9. Auflage in Fukuoka Schwimm-WM: Thorpe erstmals geschlagen

Fukuoka (rpo). Superstar Ian Thorpe ist bei der Schwimm-WM im japanischen Fukuoka auf seiner Jagd nach sieben Goldmedaillen aus der Spur geraten. Er blieb über 100 Meter Freistil erstmals ohne Edelmetall, schlug dann aber mit der australischen Staffel und seinem fünften Gold umso heftiger zurück.

Am Tag, an dem fortgesetzte Kritik an der Zeitnahme und Manipulationsvorwürfe erste Schatten auf die Weltmeisterschaften in Fukuoka warfen, hat auch Deutschlands Jungstar Annika Mehlhorn Nerven gezeigt. Die 17-Jährige aus Baunatal wollte nach Silber über 200 m Schmetterling auch über 200 m Lagen eine Medaille, pokerte aber zu hoch und wurde in enttäuschenden 2:15,15 Minuten Letzte des Endlaufs. Zwei Tage vor dem Finale in Japan blieb der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) bei den Titelkämpfen erneut ohne Medaille.

Frech und unbekümmert schien Annika Mehlhorn vor 10.000 Zuschauern in der Marine Messe zunächst, verpatzte aber die Wende von der Rücken- in die Brustlage und konnte nicht mehr mithalten. "Bei der Wende habe ich immer Probleme, vielleicht waren die ersten 100 Meter doch zu schnell", sinnierte die sichtlich enttäuschte junge Baunatalerin, die über 200 m Schmetterling in Europarekordzeit Silber gewonnen hatte: "Ich befinde mich sicher noch in der Lernphase. Aber die Zeit ist so schlecht, das hatte ich nicht erwartet." Olympiasiegerin Jana Klotschkowa aus der Ukraine (2:12,30), die nach den 400 m Lagen in Fukuoka ihren zweiten Titel gewinnen wollte, musste sich Martha Bowen (USA) beugen (2:11,93).

Die "Aussies" verbesserten in unglaublichen 7:04,66 Minuten ihre Marke von Sydney um 2,39 Sekunden und setzten damit den insgesamt siebten Weltrekord in Fukuoka, nachdem zuvor Geoff Huegill im Halbfinale über 50 m Schmetterling in 23,44 Sekunden "Nummer sechs" abgeliefert hatte. Italien wurde in Europarekordzeit Zweiter (7:10, 86) vor den USA (7:13,69), das DSV-Quartett mit Newcomer Johannes Oesterling, Stefan Herbst, Stefan Pohl und Lars Conrad kam in 7:17, 29 Minuten auf Rang fünf.

Über 100 m Freistil musste Olympiasieger und Weltrekordler Pieter van den Hoogenband aus den Niederlanden (48,43) Gold dem Amerikaner Anthony Ervin (48,33) überlassen. Thorpe kommentierte: "Es wäre schön gewesen, aber ich habe Gold nicht erwartet." Ervin: "Ich wusste, dass meine einzige Chance war, wie verrückt zu schwimmen." Hervorragend verkaufte sich Torsten Spanneberg, der als Sechster den deutschen Rekord auf 49,35 Sekunden verbesserte. Im Vorlauf hatte der Berliner die zehn Jahre alte Bestmarke von Nils Rudolph bereits auf 49,40 herunter geschraubt: "Im kommenden Jahr jage ich die Weltspitze", kündigte Spanneberg daraufhin an. Sein spontaner Dank galt Coach Norbert Warnatzsch: "Er hat immer an mich geglaubt, auch als mich Krankheiten zurückwarfen."

Hannah Stockbauer (Foto rechts) peilt sogar ihr zweites Gold an. Die Weltmeisterin über 800 m Freistil erzielte über die erstmals ins Programm aufgenommenen 1.500 m in den Vorläufen in 16:14,51 Minuten Weltjahresbestzeit und blieb damit nur 96 Hundertstel über dem seit 1984 bestehenden Europarekord von Astrid Strauß. "Wenn ich nicht auf den letzten Bahnen Tempo herausgenommen hätte, hätte ich Rekord schwimmen können", sagte die 19-Jährige. Die Rostockerin Peggy Büchse, Weltmeisterin über 10 Kilometer im offenen Gewässer, schied nach 16:38,23 Minuten als 13. aus.

Antje Buschschulte (Wuppertal) zeigte sich vom Finale über 200 m Rücken gut erholt und erreichte in 1:01,55 Minuten mit der viertschnellsten Zeit das Finale über die halbe Distanz: "Viel Luft bleibt nicht mehr, ich möchte zwar gerne in die Medaillenränge vorstoßen, aber das wird schwer." Klubkollege Thomas Rupprath, der Silber über 50 m Rücken gewann, steht mit der achten Zeit (24,01) im Finale über 50 m Schmetterling.

Der DSV hatte vor dem Staffelfinale seinen Protest gegen die Wertung Australiens im Vorlauf zwar zurückgezogen, die Manipulationsvorwürfe aber blieben. Der Weltverband Fina wehrte sich jedoch am Abend gegen derlei Anschuldigungen: "Wir bedauern die Fehler, aber es ist unfair, den Schiedsrichtern deshalb Fehler oder gar Manipulation vorzuwerfen. Sie stehen unter einem gewaltigen Druck und die Zeit für Entscheidungen ist kurz", erklärte der Südafrikaner Sam Ramsamy, Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und des Bureaus des Schwimm-Weltverbandes Fina. DSV-Sportdirektor und Cheftrainer Ralf Beckmann meinte: "Die Videobilder zeigen, dass die Staffelwechsel korrekt waren. Das Verfahren bleibt dennoch zweifelhaft, das ist aber Sache der Fina."

Nach Video-Ansicht hatte der australische Haupt-Schiedsrichter Don Blew hatte eine Wechselzeit der Australier korrigiert. Nach automatischer Zeitmessung war der Australier Raymond Hass mit minus 0,06 Sekunden, also zu früh abgesprungen. Don Blew änderte auf plus 0,14, was einen Unterschied von zwei Zehntelsekunden ausmacht. Ex-DSV-Präsident und Jurist Harm Beyer meinte: "Das kann man einen handfesten Skandal nennen, zumal zwei Tage vorher ausdrücklich der Videobeweis bei der Disqualifikation der US-Frauenstaffel nicht herangezogen wurde."

Final-Ergebnisse von der 9. Schwimm-WM in Fukuoka:

Männer:

100 m Freistil: 1. Anthony Ervin (USA) 48,33 Sekunden; 2. Pieter van den Hoogenband (Niederlande) 48,43; 3. Lars Frölander (Schweden) 48,79; 4. Ian Thorpe (Australien) 48,81; 5. Attila Zubor (Ungarn) 49,13; 6. Torsten Spanneberg (Berlin) 49,35 (deutscher Rekord); 7. Ashley Callus (Australien) 49,39; 8. Jason Lezak (USA) 49,51; im Halbfinale ausgeschieden: ... 14. Lars Conrad (Hannover) 49,92

200 m Rücken: 1. Aaron Peirsol (ÕSA) 1:57,13 Minuten; 2. Markus Rogan (Österreich) 1:58,07; 3. Orn Arnarson (Island) 1:58,37; 4. Matt Welsh (Australien) 1:58,80; 5. Gordan Kozulj (Kroatien) 1:59,23; 6. Viktor Bodrogi (Ungarn) 1:59,74; 7. Emanuele Merisi (Italien) 1:59,83; 8. Yoab Gath (Israel) 2:00,09; im Halbfinale ausgeschieden: ... 15. Steffen Driesen (Wuppertal/Uerdingen) 2:01,54

4 x 200 m Freistil: 1. Australien (Grant Hackett, Michael Klim, William Kirby, Ian Thorpe) 7:04,66 Minuten (Weltrekord); 2. Italien (Emiliano Brembilla, Matteo Pelliciari, Andrea Beccari, Massimiliano Rosolino) 7:10,86 (Europarekord), 3. USA (Scott Goldblatt, Nate Dusing, Chad Carvin, Klete Keller) 7:13,69; 4. Großbritannien 7:15,60; 5. Deutschland (Johannes Oesterling/Stadtallendorf, Stefan Herbst/Leutzsch, Stefan Pohl/Halle, Lars Conrad/Hannover) 7:17,29; 6. Kanada 7:17,80; 7. Japan 7:20,60; 8. Russland 7:22,44

Frauen:

200 m Freistil: 1. Giaan Rooney (Australien) 1:58,57 Minuten; 2. Yu Yang (China) 1:58,78; 3. Camelia Potec (Rumänien) 1:58,85; 4. Claudia Poll (Costa Rica) 1:58,92; 5. Martina Moravcova (Slowakei) 1:59,29; 6. Nicola Jackson (Großbritannien) 1:59,44; 7. Elka Graham (Australien) 1:59,63; 8. Mette Jacobsen (Dänemark) 1:59,64; im Vorlauf ausgeschieden: ... 23. Sara Harstick (Hildesheim) 2:02,62; ... 27. Alessa Ries (Heddesheim) 2:03,21

50 m Brust: 1. Xuejuan Luo (China) 30,84 Sekunden; 2. Kristy Kowal (USA) 31,37; 3. Zoe Baker (Großbritannien) 31,40 (Vorlauf: 31,23/Europarekord); 4. Megan Quann (USA) 31,55; 5. Brooke Hanson (Australien) 31,87; 6. Roberta Crescentini (Italien) 31,96; 7. Sarah Poewe (Südafrika) 32,03; 8. Agnes Kovacs (Ungarn) 32,05; im Halbfinale ausgeschieden: ... 13. Simone Weiler (Heidelberg) 32,51

200 m Lagen: 1. Martha Bowen (USA) 2:11,93 Minuten; 2. Jana Klotschkowa (Ukraine) 2:12,30; 3. Hui Qi (China) 2:12,46; 4. Oxana Werewka (Russland) 2:13,62; 5. Beatrice Caslaru (Rumänien) 2:13,78; 6. Cristina Teuscher (USA) 2:14,82; 7. Tomoko Hagiwara (Japan) 2:14,93; 8. Annika Mehlhorn (Baunatal) 2:15,15

(RPO Archiv)
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