Interview Nebentätigkeiten: Köhler kritisiert Berichterstattung

Düsseldorf (rpo). Bundespräsident Horst Köhler hat die Medienberichterstattung in der Diskussion um Nebentätigkeiten von Abgeordneten kritisiert. Köhler sagte der "Rheinischen Post", solche Tätigkeiten würden von vielen Medien zu schnell und pauschal in die Ecke einer "Raffke-Mentalität" geschoben. Derweil spricht sich Parlamentspräsident Wolfgang Thierse gegen eine generelle Veröffentlichung aus.

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Foto: (alle) AP

"Die Diskussion verläuft teilweise so, dass ich Sorge habe, sie könnten pauschal das Ansehen der Politiker herabsetzen. Das wäre ein gefährliche Entwicklung", wurde der Bundespräsident zitiert.

Wichtiger als die Frage von Nebentätigkeiten sei aber wohl, dass die Parlamente ein differenziertes Bild von Berufs- und Bevölkerungsgruppen widerspiegelten, fügte Köhler hinzu. Er äußerte sich besorgt, dass sich die Abgeordneten zunehmend aus Verbandsvertretern und öffentlichen Bediensteten zusammensetzten. Köhler äußerte sich auch alarmiert über das rapide sinkende Ansehen von Parteien und Politikern.

Thierse gegen generelle Veröffentlichung

Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten hat sich Parlamentspräsident Wolfgang Thierse (SPD) gegen die generelle Veröffentlichung von Nebeneinkünften gewandt. Der "Bild"-Zeitung sagte Thierse: "Ich bin für mehr Transparenz, aber wir dürfen bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel Anwälte, Unternehmer, selbständige Handwerker, dadurch nicht aus dem Bundestag ausschließen." Der SPD-Politiker nannte das Beispiel eines früheren Abgeordneten, der ein kleines Unternehmen betreibt. Dieser habe ihm geschrieben, bei völliger Offenlegung der Einkünfte "hätte er niemals kandidieren können für den Bundestag".

Thierse fügte hinzu, das Abgeordnetenmandat sei "zweifellos" ein Full-Time-Job. Der Parlamentspräsident: "Deshalb braucht kein Abgeordneter einen Nebenberuf aus finanzieller Not oder aus Langeweile." Eine Änderung der Verhaltensregeln sei erforderlich, "weil sich alle fragen, ob unsere Regeln transparent genug sind. Wichtig ist dabei, dass wir Parlamentarier die öffentliche Debatte auch selber führen und Konsequenzen ziehen. In der Sache mache ich bewusst keine Vorgaben."

(ap)
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