Kommentar zur Bundestagsdebatte über den Down-Test Das Ende der Menschlichkeit

Meinung | Meinung · Die vorgeburtlichen Untersuchungen zum Aufspüren von Behinderungen wären einfach zu regeln, wenn es dahinter nicht um Abgründe im Umgang mit dem Lebensrecht ginge.

 Ein Pieks, der Folgen haben kann. Blutabnahme in einer Uniklinik.

Ein Pieks, der Folgen haben kann. Blutabnahme in einer Uniklinik.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Von Gregor Mayntz

Im Grunde wäre der Umgang mit vorgeburtlichen Bluttests als Kassenleistung ganz einfach: Unbedingt machen. Denn wenn die bislang von den Kassen bei Risikoschwangerschaften bezahlten Fruchtwasseruntersuchungen gefährlich sind und jährlich zu Hunderten von Fehlgeburten führen, ist es doch selbstverständlich, auch die Bluttests von der Versichertengemeinschaft zahlen zu lassen, wenn diese nahezu ohne Risiken eine wahrscheinliche Behinderung des Kindes genauso zweifelsfrei vorhersagen. Das gehört sich schon mit Blick auf die Vielzahl von ungeborenen Leben, die so gerettet werden können. Doch da ist noch ein riesiges Aber hinzuzufügen.

Es wäre alles leicht nachzuvollziehen, wenn die Testergebnisse einzig zu dem Zweck genommen würden, sich solche Risikoschwangerschaften genauer anzuschauen, die sich zu einer Gefahr für die werdenden Mütter zu entwickeln drohen. Tatsächlich aber geht es in den meisten Fällen nicht um zum Beispiel  Trisomie 15 und die hohe Gefahr tödlich verlaufender Schwangerschaften. Es geht um Trisomie 21 und somit um jene Kinder, die immer wieder als nicht normal und behindert gelten, obwohl sie besonders begabt sind und sehr viel feinfühliger beispielsweise in Personalabteilungen von Unternehmen die Sozialkompetenz von Bewerbern bewerten könnten.

Und es kommt der Test-Effekt hinzu, dass 90 Prozent aller Mütter, die von den besonderen Begabungen ihres Kindes erfahren, die Bewertung einer Behinderung übernehmen und sich gegen das Lebensrecht ihres Kindes entscheiden. Sie versagen das Recht auf Leben ausgerechnet solchen Menschen, denen die Eltern immer wieder eine besondere Freude am Leben bescheinigen. Machen wir uns nichts vor: Auch in unsere Gesellschaft neigen viele hinter vorgehaltener Hand zu der raunenden Bemerkung beim Blick auf Kinder mit Downsyndrom, dass „so was ja heute bei den einfachen Tests nicht mehr sein muss“. Das ist so schlicht wie menschenverachtend.

Hätten wir eine breite gesellschaftliche Verständigung darauf, dass eine Abtreibung immer nur dann in Frage kommt, wenn es keinerlei andere Möglichkeit gibt, Leben und Gesundheit der Mutter zu verschonen, könnten wir wie eingangs geschildert mit den Bluttests umgehen. Doch diese Verständigung schwindet immer mehr, verschiebt sich in Richtung einer absoluten Entscheidungsfreiheit der Frau über Sein oder Nichtsein von Leben. Dann wären wir am Anfang eines Weges zu einem Lebensrecht nur noch für Kinder, die garantiert geliebt sind, weil sie das richtige Geschlecht, die passende Intelligenz und hoffentlich keine Sonder-Begabung besitzen. Und am Ende der Menschlichkeit.

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