Neuer US-Präsident Biden will in den ersten Stunden im Amt Trump-Politik zurückdrehen

Washington · Besondere Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen: Gleich nach seinem Amtseid will Joe Biden wie keiner seiner Vorgänger schon am ersten Tag politisch aktiv werden. Die Exekutivanordnungen sind der Versuch, vier Jahre US-Bundespolitik in Hochgeschwindigkeit abzuwickeln.

 Joe Biden, am Tag vor seiner Vereidigung (Archivfoto).

Joe Biden, am Tag vor seiner Vereidigung (Archivfoto).

Foto: dpa/Evan Vucci

Per Dekret will Joe Biden in seinen ersten Stunden als US-Präsident Entscheidungen der Regierung Donald Trumps in den Bereichen Klima, Migration und Corona-Pandemie rückgängig machen. Insgesamt will Biden in den ersten Stunden 15 Exekutivanordnungen in verschiedenen Themenfeldern unterzeichnen und damit teils bereits Versprechen aus dem Wahlkampf umsetzen.

Nur zwei Vorgänger Bidens verfügten am Tag ihrer Amtseinführung jeweils eine Exekutivanordnung. Biden will auch angesichts der in den USA besonders verheerenden und von der Vorgängerregierung vernachlässigten Corona-Pandemie Entschlossenheit und Dringlichkeit signalisieren, die sein Vorgänger nach Bidens Argumentation sträflich vermissen ließ.

Dutzende weitere Maßnahmen werden für die zehn Tage nach der Amtseinführung erwartet. Biden plant, in den kommenden Tagen sämtliche Dekrete und Vorschriften Trumps zu überprüfen, die die Umwelt schädigen oder das Gesundheitswesen negativ beeinflussen könnten.

Zu den ersten Maßnahmen am Mittwoch gehören nach Angaben aus dem Umfeld des 78-Jährigen die Beendigung des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko, ein Ende pauschaler Einreiseverbote für Bürger mehrerer muslimisch geprägter Staaten, der Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen sowie die Rückkehr zur Weltgesundheitsorganisation, der die scheidende US-Regierung in der Corona-Pandemie den Rücken gekehrt hatte. Der neue Präsident will die entsprechenden Anordnungen fast unmittelbar nach seinem Amtseid vor dem Kapitol in Washington unterzeichnen, das Anhänger des scheidenden Präsidenten Trump in einer beispiellosen Aktion am 6. Januar gestürmt hatten.

In der Corona-Pandemie ordnet Biden Sicherheitsabstände und Maskenpflicht in allen Bundesgebäuden, im Bereich von Liegenschaften des Bundes sowie bei dessen Angestellten und Vertragspartnern an. Die US-Bürger will er - wie vorab angekündigt - auf 100 Tage Maskentragen einschwören. Zugleich will er die Impfkampagne des Landes so weit vorantreiben, dass in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit 100 Millionen Impfdosen verabreicht werden sollen.

Nicht bloß von Signalwirkung ist auch die Rückkehr zur Weltgesundheitsorganisation (WHO), der die Vorgängerregierung in der Pandemie den Rücken gekehrt hatte. Als Vertreter einer US-Delegation soll in dem Zusammenhang bereits am Donnerstag der Top-Virologe Anthony Fauci vor der WHO sprechen.

Per Dekret will Biden noch am Mittwoch dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten, das die globalen Emissionen senken soll. Dem Abkommen offiziell wieder beizutreten, dauert insgesamt 30 Tage. Ebenfalls dem Umweltschutz dient etwa ein Moratorium für Pläne der US-Regierung, Ausbeutungsrechte für Öl- und Gasvorkommen in einem arktischen Naturschutzgebiet der USA zu vergeben. Mit Blick auf die Abkehr von den Einreiseverboten aus muslimisch geprägten Ländern hat die neue Regierung angekündigt, das Sicherheitsscreening zu verbessern, unter anderem indem Absprachen mit anderen Regierungen verbessert werden.

Während Trump seinen letzten Tag im Amt unter anderem dazu nutzte, Vertreter seiner Regierung von Ethikregeln zu entbinden, will Biden Angestellte des Bundes zu einem Ethik-Gelöbnis verpflichten, das die Unabhängigkeit der Justiz schützen soll, und gegen institutionellen Rassismus vorgehen. Dutzende weitere Maßnahmen werden in den zehn Tagen nach der Amtseinführung erwartet, so etwa die Aufhebung des Verbots für Trans-Personen, im Militär zu dienen.

An der US-mexikanischen Grenze beendet Biden mit sofortiger Wirkung den von Trump 2018 ausgerufenen nationalen Notstand, mit dem der Trump Milliarden Dollar aus dem Verteidigungsministerium für den Mauerbau umleitete, von dem Trump behauptet hatte, dass Mexiko dafür aufkomme. Außerdem will Biden ein Programm zum Schutz junger Migranten sichern, das sein Vorgänger abschaffen wollte.

Darüber hinaus will der 78-Jährige ein Trump-Dekret rückgängig machen, mit dem dieser die Abschiebung von elf Millionen Menschen, die sich nicht legal in den USA aufhalten, zur Priorität erklärt hatte. Auch einen Trump-Plan, die sich illegal im Land aufhaltenden Menschen bei Volkszählungen und damit bei der Neuordnung von Wahlkreisen nicht zu berücksichtigen, will Biden rückgängig machen.

Mit Blick auf die ökonomischen Folgen der Corona-Krise sollen außerdem Studenten bis mindestens zum 30. September von der Rückzahlung ihrer Studienkredite befreit sein. Ein entsprechendes Moratorium sollte ursprünglich Ende Januar auslaufen. Zwangsräumungen und -vollstreckungen sollen bis Ende März ausgesetzt werden.

Bei den ersten Maßnahmen des Präsidenten ausgespart bleibt allerdings das Thema Iran: Einen Wiedereintritt in das Wiener Atomabkommen, das den Iran an einer nuklearen Bewaffnung hindern soll, wird Biden vorerst nicht verkünden. Die Vorgängerregierung hatte das Abkommen von 2015 einseitig aufgekündigt.

(mba/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort