Warten auf einen akzeptablen Sanierungsplan Krisenstaat Zypern provoziert Europa

Nikosia · Rolle rückwärts in Nikosia? Zypern könnte die Zwangsabgabe auf Konten aus der Schublade holen und die Pensionskassen verschonen. Die Uhr tickt. Die Euro-Retter um Kanzlerin Merkel verlieren die Geduld.

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Foto: dpa, Katia Christodoulou

Zypern strapaziert Europas Nerven. Ohne einen akzeptablen Sanierungsplan in Nikosia rückt die erste Staatspleite eines Euro-Landes in bedrohliche Nähe. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rügte den kleinen Mittelmeer-Staat am Freitag in scharfer Form. Eine Verstaatlichung der zyprischen Pensionskassen werde Europa nicht dulden. Zypern wollte die eigentlich schon gescheiterte Zwangsabgabe für Bankguthaben möglicherweise doch wieder einführen.

Laut den Kreisen eines regierungsnahen Abgeordneten sollen Geldeinlagen von mehr als 100.000 Euro mit bis zu sieben Prozent belastet werden. Guthaben unter dieser Grenze sollen nicht betroffen sein. Die Vertreter der Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) hätten dies mit Staatspräsident Nikos Anastasiades erörtert. Es ist eine der wichtigsten Forderungen der Eurogruppe für weitere Hilfen für die Inselrepublik.

EZB könnte am Montag Geldhahn zudrehen

Zur vielleicht entscheidenden Sitzung wollte das Parlament in Nikosia am Abend zusammenkommen. Der zyprische Finanzminister Michalis Sarris bestätigte vor Journalisten, das Thema einer Zwangsabgabe auf Bankguthaben liege klar auf dem Tisch. Die Debatte über das Rettungsprogramm sollte nach Informationen des staatlichen Rundfunks (RIK) um 19.00 Uhr beginnen, verzögerte sich allerdings.
Zuvor wollten sich die Chefs aller Parteien erneut mit Staatspräsident Anastasiades treffen. "Das kann noch lange dauern", meinte ein Abgeordneter.

Das EU-Land muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um von den internationalen Geldgebern Nothilfen von zehn Milliarden Euro zu bekommen. Am Montag will die Europäische Zentralbank den maroden Banken den Geldhahn abdrehen, falls kein Rettungspaket steht. Die EU bereitet sich auf die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen in Zypern vor, was es in Europa noch nie gab. Am Sonntag oder Montag könnte es weitere Krisengespräche der Euro-Finanzminister geben.

Merkel warnte die Zyprer, die Geduld der Geldgeber überzustrapazieren. "Ich wünsche mir das nicht, dass es zu einem Crash kommt", sagte sie laut Teilnehmern vor Koalitionsabgeordneten. Nikosia verhalte sich gerade nach der Devise, lieber sterben als auf Knien weiterleben zu wollen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte: "Wir können nicht akzeptieren, dass die Renten der Menschen verpfändet werden. Zypern spielt mit dem Feuer." Allerdings mehrten sich zuletzt Anzeichen, dass die Regierung in Nikosia den Aufbau eines Fonds aus Pensionen, Kirchengeldern und Notenbank-Gold wieder verwirft.

Bemühungen zur Einigung mit Russland

Der Chef des größten Geldinstituts Bank of Cyprus, Andreas Artemis, rief die Regierung auf, den alten Vorschlag der Eurogruppe sofort anzunehmen. Sonst drohe der Kollaps der zyprischen Banken.

Zyperns Hilferufe nach Moskau verhallten zunächst ungehört. "Die Verhandlungen sind beendet", sagte Finanzminister Anton Siluanow. Die zyprische Regierung versuchte vergeblich, russische Investoren mit Beteiligungen an Gasvorkommen oder Banken zu Krediten zu bewegen. Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew erklärte, die Türen seien noch nicht endgültig zu.

Um einen Zusammenbruch des Bankensystems nach der für Dienstag geplanten Öffnung der Banken zu verhindern, will Zypern vorübergehend den Zahlungsverkehr einschränken. Ein Gesetz dafür sollte das Parlament passieren. Größere Beträge dürften nicht ohne Genehmigung der Zentralbank ins Ausland überwiesen werden. Auf den Konten liegen fast 70 Milliarden Euro, davon viel Geld reicher Russen und Briten.

(dpa/das)
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