Analyse Eon versilbert Kunst – für die Kunst

Düsseldorf · Der Anteil des Kultursponsorings an den Kulturausgaben beträgt in Deutschland nur fünf Prozent. In NRW wird Sponsoring dennoch immer wichtiger. Denn hier tragen die klammen Kommunen die Last der Kulturfinanzierung.

Wenn öffentliche Museen sich anschicken, ihr teuerstes Kunstwerk zu verkaufen, um ihr Haus zu sanieren, hagelt es meistens Kritik – wie vor acht Jahren, als das Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum sich von einem Monet trennen wollte. Jetzt hat das Düsseldorfer Energie-Unternehmen Eon bekannt gegeben, dass es bei Christie's das kostbarste Stück seiner Kunstsammlung versteigern lassen will: ein Gemälde des Amerikaners Jackson Pollock, "Number 5 (Elegant Lady, 1951)". Der Konzern rechnet mit einem Erlös zwischen 15 und 20 Millionen Dollar. Mit diesem Geld will das finanziell angeschlagene Unternehmen Eon die weitere Finanzierung seiner kulturellen Förderung an unterschiedlichen Standorten sichern, vor allem im Düsseldorfer Museum Kunstpalast, dem es in einer "Public-Private Partnership" verbunden ist.

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats – das ist der Spitzenverband der Bundeskulturverbände –, erhebt normalerweise lautstark Einspruch, wenn ein Kunstverkauf Infrastruktur sichern soll. Im Fall Eon aber bringt er überraschend viel Verständnis auf. Er lobt die Eon AG dafür, dass ihr Sponsoring nicht lediglich die berühmten Sahnehäubchen finanziert, sondern sich verpflichtet hat, dauerhaft das dem Firmensitz benachbarte Museum Kunstpalast zu unterstützen. Bis 2017 sind dafür 750 000 Euro pro Jahr zugesichert, zuzüglich einiger Finanzspritzen für einzelne Ausstellungen.

"Eon ist eines der wenigen positiven Beispiele", sagt Zimmermann. Zwar bedauert er den Verkauf des Pollock-Bildes, doch fügt er an, man könne bei einem privaten Besitzer nicht mit gleicher Rigorosität urteilen wie bei einem öffentlichen Museum. Kritik äußert er allerdings an einer "zu großen Kommunalisierung" der Kulturfinanzierung gerade in Nordrhein-Westfalen. Er meint damit, dass in keinem anderen Bundesland Kultur in so hohem Maße von den Kommunen finanziert werde wie in NRW. Die Gemeinden tragen heute 76,3 Prozent der öffentlichen Kulturausgaben, den Rest trägt das Land. Der Anteil des Kultursponsorings an den gesamten Kulturausgaben beläuft sich Schätzungen zufolge auf fünf Prozent, vielleicht ist es sogar noch weniger. Da keine Meldepflicht besteht, sind genauere Angaben nicht möglich.

Friederike von Reden, Referentin für Kultursponsoring im Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft, hat den Eindruck, dass die Ausgaben deutscher Unternehmen für Kultursponsoring in den letzten Jahren gleich geblieben sind – trotz teilweise wirtschaftlich schwieriger Zeiten. Die Firmen, so fügt sie hinzu, hielten sich an die Devise "Verträge müssen eingehalten werden". Sie schätzt den Anteil der privaten Kulturförderung an den gesamten Kulturausgaben auf sieben bis zehn Prozent.

Betrachtet man die Kultur-Aufwendungen des Landes NRW, so fällt auf, dass sie seit 2005 von 70 Millionen Euro pro Jahr bis 2012 auf 196 Millionen gestiegen und 2013 leicht auf 180 Millionen Euro gefallen sind. Das klingt gut, doch trägt das Land im Vergleich mit den Kommunen nur einen geringen Teil der Kosten. Die Kommunen aber ächzen unter den Lasten, die ihnen aufgebürdet sind. Und da Kultur zu den sogenannten freiwilligen Leistungen zählt, ist dies einer der wenigen Bereiche, in denen die Gemeinden überhaupt noch sparen können.

Angesichts dieser Lage wird Kultursponsoring immer wichtiger, selbst wenn die Fördersummen im Lauf der Jahre nicht gestiegen sind. Allerdings fördern die meisten Unternehmen nur solche Projekte, die ihnen Ansehen einbringen – also eher eine Ausstellung mit Namen wie Picasso, Chagall und Miró als einen Workshop für Nachwuchskünstler.

Eon fördert durch seine Unterstützung des Museums Kunstpalast immerhin auch dessen zahlreiche Projekte, die für die Entwicklung der Künste wichtig sind, aber keine Besuchermassen anlocken – wie etwa Studio-Ausstellungen zur Glaskunst oder Installationen junger Künstler.

Dorothee von Posadowsky, verantwortlich für das Eon-Kunst- und Kulturengagement, verweist darauf, dass der ursprünglich zum Ende dieses Jahres auslaufende Kooperationsvertrag mit dem Museum Kunstpalast bis 2017 verlängert worden ist und dass es bei der Entscheidung, das Bild von Pollock zu verkaufen, auch darum gegangen sei, eine Lösung zu finden, die nach innen und außen gut vertretbar ist. Insbesondere die Akzeptanz der Mitarbeiter für die Kunstaktivitäten sei wichtig. Der Verkauf des Pollock-Gemäldes sei ein Opfer, welches das Unternehmen in einer schwierigen Zeit bringt. Die Entscheidung der Unternehmensführung, den Erlös für die Kunst- und Kulturaktivitäten einzusetzen, zeige aber, dass die Kultur weiterhin einen hohen Stellenwert im Unternehmen besitze.

Im September wird mit Unterstützung von Eon eine Ausstellung im Museum Folkwang eröffnet: "Monet, Gauguin, van Gogh. Inspiration Japan". In der Vergangenheit hat auch zum Beispiel die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin von Eon profitiert.

Auf die Frage, ob weitere Verkäufe geplant seien, antwortet Dorothee von Posadowsky: "Im Moment nicht." In der Situation, in der sich das Unternehmen befindet, ist das schon fast eine beruhigende Aussage. Vor allem wenn man auf andere Konzerne blickt. Das Textilunternehmen Esprit würde sich lieber heute als morgen aus der Förderung der Düsseldorfer Esprit-Arena zurückziehen, und in Bonn geht es mit dem geplanten Bau eines Festspielhauses nicht voran. Die beiden in der Stadt liegenden Dax-Konzerne Deutsche Telekom und Deutsche Post wurden immer wieder gebeten, das Projekt großzügig zu fördern, doch zumindest die Telekom erteilte nach langem Taktieren eine Absage.

(RP)
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