupflöcher oder Lücken auf, werde die Regierung nachbessern, versprach sie.

Zeitarbeit nicht grundsätzlich diskreditieren

Schlecker ersetzt angeblich Teile der Stammbelegschaft durch Leiharbeiter, die nur die Hälfte des üblichen Gehalts bekommen und von der konzerneigenen Leiharbeitsfirma Meniar vermittelt werden. Ministerin von der Leyen betonte zugleich, ihr sei wichtig, dass nun das an sich gute Modell der Zeitarbeit nicht in Misskredit gerate. Viele Jobsuchende hätten dadurch überhaupt nur eine Chance am Arbeitsmarkt.

Die arbeitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Anette Kramme, erklärte hingegen: "Die Geschäftspolitik der Firma Schlecker ist unzumutbar und menschenverachtend." Die Leiharbeitskräfte seien zum Großteil ehemalige Angestellte, die zu deutlich schlechteren Konditionen genau den gleichen Job ausüben. Sie verwies auf ver.di-Informationen, wonach der Stundenlohn der von von Meniar überlassenen Arbeitnehmer zwischen 6,50 und 7,00 Euro pro Stunde beträgt. Zudem würden weder Urlaubsgeld noch Weihnachtsgeld gezahlt und es gebe weniger Urlaubstage.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, erklärte, der offenkundige Missbrauch von Leiharbeit zeige, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung schleunigst handeln müsse. Notwendig sei ein verbindlicher Mindestlohn in der Leiharbeitsbranche. "Bundesministerin von der Leyen könnte hier zügig handeln, tut es aber nicht", beklagt er. "Im Gegenteil: Es sind CDU/CSU, die seit geraumer Zeit einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche verhindern. Damit hat die Union genau dem Missbrauch Vorschub geleistet, den sie jetzt beklagt."

Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte, die Zeitarbeit als Instrument an sich habe sich bewährt. Im Fall Schlecker gehe es zunächst einmal darum, die Sachverhalte zu prüfen. Möglich sei auch eine Überprüfung der Konzession durch die Bundesagentur für Arbeit (BA). Von Schlecker sei eine Stellungnahme angefordert worden. "Die liegt noch nicht vor", sagte die Sprecherin.

Nur noch 6,50 statt 12,80 Euro die Stunde

Die Lohngestaltung bei Schlecker beschäftigt seit einigen Wochen schon den Bundestag. Ende November wollte die Abgeordnete der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, von der Bundesregierung in einer mündlichen Fragestunde wissen, welche rechtlichen Schlussfolgerungen die Bundesregierung daraus ziehe, "dass das Unternehmen Schlecker versucht, mit der Zeitarbeitsfirma Meniar einen mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Tarifvertrag über Lohn- und Arbeitsbedingungen im Unternehmen zu unterlaufen." Zimmermann verwies dabei auf einen Medienbericht, wonach "der Geschäftsführer dieser Zeitarbeitsfirma jahrelang Toppersonalmanager bei Schlecker war und ein Büro am Konzernsitz unterhält".

Vor gut drei Wochen rief der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Ulrich Maurer, zum Boykott "der neuen Schlecker-XL-Läden" auf. "Das skandalöse Lohndumping der Firma Schlecker durch Leiharbeit auf Basis einer Strohmann-Konstruktion muss sofort durch Intervention der Bundesregierung beendet werden", erklärte er außerdem.

Die Grünen wollen in einer am Freitag gestellten Kleinen Anfrage von der Regierung wissen, wie sie "die Substitution von Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bewertet". Eine solche Entwicklung zeige sich derzeit "exemplarisch bei Schlecker".

(apd/awei)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort