Wahl in Bayern Die Genossen und ihr Scherbengericht

Berlin · Nach der Wahl in Bayern hofft die SPD auf Ruhe wenigstens bis zur Wahl in Hessen. Parteichefin Andrea Nahles hat genug vom Dauerstreit in der Union.

Hat da jemand das Ende der großen Koalition im Auge? Andrea Nahles wirkt niedergeschlagen. „Schlechte Performance“ der Groko in Berlin. „Kein Rückenwind aus Berlin.“ Vor 47 Minuten haben die Wahllokale in Bayern geschlossen. Und jetzt: Totale Schlappe für die SPD. Nahles ist bedient. Am Freitag war sie noch einmal ausgerückt. Den Genossen in Bayern eine letzte Sauerstoff-Flasche reichen. Irgendwie muss die Atemnot, die die SPD auch in diesem Wahlkampf spürt, doch zu beseitigen sein. Auftritt in Schweinfurt in Unterfranken, an der Seite der Spitzenkandidatin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen. Bezeichnend für den eigenen Zustand: Trotz der eklatanten Verluste der CSU kommt die SPD nicht nach vorne. Im Gegenteil: Es geht weiter bergab. In Bayern wie im Bund. Nicht gut auch für Nahles, die bei ihrer Wahl zur Parteichefin Anfang April angetreten war, die SPD zu erneuern.

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Foto: dpa/Michel Kappeler

Rausgehen, kämpfen, Stimmen holen. So redete Nahles noch am Freitag, weiß sie doch, dass diese Wahlklatsche in Bayern auch an ihr nicht abperlen wird. Und womöglich entwickelt sich aus der Niederlage im Freistaat noch ein Negativsog für die Landtagswahl in zwei Wochen in Hessen. In Bayern ist die SPD von den Wählern halbiert worden. Mit Werten um die Zehn-Prozent-Marke ist sie weit vom Anspruch einer Volkspartei entfernt. Entsprechend ernst ist ihr Gesicht, als Nahles im Willy-Brandt-Haus vor die Kameras tritt. Es gibt nichts schönzureden. Schwere Schlappe. „Das ist ein sehr schlechtes Ergebnis für die SPD, ein sehr schlechtes Ergebnis für die Volksparteien.“ Wahlpartys in Berlin hat die SPD bis auf Weiteres abgesagt. Es gibt nichts zu feiern. Denn was jetzt kommt, wird für die Parteichefin nicht gemütlicher. Die Groko-Gegner könnten wieder mobilmachen. Am Freitag und Samstag hatten sich die Parteilinken in Berlin versammelt, um Impulse für eine Erneuerung zu geben. Ein Initiativantrag kritisiert dabei „Störung der Wahrnehmung der Realität und Machtarroganz verbunden mit einem Mangel an Selbstkritik der Funktionseliten“.

Nahles braucht jetzt wenigstens bis zur Hessen-Wahl Ruhe in den eigenen Reihen. Sollte die SPD auch in Hessen von den Wählern derart geschrumpft werden, muss sich Nahles auf unruhige Zeiten einstellen. Vorsorglich schickten SPD-Vordere Appelle rund, die Parteichefin nach der Bayern-Wahl nicht zu hart anzugehen. Sollte die SPD aber auch in Hessen von den Wählern spürbar geschrumpft werden, muss sich die Nahles auf unruhige Zeiten einstellen. Es kann sein, dass in der SPD bald eine Debatte losbricht, ob es nicht doch besser ist, die große Koalition in Berlin zu beenden. Nahles ärgert sich über den Dauerstreit der Unionsparteien, der die SPD mitgerissen habe. Sie hat genug und gibt sich entschlossen: „Fest steht: Das muss sich ändern.“

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