Wahlsiegerin in Bayern Katharina Schulze – die Dynamikerin

München · Katharina Schulze, die Spitzenkandidatin der Grünen, steht für die neue, frischere Generation ihrer Partei. Tempo ist ihr Markenzeichen.

 Katharina Schulze am Sonntagabend auf der grünen Wahlparty in München.

Katharina Schulze am Sonntagabend auf der grünen Wahlparty in München.

Foto: AFP/CHRISTOF STACHE

Die Füße stehen in grünen Aluschnipseln. Vor zwei Stunden haben die Grünen ihren Wahltriumph mit einem Konfettiregen bejubelt. Die Grünen-Spitzenkandidatin aber ist immer noch die gefragteste Interviewpartnerin des Abends: Zweistellig seien die Grünen geworden, zweitstärkste Partei im Landtag geworden und hätten außerdem die absolute Mehrheit der CSU gebrochen. Mindestens zwei Dutzend Mal hat die 33-Jährige das nun schon in Kameras und Mikrofone gesagt, aber jedes Mal wirkt sie, als wäre es ihr gerade aufgefallen und als könne sie die Freude darüber noch kaum richtig fassen. Ihr ganzer Körper steht unter Spannung, unterstreicht jede Silbe: Katharina Schulze, das sind 165 Zentimeter pure grüne Energie.

 Das Tempo ist ist ihr Markenzeichen. Schnell rüber und in der Muffathalle ausgelassen feiern. Aber nicht so wie die Grünen-Spitzenmänner Robert Habeck und Ludwig Hartmann, die sich von der Bühne auf die tragenden Hände der Anhänger stürzen. Schulze nimmt lieber La Ola entgegen. Welle machen liegt ihr mehr. Schnell zurück in den Landtag, weitere Interviews, dann bald wieder vor der Muffathalle. Dort nimmt sie einen Werbespot mit der Grünen-Spitzenkandidatin Martina Berthold für deren Wahl in Österreich auf.

 Die in Freiburg geborene und am Ammersee aufgewachsene Wahl-Münchnerin ist der Prototyp der Dynamikerin. Nicht einfach nur Politik und Psychologie in München studieren, auch mal rasch in San Diego den Horizont erweitern. Nicht nur als Mitarbeiterin in einem Abgeordnetenbüro starten, sondern auch praktische Erfahrungen als interkulturelle Trainerin gewinnen. Dann eine Karriere wie im Zeitraffer: mit 23 Eintritt in die Grüne Jugend, mit 24 deren Münchner Chefin, mit 25 die Grünen in München übernehmen, mit 26 den Widerstand gegen die Startbahn organisieren und ein Volksbegehren gewinnen, kurz darauf auch ein Volksbegehren gegen die Olympiabewerbung Münchens. Mit 28 in den Landtag, mit 32 Fraktionschefin, mit 33 Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl.

„Katha“, wie sie bei den Grünen genannt wird, zieht auch gestandene Grüne in ihren Bann, die über Jahrzehnte davon geträumt hatten, mal nennenswerte Wählerschichten zu überzeugen. Schulze steht für eine neue, frischere Grünen-Generation, die Natur- und Klimaschutz nicht verbissen und besserwisserisch unters Volk bringen, sondern fröhlich mit einem Schuss Pragmatismus. In den sozialen Netzwerken ist sie täglich präsent, stürzt sich in den 40-Stunden-Wahlkamnpf-Endspurt auf Turnschuhen mit „Katha“-Aufschrift. Dabei wippt sie wild zu den Autoradio-Klängen: „Weil ich ein Mädchen bin“.

 Die CSU packte das nackte Grausen, wenn sie im Wahlkampf Sätze begann mit „Als Innenministerin würde ich...“ Sehr wahrscheinlich wird sie es erst einmal nicht, muss sie Tempo mit Geduld verbinden, in zwei weiteren Wahlen wachsen. Dann erst ist sie nach der bayerischen Verfassung alt genug.

Dann kann sie auch Ministerpräsidentin werden.

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