Gott hat das Fliegen nicht für den Menschen vorgesehen. Die, die sich der Natur widersetzen, polarisieren. Wie etwa Skispringer, die, so scheint es, zumindest für einen kurzen Moment die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft setzen können. Trotzdem ist der Sport inzwischen so populär, dass man fast vergisst, wie faszinierend und zugleich verrückt es ist, wenn sich Menschen zwei lange Skier an die Füße schrauben, um über 100 Meter von einer riesigen Schanze zu fliegen.
Skispringen – was ist das?
Das Skispringen gehört zum Wintersport und ist eine Disziplin der Olympischen Winterspiele. Auf Skiern gleitet der Sportler von einer Skisprungschanze hinab, springt dann am sogenannten Schanzentisch ab und versucht, den Flug so lange wie möglich zu gestalten. Ursprünglich galt das Skispringen als Einzelsportart, in Verbindung mit dem Skilanglauf auch als Teil der Nordischen Kombination, die als Königsdisziplin des nordischen Skisports gilt. Seit 1988 werden jedoch auch Mannschafts-Wettbewerbe durchgeführt.
Wie wird beim Skispringen gewertet?
Als Ausgangspunkt für die Bewertung der Flug-Weite gilt der sogenannte K-Punkt (Konstruktionspunkt) der Schanze, also der Punkt, an dem das Gefälle der Schanze flacher wird. Für einen Sprung genau auf diesen Punkt gibt es 60 Weitenpunkte. Für jeden Meter über- oder unterhalb dieser Weite werden Punkte addiert oder subtrahiert. Das Ergebnis hieraus wird bei Großschanzen, die im Weltcup häufiger vertreten sind, mit 1,8 multipliziert, bei Flugschanzen (ab 185 Meter) mit 1,2, woraus sich dann die Weitenpunktzahl ergibt.
Neben der Weite sind aber auch die Flug-Haltung und Landung maßgeblich für die Bewertung eines Sprungs. Die in der Regel fünf (mindestens aber drei) Punktrichter vergeben in den Kategorien Flug, Landung und Ausfahrt Noten. Von der Idealnote 20,0 werden für etwaige Fehler null bis fünf (Ausfahrt bis sieben) Punkte in 0,5er-Schritten abgezogen. Die höchste und niedrigste Wertung wird im Anschluss gestrichen, sodass jeder Skispringer hier auf bis zu 60 Punkte kommen kann. Die Summe aus Weiten- und Haltungsnote ergibt das Gesamt-Ergebnis.
Zudem gibt es seit der Saison 2009/10 zwei weitere Faktoren, die ein gerechteres Ergebnis liefern sollen: Wind und Gate bzw. Tor. Der Windfaktor lässt die Windverhältnisse einfließen, dank des Tor- oder auch Gatefaktors ist es möglich, die Anlauflänge mitten im Wettbewerb zu ändern. Mithilfe einer Formel werden den folgenden Athleten entweder Punkte gutgeschrieben oder abgezogen.
Beim Mannschafts-Skispringen werden die Punktzahlen der üblicherweise vier Skispringer einer Nation zu einem Gesamt-Ergebnis zusammengezählt.
So funktioniert der Skisprung-Weltcup
Im Weltcup erhalten die 30 besten Springer Weltcup-Punkte. In der Regel sind dies die 30 Teilnehmer, die sich für den zweiten Durchgang eines Springens qualifiziert haben. Doch bis dahin ist es ein langer Weg:
Für eine Teilnahme an einem Weltcup-Springen ist eine Qualifikation notwendig. Um an dieser teilnehmen zu dürfen, muss ein Springer entweder Punkte in einem zurückliegenden Weltcup oder Sommer-Grand-Prix vorweisen können, oder in der aktuellen Saison oder Vorsaison mindestens einen Punkt im Continental Cup eingefahren haben. Die Anzahl der Startplätze eines Landes beträgt zwischen zwei und sechs und wird durch eine Quotenregelung beschränkt. Die drei erfolgreichsten Nationen des Continental Cups erhalten einen weiteren Platz. Der Skiverband des jeweiligen Gastgebers hat zudem die Möglichkeit, in zwei Wettbewerben sechs zusätzliche Springer (Nationale Gruppe) zu nominieren. So nehmen bis zu 70 Athleten an der Qualifikation teil, die durch diese jedoch auf 50 reduziert werden. Die 50 Teilnehmer springen im ersten Wertungsdurchgang um die 30 Startplätze für den zweiten Durchgang und erhalten je nach Ergebnis, das sich aus einer Addition aus den Punkten beider Durchgänge ergibt, Weltcup-Punkte.
Zu den bekanntesten Weltcup-Wettbewerben zählt neben der Vierschanzentournee, mit Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen, auch der Termin auf dem norwegischen Holmenkollbakken in Oslo.
Welcher Skispringer hat die meisten Weltcup-Springen gewonnen?
Der Mann, der die meisten Einzelwettbewerbe (Normal-, Groß- und Flugschanze) für sich entscheiden konnte, ist der Österreicher Gregor Schlierenzauer (53 Siege). Mit einem großen Abstand belegt der Pole Kamil Stoch als nächster noch aktiver Skispringer den fünften Platz, gemeinsam mit dem besten Deutschen Jens Weißflog (33). Ebenfalls in den Top Ten steht Martin Schmitt mit 28 Erfolgen. Severin Freund (22), Sven Hannawald (18), Dieter Thoma (12) und Richard Freitag (8) stehen unter den besten 50 Athleten.
Als einzigem Deutschen ist es Martin Schmitt zudem gelungen, den Gesamt-Weltcup zwei Mal zu gewinnen, womit er zu einem erlauchten Kreis gehört. Denn Skisprung-Größen wie Janne Ahonen, Kamil Stoch oder Thomas Morgenstern brachten dieses Kunststück ebenfalls zustande. Andreas Goldberger holte sich den Titel drei Mal, der Finne Matti Nykänen und der Pole Adam Malysz sind mit vier Erfolgen die Rekordsieger.
Auf welchen Sendern wird Skispringen generell übertragen?
Wie üblich werden in jedem Jahr sowohl ARD als auch ZDF und Eurosport live von den Schanzen berichten.
Skispringen im Live-Ticker und im Live-Stream
Ist gerade kein TV in der Nähe, lohnt sich ein Blick auf die Mediatheken von ARD und ZDF sowie die Website von Eurosport, die in der Regel auch Live-Streams sowie Live-Ticker der Wettbewerbe anbieten.
Wie funktioniert die Vierschanzentournee?
Als Vierschanzentournee bezeichnet man vier Weltcup-Veranstaltungen, die seit 1953 stattfinden. Neben den Olympischen Spielen, den Ski-Weltmeisterschaften und dem Weltcup gilt die Vierschanzentournee als einer der prestigeträchtigsten Wettbewerbe des Skispringens. Die Ergebnisse der vier Einzelwettbewerbe in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen werden zusammengefasst und ermitteln den Sieger der Vierschanzentournee. Zudem fließen die Ergebnisse in die Weltcup-Gesamtwertung ein.
Die Besonderheit an der Tournee ist das K.o.-System. Während sich bei anderen Wettbewerben die jeweils 30 besten Springer des ersten Durchgangs für den zweiten qualifizieren, werden die 50 Springer hier in Paare eingeteilt: Der 1. der Qualifikation springt gegen den 50., der 2. gegen den 49., usw. So wird dem Vorlauf ein besonderer Wert beigemessen, denn die Platzierung entscheidet über das Duell im ersten Durchgang. Die 25 Gewinner sowie die fünf besten Verlierer ziehen in den zweiten Durchgang ein, in dem es wie sonst üblich weitergeht.
Hier finden Sie weitere Infos zu den Terminen der Vierschanzentournee.
Wer überträgt die Vierschanzentournee?
Auch die Vierschanzentournee wird von ARD, ZDF und Eurosport übertragen.
Das sind alle bisherigen Sieger der Vierschanzentournee.
Vierschanzentournee – wer hat alle vier Springen gewonnen?
Bis zur Jahrtausendwende schaffte es kein Skispringer jemals, alle vier Wettbewerbe der Vierschanzentournee zu gewinnen - bis Sven Hannawald kam. Als erster Athlet überhaupt triumphierte der DSV-Adler in der Saison 2001/02 vom Beginn in Oberstdorf bis zum Abschlussspringen in jedem Wettkampf und schaffte damit den sogenannten Grand Slam. 16 Jahre nach Sven Hannawald gelang dies auch Kamil Stoch.
Was sind die Unterschiede zwischen Skispringen und Skifliegen?
Im Volksmund oft gleichgesetzt, gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen Skispringen und Skifliegen. Das Skifliegen wird auf Skiflugschanzen absolviert. Diese sind größer als eine Normalschanze und weisen eine Strecke von mindestens 185 Metern zwischen der Kante des Schanzentisches bis zu dem Punkt, an dem der Auslauf noch ein Gefälle von 32 Grad hat, auf (Hillsize). Der K-Punkt beim Skifliegen beträgt mindestens 145 Meter. So gesehen ist das Skifliegen damit eine Extremform des Skisprungs, denn es ist deutlich gefährlicher als die ursprüngliche Variante.
Wo findet das Skifliegen statt?
Weltweit sind fünf Skiflug-Schanzen in Betrieb. Neben den Schanzen im slowenischen Planica und Vikersund-Bakken in Norwegen sowie der Heini-Klopfer-Skiflugschanze in Oberstdorf, auf denen jeweils auch ein Skiflug-Weltcup stattfindet, gibt es zwei weitere: die Certak-Skiflugschanze in Harrachov (Tschechien) und den Kulm im österreichischen Bad Mitterndorf. Im Zwei-Jahres-Rhythmus wird auf einer dieser Schanzen die Skiflug-WM ausgetragen. Aktueller Skiflug-Weltmeister ist der Norweger Daniel-André Tande, den Skiflug-Weltrekord hält mit 253,5 Metern der Österreicher Stefan Kraft.
Skispringen bei den Damen
Das Skispringen galt lange Zeit als reiner Herren-Sport. Erst in der Saison 2003/04 richtete die FIS den ersten offiziellen Frauen-Wettkampf aus. Im Jahr 2009 ließ sie die ersten Weltmeisterschaften in Liberec austragen, seit 2011/12 findet der Weltcup statt und seit 2014 ist das Skispringen der Frauen olympisch. In Sotschi triumphierte Carina Vogt zur Premiere, bei Olympia 2018 in Pyeongchang jubelte das deutsche Team über die Silbermedaille von Katharina Althaus.