Betriebsausfall in der Pandemie Kein Recht auf Entschädigung für Gastronom

Düsseldorf/Karlsruhe · Ein Virus, der eine Zwangsschließung auslöst, muss in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich genannt sein, so der Bundesgerichtshof. Sonst gibt‘s kein Geld vom Versicherer für Gastwirte.

 Viele Lokale mussten während der Lockdowns schließen.

Viele Lokale mussten während der Lockdowns schließen.

Foto: dpa/Boris Roessler

In der Pandemie haben viele deutsche Gastronomen während der Lockdowns in den beiden vergangenen Jahren ihr Lokal vorübergehend schließen müssen. Das hat erhebliche finanzielle Schäden bei den Unternehmen verursacht – von denen die Gastwirte wenigstens einen Teil von ihren Versicherern zurückzubekommen hofften. Schließlich hatten sie ja eine Betriebsausfallversicherung abgeschlossen in der Hoffnung, die würde auch in der Pandemie gelten.

Tut sie aber in vielen Fällen nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch ein Urteil im Sinne der Versicherer gefällt. Die müssen nach solchen Ausfällen nur dann zahlen, wenn ein Krankheitserreger, der eine Zwangsschließung eines Lokals auslöst, ausdrücklich in den Versicherungsbedingungen genannt ist. Genau mit dem Argument hatten sich bereits einige Versicherer in der jüngeren Vergangenheit geweigert, vermeintliche Kundenansprüche zu regulieren. Und der BGH hat ihnen darin nun Recht gegeben (Az.: IV ZR 144/21).

Nun ist es so, dass die Bedingungen in den Vertragswerken aus einer Zeit stammen, in der uns allen Corona und die Auswirkungen des Virus auf die Wirtschaft noch völlig fremd waren. Das liegt sozusagen in der Natur der Sache, hat die Karlsruher Richter aber nicht in ihrer Entscheidung beeinflusst. Tenor: Der Versicherungsnehmer kann nicht erwarten, dass ein Versicherer bei allen Krankheiten nach dem Infektionschutzgesetz zahlt, denn dann würde eine Auflistung der konkreten Erreger in den Bedingungen keinen Sinn mehr machen. Das heißt: Wer als Kunde sein Unternehmen gegen einen corona-bedingten Betriebsausfall hätte versichern wollen, hätte das vorher mit dem Versicherer klären müssen. Sars-Cov-2 oder Covid-19 hätten in der Erreger-Liste also explizit genannt werden müssen.

Viele Unternehmen haben sich mit der Police, die sie hatten, auf der sicheren Seite gewähnt. Einer von ihnen ist Marco Ceccaroli, der in Travemünde an der Ostsee ein Restaurant betreibt und dessen Fall am Mittwoch in Karlsruhe verhandelt wurde. Das Lokal musste im März 2020 während des ersten Lockdowns geschlossen bleiben.  Zwei Monate lang. Konsequenz: null Umsatz im Lokal, teilweise wenigstens etwas Einnahmen über den Außer-Haus-Verkauf. Aber das hat die Aufwendungen nicht decken können. Die Betriebskosten liefen weiter. Der Vermieter wollte Geld, die Beschäftigten mussten bezahlt werden. Ceccaroli ging zur Axa und hoffte auf 40.000 Euro. Doch der Kölner Versicherer zahlte nicht – mit obiger Begründung. Ceccaroli klagte, aber ohne Erfolg.

So wie ihm mag es vielen anderen Betrieben in Deutschland gehen. Auch den mehr als 150, die wie Ceccaroli den Weg bis zum BGH nach Karlsruhe gegangen sind. Ihnen dürfte das Pilotverfahren mit der Niederlage des Restaurantbetreibers aus Schleswig-Holstein wenig Mut machen. Auch wenn die Ausgangslage in einzelnen Fällen unterschiedlich sein kann, am Ende kommt es darauf an, welche Klauseln die Versicherer beim Ausschluss bestimmter Haftungsgründe verwendet haben. Hierzu hat der BGH noch weitere Entscheidungen zu treffen. In den wenigsten Policen, die angepasst wurden, dürfte die Pandemie als versicherter Grund für eine Haftungspflicht des Versicherers aufgeführt sein. Wer das wollte, müsste vermutlich deutlich mehr zahlen. „Das Urteil bringt Rechtssicherheit für Verträge mit identischen Klauseln. Grundsätzlich können wir die Enttäuschung von Gastronomen und Hoteliers verstehen, wenn Versicherer Zahlungen ablehnen“; sagte ein Sprecher des Versichererverbandes GDV. „Versicherer können aber nur das bezahlen, was versichert ist.“

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