Derby in Duisburg MSV und RWE liefern sich ein unerwartet friedliches Fußballfest

Duisburg · Wenn sich Duisburg und Essen auf dem Fußballplatz gegenüber standen, endete das nicht selten in Chaos und Randalen. Entsprechend groß waren die Befürchtungen für das erste Punktspiel seit 15 Jahren. Doch dieses Mal stand der Sport im Mittelpunkt.

 Polizisten gehen vor dem Spiel zwischen Duisburg und Essen zum Haupteingang der Schauinsland-Reisen-Arena.

Polizisten gehen vor dem Spiel zwischen Duisburg und Essen zum Haupteingang der Schauinsland-Reisen-Arena.

Foto: Marc Latsch

Was war im Vorfeld nicht alles über dieses besondere Spiel gesprochen und geschrieben worden. Von Hooligans, die seit Jahren auf diesen Tag warten und sich rund um das Stadion prügeln werden. Von Chaos und Gewalt. Zumindest bis zum Abpfiff des ersten Punktspiels zwischen dem MSV Duisburg und Rot-Weiss Essen seit 15 Jahren fällt das Fazit deutlich positiver aus. Stimmungsvoll war es, sicherlich auch aufgeheizt. Doch die großen Zwischenfälle gab es Stand Freitagabend nicht.

Zwar sind im Stadion beide Fankurven 90 Minuten lang auch mit Schmähgesängen und gegenseitigen Beleidigungen beschäftigt, das ist dann aber auch schon alles. Kein Platzsturm, keine Gewalt, nur ein wenig Essener Pyrotechnik in der zweiten Halbzeit. Das war bei vergangenen Duellen der alten Rivalen schon deutlich anders, zuletzt 2014 bei den schweren Krawallen im Niederrheinpokal-Halbfinale.

Euphorie dürfen an diesem Abend dafür beide Fangruppierungen erleben. Zunächst sind es die Duisburger, deren Jubel nach den Toren von Marvin Bakalorz (6.) und Moritz Stoppelkamp (52.) schier grenzenlos wirkt. Dann sind es die vorher schon ernüchternd still gewordenen Essener nach dem Doppelschlag durch Simon Engelmann (67.) und Lawrence Ennali (71.). In der Schlussphase kocht die Stimmung schließlich bei allen 28.200 in der Schauinsland-Reisen-Arena noch einmal hoch. Die vollkommene Ekstase des Derbysiegs ist an diesem Abend aber keiner der beiden Mannschaften und ihren Anhängern vergönnt.

Dass es kein „normaler“ Tag in Duisburg ist, lässt sich bereits am Nachmittag auch für den Uninformierten erahnen. Das liegt weniger an den kleineren und größeren MSV-Fangruppen, die sich auf dem Weinfest in der Innenstadt ein Einstimmgetränk gönnen als an den knapp drei Dutzend Polizeifahrzeugen, die ganz in der Nähe auf dem Bahnhofsvorplatz parken. Die Duisburger Polizei will zeigen: Versucht es erst gar nicht, wir sind bereit. Mit Erfolg. Die Innenstadt bleibt an diesem Tag blau-weiß, Essener Fans verirren sich dorthin nicht.

 Neben der Vereinzelungsanlage vor dem Essener Gästeblock parkt ein Wasserwerfer der Polizei.

Neben der Vereinzelungsanlage vor dem Essener Gästeblock parkt ein Wasserwerfer der Polizei.

Foto: Marc Latsch

Im Stadion zeigt sich, dass auch eine weitere Maßnahme gegen zu viele Gästefans Erfolg hatte. Der MSV hatte zunächst den Mitgliederverkauf für das Spiel verlängert, dann sammelten Fans Spenden, um die verbliebenden Karten an finanziell nicht so gut aufgestellte Unterstützer zu verteilen. Das Ziel: kein freier Verkauf und nicht mehr als die 5000 Essener im Gästeblock des Stadions. Der Plan ging auf. Die Schauinsland-Reisen-Arena war nicht nur zum ersten Mal seit langem wieder ausverkauft, ihre Besucher waren auch ganz überwiegend in blau-weiß gekleidet.

Auf Fußballfans, die am Spieltag noch keine Karte haben, warten rund 40 Minuten vor Anpfiff diejenigen, die ihre übrig gebliebenen Karten eher gewinnorientiert verkaufen wollen. Sie stehen in der Nähe des Ticketcounters. Engagiert wird hier gefeilscht und über die Definition des Begriffs „fairer Preis“ diskutiert. Diejenigen, die es schon ins Stadion geschafft haben, sind währenddessen überwiegend mit Singen beschäftigt. „Sie ist schöner, jünger, geiler“, tönt es laut nach draußen. Der Stadion-DJ hat gerade „Layla“ aufgelegt.

Auch rund um die Arena ist die Polizei vorbereitet. Schon am S-Bahnhof Schlenk wird getrennt: links MSV-Fans, rechts RWE-Fans. Zwischen den Fußwegen zum jeweiligen Block parkt ebenso ein Wasserwerfer wie neben der Vereinzelungsanlage, durch die die Essener auf ihrem Weg ins Stadion müssen. Die Trennung ist nicht vollkommen, sowohl in der Bahn als auch danach treffen immer mal wieder auch Essener und Duisburger Anhänger aufeinander. Oder auch auf den Bremen-Fan, der auf dem Weg nach Wolfsburg einen Unterstützungshalt im Gästeblock einlegt. So viel Einsatz lobt sogar der Duisburger, der ihn auf sein Trikot angesprochen hatte. Dabei, dass es vor dem Spiel friedlich bleibt, hilft sicher auch das späte Ankommen vieler Essener Fans, die als durchaus gewaltbereit gelten. Sie erreichen teilweise erst nach Anpfiff den Gästeblock, da sind die MSV-Anhänger bereits allesamt auf ihren Plätzen.

So bleibt vor allem eines hängen: Eine lange nicht mehr erlebte Stimmung unter den leidgeprüften Duisburger Fans. Auch wenn es nicht zum Sieg reichte. Es war ein Abend des Sports, keiner der Randale und Gewalt.

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