Gutachten zum billigen Kredit Wulff überschritt Grenze zur Strafbarkeit

Berlin · Bundespräsident Christian Wulff hätte den 500.000-Euro-Hauskredit dem Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim zufolge nicht annehmen dürfen. Der Staatsrechtslehrer kommt in einer Analyse des Falles zu dem Schluss, dass Wulff gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen und sich dabei vermutlich auch wegen Vorteilsannahme im Amt strafbar gemacht hat.

Wenn Herr Wulff den Zeigefinger hebt
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Foto: dapd, Johannes Eisele

"Alles spricht dafür", schrieb von Arnim in dem Gutachten, dass Wulff durch die Entgegennahme dieses Kredits "während seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident gegen das Verbot verstoßen hat, Geschenke in Bezug auf sein Amt anzunehmen". Das Geschenk "bestand in der Hinnahme des zinsgünstigen Kredits der Familie Geerkens", erklärte der Staatsrechtler aus Speyer. "Der Bezug auf das Amt wurde durch die wiederholte Mitnahme des Egon Geerkens zu Auslandsreisen des Ministerpräsidenten hergestellt", berichtet "Spiegel Online".

McAllister geht auf Distanz

Unterdessen ist der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) auf Distanz zu Wulff gegangen. "Sollte es falsche Auskünfte der Landesregierung gegenüber dem Parlament gegeben haben, werden wir sie richtigstellen", sagte McAllister der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" mit Blick auf Wulff, dem er als Ministerpräsident nachgefolgt war. Zu Wulffs Urlauben in Unterkünften wohlhabender Freunde fügte McAllister hinzu: "Mich lädt niemand nach Ibiza ein. Und ich mache sowieso lieber Urlaub an der Nordsee im Strandkorb in Cuxhaven."

Die Oppositionsparteien im niedersächsischen Landtag wollen bis Montag eine Aktuelle Stunde beantragen, um über die Affäre um Wulffs Immobilienkredite zu debattieren. "Wir erwarten bis Mitte der Woche Antworten auf unsere 100 Fragen", sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefan Wenzel, der "F.A.S." Er kritisierte außerdem die Staatsanwaltschaft Hannover, die es vor Weihnachten abgelehnt hatte, gegen Wulff wegen Vorteilsnahme zu ermitteln und äußerte den Verdacht einer möglichen politischen Einflussnahme.

SPD fordert Wulffs Rücktritt

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles fordert Bundespräsident Christian Wulff zu Konsequenzen aus seiner Kredit- und Medienaffäre auf. "Die vergangenen Wochen haben dem Amt des Bundespräsidenten massiv geschadet", sagte Nahles der "Welt". "Christian Wulff hat es in der Hand, diese Agonie zu beenden."

Nahles fügte hinzu, die Entscheidung über einen Rücktritt treffe Wulff allein. "Seine Verzögerungstaktik aber ist nicht länger hinzunehmen", sagte sie. Wulff solle seine Präsidentschaft selbstkritisch neu bewerten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
müsse sich fragen, wie lange Wulff im höchsten Staatsamt noch tragbar sei. Nahles bekräftigte das Angebot der SPD, nach einem Rücktritt Wulffs einen überparteilichen Kandidaten aufzustellen.

Der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sagte der "Bild am Sonntag", es könne nicht noch einmal ein Bundespräsident mit knappster Mehrheit im dritten Wahlgang durchgesetzt werden. Falls Wulff zurücktreten sollte, müsse es einen Präsidenten mit breiter Mehrheit in der Bundesversammlung geben. "Selbstverständlich muss das vorher zwischen den Parteien - und das betrifft nicht nur SPD und CDU - besprochen werden", sagte er. Steinmeier sagte, er selbst stehe für eine mögliche Wulff-Nachfolge nicht zur Verfügung. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, dass die SPD wieder stärkste Kraft im Bundestag wird.

Merkel: Würde des Amtes nicht beschädigt

Die Affäre Wulff hat nach Ansicht von Kanzlerin Angela Merkel die Würde des Bundespräsidentenamtes nicht beschädigt. "Ich glaube, wenn Christian Wulff weiter die Fragen auch beantwortet, dann wird diese Würde des Amtes auch durchaus gerechtfertigt durch seine Arbeit", sagte Merkel am Samstag in einem vorab ausgestrahlten Ausschnitt aus dem "Interview der Woche" des Deutschlandfunks.

Der Bundespräsident sei die Nummer Eins im Staate, der gerade in wichtigen Phasen des politischen Lebens Entscheidungen treffen müsse, sagte die CDU-Vorsitzende. So habe beispielsweise Bundespräsident Horst Köhler die von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gestellte Frage beantworten müssen, ob es zu Neuwahlen kommen kann.

"Das sind ja ganz wichtige Dinge, die Bundespräsidenten zu entscheiden haben", sagte Merkel. "Und ein weiterer Teil der Aufgaben des Bundespräsidenten sind sicherlich auch öffentliche Auftritte, sein Ansehen bei den Bundesbürgern."

(APD)
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