Union gegen Klars vorzeitige Entlassung Vollmer will Begnadigung für alle RAF-Häftlinge

Berlin (RPO). Die ehemalige Vizepräsidentin des Bundestages, Antje Vollmer, hat sich für eine Begnadigung aller vier noch einsitzenden ehemaligen RAF-Terroristen ausgesprochen. "Ich fände es richtig, wenn diese ganze Zeit mit einem politischen Schlusswort des Bundespräsidenten beendet würde", sagte die Grünen-Politikerin. Vertreter der Union sprachen sich derweil gegen eine vorzeitige Haftentlassung von Christian Klar aus.

Antje Vollmer empfahl den Medien zugleich eine Selbstverpflichtung, auf Talkshows und Interviews mit den Freigelassenen zu verzichten. So würden sie die von vielen befürchtete Starrolle der Ex-Terroristen nicht selber produzieren, sagte Vollmer und fügte hinzu: "Dieser gewinnträchtige Voyeurismus wäre so leicht zu vermeiden."

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, sein Innenminister Günther Beckstein (beide CSU) und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla lehnten ein Gnadenerlass für den Ex-Terroristen Christian Klar ab. Die beiden Grünen-Chefs Claudia Roth und Reinhard Bütikofer kritisierten derweil den Verzicht auf Hafterleichterungen für Klar durch den baden-württembergischen Justizminister Ulrich Goll (FDP).

CDU-Generalsekretär Pofalla betonte: "Zur Gnade gehört Reue. Ich kann bei Herrn Klar keine Reue erkennen. Jüngste kapitalismuskritische Äußerungen Klars erinnerten ihn an die Terminologie von damals. "Er hat zur Aufklärung der bis heute im Detail ungeklärten Morde nicht beigetragen. Es gab kein Wort des Bedauerns mit Blick auf die Dutzenden Opfer des RAF-Terrors."

Ministerpräsident Stoiber wies Vorwürfe Klars zurück, "Meinungsblockwarte" in Politik und Medien wollten wegen seiner Kritik am Kapitalismus seine Begnadigung verhindern. "Herr Klar sieht immer noch nicht ein, dass er nicht Opfer, sondern Täter und Mörder ist." Die radikale Sprache, mit der er jetzt auf die Empörung über seine antikapitalistischen Äußerungen reagiere, zeige: "Der Terrorist Klar hat aus seinen menschenverachtenden Taten nichts gelernt." Er habe Gnade nicht verdient und sollte deshalb hinter Gittern bleiben.

Klar ein "unverbesserlicher Terrorist"?

Innenminister Beckstein sagte, Klar sei ein "unverbesserlicher Terrorist, ein verbohrter, fanatischer Ideologe". "Bei dieser Sachlage ist ein Gnadenerlass völlig unvorstellbar", erklärte der CSU-Politiker. Lehnt Köhler das Gesuch ab, muss Klar mindestens bis 2009 im Gefängnis bleiben und weit darüber hinaus, wenn es nach Beckstein geht: "Ich meine: Je länger, desto besser."

Dem Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele wirft Beckstein eine Bagatellisierung der RAF-Verbrechen vor, weil dieser in Klars bereits im Januar verfassten Grußwort zur Rosa-Luxemburg-Konferenz keinen Aufruf zur Gewalt sieht. Der RAF-Terrorist hatte darin gefordert, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden".

Grünen-Chefin Roth warf Baden-Württembergs Justizminister Goll vor, er mache sich zum Stichwortgeber einer populistischen Kampagne gegen Gnadenerweise. "Herr Goll agiert rechtsstaatswidrig, wenn er sich frontal gegen die Meinungsfreiheit stellt", sagte Roth. Goll müsse als Justizminister den Unterschied zwischen Stammtischparolen und Rechtsstaatsgrundsätzen aufzeigen, forderte Roth. Es bestehe bisher kein Grund zu der Annahme, dass von Klar noch Gefahr ausgehe.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer ging ebenfalls mit Goll hart ins Gericht. Mit seinem Vorgehen im Fall Klar habe Goll gezeigt, "dass er Anhänger einer illiberalen Gesinnungsjustiz ist". Zur Debatte um das Grußwort Klars für die Berliner Konferenz sagte Bütikofer: "Mir widerstrebt, dass auf bestimmte Äußerungen von Herrn Klar hysterisch reagiert wird". Die Frage, ob Klar begnadigt werden könne, hänge nicht daran, ob dieser eine antikapitalistische Haltung habe. Allerdings seien die Äußerungen Klars "ziemlich dämlich", betonte der Grünen-Politiker.

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort