Berlin Der Mann, der das Schavan-Gutachten erstellte

Berlin · Seine Vorlesung an der Heinrich-Heine-Universität ist am Montag ausgefallen. Seit Bekanntwerden seines brisanten Gutachtens über die Doktorarbeit von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat sich Stefan Rohrbacher, Professor für Jüdische Studien, zurückgezogen.

Sein scharfes Urteil über Schavans 30 Jahre alte Dissertation löste ein politisches Erdbeben aus. Dabei ist der 53-Jährige keiner, der nach Aufmerksamkeit giert. Leute, die ihn kennen, beschreiben den Hochschullehrer als besonnen, seriös und akribisch.

Rohrbacher studierte in Köln und Berlin Orientalistik, Judaistik, Bibliothekswissenschaft, Geschichte und Kunstgeschichte. 1991 promovierte er mit einer Arbeit über "Gewalt im Biedermeier – Antijüdische Ausschreitungen im Vormärz (1815–1848/49)". Heute lehrt er in Düsseldorf als Professor für Jüdische Studien und ist Prodekan der Fakultät.

Im Zusammenhang mit dem Fall Schavan ist interessant, dass Rohrbacher 1986 ein Buch über "Juden in Neuss" veröffentlichte. In den 80er Jahren hätten sich die beiden in Neuss über den Weg laufen können. Schavan war von 1982 bis 1984 Ratsfrau in der Stadt am Rhein. Nachdem Rohrbachers Recherchen zu den Juden in Neuss in führenden Kreisen der Stadt zunächst auf Skepsis gestoßen waren, zeigte sich die Stadt doch offen und gab auch einen Druckkosten-Zuschuss. Nach Erscheinen war die Arbeit gänzlich unumstritten und führte auch dazu, dass die Stadt Neuss ehemalige jüdische Mitbürger als Gäste einlud. Auch bei den Neussern genießt Rohrbacher einen guten Ruf. Es ist also kaum denkbar, dass es aus den alten Zeiten von der einen oder anderen Seite Groll geben könnte. Zumal sich die Ministerin nicht daran erinnern kann, Rohrbacher in Neuss kennengelernt zu haben.

Rohrbacher ist Kraft seines Amtes als Vorsitzender des Promotionsausschusses der Uni Düsseldorf für die Überprüfung von Schavans Dissertation zuständig.

(qua)
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