Merkel im "Reich der Mittel"

Berlin/Peking (brö) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will auf ihrer dreitägigen Reise nach China um Investitionen in die deutsche Wirtschaft und finanzielle Hilfen in der Euro-Krise werben. Heute wird die Kanzlerin in Peking mit militärischen Ehren von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao empfangen. Anschließend stehen Gespräche mit Staatspräsident Hu Jintao und dem Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, Wu Bangguo, auf dem Programm. Es ist bereits der fünfte Besuch Merkels in China. Die Regierungschefin wird von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation, darunter Siemens-Chef Peter Löscher, und einigen Bundestagsabgeordneten begleitet.

Im Mittelpunkt steht Regierungskreisen zufolge die finanzielle Hilfe Chinas bei der Bewältigung der europäischen Staatsschuldenkrise. Hintergrund: Die Wirkung des europäischen Rettungsschirms EFSF, der von den EU-Staaten mit 440 Milliarden Euro Kreditgarantien ausgestatteten wird, soll mit Hilfe privater Investoren auf eine Billion Euro gesteigert werden. Dazu vorgesehen ist ein Sonderfonds, in den auch das wirtschaftlich starke China investieren könnte. Bisher haben die Finanzmärkte den EFSF kaum angenommen. Die Hoffnungen ruhen auf China, das Devisen im Wert von 2500 Milliarden Euro auf der hohen Kante hat. Allein der größte chinesische Staatsfonds Safe verfügt über Mittel in Höhe von umgerechnet 430 Milliarden Euro.

Auch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit steht auf der Agenda. Die deutsche Industrie feiert Ausfuhrrekorde nach China, klagt aber vor Ort oft über Wettbewerbsverzerrungen und Imitationen. Morgen treffen bei einem deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum im südchinesischen Guangzhou (Kanton) führende Wirtschaftsvertreter beider Seiten an einem "runden Tisch" aufeinander. Chinas Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr trotz der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise mit 9,2 Prozent erstaunlich schnell.

Merkel will in Peking aber auch schwierige Themen wie die Menschenrechtsproblematik und den Umgang der chinesischen Staatspartei mit Dissidenten ansprechen. Sie werde über ihre Überzeugungen und Werte so sprechen wie in Deutschland, sagte die Bundeskanzlerin der "Welt". Sie wolle ihren Gesprächspartnern ihre Sichtweise darlegen, "in der gebotenen Höflichkeit und Klarheit gleichermaßen". Die Frage nach dem Umgang mit Dissidenten und dem Freiheitsstreben werde daher auf die Tagesordnung kommen, sagte Merkel.

(RP)
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