Horst Seehofers Unmut über Schwarz-Gelb Der bayerische Poltergeist ist zurück

Berlin · Lange Zeit hatte Horst Seehofer still gehalten. Doch angesichts des Streits um das Betreuungsgeld und der Wahlschlappe in Nordrhein-Westfalen kann sich der CSU-Chef nicht mehr zurückhalten und geht auf Konfrontationskurs zur CDU. Das politische Verhältnis mit Merkel ist angespannt. Aber das scheint der Kanzlerin wenig auszumachen.

2012: Horst Seehofer zieht im "Heute-Journal" vom Leder
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Dass Seehofer mit seiner Meinung selten hinter dem Berg hält, ist allgemein bekannt. Doch nach den massiven Streitereien zwischen CSU und FDP zu Beginn der schwarz-gelben Koalition — es sei an Begriffe wie "Gurkentruppe" erinnert — war es zwischenzeitlich still geworden um den Poltergeist aus Bayern. Vielleicht ja auch eine Folge dessen, dass die Umfragewerte der Union immer mehr nach unten zeigten.

Doch nun scheint dem bayerischen Ministerpräsidenten der Kragen geplatzt zu sein. Denn gleich mehrere Themen brennen ihm unter den Fingern, insbesondere das Betreuungsgeld. Schließlich ist es seine Partei, die dieses unbedingt durchsetzen will. Doch der Widerstand gerade vonseiten der Liberalen, aber auch aus den CDU-Reihen lässt das Vorhaben zu einer Wackelpartie werden. Doch das will Seehofer nicht zulassen.

In Interview in Rage geredet

So drohte der bayerische Ministerpräsident am Wochenende damit, an keinem Koalitionsausschuss mehr teilzunehmen, wenn alte Beschlüsse wie der des Betreuungsgeldes nicht umgesetzt würden. Und am Montagabend schließlich redete er sich im Nachgespräch eines ZDF-Interviews in Rage, erlaubte aber sogar, dass dieser Teil gesendet werden dürfe.

Die Arbeit in der Berliner Koalition komme nicht voran, "das geht mir alles zu zäh". Und er sei nach einer solchen Wahlniederlage nicht mehr bereit, einfach zur Tagesordnung überzugehen. "Wir werden keinen Erfolg haben, wenn wir so tun, als wäre nichts gewesen." Gegenüber Reuters TV hatte er zuvor angesichts der Wahlschlappe in NRW gesagt: "Wir haben Fehler gemacht und die müssen unterbleiben."

Dabei hatte die Kanzlerin am Montag noch erklärt, dass es letztlich eine Landtagswahl gewesen sei, die da für die CDU verloren ging, und ihre Umfragwerte doch weiterhin gut seien. Auch stellte sie sich klar hinter Norbert Röttgen als Umweltminister. Zu den jüngsten Äußerungen Seehofers war zwar von der Kanzlerin noch nichts zu vernehmen, NRW-CDU und FDP aber kritisieren diese und weisen die Vorwürfe zurück.

Angela Merkel dagegen hatte auf einer Pressekonferenz am Montag gesagt, Seehofer habe gesagt, was ihn bewege, aber nun sei es richtig, dass die CDU die Wahlschlappe analysiere. Ganz nach dem Motto: Der CSU-Chef darf seine Meinung sagen, doch gehandelt wird in der CDU.

"Will keinen Ärger machen"

Dass es um die Stimmung zwischen den beiden allerdings nicht ganz so gut bestellt zu sein scheint, zeigte die Pressekonferenz vom Montag allerdings auch. Als nämlich ein Journalist fragte, wann denn Horst Seehofer wieder mit der Kanzlerin sprechen werde, suchte Merkel zunächst nach den passenden Worten. Nach einigem Zögern sagte sie: "Dann, wenn es sich als nötig erweist." Davon gehe sie jedenfalls aus — genauso wie das umgekehrt gelte.

Immerhin hat der CSU-Chef in dem ZDF-Interview auch deutlich gemacht, dass er den Erfolg der Koalition wolle "und keinen Ärger machen". Ein erster Schritt zur Versöhnung war sicherlich auch der Vorschlag zu einem Spitzentreffen der Koalition, um die großen Projekte von Schwarz-Gelb nun richtig anzugehen und die Problemfälle zu lösen. Ob sich Merkel darauf einlässt, wird sich zeigen.

Eines jedenfalls haben die Äußerungen des Horst Seehofer deutlich gemacht: Er wird sich nicht mehr zurückhalten, wenn ihm die Arbeit in der Koalition gegen den Strich geht. Er ist wieder die Person, für die man ihn in Berlin kennt: der Mahner aus dem Süden, der manches Machtwort spricht, wo sich die Kanzlerin ganz nach ihrer Art lieber zurückhält, um den Frieden zu wahren.

mit Agenturmaterial

(das)
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