Partei sucht nach einem Weg aus der Krise Die Linke, Lafontaine und der Führungsstreit

Berlin · Die Stimmverluste bei den letzten beiden Landtagswahlen waren bitter für die Linke. Nun sucht die Partei einen Ausweg aus der Krise. Doch der Kampf ums Spitzenpersonal droht die Partei erneut zu zerreißen – auch wenn Oskar Lafontaine sich anschickt, wieder ein entscheidendes Wörtchen mitzureden.

Oskar Lafontaine - Etappen seiner Karriere
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Foto: dpa/Alina Novopashina

Die Stimmverluste bei den letzten beiden Landtagswahlen waren bitter für die Linke. Nun sucht die Partei einen Ausweg aus der Krise. Doch der Kampf ums Spitzenpersonal droht die Partei erneut zu zerreißen — auch wenn Oskar Lafontaine sich anschickt, wieder ein entscheidendes Wörtchen mitzureden.

Die neueste Forsa-Umfrage im Auftrag von "Stern" und RTL macht das Dilemma der Linken deutlich. Gerade einmal sechs Prozent der Deutschen würden sich derzeit für die Partei entscheiden — der niedrigste Wert in diesem Jahr. Und dann noch die Wahlen in Schleswig-Holstein und NRW, wo die Linken aus dem Landtag geflogen sind. Bei letzterer verlor die Partei mehr als die Hälfte ihrer Wähler. Die Partei, die eigentlich auch im westlichen Teil der Republik angekommen sein wollte, muss wieder einen Schritt zurück machen.

Es sind neue Verhältnisse auch in der politischen Landschaft, die der Linken zu schaffen machen. Die SPD scheint sich von ihrem Dauertief erholt zu haben, und zu dieser wollte die Linke eine Alternative sein. Und dann ist da noch das Potenzial der Protestwähler, die nun nach und nach zu den Piraten abwandern. Keine guten Vorzeichen für die Partei, deren Vorsitzende es nicht geschafft hatten, die Wähler dauerhaft an sie zu binden.

Denn die Doppelspitze aus Klaus Ernst und Gesine Lötzsch stand eigentlich von Anfang an unter Dauerbeschuss. So löste Lötzsch etwa mit ihren Bemerkungen zum Kommunismus Empörung aus, welche der Partei alles andere als gut taten. Nicht genug, dass es die beiden ohnehin schwer hatten, in die Fußstapfen des übermächtigen Oskar Lafontaine zu treten.

Die Gräben zwischen Ost und West

Doch kann er die Rettung sein, nachdem er nach langem Zögern nun angekündigt hatte, sich eine Rückkehr an die Spitze der Linken vorstellen zu können? Eines zumindest hat die Ankündigung bereits ausgelöst: eine heftige Debatte in der Partei. Denn nicht jeder kann sich den Saarländer wieder an der Spitze vorstellen. Vor allem die ostdeutschen Verbände plädieren eher für Dietmar Bartsch, der eher als Reformer in der Linken geht — im Gegensatz zum Konfrontationskurs eines Oskar Lafontaine.

Die Debatte zeigt das alte Dilemma der Linken, nachdem sie mit der WASG zusammengegangen war — die tiefen Gräben zwischen den Lagern im Ost- und im Westteil der Republik. Lafontaine hat einen gehörigen Anteil daran, dass die Partei auch im Westen Fuß fassen konnte. Doch der Bonus ist inzwischen verraucht. Wer aber sonst könnte das Ruder herumreißen?Klaus Ernst hat bereits signalisiert, dass er den Weg für den Saarländer freimachen würde.

Der allerdings scheint genau um die Not in der Partei zu wissen, hat er doch zunächst die beiden Landtagswahlen abgewartet, bis er sich zu einer Äußerung — keiner Entscheidung — durchgerungen hat. Denn seine Rückkehr knüpft er an Bedingungen. "Ich gehe noch einmal in die Verantwortung, wenn die Partei mich wirklich will und wenn das personelle Umfeld stimmt", sagte Lafontaine der "Süddeutschen Zeitung". Das könnte auch eine Ansage in Richtung Bartsch gewesen sein. Denn das Verhältnis zwischen dem einst von Lafontaine gechassten Geschäftsführer und dem Saarländer ist nicht gerade um das beste bestellt. Eine Kampfkandidatur gegen Bartsch schließt er aber aus: "Es ist klar, dass eine Kampfkandidatur ausscheidet", sagte Lafontaine am Dienstag vor einem Spitzentreffen.

Wagenknecht: "Haltlose Falschmeldungen"

Entlang dieser Linie entzürnt sich nun auch der neue Streit innerhalb der Linken. So erklärte der Berliner Linken-Vorsitzende Klaus Lederer: "Mit einer Heilsbringerfigur an der Spitze bekommt die Linkspartei nichts geregelt." Und er fügte hinzu: "Solche Erpressungsmanöver gehen nicht." Der Landeschef der Linken in Mecklenburg-Vorpommern sagte, eine Kandidatur sei mit Angeboten und nicht mit Bedingungen verbunden.

Parteivize und Lafontaine-Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht dagegen rügt die innerparteilichen Konkurrenten im ZDF-Morgenmagazin für "haltlose Falschmeldungen" und dementierte, dass die Rückkehr Lafontaines an Bedingungen an ihrer Person geknüpft sei. Spiegel Online hatte berichtet, dass der Saarländer auch zur Bedingung gemacht habe, dass Wagneknecht den Fraktionsvorsitz übernehme.

Der Streit könnte allerdings schnell vorbei sein — nämlich am Dienstagnachmittag. Denn da Bartsch bereits angekündigt hatte, seine Kandidatur nicht zurückziehen zu wollen, ist es durchaus möglich, dass Lafontaine einer Rückkehr doch noch eine Absage erteilt. Dass sich in einem solchen Falle Bartsch dazu bewegen lasse, seine Kandidatur doch noch zu überdenken, scheint kaum denkbar. Doch was dann kommt, weiß wohl auch bei der Linken noch niemand so genau.

(das)
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