Steinmeier über sein neues Amt "Ich werde Außenpolitiker bleiben"

Berlin · Frank-Walter Steinmeier stellt sich am Sonntag der Wahl zum Bundespräsidenten. Als ehemaliger Außenminister bekommt der SPD-Politiker jede Menge Vorschusslorbeeren.

 Frank-Walter Steinmeier Ende Januar im Auswärtigen Amt in Berlin.

Frank-Walter Steinmeier Ende Januar im Auswärtigen Amt in Berlin.

Foto: dpa, skm fdt

Schon als Außenminister wirkte Frank-Walter Steinmeier präsidial - vom silbernen Haar bis zum wohl gewogenen Wort zur Weltenlage. Doch was für ein Bundespräsident wird dieser Mann, der Deutschland bis vor zwei Wochen aktiv als Außenminister vertrat? Wahrscheinlich wird er ein Staatsoberhaupt, das die Rolle des Chefdiplomaten nicht gänzlich abstreift. "Ich werde Außenpolitiker bleiben, auch wenn ich Bundespräsident werde", sagte Steinmeier, als er sich bei der FDP-Spitze als Präsidentenamtsanwärter vorstellte. Die Liberalen überzeugte er.

Steinmeier kann am Sonntag um 12 Uhr, wenn die Bundesversammlung zur Wahl des Präsidenten in Berlin zusammentritt, auf eine breite Mehrheit zählen. SPD, Union, Grüne und Liberale wollen ihn unterstützen.

"Frank-Walter Steinmeier mit all seiner Erfahrung, seiner Ruhe und Verlässlichkeit ist in schwierigen Zeiten wie diesen ein Glücksfall für die Bundesrepublik", schwärmt der frühere EU-Parlamentspräsident und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. "Deshalb freut sich nicht nur die gesamte SPD auf das neue Staatsoberhaupt, sondern auch die ganze Nation", sagte Schulz unserer Redaktion. "Steinmeier wird als Präsident Brücken bauen und den Zusammenhalt stärken."

"Gegen Abschottungen und gegen Egoismen"

Auch die standhaften Befürworter eines geeinten Europas im Ausland begrüßen die bevorstehende Wahl Steinmeiers zum deutschen Bundespräsidenten. "Er wird in Deutschland für eine humane und solidarische Gesellschaft eintreten, gegen Abschottungen und gegen Egoismen", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn unserer Redaktion. Der Luxemburger, der ein Freund Steinmeiers ist, ergänzte, das werde nicht nur in Deutschland eine große Wirkung haben, sondern mit Steinmeiers Erfahrung und seinem Ruf auch in ganz Europa intensiv wahrgenommen werden.

In der Rolle des gewieften Diplomaten mit dem ausgeglichenen Temperament gefiel sich Steinmeier selbst. Dabei konnte er auch als Außenminister durchaus deutlich werden. So nannte er im US-Wahlkampf den nun amtierenden Präsidenten Donald Trump einen "Hassprediger". Bei einem Türkei-Besuch im vergangenen November stritt sich Steinmeier auf offener Bühne mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavusoglu über Pressefreiheit in der Türkei und den deutschen Umgang mit PKK-Anhängern. Es ist zu erwarten, dass Steinmeier auch in seiner neuen Rolle deutlich wird.

Er ist aber kein Mensch, der sein Herz auf der Zunge trägt, wie sein Vorgänger Joachim Gauck. Gauck musst sich disziplinieren, verbal nicht über das Ziel hinauszuschießen. Bei Steinmeier sind Maß und Mitte Teil seiner Persönlichkeit. So berichtet Asselborn, Steinmeier sei stets derjenige im Kreis der Außenminister gewesen, der bei allen Entscheidungen "den Tag danach" anmahnte. Dann werde es immer noch eine USA, ein Russland, ein China und eine Europäische Union geben, pflegte Steinmeier zu sagen und forderte die Kollegen damit auf, ihre Entscheidungen vom Ende her zu denken.

Hang zum Grundsätzlichen

Gauck hatte als Bundespräsident 2014 gefordert, dass Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernehmen müsse. Steinmeier begrüßte damals die Rede und setzte sie um. Sicherlich wird er als Bundespräsident auch an diesen Punkt anknüpfen.

Innenpolitisch wird er gewiss einen Pflock gegen Populismus einschlagen. "Ich möchte als Bundespräsident so etwas sein wie ein Gegengewicht zur Tendenz der grenzenlosen Vereinfachung", sagt Steinmeier. Der Versuchung, sich in das innenpolitische Tagesgeschäft einzumischen, wird er kaum erliegen. Dem konnte er schon als Außenminister widerstehen - gelegentlich zum Verdruss der Genossen. Denn als aktiver Sozialdemokrat wurde der beliebte Minister am wenigsten wahrgenommen.

Steinmeier war schon immer einer, der gerne Grundsätzliches sagt. Steinmeiers Freund Asselborn beschreibt das so: "Wenn eine Diskussion zu sehr von der Aktualität geprägt war, konnte Frank-Walter Steinmeier sie drehen und sie zukunftsgeprägt machen."

Als Außenminister war Steinmeier stets allein auf Reisen. Seine Frau Elke Büdenbender arbeitet als Verwaltungsrichterin in Berlin. Dieses Amt wird sie voraussichtlich ruhen lassen müssen, wenn Steinmeier ins Schloss Bellevue einzieht. Dazu will er sich erst nach der Wahl äußern.

(may / qua)
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