Frauensache Das Kreuz mit der geschlechtergerechten Sprache

Düsseldorf · In Düsseldorf läuft die "Bild"-Zeitung Sturm gegen eine Broschüre des Gleichstellungsbüros der Stadt. Dabei gab es die "Arbeitshilfe für geschlechtergerechtes Formulieren" bereits seit Jahren – es hat sich nur niemand für sie interessiert.

In Düsseldorf läuft die "Bild"-Zeitung Sturm gegen eine Broschüre des Gleichstellungsbüros der Stadt. Dabei gab es die "Arbeitshilfe für geschlechtergerechtes Formulieren" bereits seit Jahren — es hat sich nur niemand für sie interessiert.

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Düsseldorf heißt Elisabeth Wilfart und sieht ein bisschen aus wie die US-Schauspielerin Daryl Hanah, die in den 80ern als Meerjungfrau mit blonder Mähne berühmt wurde. Hanah war sozusagen die amerikanische Version der Lorelei. "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten", so beginnt wiederum Heinrich Heines Lorelei-Gedicht. Ein Satz, der auch bestens zu dieser Kolumne über das geschlechtergerechte Formulieren in Düsseldorf passt. Denn das hiesige Gleichstellungsbüro gibt online die Broschüre "Klartext. Eine Arbeitshilfe für geschlechtergerechtes Formulieren" heraus. Konkret geht gerechtes Geschlechtersprech so: Aus "benutzerfreundlich" wird ein "leicht zu bedienen", aus der "Mannschaft" ein "Team", aus der "Milchmädchenrechnung" ein "Trugschluss" oder aus der "Heulsuse" eine "Person, die viel weint". Wortklauberei aus der Kategorie "Nippes-Feminismus" — überflüssiger Zierrat, der mit dem Wesentlichen nichts zu tun hat.

In den vergangenen Tagen hat sich nun gezeigt, dass die Formulierungs-Arbeitshilfe nicht nur überflüssig ist, sondern auch noch zu überflüssigem Aktionismus führt. Der beginnt mit der "Bild"-Zeitung, die sich über den "neuen Gutmensch-Duden" echauffiert und endet mit Düsseldorfs Oberbürgermeister Elbers, der mannhaft — geschlechtergerecht formuliert: mutig — einschreitet und ankündigt, den Ratgeber überarbeiten zu lassen.

Das Entlarvende an dieser Geschichte ist, dass der "Gutmensch-Duden" keineswegs so neu ist, wie die "Bild" schreibt, sondern bereits seit Jahren existiert, offenbar aber niemanden gestört vielleicht sogar niemanden interessiert hat. Doch kaum gibt es ein bisschen kritische Boulevard-Berichterstattung, macht Elbers höchstpersönlich die Arbeitshilfe zur Chefsache (geschlechtergerecht: wichtige Angelegenheit). Ruft man jetzt online den Leitfaden auf, so existiert die Rubrik "Vermeiden Sie Klischees und Stereotype" (die unter anderem "Heulsuse" und "Milchmädchenrechnung" aufführt) nicht mehr — und zwar weder im aktuellen Newsletter des Gleichstellungsbüros noch auf dessen Homepage, wo die Fassung der Broschüre übrigens auf das Jahr 2012 datiert ist. Allerdings: Komplett getilgt werden konnte die Ur-Variante von 2012 nicht — über die Landes- und Universitätsbibliothek ist sie nach wie vor erhältlich.

Und was sagt uns das? Nun, in Anlehnung an Heine: "Eine Milchmädchenrechnung aus uralten Zeiten, die kommt mir nicht aus dem Sinn."

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(RP)
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