Man muss lange, ganz lange zurückblättern, um in der deutschen Sporthistorie Ähnliches zu finden: Der 6:1-Sieg der Herberger-Elf im Halbfinale der Weltmeisterschaft 1954 gegen Österreich war vielleicht so etwas. Doch damals in der Nachkriegszeit war der Ball noch aus Leder, und der Fußball dieser Zeit hatte wenig gemein mit dem Hochgeschwindigkeitsspiel der Gegenwart.

Dieses sensationelle Spiel in Belo Horizonte ist der ungeahnte Höhepunkt einer Entwicklung, die mit dem Desaster bei der Europameisterschaft 2000 begann. Dieser unfassbar deutliche Sieg ist kein Produkt des Zufalls, sondern eines des planmäßigen Aufbaus. Es ist Resultat von systematischer Talentförderung in Vereinen und Verband sowie von Vertrauen in einen Trainer und seinen Weg. Dieses Nationalmannschaft vereint so viel Talent wie keine vor ihr. Und all diese Einzelkönner haben die Betreuer zu einem Team geformt, das wie kein anderes bei diesem Turnier die Strapazen angenommen und das aus Fehlern gelernt hat (Stichwort Algerien).

Doch es fehlt noch der letzte Schritt, damit die Generation um Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger ihre Krönung erfährt. Noch steht ein Spiel aus: das wichtigste in der Karriere dieser Männer. Sei er noch so groß, so sensationell, so unfassbar, dieser Triumph über Brasilien, bei einer Finalniederlage wäre er nichts, aber auch gar nichts mehr wert. Diese Vorstellung ist eine Verpflichtung für den Sonntag, wenn die deutsche Mannschaft als hoher Favorit auf Argentinien oder (lieber noch) auf den alten Rivalen Niederlande trifft.