Haiti Tote und Festnahmen nach Präsidentenmord

Update | Port-au-Prince · Nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse hat die Polizei vier Tatverdächtige getötet. Zwei weitere wurden festgenommen.

 Ein haitianischer Polizist vor dem Präsidentenpalast in Port-au-Prince.

Ein haitianischer Polizist vor dem Präsidentenpalast in Port-au-Prince.

Foto: AFP/VALERIE BAERISWYL

Nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse sind vier Tatverdächtige getötet und zwei weitere festgenommen worden. Das teilte Polizeichef Léon Charles am Mittwochabend (Ortszeit) im Fernsehen mit. Die Beamten hätten direkt nach dem Anschlag die Verfolgung der mutmaßlichen Täter aufgenommen, sagte der Chef der Nationalpolizei, Leon Charles. Drei Polizisten, die als Geiseln genommen worden seien, seien befreit worden. Der Einsatz in der Hauptstadt Port-au-Prince dauere an. Die Polizei machte keine Angaben zur Identität der mutmaßlichen Angreifer oder zu möglichen Tatmotiven.

Als Reaktion auf das Attentat hat Haiti dem US-Sender CNN zufolge für die nächsten zwei Wochen den Ausnahmezustand erklärt und das Land unter Kriegsrecht gestellt. Die Grenzen sind geschlossen.

Unbekannte waren in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) in die Residenz des 53 Jahre alten Moïse in einem Vorort der Hauptstadt Port-au-Prince eingedrungen und hatten ihn erschossen. Seine Ehefrau Martine wurde verletzt und zur Behandlung in die rund 1000 Kilometer entfernte US-Stadt Miami gebracht, wie Haitis Botschafter in den USA, Bocchit Edmond, internationalen Medien sagte. Die Angreifer seien nach ersten Erkenntnissen Ausländer gewesen, die sich als Angehörige der US-Anti-Drogenbehörde DEA ausgegeben hätten.

Nach Angaben der haitianische Botschaft in Washington handelte es sich um einen wohl koordinierten Angriff durch eine gut ausgebildete und schwer bewaffnete Gruppe. Übergangs-Premierminister Claude Joseph sagte in einer Ansprache an die Nation, die Täter hätten Englisch und Spanisch gesprochen.

Joseph forderte eine internationale Untersuchung zum Attentat. Er sagte der Nachrichtenagentur AP, die Parlamentswahlen, die für dieses Jahr geplant seien, sollten stattfinden. Joseph sagte, Moïse sei „ein Mann des Mutes“ gewesen. Er habe sich gegen „manche Oligarchen im Land“ gestellt.

Die größten Oppositionsparteien äußerten sich entsetzt über das Attentat. Die Tat laufe „demokratischen Prinzipien zuwider“, teilten sie mit. Regierungen weltweit reagierten bestürzt auf den Anschlag, der die Krise in dem von Instabilität und großer Armut geprägten Karibikstaat noch verschärfen dürfte. Der UN-Sicherheitsrat befasst sich am Donnerstag mit der Lage in Haiti.

Moïse, der 53 Jahre alt war, hatte das Land seit mehr als einem Jahr per Dekret regiert. Weil keine Wahlen stattfanden, wurde das Parlament aufgelöst. Er ließ einen Geheimdienst schaffen, der nur dem Präsidenten untersteht.

In den vergangenen Monaten forderten Oppositionspolitiker immer wieder den Rücktritt des Präsidenten und führten an, dass seine Amtszeit im Februar 2021 offiziell zu Ende gegangen sei. Moïse und seine Unterstützer machten dagegen geltend, seine Amtszeit habe erst Anfang 2017 begonnen, nach einer chaotischen Wahl, die die Ernennung eines provisorischen Präsidenten notwendig machte.

Zunächst war unklar, wer die Position von Moïse einnehmen würde. Moïse hatte erst am 5. Juli Ariel Henry als neuen Ministerpräsidenten nominiert. Joseph sagte, es sei vorgesehen, dass er, Joseph, am Zug sei. „Er wurde tatsächlich designiert, aber hat nie das Amt angetreten“, sagte Joseph. Henry ließ wissen, er sei der amtierende Ministerpräsident.

Das Land befindet sich in einer politisch prekären Lage, unter dem getöteten Staatschef nahmen die Instabilität und Unzufriedenheit im Volk aus Sicht von Beobachtern zu. Die Wirtschaft liegt am Boden, der Staat leidet unter einer galoppierenden Inflation, mitunter sind Lebensmittel und Benzin knapp. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben von weniger als zwei Dollar am Tag.

In Port-au-Prince war es im Juni vermehrt zu Gewalttaten aus kriminellen Kreisen gekommen, unter anderem wurde die Polizei angegriffen und es wurden Häuser von Bürgern in Brand gesteckt. Mehr als 10.000 Menschen flohen in provisorische Unterkünfte. Zuvor hatte eine Reihe von Entführungen das Land in Angst und Schrecken versetzt.

(peng/dpa/Reuters/AFP)
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