Landtagswahl am Sonntag Rote Signale aus dem Saarland

Saarbrücken (RP). Es könnte die spannendste Wahl des Jahres werden: Im Saarland steuert zwischen den Lagern den Umfragen nach alles auf ein Patt zu. Zudem erhofft sich die SPD-Spitze eine Signalwirkung für den Bund. Das Szenario Rot-Rot heizt auch den Bundestagswahlkampf an. Der seit 1999 regierende CDU-Ministerpräsident Peter Müller ist akut gefährdet. Letzte Hoffnung "Jamaika"?

 Saarlands Ministerpräsident Peter Müller wird nicht mehr allein regieren können.

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller wird nicht mehr allein regieren können.

Foto: AP, AP

Wenn der 65-jährige Saarländer Oskar Lafontaine als Matador der Partei Die Linke in seiner Heimat Wahlkampf macht, redet er gern und oft, wie ihm der saarländische Schnabel gewachsen ist, zum Beispiel so: "Was muss das Müller Pittchen die Bux voll han."

Das "Müller Pittchen" ist der 54-jährige Ministerpräsident Peter Müller von der CDU, auch ein Landeskind, nicht aus Saarlouis wie der Physiker Lafontaine, sondern aus dem Ort Eppelborn.

Unsere Drei-Länder-Reportage vor dem Wahlsonntag

Richter a.D. Müller, der seit 1999 an der Spitze des kleinsten deutschen Flächenlandes steht, hat angesichts der Wahlumfragen für Sonntag Grund, "die Bux voll zu han", denn erstens wird er seine absolute CDU-Mehrheit im Landtag verlieren, und zweitens vielleicht auch das Regierungsamt im weißen Haus an der Saarbrücker Ludwigskirche. Zusätzlich wirft ihm die SPD unlautere CDU-Wahlwerbung mittels seines Regierungsapparats vor.

Demoskopen prognostizieren ein Remis

Das Wort Hochspannung mag abgegriffen klingen — vor allem für Nicht-Saarländer wenige Tage vor einer Landtagswahl in einem Bundesland-Winzling, der nicht mehr Einwohner hat als Köln. Doch diesmal trifft es die Stimmungslage. Die Demoskopen sagen ein Unentschieden voraus zwischen CDU und FDP einerseits sowie SPD, Die Linke, Grüne andererseits. Die Saar-CDU, die das Land bis auf die 13 Regierungsjahre des damals noch zur SPD gehörenden Regierungschefs Lafontaine (1985-98) und das Intermezzo Reinhard Klimmt (1998-99) politisch dominiert hat, fürchtet den Sturz in die Opposition. Zusammen mit ihrem nach wie vor besten Zugpferd Müller fürchtet sie außerdem, zum Opfer einer politischen Zäsur zu werden: Diese träte ein, wenn zum ersten Mal in einem westlichen Bundesland die Nachfolgepartei der unmöglichen SED des gebürtigen Saarländers Erich Honecker Regierungsämter erhielte.

Müller und die Union versuchen, in den wenigen Tagen bis zur Entscheidung die Saarländer wachzurütteln, ihnen klar zu machen, das Land mit dem beachtlichen kontinuierlichen Wirtschaftswachstum dürfe nicht von einer vereinigten Linken aus SPD, Linkspartei und Grünen zurückgeworfen werden ins ökonomische Abseits.

Prominente Wahlkampfhelfer

Am Montag unterstützte Christian Wulff als Ministerpräsident von Niedersachsen und Chef eines CDU/FDP-Bündnisses in Hannover seinen bedrängten Kollegen. Mittwoch kommt das neben dem CSU-Wirtschaftsminister zu Guttenberg größte Pfund der Unions-Kampagne, Kanzlerin Angela Merkel, Müller zu Hilfe. Müller, der sich vielleicht zu lange mit dem alternden Polit-Star Lafontaine um die Gunst der Saarländer gestritten und den zornigen Senior als Mann der Vergangenheit gestempelt hat, wird von der eigentlichen Überraschung des Saar-Wahlkampfes, von SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas, seit Wochen selbst zum alten Eisen sortiert.

Neulich haben der Ministerpräsident und sein 42-jähriger Herausforderer im TV die Klingen gekreuzt. Schon optisch signalisierte Maas (Slogan: Der neue Mann) den Unterschied zwischen seiner Triathlon-gestählten Jugendfrische, betont durch offenen weißen Hemdkragen unter eng geschnittenem Jackett und der gediegenen Blauer-Anzug-Streifenschlips-Bürgerlichkeit des weniger drahtigen Amtsinhabers.

Lafontaine bevorzugt Rot-Rot

Maas, den Lafontaine 1996 zum jüngsten Staatssekretär (für Umwelt, 1998, mit 32, wurde er sogar Minister) gemacht hatte, sagt nicht offen, dass er mit Lafontaines Linkspartei regieren will; aber darauf liefe es wohl hinaus, wenn CDU und FDP keine Mehrheit bekommen und die SPD partout keine große Koalition mit der CDU will.

Lafontaine wäre ein Zweierbündnis aus SPD und Die Linke am liebsten, wobei er es als weit unter seiner Würde empfände, einem Ministerpräsidenten Maas als Minister zu dienen. Die kleine saarländische Welt ist Lafontaine längst nicht mehr genug, und Ministerpräsident kann er nach allen Umfragen nach dem Wahltag 30. August nicht werden.

Nicht unwahrscheinlich sind neben der Möglichkeit "Rot-rot-grün" Dreier-Kombinationen aus CDU, FDP,Grünen ("Jamaika") sowie SPD, FDP, Grünen ("Ampel"). Die Saar-Grünen, aus Tradition links, sind gespalten in ihrer Haltung zur Linkspartei, der sie rückständiges Denken und Bergbau-Romantik vorhalten. Die FDP, die sich zur Koalition mit Müller bekennt, könnte ihren Wählern klar zu machen versuchen, dass eine "Ampel" fürs Saarland besser sei als die Linksregierung "Rot-rot-grün".

(RP)
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