Nordische Ski-WM 2021 Oberstdorfer Skisportler wollen Heim-WM auch ohne Zuschauer genießen

Oberstdorf · Die Nordischen Skiweltmeisterschaften in Oberstdorf sollten ein großes Fest für die 700 Athleten und Hunderttausenden Fans werden. Nun werden Zuschauer und Stimmung fehlen. Die Lokalmatadore in Langlauf, Nordischer Kombination und Skispringen freuen sich dennoch.

Nordische Ski-WM Planica 2023: die deutschen Teilnehmer
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Nordische Ski-WM 2023 in Planica: die deutschen Teilnehmer

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Foto: AP/Czarek Sokolowski

Die Nordischen Skiweltmeisterschaften in Oberstdorf - über Jahre haben deutsche Athleten auf diese Heim-WM hingearbeitet und hingefiebert. Sie sollte ein großes Fest für Fans, Wintersport-Touristen und Sportler werden – wie vor zwei Jahren im österreichischen Seefeld oder eben 2005 ebenfalls in Oberstdorf. Die Bilder von damals sind vielen in der Stadt im Allgäu, den Sportlern und Fans noch im Kopf. Um die 350.000 Fans kamen damals insgesamt in den zwei Wochen zu den Wettkämpfen, feuerten die Teilnehmer lautstark an und feierten sie bei der Medaillenvergabe.

Das hatten sich die Veranstalter auch für diese Weltmeisterschaften erhofft. Es sollte eine besonders stimmungsvolle WM in Langlaufstadion und Skisprung-Arena werden. Die Schattenbergschanze ist den Skispringern von der Vierschanzentournee ohnehin als Hexenkessel bekannt. Die Zuschauer sollten die Extraportion Motivation und Leistung bringen bei der Mission Gold. Immerhin hat der Bayer Markus Eisenbichler einen Titel zu verteidigen und Vizeweltmeister Karl Geiger kommt sogar aus Oberstdorf. Genauso wie sein Namensvetter Vinzenz Geiger bei den Nordischen Kombinierern, der in diesem Winter endgültig in die Weltspitze vorgedrungen ist und zu Hause den großen Coup landen möchte.

Doch live an den Sportstätten sehen wird das niemand. Nur die Athleten, Trainer, Betreuer, Organisatoren und einige Helfer dürfen unter strengen Auflagen dabei sein. Die Corona-Pandemie macht Wettbewerbe mit vollen Stadien unmöglich. Selbst nur wenige Hundert Fans an Loipe oder Schanze sind derzeit nicht verantwortbar.

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Foto: dpa/Gian Ehrenzeller

Dennoch bleibt die Weltmeisterschaft für die Athleten der Saisonhöhepunkt. Ein „Papplikum“ soll die Zuschauer zumindest optisch ersetzen – Fans konnten dafür ihre Fotos einsenden, die dann als Pappfiguren ausgedruckt und auf die Ränge gesetzt werden. Auch Stadionsprecher werden vor Ort sein, um zumindest für die Betreuer, Athleten und TV-Zuschauer ein kleines Stück WM-Atmosphäre zu schaffen.

„Auch wenn die Heim-WM ohne Zuschauer stattfinden muss, bedeutet es mir sehr viel, dass die Wettkämpfe wie geplant durchgeführt werden können. Mir ist bewusst, dass das in so unsicheren Zeiten nicht selbstverständlich ist und ich bin den Organisatoren und Helfern sehr dankbar, dass sie uns das ganze ermöglichen“, sagte Langläuferin Katharina Hennig unserer Redaktion. Die Oberstdorferin hat in dieser Saison mit starken Top-Ten-Platzierungen und vor allem bei der Tour de Ski auf sich aufmerksam gemacht. Sie ist die große Hoffnung der deutschen Langläufer, endlich wieder eine Athletin in der Weltspitze etablieren zu können. Für den Saisonhöhepunkt gilt sie zumindest als Geheimfavoritin. Die Heim-WM sieht sie trotz der fehlenden Fans als Vorteil: „Es ist für einen Sportler einfach etwas ganz Besonderes, im eigenen Land ein Großereignis erleben zu dürfen. In meinem speziellen Fall ist es ja wirklich eine richtige 'Heim'-WM, da ich tagtäglich auf den Strecken der WM trainiere.“

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Foto: dpa/Angelika Warmuth

Dass die Stimmung anders sein wird, nicht nur an der Strecke, sondern im ganzen Ort, als man sich das gewünscht hätte, ist Hennig bewusst. Sie möchte die Wettkämpfe dennoch „einfach nur genießen“. Immerhin komme nicht jeder Sportler in den Genuss einer Heim-WM, sagt sie.

Schlimmer als für die Athleten ist die Situation für die Hoteliers, Restaurants und Unternehmer der Region. Für sie fällt das Geschäft mit der WM aus. Zuletzt waren in Oberstdorf vermehrt Stimmen laut geworden, die eine Absage oder Verschiebung der WM befürwortet hätten – wegen der kritischen Infektionslage und der wirtschaftlichen Einbußen. „Es tut mir für das ganze WM-OK-Team, für die haupt- und ehrenamtlichen Helfer in der Seele weh, dass wir nun die WM ohne Zuschauer erleben. Aber auch für die ganze Region ist es bitter. Hotels, Vermieter, Einzelhändler, Restaurants, für alle ist eine WM ohne Zuschauer eine Katastrophe“, beklagt Doppel-Olympiasieger Johannes Rydzek in einem Interview mit den Organisatoren der Nordischen Ski-WM.

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Foto: afp, CS

Auch der Nordische Kombinierer kommt aus Oberstdorf. Er findet, dass es richtig und wichtig sei, die Wettbewerbe trotz der Pandemie durchzuführen und freut sich, dass viele Geschäfte im Ort ihre Schaufenster für die WM trotzdem dekoriert haben. Immerhin kämen Helfer, Medienvertreter und eben auch 750 Athleten aus 60 Nationen in die Stadt und würden so freundlich empfangen. Nach Informationen der Organisatoren werden etwa 4500 Menschen für die WM ins Allgäu kommen. „Das Organisationskomitee in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Skiverband und den örtlichen Behörden werden alles dafür tun, dass die Sicherheit der Teilnehmer, Helfer aber auch Bürger gewährleistet ist“, sagt Rydzek.

Die deutschen Teilnehmer sind sich bewusst, dass es ein Privileg ist, überhaupt in dieser Situation um Gold, Silber und Bronze kämpfen zu dürfen. Und doch wird diese WM nicht den üblichen besonderen Charme haben, werden viele Besonderheiten einer Weltmeisterschaft auch für die Athleten verloren gehen. Die Siegerehrungen finden in abgespeckter Form statt, wie man es jetzt schon bei der WM der Biathleten und alpinen Skirennfahrer gesehen hat. Statt die Gratulationen vieler entgegen zu nehmen, und am Abend vor Tausenden Fans, Familie, Freunden und Kollegen zusammen mit anderen Medaillenträgern ausgezeichnet und gefeiert zu werden, hängen sich die Athleten nun die Medaille in einer kleinen Zeremonie selbst um den Hals.

Selbstverständlich fallen auch die anschließenden Feiern mit den Athleten anderer Sportarten und anderer Nationen im sogenannten Deutschen Haus oder anderen Lokalitäten weg. Ohnehin begegnen sich die Teams der unterschiedlichen Sportarten diesmal kaum – um überflüssige Kontakte und Risiken zu vermeiden. „Wir werden mit den Langläufern oder Springern nicht in Kontakt sein, wie es sonst bei einer WM war. Das war immer ein schöner Nebeneffekt, das ist leider nicht möglich“, sagt Hermann Weinbuch, Bundestrainer der Nordischen Kombiniere, in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“.

Trotz allem ist die Vorfreude beim Team des Deutschen Skiverbandes groß. Den Einsatz der Organisatoren und Oberstdorfer will man mit guten Leistungen und Medaillen belohnen.

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