Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt im Interview "Rot-Grüne Steuerpläne sind Horrorkatalog"

Berlin · Der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt fordert im Gespräch mit unserer Redaktion eine grundlegende Reform der Ökostrom-Förderung sofort nach der Wahl, nennt die Steuerpläne von SPD und Grünen einen "Horrorkatalog" und kritisiert den Unionsplan zur Anhebung der Mütterrenten.

 Dieter Hundt bezieht klar Stellung gegen die Steuerpläne der Opposition.

Dieter Hundt bezieht klar Stellung gegen die Steuerpläne der Opposition.

Foto: dpa, pil fdt lof

Die Opposition will Steuern und Staatsausgaben erhöhen, die Regierungsparteien wollen nur Rentnerinnen und Familien Gutes tun. Welchem Konzept geben Sie den Vorzug?

Hundt Eindeutig dem schwarz-gelben. Das rot-grüne Konzept ist ein Horrorkatalog. Wenn er auch nur teilweise umgesetzt würde, hätte das dramatische Nachteile für die Wirtschaft und würde erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden auslösen. Für Personenunternehmen hätten die Steuererhöhungspläne eine Gewinnbesteuerung von mehr als 80 Prozent zur Folge. Das verkraftet kein Unternehmen. Das rot-grüne Konzept gefährdet hochgradig Arbeitsplätze, das geht in die Hunderttausende.

Sie glauben SPD-Spitzenkandidat Steinbrück nicht, dass er die Betriebe bei der Vermögensteuer verschont?

Hundt Nein. Er ist uns bisher jeden Beweis dafür schuldig geblieben. Die Beschlusslage der SPD sieht anders aus. Neben der Vermögensteuer sorgen uns aber auch die rot-grünen Erbschaftsteuerpläne. Wir stehen vor Hunderttausenden Unternehmensübergaben. Eine Verschlechterung bei der Erbschaftsteuer würde viele Erben zur Firmenaufgabe zwingen. Vor einer rot-grünen Bundesregierung wäre mir daher angst und bange.

Der Unionsplan, die Mütterrenten anzuheben, dürfte zu einem höheren Beitrag führen. Ist das in Ordnung?

Hundt Das geht ebenfalls in die falsche Richtung. Aber im Volumen plant die Union deutlich weniger zusätzliche Belastungen. Außerdem stellt die Union alles unter Finanzierungsvorbehalt. Ich bin dagegen, die Mütterrenten anzuheben. Die derzeit erfreuliche Situation in der Rentenkasse wird wegen der demografischen Entwicklung nicht anhalten.

Die Union möchte auch regionale Lohnuntergrenzen einführen. Ist das besser als ein Mindestlohn?

Hundt Lohnuntergrenzen sind im Endeffekt nicht besser als ein einheitlicher Mindestlohn. Wie das Unionsmodell genau aussieht, weiß keiner so richtig. Eine gesunkene Tarifbindung ist das falsche Argument für die Forderung nach Mindestlöhnen, denn die Tariforientierung ist weitaus höher: 80 Prozent aller Beschäftigten erhalten Löhne, die sich an Tarifverträgen orientieren. Darüber hinaus haben wir genügend tarifpolitische und gesetzliche Instrumente, um in einzelnen Branchen Mindestlöhne festzulegen.

Warum kommt beim Thema Tarifeinheit seit Jahren nichts voran?

Hundt Ich begrüße die sehr klare Aussage von CDU und CSU im Wahlprogramm, in der nächsten Legislaturperiode die Tarifeinheit gesetzlich zu regeln. Die Union will damit gewährleisten, dass aufgrund einer solchen gesetzlichen Regelung der Grundsatz verwirklicht wird, in einem Betrieb grundsätzlich auch nur einen Tarifvertrag anzuwenden. Ich weiß, dass Bundeskanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer sich sehr für diese klare Aussage eingesetzt haben. Ich hoffe deshalb, dass es in der neuen Legislaturperiode rasch zu einer entsprechenden gesetzlichen Regelung kommt, zumal sich auch die SPD in ihrem Programm für die Tarifeinheit einsetzt. In der FDP gibt es offenbar unterschiedliche Positionen. FDP-Chef Rösler und Spitzenkandidat Brüderle haben sich mehrfach für eine gesetzliche Regelung ausgesprochen. Ich hoffe deshalb in der kommenden Legislaturperiode auf eine schnelle gesetzliche Regelung mit einem breiten politischen Konsens.

Wie wird es am Arbeitsmarkt in der nächsten Wahlperiode aussehen?

Hundt Ich bin Optimist: Wenn wir die Staatsschuldenkrise erfolgreich durchstehen — und davon gehe ich aus — wird der europäische Binnenmarkt für unsere exportorientierten Unternehmen wieder interessanter. Dort gibt es wegen der Krise Nachholbedarf. Der Tiefpunkt der Krise liegt aus meiner Sicht hinter uns. Wenn nach der Bundestagswahl die Weichen nicht völlig falsch gestellt werden, wird das deutsche Beschäftigungswunder weiter anhalten. Es gibt mittelfristig allerdings ein großes Risiko, das ist die Energiewende. Wenn es uns nicht gelingt, den Energiekostenanstieg zu stoppen, dann werden es viele Unternehmen in Deutschland schwer haben.

Ist ein Energieministerium nötig?

Hundt Wir brauchen in der nächsten Wahlperiode ein Energieministerium. Ein derart anspruchsvolles Projekt wie die Energiewende muss von einer zentralen Stelle aus gesteuert werden. Die Aufteilung zwischen Kanzleramt, Umwelt-, Wirtschafts- und Verkehrsministerium ist alles andere als optimal. Vor allem brauchen wir eine grundlegende Veränderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, damit die ungebremste Subventionierung der erneuerbaren Energien beendet wird.

Sie haben Kohl, Schröder und Merkel erlebt. Wer war Ihnen am liebsten?

Hundt Zwischen Bundeskanzler Helmut Kohl und mir hat sich ein sehr persönliches Verhältnis entwickelt. Ich bewundere ihn wegen seiner geschichtlichen Leistung. Gerhard Schröder war äußerst verlässlich. Wir hatten ein gutes, sachliches Arbeitsverhältnis. Auch mit Frau Merkel habe ich ein sehr professionelles und gutes Verhältnis. Sie hat meinen höchsten Respekt für ihre konsequente Politik bei der Bekämpfung der Staatsschuldenkrise in Europa.

Das Gespräch führten B. Marschall, G. Mayntz und E. Quadbeck

(mar / may / qua)
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