US-Außenminister Pompeo besucht Israel - Umstrittene Annexionspläne im Fokus

Tel Aviv · Pompeos Israel-Besuch ist seine erste Auslandsreise in der Corona-Krise seit März. Der US-Außenminister will die neue Doppelspitze Netanjahu-Gantz treffen. Es geht um brisante Themen.

Bei einem Kurzbesuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Israel stehen umstrittene Annexionspläne im besetzten Westjordanland im Fokus. Pompeo will sich am Mittwoch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dessen neuem Koalitionspartner Benny Gantz treffen. Weitere Themen sind der gemeinsame Kampf gegen die Pandemie, regionale Sicherheitsfragen und der Iran.

Pompeo bekräftigte in einem Interview mit der Zeitung „Israel Hajom“ vor dem Besuch, Annexionspläne im besetzten Westjordanland seien „letztlich eine israelische Entscheidung“. Die Palästinenserführung hatte ähnliche Äußerungen Pompeos im April scharf verurteilt.

Israels neue Regierung, die eine Rotation von Netanjahu und Gantz im Amt des Ministerpräsidenten vorsieht, soll am Donnerstag vereidigt werden. Teil der Koalitionsvereinbarung sind die Absichten Israels, in Übereinstimmung mit dem Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump die Siedlungen und das Jordantal im Westjordanland zu annektieren. Die Pläne sind international höchst umstritten.

Netanjahu hatte im Wahlkampf versprochen, israelische Siedlungen und das strategisch wichtige Jordantal zu annektieren. Er will den Schritt noch während Trumps Amtszeit umsetzen.

Trump hatte den Plan im Januar in Washington in Netanjahus Beisein vorgestellt. Die wichtigsten Punkte des Plans: Den Palästinensern wird ein eigener Staat in Aussicht gestellt, allerdings unter harten Auflagen. Jerusalem soll demnach die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wies den Plan umgehend zurück und sagte, dieser werde „im Mülleimer der Geschichte“ landen. Die Palästinenser boykottieren die US-Regierung, seit Trump Ende 2017 Jerusalem einseitig als Israels Hauptstadt anerkannt hat.

Trumps Plan sieht rund 70 Prozent der Fläche des Westjordanlandes für die Palästinenser vor. Die israelischen Siedlungen mit Hunderttausenden Israelis sollen aber bleiben. Außerdem würden die Palästinenser zumindest zunächst keine Sicherheitskontrolle über ihre eigenen Grenzen erhalten.

Israel hat während des Sechstagekrieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Trumps Plan enthält eine Landkarte mit den Grenzen des künftigen palästinensischen Staates: Er wäre vollständig von Israel umgeben, der Gazastreifen wäre mit dem Westjordanland nur mit einem Tunnel verbunden. Im Februar begann ein US-israelische Komitee mit dem Entwurf genauerer Landkarten des Gebiets, das Israel letztlich annektieren will.

Trump kündigte an, in Ost-Jerusalem eine US-Botschaft zu errichten, sollte der Plan umgesetzt werden. Er stellte den Palästinensern in dem Fall auch internationale Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar in Aussicht.

Laut einer neuen Umfrage des Israelischen Demokratie-Instituts (IDI) sind 52 Prozent der Israelis für die Annexion, wie sie im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.

Palästinenserpräsident Abbas hat dagegen mit einer Aufkündigung aller Friedensabkommen und Vereinbarungen mit Israel gedroht, sollte Israel „jeglichen Teil des Westjordanlands annektieren“.

Angesichts der Corona-Krise muss Pompeos Besuch in Israel unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften erfolgen. Der US-Außenminister sagte der israelischen Zeitung, man werde sich an alle Regeln halten. „Aus mehreren Gründen ist es wichtig, dass wir (das Treffen) von Angesicht zu Angesicht abhalten.“

(anst/dpa)
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