Karlsruhe will Bonussystem nicht verbieten Niedrige Rabatte auf Medikamente sind erlaubt

Karlsruhe (RPO). Apotheken dürfen ihren Kunden weiter Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel einräumen. Beträge in Höhe von einem Euro je Medikament sind noch zulässig, fünf Euro aber nicht mehr, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Donnerstag verkündeten Grundsatzurteil entschied. Das Gericht verwies zur Begründung auf das Gesetz zur Preisbindung für Arzneimittel.

Zahlreiche Apotheken haben inzwischen ein Bonussystem für Kunden eingeführt. Einige Pharmazien geben sogenannte Taler aus, die gesammelt und dann bei einem neuen Einkauf verrechnet werden. Andere erstatten die Praxisgebühr zurück oder geben Einkaufsgutscheine aus. Die Zentrale gegen den unlauteren Wettbewerb aber auch Konkurrenten schritten gegen den neuen Trend ein und klagten auf Unterlassung. Sie verwiesen unter anderem auf die Preisbindung für Arzneimittel. Das Bonussystem verstoße gegen diese Preisvorschriften. Die angerufenen Gerichte hatten unterschiedliche Rechtsauffassungen, so dass der BGH in letzter Instanz entscheiden musste.

Der BGH erlaubte nun wegen der gesetzlichen Preisbindung für Medikamente allenfalls Bagatellbeträge. Werbeabgaben in Höhe von einem Euro sind demnach auf jeden Fall zulässig, fünf Euro dagegen nicht mehr, weil sie Verbraucher unsachlich beeinflussen und andere Apotheken unlauter beeinträchtigen könnten. Zur Begründung führen die Bundesrichter aus, die Preisbindung für Arzneimittel bezwecke eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Apotheken und Medikamenten. Apotheken in Ballungsgebieten müssen deshalb denselben Preis für Medikamente verlangen wie solche in ländlichen Regionen. Wo die Grenze eines noch zulässigen Rabatts liegt, wird sich einem Gerichtssprecher zufolge durch künftige Urteile der Fachgerichte ergeben.

Der Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband, Stefan Etgeton, forderte die Verbraucher auf, in Apotheken nach Rabatten zu fragen: "Es lohnt sich auch im Ein-Euro-Bereich", sagte er.

Ob für die im Ausland ansässigen Versandapotheken dieselben Grenzen für Bonussysteme gelten wie für die deutsche Konkurrenz, musste der BGH noch offen lassen. Denn hier gibt es zwischen dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel und dem BGH in Karlsruhe abweichende Meinungen. Das BSG hatte in einem anderen Fall einmal entschieden, dass ausländische Versandapotheken bei Importen nicht dem deutschen Recht unterliegen, der BGH sieht dagegen das Recht des Marktortes als ausschlaggebend an. Hier müssen sich nun die obersten Gerichte des Bundes auf eine einheitliche Linie einigen. Das wird erfahrungsgemäß einige Monate dauern.

Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) bezeichnete es nun als "unerträglich", dass der BGH diese Frage nicht entschied. "Wir fordern Chancengleichheit für deutsche Apotheker", erklärte der BVDVA-Vorsitzende Christian Buse. Wegen der rechtlichen Schieflage seien deutsche Versandapotheken benachteiligt, weil sie nicht mit Rabatten um Kunden werben könnten, wie etwa die Versandapotheken aus den Niederlanden. "Das ist der Grund, warum der Löwenanteil aller im Versandhandel eingereichten Rezepte von den Patienten in die Niederlande geschickt werden", kritisierte Buse.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände erklärte, der gemeinsame Senat könne "die Auswüchse bei ausländischen Versandapotheken wieder abstellen und das Urteil des Bundessozialgerichts relativieren".

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