WM-Viertelfinale und Olympia-Quali sicher Eishockey-Deutschland hat große Schritte nach vorn gemacht

Meinung | Kosice · Die bisherigen Spiele bei der Eishockey-WM haben gezeigt: Das deutsche Team gehört sicherlich nicht zur Weltspitze. Aber mit dem früheren Status des Punktelieferanten hat die Truppe nichts mehr zu tun.

 Deutschlands Marco Nowak (l) und James van Riemsdyk aus den USA kämpfen um den Puck.

Deutschlands Marco Nowak (l) und James van Riemsdyk aus den USA kämpfen um den Puck.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Zuerst der beste Weltmeisterschaftsauftakt seit 89 Jahren mit vier Siegen in Folge und der vorzeitigen Viertelfinal-Quali, dann zwei Niederlagen mit 2:11 Toren in zwei Tagen. Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft erlebt in Kosice (Slowakei) eine regelrechte Achterbahnfahrt. Vor allem bleibt ein großes Fragezeichen: Wo steht die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) nun wirklich?

Zuvorderst stehen nackte Tatsachen: Bereits drei Spieltage vor Abschluss der Vorrunde hat sich die deutsche Mannschaft für das WM-Viertelfinale und die Olympischen Spiele 2022 qualifiziert. Das ist beileibe nicht selbstverständlich. Schließlich hatte das Team noch im Vorjahr in Dänemark – und das nur drei Monate nach Silber bei Olympia in PyeongChang – die Runde der letzten Acht deutlich verpasst.

Eishockey-WM 2019: Deutschland gegen USA, die Bilder des Spiels
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Deutschland - USA: Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Monika Skolimowska

Moritz Müller verwortete sein Gefühl dazu ziemlich deutlich. „Ich habe in den letzten zwölf Jahren dreimal eine Olympia-Qualifikation spielen müssen“, sagte der Kölner Kapitän der DEB-Auswahl. „Das ist das härteste Turnier, was es gibt. Du musst alle Spiele gewinnen, während der Druck des Verbandes und der Nation auf deinen Schultern lastet. Allein die Tatsache, dass das wegfällt und wir entspannt auf Olympia 2022 blicken können, ist schon ein riesiger Fortschritt.“

Eishockey-Deutschland hat in den vergangenen Jahren tatsächlich große Schritte nach vorn gemacht. Viele junge Talente rücken nach, die neue Generation ist technisch hervorragend ausgebildet. Mit dem Abstiegskampf in der Elite-Gruppe hat die Auswahl des DEB schon seit einigen Jahren nichts mehr zu tun. An guten Tagen ist es möglich, Favoriten richtig zu ärgern – wie lange Zeit am Sonntag gegen die USA (1:3). An richtig guten Tagen reicht es sogar, wie im Februar 2018, zur olympischen Silbermedaille.

Doch bei diesem Turnier in Südkorea war nicht ein Spieler aus der National Hockey League, der stärksten Liga der Welt, am Start. Diese Weltmeisterschaft ist hingegen ein Stelldichein einiger der besten Eishockeyspieler des Planeten. Allein die Amerikaner reisten in diesem Jahr mit elf Spielern an, die in einer ersten Runde des alljährlichen NHL-Drafts, dem Auswahlverfahren für junge Spieler, gezogen wurden. Deutschland hat in Leon Draisaitl aktuell genau einen solchen Spieler in seinen Reihen – er ist sogar nur einer von vier in Deutschland ausgebildeten Spielern, die jemals in der ersten Runde gezogen wurden.

Angesichts dessen ist die Leistung der deutschen Mannschaft, vorzeitig Viertelfinale und Olympia klargemacht zu haben, hoch zu bewerten. Das 1:8 gegen Kanada zeigt dennoch auf, wie viel an einem schlechten Tag noch zur Weltspitze fehlt. Dass solche Ergebnisse jedoch nicht mehr zur Tagesordnung gehören, sondern ärgerliche Ausrutscher sind, zeigt: Das deutsche Eishockey gehört vielleicht noch nicht zur Weltspitze. Aber mit dem früheren Status des Punktelieferanten hat die Truppe um Superstar Draisaitl erst recht – und schon lange – nichts mehr gemein.

(asch)
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