Gastbeitrag Alexander Steffen Junge Liberale: Lockdown kann nur auf kurze Sicht Ultima Ratio sein

Düsseldorf · Alexander Steffen ist Vorsitzender der Jungen Liberalen in NRW. In seinem Gastbeitrag plädiert er für möglichst viel Eigenverantwortung in der Pandemie. Der Staat könne es nicht allein schaffen.

Lockdown, Lockerungen, Lockdown-light, Lockdown-hart. In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir einen rasanten Wechsel an staatlichen Strategien und Einzelmaßnahmen erlebt. Es lässt sich dabei auch eine lange Liste an leeren Versprechungen aufzählen, wenn Armin Laschet Restaurants zum Beispiel eine schnelle Öffnung in Aussicht stellt, um im Anschluss zu einem harten Lockdown umzuschwenken oder der Einkauf im Einzelhandel „patriotischen Aufgabe“ (Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier) ist und danach das Weihnachtsgeschäft verboten wird. Diese Beispiele zeigen zwei Dinge: Die Politik ist auch nicht klüger und vor allem auch nicht die alleinige Lösung: Wer glaubt, allein staatliches Handeln könne die Krise angemessen bewältigen, ist blind vor Staatsgläubigkeit.

Für die Bewältigung der Krise kommt es jedoch entscheidend auf die Qualität der Maßnahmen an. Ob sie staatlich – oder wie im Falle der Entwicklung des ersten Impfstoffes gegen CoVid19 – privater Natur sind, ist dabei nahezu egal. Die Handlungen, ob durch Private oder durch den Staat, sind an Ihren Wirkungen zu messen. Es erstaunt daher, dass die Kritik daran, dass es mangels Strategie und mangels wirksamen Schutzes vulnerabler Gruppen wieder zu einem harten Lockdown kommen musste, viel zu häufig mit Verschwörungstheorien verwechselt wird. So muss es möglich sein, den harten Lockdown zum jetzigen Zeitpunkt für unausweichlich zu halten und dennoch zu kritisieren, dass es überhaupt so weit kommen musste und was dies für die Generationengerechtigkeit bedeutet.

Für uns Junge Liberale ist klar, dass ein Lockdown nur kurzzeitige „Ultima Ratio“ sein kann. Bereits ins Gespräch gebrachte Ausgangssperren übertreffen dies noch einmal und überschreiten eine Grenze: In einer Zeit, in der auch die mentale Gesundheit fragil ist, gleichen die eigenen vier Wände einem Gefängnis, wenn der Spaziergang staatlich untersagt wird.

Nach dem Lockdown braucht es schnellstmöglich eine Besinnung auf Hygienekonzepte anstelle von pauschalen Verboten, damit Restaurants und der Einzelhandel weniger am Tropf staatlicher Subventionen wie den noch immer nicht ausgezahlten November-Hilfen hängen. Es klingt abgedroschen, aber gerade als Vertreter der jungen Generation sorgt der rasant anwachsende Schuldenberg für Panik. Es geht bei den Ausgaben ausschließlich um die Rettung des Hier und Jetzt. Zwar wird so viel Geld ausgegeben wie noch nie, es werden jedoch keine Aufstiegschancen geschaffen, keine Digitalisierung vorangetrieben, kein Klimaschutz betrieben oder Zukunftsideen gefördert.

Für großen Streit hat das Festhalten von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Präsenzunterricht in Schulen gesorgt. Während des ersten Lockdowns und der Schulschließungen wurden enorme Leistungsspannen entdeckt, so dass sich sagen lässt, dass gerade in sozial benachteiligten Familien schwere Nachteile durch Distanzunterricht entstehen. Und deswegen ist es richtig, dass sich eine liberale Schulministerin für Chancengerechtigkeit, die DNA der FDP, einsetzt. Aber Schule ist mehr als nur Bildung, denn auch die faktische Betreuung ohne Unterricht ist ein Problem: Wie soll die alleinerziehende Krankenschwester neben ihrer systemrelevanten Arbeit noch die Betreuung und Förderung der Kinder zu Hause leisten? Und sind wir doch einmal ehrlich: Nicht nur NRW, sondern ganz Deutschland ist noch lange nicht so weit, dass es digitalen Unterricht in der Fläche und auf Dauer funktionierend geben kann.

In einem Land, in dem Regierungen schon vor zehn Jahren vor allem in Zukunft, Bildung und Chancengerechtigkeit investiert hätten, würden Auszubildende und Studierende, die in der Krise ihren Ausbildungsplatz oder ihren Nebenjob verloren haben, übrigens auch beruhigt weiterleben und auf die Auszahlung ihres elternunabhängigen Bafögs vertrauen können. In dieser Welt würde es nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, ob ein junger Mensch besser oder schlechter durch die Pandemie kommt.

Wenn wir in einigen Jahren auf diese Krise zurückblicken und feststellen, dass die Corona-Krise nicht in die breitflächige Chancen-Sackgasse der jungen Generation geführt hat, sondern Chancengerechtigkeit in der Bildung erreicht wurde, solides Haushalten trotz Krise ermöglicht und gesundheitlicher Schutz erwirkt werden konnte, können wir sehr zufrieden sein. Dazu bedarf es einen Fokus auf Eigenverantwortung bei einem gleichzeitig - an den richtigen Stellen - starken Staat.

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