Entstanden aus dem 1921/22 erstmals durchgeführten Neujahrsspringen im heutigen Garmisch-Partenkirchen, gilt die Vierschanzentournee als einer der prestigeträchtigsten Wettbewerbe im Skispringen – neben den Olympischen Spielen, den Nordischen Skiweltmeisterschaften und dem Skisprung-Weltcup. Doch was macht den Wettbewerb in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen so besonders, warum erfreut er sich bei den Zuschauern so großer Beliebtheit? Wir haben die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Was ist die Vierschanzentournee?
Ihre Premiere feierte die Vierschanzentournee im Jahre 1953, als alle vier Skispringen das erste und einzige Mal in einem einzigen Kalenderjahr ausgetragen wurden. Bereits bei der zweiten Auflage entschieden sich die Veranstalter dazu, den Auftakt im "alten" Jahr 1953 und den Abschluss im "neuen" Jahr 1954 stattfinden zu lassen. Bis auf wenige Ausnahmen dienen Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen sowie Innsbruck und Bischofshofen seither als Austragungsorte.
Obwohl anfangs noch nicht alle internationalen Top-Athleten an der Tournee teilnahmen, stieg deren Bedeutung innerhalb kürzester Zeit. Bereits 1956 übertrug die ARD das Neujahrsspringen live, ein Jahr später waren es schon alle vier Springen.
Die Vierschanzentournee ist fester Bestandteil des Skisprung-Weltcup-Kalenders. Das bedeutet, dass die Skispringer nicht nur um den Gesamtsieg dieses Wettbewerbs kämpfen, sondern auch um Punkte für den Weltcup, der wichtigsten vom Weltskiverband FIS ausgetragenen Serie der Skisprung-Saison.
Wie funktioniert die Vierschanzentournee?
Die Gesamtwertung der Tournee wird durch die Addition aller vier Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen bestimmt. Hierbei zählen nicht die Platzierung oder die damit verbundenen gesammelten Weltcup-Punkte, sondern die Punktzahlen für den Sprung an sich. Diese setzen sich aus der Weite, der Haltung und ggf. dem Windfaktor (Zusatzpunkte bei Rückenwind, Punktabzug bei Aufwind) oder dem sogenannten Gate (Verlängerung oder Verkürzung des Anlaufs der Schanze, zum Beispiel aufgrund zu starken Aufwinds) zusammen.
Die Vierschanzentournee wird in einem besonderen Modus ausgetragen. Während sich bei anderen Weltcup-Springen die ersten 30 Springer des ersten Durchgangs für den zweiten Durchgang qualifizieren, gibt es hier einen K.o.-Modus. Somit wird der Qualifikation eine wichtigere Rolle zuteil, denn die Platzierung in dieser entscheidet über den Gegner im ersten Durchgang. Dabei springt der Sieger der Qualifikation gegen den 50., der Zweite gegen den 49., und so weiter. Bedingung für den K.o.-Modus ist, dass die Qualifikation am Vortag des Springens stattfindet. Muss sie witterungsbedingt am Tag des Springens stattfinden oder entfällt ganz, wird nach den üblichen Weltcup-Regeln gesprungen.
Die Sieger der 25 Duelle kommen direkt in den zweiten Durchgang, das Teilnehmerfeld komplettieren die fünf punktbesten Verlierer, die sogenannten "Lucky Loser". Im zweiten Durchgang gibt es dann keine direkten Duelle mehr.
An welchen Orten wird die Vierschanzentournee ausgetragen?
Seit 1972/73 ist die Reihenfolge der Springen unverändert. So findet das Auftaktspringen in Oberstdorf statt, gefolgt vom Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen. Danach zieht die Tournee nach Österreich um, wo es erst in Innsbruck zum dritten Springen auf die Schanze geht und anschließend zum letzten Springen nach Bischofshofen.
Folgende Schanzen dienen als Austragungsorte:
- Oberstdorf: Schattenbergschanze
- Garmisch-Partenkirchen: Große Olympiaschanze
- Innsbruck: Bergiselschanze
- Bischofshofen: Paul-Außerleitner-Schanze
Wann findet die Vierschanzentournee statt?
Die Vierschanzentournee beginnt immer kurz nach Weihnachten und ist um den Jahreswechsel herum terminiert. Der Wettkampf in Oberstdorf gibt den Startschuss der Vierschanzentournee, das zweite Springen in Garmisch-Partenkirchen wird in jedem Jahr traditionell am Neujahrstag ausgetragen. Die beiden anderen Springen in Innsbruck und Bischofshofen finden wie gewohnt im neuen Jahr statt.
Wer hat bei der Vierschanzentournee alle vier Springen gewonnen?
Ganz besondere Berühmtheit im Wintersport erlangen jene Skispringer, die sowohl das Auftaktspringen in Oberstdorf als auch die Skispringen in Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen für sich entscheiden können. Dieses Kunststück, das "Grand Slam" genannt wird, war bislang erst drei Teilnehmern vergönnt: Bei der 50. Tournee 2001/02 gelang DSV-Adler Sven Hannawald dieser Coup nicht nur als erster deutscher Skispringer, sondern als erster Skispringer überhaupt. 2017/18 durfte der Pole Kamil Stoch über vier Siege jubeln und auch bei der jüngsten Auflage 2018/19 gelang einem Teilnehmer ein "Grand Slam": dem Japaner Ryoyu Kobayashi.
Wer sind die bekanntesten Gewinner der Vierschanzentournee?
Neben Sven Hannawald, Kamil Stoch und Ryoyu Kobayashi gibt es aber noch weitere Skispringer, die durch Glanzleistungen auf den Schanzen der Tournee auf sich aufmerksam machten.
Rekordsieger ist Janne Ahonen, der beim vierten seiner insgesamt fünf Erfolge für ein Novum sorgte: Weil er und der Tscheche Jakub Janda 2005/06 sich vom Auftakt in Oberstdorf bis zum Abschluss in Bischofshofen ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten und nach den vier Skispringen mit der exakt gleichen Punktzahl ins Ziel kamen, teilten sie sich den Gesamtsieg. Ein Jahr zuvor verpasste Ahonen den "Grand Slam" durch einen zweiten Platz im letzten Skispringen in Bischofshofen.
Auf Platz zwei folgt in Person von Jens Weißflog mit vier Siegen der erfolgreichste deutsche Skispringer bei der Vierschanzentournee. Je drei Siege konnten Helmut Recknagel, der im Gegensatz zu Weißflog ausschließlich für die DDR antrat, und der Norweger Björn Wirkola einfahren. Auch Jochen Danneberg sprang nur für die DDR und gewann die Vierschanzentournee zwei Mal – genau wie das österreichische Quartett Hubert Neuper, Ernst Vettori, Andreas Goldberger und Gregor Schlierenzauer, die beiden Finnen Veikko Kankkonen und Matti Nykänen und Kamil Stoch.
Wo wird die Vierschanzentournee im TV übertragen?
Die Vierschanzentournee lockt jedes Jahr viele Zuschauer vor die TV-Bildschirme. Auf Eurosport und im kostenpflichtigen Eurosport Player sind alle Skispringen von Oberstdorf bis Bischofshofen, zu sehen, ARD und ZDF teilen sich die Übertragungsrechte untereinander auf. Beide Sender bieten außerdem einen Online-Stream in ihrer Mediathek sowie einen Live-Ticker an.
Jüngere Historie der Vierschanzentournee
Nach dem „Grand Slam“ im Vorjahr konnte Ryoyu Kobayashi seinen Titel nicht verteidigen: Bei der Vierschanzentournee 2019/2020 gewann der Japaner zwar das erste Springen in Oberstdorf, danach spielte er aber keine Rolle mehr. Den Gesamtsieg sicherte sich der Pole Dawid Kubacki, der im entscheidenden Springen in Bischofshofen vorne lag. Zweiter in der Gesamtwertung wurde der Norwege Marius Lindvik (gewann in Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck), gefolgt von Karl Geiger, der gleich bei drei Springen jeweils auf dem zweiten Platz landete. Ein etwas schwächerer Auftritt in Innsbruck (Platz acht) kostete ihm eine noch bessere Platzierung im Gesamtklassement.
Die Vierschanzentournee 2018/2019 fand vom 29. Dezember 2018 bis zum 6. Januar 2019 statt. Sieger wurde Ryoyu Kobayashi, der den „Grand Slam“ schaffte: Der Japaner gewann als dritter Skispringer überhaupt alle vier Springen.
Bei der Vierschanzentournee 2017/2018 konnte Kamil Stoch seinen Titel verteidigen. Als erst zweiter Skispringer in der Geschichte der Tournee gewann er alle vier Springen und sicherte sich dadurch folgerichtig den Gesamtsieg. Zuvor gelang dies nur dem deutschen Skispringer Sven Hannawald bei der Vierschanzentournee 2001/2002.
Die Vierschanzentournee 2016/2017 startete am 28. Dezember 2016 in Oberstdorf und endete am 6. Januar 2017 in Bischofshofen. Der Pole Kamil Stoch gewann zum ersten Mal.
Hier finden Sie alle Infos zu den Dominatoren der Vierschanzentournee.