Düsseldorf Eon verklagt Deutschland auf Milliarden-Schadenersatz

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Energiekonzern Eon macht ernst: Gestern um 17 Uhr reichte er beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen die 13. Novelle des Atomgesetzes ein, wonach Deutschland früher als geplant aus der Atomkraft aussteigt. Der plötzliche Ausstieg stelle einen starken Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum (Artikel 14) und die Freiheit der Berufsausübung (Artikel 12) dar, begründete Eon seine Klage. Vertreten wird der Konzern von der Kanzlei Gleiss Lutz, die auch in Düsseldorf sitzt.

"Wir klagen nicht gegen den politischen Mehrheitswillen. Aber wir wollen für die bei uns entstehenden Vermögensverluste entschädigt werden", sagte ein Eon-Sprecher unserer Zeitung. Der Konzern beziffert den Gesamtschaden, der ihm durch die vorzeitige Abschaltung seiner Atomkraftwerke entsteht, mit "einem hohen einstelligen Milliarden-Betrag". Darin sind entgehende Gewinne ebenso enthalten wie überflüssig gewordene Investitionen. Diesen Schaden soll der deutsche Staat nun ersetzen.

Eon ist der größte Atomkraft-Betreiber in Deutschland und erzeugte vor dem Unglück in Fukushima 38 Prozent seines Stroms in Deutschland mit Atomkraft. Von den sechs Meilern, die Eon als Betriebsführer betreibt, sind zwei bereits abgeschaltet (Isar 1, Unterweser). Der Meiler Brokdorf in Schleswig-Holstein läuft seit Oktober wieder. Gestern meldete die Aufsichtsbehörde, dass es in Brokdorf eine Panne am Notsystem gegeben habe. Unabhängige Sachverständige prüfen nun. Zudem ist Eon an vier weiteren Meilern mit einer Minderheit beteiligt.

Eon-Finanzvorstand Marcus Schenck hatte bereits in der vergangenen Woche betont, dass das Aktiengesetz Eon zwinge, Vermögenschäden vom Konzern notfalls auch gerichtlich abzuwenden. Aus diesem Grund prüft auch der Essener Konkurrent RWE eine Klage, wie der RWE-Sprecher sagte. Branchenkreise gehen davon aus, dass RWE in Kürze seine Beschwerde in Karlsruhe einreicht. Der Betreiber Vattenfall hat angekündigt, Deutschland vor einem internationalen Schiedsgericht anzuklagen. Nur der vierte Betreiber EnBW tut sich schwer. Der Versorger gehört zu einem großen Teil dem Land Baden-Württemberg, das seit sechs Monaten von einem grünen Ministerpräsidenten regiert wird. Gegen den Willen des staatlichen Eigners will der Konzern offenbar nicht klagen, obwohl auch er dem Aktiengesetz unterworfen ist.

Bereits Erfolg hatten RWE und Eon mit ihren Klagen vor den Finanzgerichten, wo sie sich gegen die Zahlung der neuen Brennelementsteuer wehrten. Die Gerichte wiesen den Staat an, die Steuer zurückzuerstatten. Allerdings steht die endgültige Klärung durch den Bundesfinanzhof noch aus.

(RP)
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