Frauensache Die fragwürdigen Motive der Frauenbeschützer

Berlin · In Berlin wollen SPD, Grüne, Linke und Piraten "frauenfeindliche Werbung" verbieten. Keine nackte Haut mehr in der Öffentlichkeit, heißt das. Die Begründung ist aberwitzig – weil sie Frauen ein Erbsenhirn unterstellt.

In Berlin wollen SPD, Grüne, Linke und Piraten "frauenfeindliche Werbung" verbieten. Keine nackte Haut mehr in der Öffentlichkeit, heißt das. Die Begründung ist aberwitzig — weil sie Frauen ein Erbsenhirn unterstellt.

Die Tugendwächter und Frauenbeschützer haben wieder zugeschlagen: Nackte Haut, praller Busen, Bauchnabel, in denen das Bier so schön geprickelt hat letzte Nacht — all das wollen sie aus dem öffentlichen Raum verbannen. Im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg haben die Grünen, unterstützt von SPD, Linken und Piraten, nun beantragt, auf den bezirkseigenen Werbeflächen frauenfeindliche Werbung zu verbieten.

Fragwürdiger als jede Beate-Uhse-Werbung ist allerdings das Frauenbild der Antragsteller: Sie halten uns offenbar für naive und labile Wesen. Auf den Werbebildern existiere ein nahezu unerreichbares "Frauenkörperbild", heißt es. Zugleich werde durch vermeintliche Lösungen wie Diäten und Cremes suggeriert, "dass die Schuld des Nichterreichens auf der Seite der Frauen liegt". Das führe zu Essstörungen und Depressionen.

Ob die Berliner Bezirksverordneten den Gillette-Mann oder die Axe-Jungs kennen? Kerle mit makellosen Körpern, Sixpack und kantigem Kinn? Auch sie sind nur schöner Schein, doch anders als uns Frauen scheint man dem männlichen Konsumenten genug Selbstbewusstsein und Intelligenz zuzutrauen, um mit den Götzenbildern der Werbung umgehen zu können.

Willkommen im grünen Neandertal des starken Mannes und der schutzbedürftigen Frau! So konstatiert der Antrag, durch die alten Rollenklischees in der Werbung — Hausfrau oder Supermodel —könnten sich Frauen in der realen Welt "oftmals selbst nicht außerhalb dieses Rahmens vorstellen".

Abgesehen davon, dass uns ein Erbsenhirn unterstellt wird, wird hier die Hausfrau diskriminiert. Ich bin von einer Hausfrau großgezogen worden. Meine Mutter hat sich gegen die Karriere und für uns Kinder entschieden — nicht weil die damaligen Rollenbilder das verlangten, sondern weil sie es so wollte. Bis heute empfinde ich es als Privileg, kein Schlüsselkind gewesen zu sein, das seine Nachmittage im Hort verbringen musste. Doch die gesellschaftlichen Erwartungen lassen ein Frauenleben, wie meine Mutter es geführt hat, nicht mehr zu. Kind und Karriere, das ist das normierte Frauenbild der Moderne.

Das setzt uns unter Druck — und nicht irgendein Schönheitsideal aus der Werbewelt.

Zum Schluss noch etwas Tröstliches: Sollte Ihre Tochter, liebe Leserin, lieber Leser, Probleme in Mathe haben, sind im Zweifelsfall die Models auf den Werbeplakaten schuld. Denn Mädchen erbringen "schlechtere Leistungen in Mathematik, wenn man sie vorher explizit daran erinnert, dass sie Mädchen sind". So steht es in dem Berliner Antrag.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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