Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger Der Albtraum der CSU im Vorzimmer der Macht

München · Er ist ein politischer Marathonläufer mit vielen Erfahrungen des Scheiterns. Trotz der Tatsache, dass er der CSU zur Macht verhilft, gilt Hubert Aiwanger als Parteichef und Spitzenkandidat der Freien Wähler als Albtraum der Christsozialen.

 Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler in Bayern (Archivfoto).

Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler in Bayern (Archivfoto).

Foto: dpa/Matthias Balk

Schon seine erste Kandidatur für den Stadtrat in Rottenburg ging daneben. Dann blieben die ersten Versuche erfolglos, die Freien Wähler ins Europaparlament und in den Bundestag zu bringen. Doch jetzt hat er die besten Chancen, im November stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Bayern zu werden: Hubert Aiwanger hat die Freien Wähler ins Vorzimmer der Macht geführt. Die „Hubert-Hubert-Hubert“-Rufe bei der Wahlparty am Sonntag markierten, dass vereinzelte Kritik an seinem Führungsstil erst einmal Vergangenheit sein werden.

Der 47-jährige gelernte Landwirt aus Niederbayern hat die Freien Wähler genau dort positioniert, wo sie auf unzufriedene CSU-Wähler trafen: Im Grunde eine CSU ohne den Anspruch, das Land teilweise als Eigentum zu betrachten. Und vor allem: Nicht mit beinharten Streitigkeiten im eigenen Lager die Anhänger kirre zu machen. „Wir sind gute bodenständige Typen, die vernünftig und mit Inhalten regieren wollen“, sagte Aiwanger am Wahlabend.

Wie gut er mit seinem Kurs punkten konnte, zeigt die Analyse der Wählerwanderung: Aiwanger zog 220.000 frühere CSU-Wähler zu den Freien Wählern, deutlich mehr als Grüne (190.000) und AfD (160.000). Doch, wie die AfD, will auch Aiwanger Asylbewerber allenfalls als „Gäste auf Zeit“ akzeptieren und die Grenzen besser kontrollieren. Und wie die Grünen will Aiwanger das CSU-Projekt einer dritten Startbahn für den Münchner Flughafen verhindern. Doch er macht es nicht als verbohrter Ideologe, sondern als moderater Pragmatiker.

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Wie viele der FW-Funktionären hat auch Aiwanger eine kleine CSU-Vergangenheit. Bei seinem Agraringenieur-Studium ließ er sich mit einem Stipendium der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung unterstützen. Und die bei der CSU kritisierte Ämterhäufung ist auch Aiwanger alles andere als fremd: Er ist Fraktionschef, Landeschef, Bundeschef und daneben noch bei den Jägern und der Feuerwehr engagiert. Mit seiner Bodenständigkeit auf der Position von Mitte-Rechts im politischen Spektrum ist er so etwas wie der „fleischgewordene Albtraum der CSU“ (FAZ) geworden. Und jetzt mit 11,6 Prozent noch ein Stück mehr.

Privat lebt er ein wenig neben der traditionellen Spur. Zur Heirat sind er und seine Lebensgefährtin Tanja Schweiger (40) noch nicht gekommen. Sie war mit ihm in der FW-Fraktion im Landtag und ist nun Landrätin in Regensburg. Das Paar hat zwei Kinder, lebt aber in zwei Häusern mit 50 Kilometern Entfernung dazwischen. Ein solches Familienmodell würde man eher bei großstädtischen Lebensentwürfen vermuten als bei den ländlich geprägten Freien Wählern.

Weil er die „Dampfwalzen“-Fähigkeiten der CSU kennt, liebäugelte er in der Vergangenheit auch schon mal mit einer Ablösung der Christsozialen durch ein Bündnis aus FW, SPD und Grünen. Das klappt nun nicht. Um so mehr will er „aufpassen, dass wir von der CSU nicht eingenudelt werden“ - und hat schon mal drei FW-Ministerposten als Messlatte vor den Sondierungen am Mittwoch aufgelegt.

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