Bund hat weiter Spielraum für Kredite Koalition feiert Schuldenbremse

Berlin (RPO). Als Erfolg im Superwahljahr hat die Große Koalition die Schuldenbremse für Bund und Länder gefeiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte am Freitag in Berlin die "fundamentale Weichenstellung". SPD-Fraktionschef Peter Struck sprach von einer "Sternstunde des kooperativen Bundesstaats".

Die Schulden der NRW-Städte je Einwohner
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Foto: ddp

Die Föderalismuskommission hatte sich in der Nacht darauf verständigt, dass der Bund seine Neuschulden bis 2016 auf rund 8,5 Milliarden Euro pro Jahr begrenzen muss. Die Länder dürfen ab 2020 überhaupt keine neuen Kredite mehr aufnehmen.

Während neben Struck auch der Ko-Vorsitzende der Kommission, Günther Oettinger (CDU) den Durchbruch begrüßte, sprach die FDP lediglich von einer Annäherung. Die Grünen kritisierten, die Schuldenbegrenzung sei auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben worden. Länder wie Bremen wollen bis zur nächsten Sitzung der 32-köpfigen Kommission noch Nachbesserungen erreichen. Am Donnerstag sollen sämtliche Details der neuen Schuldenbremse besprochen werden.

Danach soll der Bund noch im Juli in der Verfassung verpflichtet werden, seine jährliche Neuverschuldung schrittweise bis 2016 auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abzubauen. Den 16 Ländern wird vorgegeben, bis 2020 ihre Kreditaufnahme auf null zu reduzieren. Im Gegenzug sollen die armen Länder Bremen, Saarland, Schleswig-Holstein, Berlin und Sachsen-Anhalt Konsolidierungshilfen erhalten.

Ausnahmen bei Katastrophen oder Rezession

Ein von Bund und Ländern gespeister Fonds werde neun Jahre lang jedes Jahr mindestens 800 Millionen Euro auszahlen, also insgesamt 7,2 Milliarden Euro, sagte Oettinger. In einem Vertrag zwischen Bund und den betreffenden Ländern werde aber festgeschrieben, in welchen Stufen die armen Länder die Aufnahme frischer Kredite zurückführen müssen. Nur dann gebe es weitere Raten, betonte der baden-württembergische Ministerpräsident.

In "Notsituationen" wie Naturkatastrophen oder der aktuellen Rezession sollen Bund und Länder aber entgegen der Schuldenregel mehr Kredite aufnehmen können. Die Staatsverschuldung Deutschlands beträgt zurzeit mehr als 1.500 Milliarden Euro. Davon schultert zwei Drittel der Bund.

Auch Bund will Etat ausgleichen

Struck sagte, der Bund peile weiterhin einen ausgeglichenen Etat ohne frische Kredite an, möglichst auch bis spätestens 2020. Dafür gebe es aber keinen verbindlichen Zeitplan. Im Grundgesetz werde jedoch der Grundsatz verankert, dass Bund und Länder ihre jeweiligen Einnahmen und Ausgaben in jedem Jahr ausgleichen müssten.

Struck wehrte zudem Forderungen der Länder ab, die auf mehr als die nun vereinbarten 800 Millionen Euro Hilfszahlungen jährlich pochen. "Mehr ist nicht drin", sagte Struck. Nach seinen Worten bekommt Bremen 300 Millionen Euro jährlich, das Saarland 260 und Schleswig-Holstein 80 Millionen. Bedingung ist aber, dass Bremen und das Saarland ihre Klagen wegen Haushaltsnotlage vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe zurücknehmen.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hatte bis zuletzt seine Unterstützung für den Hilfsfonds davon abhängig gemacht, dass die Länder spätestens ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen dürfen. Der CSU-Chef sprach jetzt von einem "echten Durchbruch". Der Kompromiss leite eine Trendwende ein, "wie sie in der deutschen Finanzgeschichte noch nie vereinbart wurde". Trotz des Superwahljahrs 2009 herrsche nun ein breiter Konsens unter den Parteien.

"Auto ohne Bremsen"

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Fritz Kuhn, kritisierte dagegen: "Es ist geradezu unverschämt, von einer Schuldenbremse zu reden, wenn man gleichzeitig sagt, die nächste politische Generation soll es richten." Der Vizefraktionschef der Linken, Bodo Ramelow, meinte: "Die Schuldenbremse wirkt vor allem wie eine Investitionsbremse."

(AP)
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