Düsseldorf Nazi-Helfer in Düsseldorf gefasst

Düsseldorf · Der 31-jährige Carsten S. soll dem Zwickauer Terror-Trio eine Waffe geliefert haben, die möglicherweise bei der Ermordung von Migranten eingesetzt wurde. Der Zugriff erfolgte über das Spezialkommando GSG 9.

Beamte des Spezialkommandos GSG 9 haben gestern im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk einen fünften mutmaßlichen Helfer der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle festgenommen. Der 31-Jährige soll den Terroristen eine Schusswaffe und Munition beschafft haben. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zu sechs Morden und einem Mordversuch vor. Damit befinden sich insgesamt fünf Verdächtige aus dem Umfeld des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) in Untersuchungshaft. Das Neonazi-Trio aus Zwickau, das den NSU gründete, soll für die Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin in Heilbronn 2007 verantwortlich sein.

Der nun festgenommene Carsten S. soll 2001 oder 2002 in Jena eine Waffe und Munition gekauft haben, die über Mittelsmänner zu den untergetauchten Terroristen gebracht wurden. Angeblich hat er die Waffe über den inzwischen verhafteten Ralf Wohlleben dem Terror-Trio zukommen lassen. Ungeklärt sei, ob die Waffe bei den Morden zum Einsatz kam. Ein Sprecher der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe sagte unserer Zeitung, Carsten S. habe bereits seit zweieinhalb Monaten im Visier der Ermittler gestanden. Ein Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag am S-Bahnhof Düsseldorf-Wehrhahn, bei dem am 27. Juli 2000 mehrere jüdische Migranten verletzt wurden, bestehe nach derzeitigen Erkenntnissen nicht.

Carsten S. soll umfassend ausgesagt haben. Der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof ordnete gestern Abend Untersuchungshaft an. Die Wohnung von S. in Düsseldorf wurde durchsucht. Nach den Erkenntnissen der Ermittler war Carsten S. in den Jahren 1999 und 2000 im rechtsextremistischen "Thüringer Heimatschutz" aktiv – wie zuvor die drei Mitglieder der Zwickauer Zelle, die 1998 in den Untergrund gingen. Nach Auskunft seines Anwalts ist der aus Jena stammende Tatverdächtige 2000 aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen. Ins Rheinland zog er 2003. Er studierte in Düsseldorf Politik und Sozialwissenschaft, arbeitete später in der Jugendsozialarbeit und bei der Aids-Hilfe.

Der Geschäftsführer der Aids-Hilfe Düsseldorf, Peter von der Forst, bestätigte, dass Carsten S. dort seit 2005 beschäftigt ist. Er habe sich zu seiner rechtsextremen Vergangenheit bekannt. Von Straftaten sei ihm aber nichts bekannt gewesen. Carsten S. habe glaubhaft versichert, dass er mit rechtsextremem Gedankengut nichts mehr zu tun habe. Als Student der Fachhochschule kandidierte er sogar für den Asta als Schwulen-Referent. Den Posten trat er nicht an, weil eine Antifa-Gruppe seine Neonazi-Vergangenheit veröffentlicht hatte.

Für den Düsseldorfer FH-Professor für Sozialpolitik, Volker Eichener, kommt die Verhaftung nicht überraschend. "Schon seit Längerem beobachte ich, dass rechtsradikale Verbände systematisch Studenten in sozialpädagogische Studienfächer einschleusen, um sie zur Rekrutierung von Jugendlichen zu qualifizieren", sagte Eichener.

(RP)
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