Alle Politik-Artikel vom 10. Oktober 2003
Merkel sieht gute Chance für Reform-Kurs der Union

CDU-Chefin mit "Zukunftspreis" der Sozialausschüsse geehrtMerkel sieht gute Chance für Reform-Kurs der Union

Bonn (rpo). CDU-Chefin Angela Merkel glaubt an einen gemeinsamen Reform-Kurs in der Union. "Ich bin gewiss, dass wir zu einem produktiven Ende kommen", sagte Merkel am Freitag auf einem Kongress der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) in Bonn. Dort wurde sie mit dem "Zukunftspreis" der CDA ausgezeichnet. Die Parteivorsitzende äußerte Verständnis dafür, dass der Arbeitnehmer-Flügel der Union die Arbeitnehmerrechte in der Diskussion um die Pläne der Herzog-Kommission "vehement" vertrete. "Das sind spannende Wochen in der Union, und das finde ich gut", sagte Merkel zur laufenden Auseinandersetzung um den sozialpolitischen Kurs von CDU und CSU. Dazu gehörten auch "gezielte Provokationen" der verschiedenen Seiten. Als solche sehe sie etwa die Äußerungen des CDU-Finanzexperten Friedrich Merz, der die Herzog-Vorschläge als Anfang vom Ende der Sozialdemokratisierung der CDU bezeichnet hatte. Merkel warb erneut für die Herzog-Vorschläge zur Gesundheits- und Pflegeversicherung. Vor allem das Gesundheitssystem sei anfällig für Kostensteigerungen, deshalb müssten die Beiträge von den bereits jetzt schon hohen Lohnkosten entkoppelt werden. Die CDU-Chefin verteidigte den Plan, Kopfpauschalen einzuführen und den solidarischen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Einkommensklassen über das Steuersystem zu organisieren. Die Krankenkassen müssten dabei die Verrechnung von Ausgleichszahlungen "kundenfreundlich" übernehmen. Die CDU-Vorsitzende wurde mit dem "Zukunftspreis" der CDA ausgezeichnet. Laut Statut erhalten ihn Persönlichkeiten, "die den wirtschaftlichen Erfolg und ihr Engagement für Arbeitnehmer miteinander verbinden." Der CDA-Vorsitzende Hermann-Josef Arentz, der Merkels Reformpläne in zentralen Punkten ablehnt, wies darauf hin, dass es noch "unbeantwortete Fragen" gebe und weitere Diskussionen notwendig seien. "Das öffentliche Ringen um politische Lösungen steht der Union gut zu Gesicht", sagte Arentz. Er hatte zuletzt mehrfach vor allem die vorgesehenen Kopfpauschalen bei der Krankenversicherung als unsozial kritisiert.

Bushs neues Projekt: Regimewechsel in Kuba

Werben um Stimmen von ExilkubanernBushs neues Projekt: Regimewechsel in Kuba

Washington (rpo). US-Präsident George W. Bush hat sich am Freitag mit einem neuen alten Feind befasst. Er kündigte an, den Druck auf Kuba zu erhöhen, um eine Demokratisierung zu erreichen. Die USA würden ihre Restriktionen gegen Fidel Castro verstärken und Kubanern die Flucht erleichtern. Ein Beraterstab wurde mit der Ausarbeitung von entsprechenden Empfehlungen beauftragt. Beobachter sehen darin in erster Linie den Versuch, im US-Staat Florida Stimmen bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr zu gewinnen. Ein Team um US-Außenminister Colin Powell und Wohnungsbauminister Mel Martinez solle die Planungen übernehmen "für den glücklichen Tag, an dem es das Regime von Castro nicht mehr gibt" und Kuba ein demokratischer Staat sei, sagte Bush. Reisen nach Kuba sollten eingeschränkt und Kubaner in einer Kampagne auf die "sicheren und legalen" Fluchtwege in die USA hingewiesen werden. "Wir werden die Zahl der neuen kubanischen Immigranten erhöhen, die wir jedes Jahr willkommen heißen", kündigte Bush an. Die US-Regierung hat seit Wochen angedeutet, dass im Hinblick auf Kuba neue Schritte geplant sind. Einige der schärfsten Gegner des kubanischen Staatschefs Castro haben kritisiert, Washington tue nicht genug für einen Regimewechsel in Kuba. Die Stimmen der in Florida lebenden Exilkubaner könnten bei der Wahl im kommenden Jahr ausschlaggebend sein. Der Leiter der kubanischen Interessenvertretung in Washington, Dagoberto Rodriguez, sagte am Donnerstag, Bush solle aufhören, sich "wie ein gesetzloser Cowboy" zu benehmen. Seit zwölf Jahren fordere die UN-Generalversammlung die USA jeden Herbst auf, das Handelsembargo gegen Kuba aufzuheben. Die US-Regierung müsse aufhören, Lügen über Kuba zu verbreiten, "nur um einer kleinen Minderheit von Radikalen zu gefallen", sagte Rodriguez in Bezug auf die Exilkubaner im Süden von Florida.

Rotes Kreuz kritisiert Haftbedingungen auf Guantanamo

Washington weist Kritik zurückRotes Kreuz kritisiert Haftbedingungen auf Guantanamo

Genf (rpo). Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat die Haftbedingungen auf Guantanamo Bay kritisiert. Die dort festgehaltenen Terrorverdächtigen seien wegen der Unsicherheit über ihr Schicksal in schlechter psychischer Verfassung. Das sagte IKRK-Sprecher Florian Westphal am Freitag zum Abschluss eines zweimonatigen Besuchs einer Delegation des Roten Kreuzes in Guantanamo. Die US-Regierung wies die Kritik zurück. Am Donnerstag hatte die IKRK-Delegation gemeinsam mit ehemaligen US-Bundesrichtern, Diplomaten und pensionierten Soldaten beim Obersten Gerichtshof der USA um eine Überprüfung der Berufungsanträge einiger Häftlinge gebeten. Die US-Regierung setze sich über Gesetze hinweg, indem sie die Gefangenen auf unbestimmte Zeit ohne Anklageerhebung festhalte, hieß es. Die Häftlinge haben keinen Zugang zu Anwälten und können keinen Einspruch gegen ihre Inhaftierung erheben. Einige sind dem IKRK zufolge seit mehr als eineinhalb Jahren in dem Lager auf Kuba inhaftiert. Das Rote Kreuz hat als einzige unabhängige Organisation Zugang zu den Häftlingen. Bereits Anfang 2002 habe die Organisation bei der US-Regierung um ein rechtsstaatliches Verfahren für die Festgehaltenen ersucht, betonte Westphal. US-Regierungssprecher Scott McClellan wies die Vorwürfe des IKRK zurück. "Ich erinnere daran, dass es sich bei den Gefangenen im Lager Guantanamo um feindliche Kombattanten handelt." Die Häftlinge würden human behandelt, sagte er weiter. In Guantanamo sind Häftlinge aus mehr als 40 Ländern inhaftiert, ihnen werden Verbindungen zum ehemaligen Taliban-Regime in Afghanistan und dem Terrornetzwerk El Kaida vorgeworfen.

Schulministerin: Kein Kopftuch-Gesetz in NRW notwendig

Eltern können als Beobachter am Unterricht teilnehmenSchulministerin: Kein Kopftuch-Gesetz in NRW notwendig

Düsseldorf/Darmstadt (rpo). In Nordrhein-Westfalen soll auch weiterhin im Einzelfall entschieden werden, ob Lehrerinnen während des Unterichts Kopftücher tragen dürfen. Auch nachdem sich die Bundesländer nicht auf eine einheitliche Regelung in der Frage hätten einigen können, solle in NRW kein eigenes Gesetz erlassen werden, teilte NRW-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) am Freitag in Düsseldorf mit. Es wäre verheerend, wenn ein pauschales Kopftuch-Verbot bei den Muslimen als Vorgehen gegen den Islam verstanden würde, sagte Schäfer. Es sei auch zweifelhaft, allen Kopftuch tragenden Frauen im Öffentlichen Dienst Verfassungsfeindlichkeit zu unterstellen. Zwar sei es wichtig, fundamentalistischen Strömungen des Islam Einhalt zu gebieten, doch könne ein "Hau-Ruck-Verfahren" das Gegenteil bewirken. Derzeit gebe es keine Konflikte mit Kopftuch tragenden Lehrerinnen. Wenn Eltern sich selbst vergewissern wollten, ob die Neutralitätspflicht eingehalten werde, könnten sie als Beobachter am Unterricht teilnehmen. Die Bundesländer hatten sich am Freitag in Darmstadt nicht auf einheitliche Konsequenzen aus dem Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einigen können. Sieben Länder wollen künftig das Tragen in den Schulen per Gesetz verbieten. Dies sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, das Saarland, Berlin, Brandenburg und Niedersachsen. Bei den Gesetzen wollen sich die Länder abstimmen, hieß es am Freitag nach der Kultusministerkonferenz (KMK) in Darmstadt. Bremen erwägt auch ein Gesetz, ist aber noch nicht endgültig entschlossen.

Berlusconi droht mit Neuwahlen

Wegen Streits um Ausländer-WahlrechtBerlusconi droht mit Neuwahlen

Rom (rpo). Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat mit Neuwahlen gedroht. Grund ist ein Streit mit seinem wichtigsten Koalitionspartner über das Ausländer-Wahlrecht."Sollte es zu Änderungen in der Zusammensetzung der Regierung kommen, wären Neuwahlen die Folge", sagte Berlusconi am Freitag in Rom. Die Forderung der rechtsgerichteten Nationalen Allianz (AN), auch Nicht-EU-Ausländern ein Wahlrecht auf Kommunalebene zu gewähren, hatte schwere Spannungen innerhalb der Mitte-Rechts-Koalition verursacht. Die Liga Nord lehnt die von AN-Chef Gianfranco Fini vorgebrachte Forderung kategorisch ab. Auch Berlusconi hat sich dagegen ausgesprochen. Dies sei nicht im Regierungsprogramm vorgesehen, sagte er. Die ebenfalls an der Regierung beteiligten Christdemokraten (UDC) hatten hingegen Finis Vorschlag unterstützt. Fini, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, will nach Medienberichten vom Freitag dennoch einen Gesetzesvorschlag im Parlament einbringen. "Auch Ausländer aus Nicht-EU-Ländern, die hier leben und Steuern zahlen, sollten auf Gemeindeebene wählen können", lautet sein Argument. Fini sorgte mit seinem Vorstoß auch für Verwunderung unter der linksgerichteten Opposition, da die AN bisher nicht eine ausgesprochen Ausländer freundliche Politik verfolgt hat. Politische Kommentatoren sahen hinter der Forderung Finis den Versuch, der AN mehr Gewicht innerhalb der Regierung zu verschaffen. Die AN ist nach Berlusconis Forza Italia die zweitstärkste Partei im Regierungsbündnis. Zuletzt war es zwischen der AN und der Liga Nord wiederholt zu schweren Spannungen gekommen. AN-Politiker hatten sogar gefordert, die Liga sollte die Regierung verlassen. Theoretisch hätte die Koalition auch ohne die Liga Nord eine Mehrheit im Parlament.

SPD-Politiker der Kinderpornografie verdächtigt

Bremer Bürgerschaftsabgeordneter legt Mandat und Ehrenämter niederSPD-Politiker der Kinderpornografie verdächtigt

Bremen (rpo). Der im Verdacht des Besitzes von Kinderpornografie stehende Bremer SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Michael Engelmann hat sein Mandat im Bremer Landesparlament niedergelegt. Zudem sei er von allen ehrenamtlichen Funktionen zurückgetreten, bestätigte der bisherigere Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Schwulen und Lesben in der SPD (Schwusos) am Freitag der Nachrichtenagentur AP. Zu den konkreten Vorwürfen wollte Engelmann sich jedoch nicht äußern. Der Bremer Landesverbandsvorsitzende Detlev Albers erklärte, der Rücktritt von allen SPD-Parteifunktionen sei eine "richtige und notwendige Entscheidung" gewesen. Nun müsse die Staatsanwaltschaft ermitteln, wobei er von Engelmann erwarte, dass dieser an der Klärung der Vorwürfe aktiv mitwirke. "Anschließend werden wir zu bewerten haben, ob die Schwere der Verfehlungen seine weitere Mitgliedschaft in der SPD zulässt", sagte Albers. Mit seinem Verhalten, soweit dies bislang beweisbar sei, habe Engelmann "enormen Schaden" für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen angerichtet. Oberstaatsanwalt Horst Nullmeyer erklärte, gegen Engelmann bestehe ein Anfangsverdacht "wegen Verbreitung pornografischer Schriften" nach Paragraf 184 Strafgesetzbuch. Darunter fielen zahlreiche Tatbestände. Der Verdacht richte sich zunächst darauf, dass der SPD-Politiker illegales kinderpornografisches Material besitze. Dies sei aber noch nicht erwiesen. Ob der Abgeordnete solches Material auch verbreitet habe, sei zurzeit nicht Thema der Ermittlungen. Bei einer Hausdurchsuchung am Mittwoch sei bei Engelmann eine Computer-Festplatte beschlagnahmt worden, erläuterte der Oberstaatsanwalt. Die Auswertung werde einige Wochen dauern, weshalb Engelmann auch noch nicht vernommen worden sei. Die Bremer SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte sich am Donnerstagabend bestürzt über die schwer wiegende Beschuldigung geäußert. In einer Stellungnahme der Schwusos hieß es, der Bundesvorstand sei völlig überrascht und bestürzt und erwarte eine baldige und vorbehaltlose Aufklärung. Engelmann war seit November 2002 Bundesvorsitzender der Schwusos. Er gehörte der Bremer Bürgerschaft seit 1999 an.

Wortlaut der Begründung des Friedensnobelpreises

DokumentationWortlaut der Begründung des Friedensnobelpreises

Oslo (rpo). Das Nobelkomitee in Oslo hat die Vergabe des Friedensnobelpreises an die iranische Menschenrechtlerin Shirin Ebadi am Freitag wie folgt begründet: "Das Norwegische Nobelkomitee hat entschieden, dass der Friedensnobelpreis 2003 Shirin Ebadi für ihren Einsatz für Demokratie und Menschenrechte zuerkannt wird. Sie hat sich vor allem im Kampf um die Rechte von Frauen und Kindern engagiert. Ihre Stimme als Anwältin, Richterin, Dozentin, Autorin und Aktivistin ist in ihrem eigenen Land Iran und weit über ihre Heimat hinaus klar und deutlich erklungen. Sie ist mit professionellem Gewicht sowie großem Mut aufgetreten und ist vor Gefahren für ihre eigene Sicherheit niemals zurückgescheut. Ihre wichtigste Arena ist der Kampf für die grundlegenden Menschenrechte. Keine Gesellschaft verdient die Bezeichnung zivilisiert, ohne dass die Rechte von Frauen und Kindern respektiert werden. In einer Ära der Gewalt ist sie konstant für Gewaltlosigkeit eingetreten. Für sie ist von grundlegender Bedeutung, dass die höchste politische Macht einer Gesellschaft auf demokratischen Wahlen fußt. Sie legt großes Gewicht darauf, dass Aufklärung und Dialog der beste Weg zur Veränderung von Haltungen und zur Lösung von Konflikten sind. Ebadi ist eine bewusste Muslimin. Sie sieht keinen Gegensatz zwischen dem Islam und den grundlegenden Menschenrechten. Es ist wichtig für sie, dass der Dialog zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen auf der Welt seinen Ausgangspunkt in deren gemeinsamen Grundwerten hat. Es ist eine Freude für das Norwegische Nobelkomitee, den Friedensnobelpreis einer Frau zuzuerkennen, die Teil der muslimischen Welt ist und auf die diese Welt stolz sein kann - zusammen mit allen anderen, die für die Menschenrechte kämpfen, wo immer sie leben. Während der letzten Jahrzehnte haben Demokratie und Menschenrechte in verschiedenen Teilen der Welt an Stärke zugenommen. Mit ihren Vergaben des Friedensnobelpreises hat das Norwegische Nobelkomitee versucht, diesen Prozess zu beschleunigen. Wir hoffen, dass die Bevölkerung in Iran Freude darüber empfindet, dass zum ersten Mal einer ihrer Bürger den Friedensnobelpreis zuerkannt bekommen hat. Wir hoffen, dass der Preis eine Inspiration für die vielen sein wird, die in ihrem Land, in der islamischen Welt und in allen Ländern für Menschenrechte und Demokratie kämpfen, in denen der Kampf für Menschenrechte Inspiration und Unterstützung braucht."

Zahnzusatzversicherung vermutlich teurer

BKK rechnet nur mit geringer BeitragssenkungZahnzusatzversicherung vermutlich teurer

Berlin (rpo). Nach der Gesundheitsreform 2004 rechnet der Bundesverband der Betriebskrankenkassen nur mit einer geringfügigen Beitragssenkung. Die ab 2005 zur Pflicht werdende Zahnzusatzversicherung könnte den bisher genannten Betrag von sechs Euro übersteigen. Beitragszahlern winkt nach der Gesundheitsreform eine geringere Entlastung als von Sozialministerin Ulla Schmidt versprochen. Statt um 0,7 Punkte werde der durchschnittliche Beitragssatz aller Krankenkassen 2004 wohl nur um 0,4 Punkte auf 13,9 Prozent sinken, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen, Wolfgang Schmeinck, am Freitag in Berlin. Das Sozialministerium bekräftigte, 0,7 Prozentpunkte seien realistisch. Schmeinck sagte, der BKK-Bundesverband habe diese Zahl von Anfang an bezweifelt und eher 0,4 Prozentpunkte Senkung angenommen. Er nehme an, dass der Spielraum anderer Kassenarten ähnlich sei. "Die Versicherten haben einen Anspruch auf seriös kalkulierte Beiträge", sagte der BKK-Chef. Zuvor hatten schon AOK und Ersatzkassen Zweifel an Schmidts Vorgabe angemeldet. Eine Ministeriumssprecherin sagte allerdings, die Kassen hätten im Sommer den Umfang der Entlastungen durch die Gesundheitsreform von etwa zehn Milliarden Euro und auch die gewünschte Beitragssenkung um 0,7 Punkte 2004 als realistisch anerkannt. Von den Kassen jetzt angeführte Vorzieheffekte für vorzeitig bestellte Brillen - sie werden künftig nicht mehr erstattet - oder Zahnersatz - er muss ab 2005 gesondert versichert werden - fielen nicht ins Gewicht. BKK-Chef Schmeinck wollte sich nicht festlegen, ob die Reform - angesichts erhöhter Zuzahlungen und anderer Belastungen - die Versicherten mehr kostet, als sie über Beitragssenkungen sparen. Er vermute, dass die Rechnung im Saldo "für den Versicherten nur knapp positiv ausgehen". Entscheidend sei dabei auch der Preis der Zusatzversicherung für Zahnersatz. Die bisher genannten sechs Euro werden nach Schmeincks Erwartung nicht ausreichen. Realistisch seien eher acht Euro. Nach seiner Rechnung kommt auch bei der Arzneimittelversorgung einiges an Kosten auf die Versicherten zu. Die Krankenkassen rechneten auf diesem Feld insgesamt mit zwei bis drei Milliarden Euro Entlastung. Davon müssten die Versicherten rund 1,6 Milliarden Euro aufbringen, schätzte der BKK-Chef. 600 Millionen Euro entfallen nach seinen Angaben auf höhere Zuzahlungen, eine Milliarde auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die künftig in der Regel nicht mehr erstattet werden. Trend zu teuren ArzneimittelnSchmeinck begrüßte die Begrenzung der Arzneimittelkosten durch die Reform. Bisher sei der Trend zu immer teureren Verordnungen ungebrochen. Nach den reinen Verordnungszahlen würden die Arzneimittelausgaben dieses Jahr noch einmal um 6,5 Prozent steigen. Nur die gesetzlich eingeführten Rabatte bewirkten, dass die tatsächlichen Kosten für die Kassen bei etwa 22,7 Milliarden Euro stabil blieben. Seit 1998 wuchsen die Arzneiausgaben pro Kopf laut Schmeinck von 240 auf 320 Euro im Jahr. Als "Kostentreiber nummer eins" brandmarkte er abermals so genannte Scheininnovationen - teure neue Mittel ohne Zusatznutzen gegenüber hergebrachten. Sie machten 20 Prozent aller Verordnungen aus und seien vier Mal so teuer wie ein Durchschnittspräparat. Nach der Reform dürften die Kassen die Erstattung dafür begrenzen. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller wies Schmeincks Darstellung zurück: "Analogpräparate sind kosteneffizient und therapeutisch wertvoll."

ZDF-Politbarometer: Union doppelt so stark wie die SPD

Niedrigster Sympathiewert für SchröderZDF-Politbarometer: Union doppelt so stark wie die SPD

Berlin (rpo). Laut ZDF-Politbarometer kann die Union beim Wähler derzeit auf doppelt so viele Stimmen zählen wie die SPD: CDU und CSU legten auf 52 Prozent (September: 49 Prozent) zu. Nach einer Umfrage des Instituts NFO Infratest im Auftrag des Nachrichtenmagazins "Spiegel" wünschen sich nur noch 46 Prozent der Befragten, dass Schröder künftig "eine wichtige Rolle" in der Politik spielt. Dies sei der niedrigste Wert seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren. Mit Stoibers Politik hingegen sind 53 Prozent der Befragten zufrieden. Die SPD konnte sich laut Politbarometer geringfügig auf 27 Prozent verbessern (zuvor 26), teilte das ZDF am Freitag mit. Die Grünen bleiben bei 11 Prozent, während die FDP nach ihren Zugewinnen vom September auf 5 Prozent zurück fällt (8), die PDS kommt noch auf 2 Prozent (3). Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hatte im Auftrag des ZDF zwischen dem 6. und 9. Oktober 1274 Wahlberechtigte befragt. Angesichts der aktuellen innerparteilichen Reform-Debatte wird die CDU als wenig geschlossen wahrgenommen. So glauben nur 35 Prozent, dass die CDU in wichtigen politischen Fragen hinter Parteichefin Angela Merkel steht. Nach dem Triumph des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber bei der bayerischen Landtagswahl vermuten 52 Prozent aller Befragten, dass er zur Zeit den größten Einfluss in der CDU/CSU hat, gefolgt von Merkel (29) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (9). Der Reform-Streit in der SPD wird ebenfalls kritisch betrachtet: Zwar ist eine deutliche Mehrheit von 63 Prozent der Meinung, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder sich letztlich gegen die Parteilinken durchsetzen wird. Sollte er allerdings für seine Reformen keine Mehrheit im Bundestag bekommen, wollen ihn fast genauso viele (61 Prozent) beim Wort nehmen und meinen, dass er dann zurücktreten sollte. Bei den Anhängern der SPD sind nur noch 14 Prozent (Juli: 21) der Ansicht, dass die SPD in wichtigen politischen Fragen hinter Schröder steht. Unter den angestrebten Reformen in den Sozialsystemen stößt vor allem eine Verschiebung des Renteneintrittsalters auf große Skepsis: 80 Prozent der Befragten lehnen die sowohl von der Regierung wie von weiten Teilen der CDU angestrebte Rente mit 67 ab (dafür sind 17 Prozent). Der Vorschlag, im nächsten Jahr eine Nullrunde für die Rentner einzulegen, wird lediglich von 39 Prozent unterstützt, 57 Prozent sprechen sich dagegen aus. Auch der Vorschlag, einen Großteil der Subventionen nach dem Rasenmäherprinzip gleichmäßig zu kürzen, wird im Grundsatz lediglich von 36 Prozent unterstützt. Eine Mehrheit von 57 Prozent lehnt eine solche Vorgehensweise ab

FDP: Kubicki wirft Parteispitze schwere Fehler vor

"Kaum wahrgenommen"FDP: Kubicki wirft Parteispitze schwere Fehler vor

Berlin (rpo). Das FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki hat der Parteiführung schwere politische Fehler vorgeworfen. Die Freien Demokraten würden kaum noch wahrgenommen. Das sagte der FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag der Chemnitzer "Freien Presse" (Freitag). Das Auftreten von Generalsekretärin Cornelia Pieper sei "ohne jegliche politische Substanz". Pieper sei nicht in der Lage, Schwerpunkte vorzugeben. Damit trage sie die Hauptverantwortung, dass die FDP in der Reformdebatte nicht wahrgenommen werde. Bei wichtigen Themen wie Umbau der Sozialsysteme, Steuerreform oder Bundespräsidentenwahl sei der Eindruck entstanden, der FDP gehe es nur um machtpolitische oder taktische Spielchen. In der Bevölkerung werde immer mehr die Ansicht vertreten, "die Liberalen sind ein nicht ernst zu nehmendes politisches Leichtgewicht", kritisierte Kubicki. Er vermisse eine klare politische Linie. Das Parteipräsidium habe offenbar noch nicht entschieden, "ob wir Opposition oder Regierungspartei in Lauerstellung sind". In den Landesverbänden wachse der Unmut massiv. Das stehe im krassen Widerspruch zu den "täglichen Siegermeldungen" aus dem Thomas-Dehler-Haus. "Wir fühlen uns verscheißert", sagte Kubicki und kündigte an, mit anderen FDP-Fraktionschefs in den Landtagen aktiv zu werden. Kubicki ist der zweite Fraktionschef aus einem Landtag, der die Parteispitze massiv kritisiert. Auch der Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Martin Lindner, hatte den Kurs der Parteispitze scharf angegriffen.

Porträt Shirin Ebadi - Streiterin für Kinder- und Frauenrechte

Erste Richterin im IranPorträt Shirin Ebadi - Streiterin für Kinder- und Frauenrechte

Teheran/Oslo (rpo). Die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin, die iranische Anwältin Shirin Ebadi, gilt als engagierte Streiterin für Kinder- und Frauenrechte und politisch Verfolgte. Die 54-jährige gebürtige Teheranerin absolvierte ihre juristische Ausbildung in Iran und Frankreich. 1969 wurde sie als erste Frau in Iran Richterin. 1979 musste sie das Amt als Folge der islamischen Revolution aufgeben und arbeitete seither als Anwältin. Bei der Entgegennahme einer Auszeichnung im norwegischen Bergen vor drei Jahren sagte Ebadi, für sie sei die Geringschätzung von Frauen mit islamischen Grundsätzen unvereinbar. "Am wichtigsten ist nicht, welche Religion, Sprache oder Kultur man hat, sondern dass man an die Menschenrechte glaubt." Gemeinsam mit Freunden gründete Ebadi ein Kinderhilfswerk und setzte sich für die Rechte der Frauen ein. Später engagierte sich die verheiratete Mutter zweier erwachsener Töchter verstärkt auch für politische Dissidenten. Als Anwältin arbeitete sie für Verfolgte und deren Familien und musste dafür sowohl Gefängnis wie Hausarrest und andere Repressalien in Kauf nehmen. Der Schriftsteller Faradsch Sarkuhi wurde durch ihre Hilfe nach zweijähriger Haft entlassen und lebt seitdem im Exil in Frankfurt. 1997 beteiligte sie sich an der Kampagne, die zum Sieg des reformorientierten Mohammed Chatami bei der Präsidentschaftswahl führte. Sie machte sich einen Namen, als sie sich zusammen mit anderen Anwälten für die Aufklärung einer Mordserie Ende 1998 einsetzte. Damals waren mehrere Dissidenten von Agenten des iranischen Geheimdienstes ermordet worden. Im Jahr 2000 wurde sie kurzfristig wegen der so genannten Video- Affäre verhaftet. In dem Video sollen Islamisten ihre engen Kontakte zum Establishment gestanden haben. Wegen ihrer angeblichen Verwicklung bekam sie 18 Monate auf Bewährung. Die Menschenrechtlerin lebt in Teheran, nimmt aber immer wieder an Seminaren für Kinder- und Frauenrechte im Ausland teil. Sie wurde bereits mehrfach für ihre Tätigkeit ausgezeichnet.

Bisherige Trägerinnen des Friedensnobelpreises

HintergrundBisherige Trägerinnen des Friedensnobelpreises

Hamburg (rpo). Mit dem Friedensnobelpreis sind bislang zehn Mal Frauen ausgezeichnet worden. Da 1976 der Preis auf zwei Frauen aufgeteilt wurde, gibt es elf Preisträgerinnen. 2003: Shirin Ebadi (Iran) - Einsatz der Juristin für die Demokratisierung Irans und mehr Frauenrechte. 1997: Jody Williams (USA) zusammen mit der von ihr vertretenen Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) - Würdigung des Einsatzes der Organisation für das im September 1997 in Oslo vereinbarte weltweite Verbot von Antipersonenminen. 1992: Rigoberta Menchu (Guatemala) - für die Rolle der Menschenrechts-Vorkämpferin und Angehörigen des Quiche- Indianerstammes als Anwältin für die Rechte der Eingeborenen. 1991: Aung San Suu Kyi (Birma) - für den Einsatz der Oppositionspolitikerin für Demokratie und Menschenrechte und ihren gewaltlosen Widerstand gegen das Militärregime in Birma. 1982: Alva Myrdal (Schweden) zusammen mit dem Mexikaner Alfonso Garcia Robles - Würdigung der Schriftstellerin, Diplomatin und Abrüstungsministerin für ihren Einsatz für die atomare Abrüstung. 1979: Mutter Teresa (Indien) - für den jahrzehntelangen Kampf der aus Albanien stammenden katholischen Ordensschwester gegen die Armut, insbesondere im indischen Kalkutta. 1976 (verliehen 1977): Betty Williams und Mairead Corrigan (Nordirland/Großbritannien) - Ehrung für ihren Einsatz für den Frieden in Nordirland. 1946: Emily Greene Balch (USA) zusammen mit Landsmann John Raleigh Mott - für ihr führendes Engagement in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (Zürich). 1931: Jane Adams (USA) zusammen mit Nicholas Murray Butler (USA) - für ihre wesentliche Beteiligung am Aufbau der Friedenspartei der Frauen und der Internationalen Frauenliga. 1905: Bertha von Suttner (Österreich) - für den Einsatz der Schriftstellerin für die Friedensidee.

Anruf aus Oslo war "ein Schock"

Erstmals Muslimin mit Friedensnobelpreis geehrtAnruf aus Oslo war "ein Schock"

Düsseldorf (rpo). Shirin Ebadi aus dem Iran hat den Friedensnobelpreis erhalten. Die 54-jährige Juristin wird für ihren Einsatz bei der Demokratisierung Irans und im Kampf um mehr Frauenrechte ausgezeichnet. "Als Oslo angerufen hat, war es ein Schock", sagte sie. Unterdessen fordete sie die rasche Freilassung "der vielen iranischen Häftlinge". Die staatlichen iranischen Medien haben die Vergabe des Friedensnobelpreises an die Menschenrechtlerin Schirin Ebadi am Freitag nur mit Zögern zur Kenntnis genommen. Der staatliche Rundfunk verbreitete die Nachricht mehr als drei Stunden nach der Bekanntgabe in Oslo als letzte Meldung seiner Nachrichtensendung. Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA veröffentlichte eine kurze Meldung unter Berufung auf "internationale Nachrichtensendungen". Regierungssprecher Abdollah Ramesansadeh sagte auf Anfrage, es gebe keine offizielle Stellungnahme zum Friedensnobelpreis. Shirin Ebadi hat die rasche Freilassung "der vielen iranischen Häftlinge" gefordert, die in dem Land für Freiheit und Demokratie kämpfen. Gleichzeitig forderte die 56-jährige Juristin am Freitag vor der Presse in Paris die Regierung in Teheran auf, die Menschenrechte jetzt und in Zukunft einzuhalten. "Am wichtigsten ist dabei die Rede- und Meinungsfreiheit in Iran und dass diejenigen sofort freikommen, die wegen ihrer Meinung im Gefängnis sitzen", erläuterte sie. Angesprochen auf die US-Politik im Nahen Osten und gegenüber Teheran wandte sich die Friedensnobelpreisträgerin nachdrücklich "gegen jede äußere Einmischung". Es sei Sache der Kämpfer für die Menschenrechte in Iran selbst, diese dort durchzusetzen. Im Irak und in Afghanistan könne überhaupt nicht von Menschenrechten gesprochen werden, "im Irak werden die wichtigsten Bedürfnisse nicht befriedigt", äußerte sie sich kritisch zu den US-Besetzern. Die Entscheidung gilt als Überraschung. Hinter den Kulissen waren der Papst und Vaclav Havel als Favoriten gehandelt worden. Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr zum ersten Mal an eine Muslimin, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzt: Die iranische Anwältin Schirin Ebadi forderte die religiösen Hardliner in ihrem Land auf, die Entscheidung des Nobelkomitees gemeinsam mit ihr zu feiern. Das offizielle Teheran reagierte aber zunächst nicht auf die Nachricht aus Oslo. In ihrem Engagement insbesondere für Frauen und Kinder habe sich die 56-jährige Juristin und Autorin auch von Drohungen nicht erpressen lassen, erklärte das Nobelkomitee in seiner Würdigung. Schirin Ebadi sei in einer Zeit der Gewalt stets für Gewaltfreiheit eingetreten. Das Nobelkomitee würdige "eine Frau, die Teil der muslimischen Welt ist und auf die diese Welt stolz sein kann - zusammen mit allen, die für die Menschenrechte eintreten, wo immer sie auch leben." Der Einsatz der Juristin galt zuletzt vor allem den Rechten für Frauen und Kinder. Die Nachricht von der Nobelpreisvergabe traf Ebadi wie ein Blitz aus heiterem Himmel, als sie sich nach einer Konferenz in Paris gerade auf die Heimreise vorbereitete. "Als Oslo angerufen hat, war es ein Schock", sagte sie. "Und dann war ich sehr glücklich und froh." Sie betrachte den Friedensnobelpreis nicht nur als persönliche Bestätigung, sondern als Anerkennung "für alle Menschen, die für Menschenrechte und Demokratie in Iran arbeiten". Auf einer Pressekonferenz erklärte sie anschließend, sie könne keinen Widerspruch zwischen dem Islam und den Menschenrechten erkennen. "Daher sollten auch die Religiösen diesen Preis begrüßen." Nach ihrem Jura-Studium in Teheran war Ebadi von 1975 bis 1979 die erste Richterin Irans, wie ihr Mann bestätigte; sie war damals am Stadtgericht Teheran tätig. Nach der islamischen Revolution von 1979 musste sie aus dem Gericht ausscheiden. Seitdem wirkte sie als Anwältin, Dozentin an der Universität Teheran sowie als Autorin gesellschaftskritischer Bücher. Im Sommer 2000 war sie in Zusammenhang mit einem kritischen Dokumentarfilm zwei Monate inhaftiert. Die fünf Mitglieder des Nobelkomitees, die vom norwegischen Parlament berufen wurden, blieben mit der Wahl Ebadis ihrem Ruf treu, auch den Mut zu überraschenden Entscheidungen zu haben. In den Medien waren zuletzt Papst Johannes Paul II. und der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel als aussichtsreichste Kandidaten genannt worden. In Polen äußerte sich Lech Walesa als Friedensnobelpreisträger des Jahres 1983 tief enttäuscht darüber, dass der Preis nicht an den Papst ging. Hingegen begrüßte Havel die Entscheidung und gratulierte Ebadi. Bundesregierung zollt Ebadi RespektAuch die Bundesregierung begrüßte die Wahl des Nobelkomitees. Der Preis sei "eine berechtigte Anerkennung für den Mut und das Engagement von Schirin Ebadi", erklärte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Gerade in der islamischen Welt seien es Frauen, "die zu Entwicklung, Humanität und friedlichem Miteinander beitragen". Glückwünsche kamen unter anderem auch von der EU, dem Weltkinderhilfswerk UNICEF und Amnesty International. Der Friedensnobelpreis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (1,1 Millionen Euro) dotiert. Verliehen wird der Preis am 10. Dezember in Oslo, dem Todestag des 1986 gestorbenen Stifters Alfred Nobel. Im vergangenen Jahr ging der Friedenspreis an den früheren US-Präsidenten Jimmy Carter, der die Verleihung mit Kritik an den Kriegsplänen der Regierung Bush verband. Auch von Carter kamen am Freitag Glückwünsche an die neue Friedensnobelpreisträgerin.

Falsche Vemutungen und Missverständnisse zum Friedensnobelpreis

Gespräch mit dem Sekretär des Preiskomitees in OsloFalsche Vemutungen und Missverständnisse zum Friedensnobelpreis

Oslo (rpo). Kaum eine Auszeichnung ist von so vielen falschen Vermutungen und Missverständnissen umgeben wie der Friedensnobelpreis. Auch der Bekanntgabe des diesjährigen Preisträgers gingen zahllose Spekulationen, Wunschdenken und wilde Vermutungen voraus, denen oft jede Grundlage fehlte. Der Sekretär des Osloer Nobelpreiskomitees, Geir Lundestad, nannte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP neun weit verbreitete Mythen zum Friedensnobelpreis: Mythos 1: Das Nobelpreiskomitee veröffentlicht eine Liste möglicher Preisträger. - falsch. Das Komitee veröffentlicht keine Namen von Kandidaten und arbeitet höchst vertraulich. Seine Unterlagen werden 50 Jahre lang unter Verschluss gehalten. Mythos 2: Wenn die öffentliche Meinung intensiv für einen bestimmten Kandidaten eintritt, neigt das Komitee dazu, dieser Stimmung zu folgen. - falsch. Eine öffentliche Kampagne kann sogar den gegenteiligen Effekt haben, weil das Komitee nichts so sehr fürchtet wie den Eindruck, sich einem Druck von außen gebeugt zu haben. Mythos 3: Kandidaten können bis zur letzten Minute nominiert werden. - falsch. Die Frist zur Nominierung endet acht Monate vor der Bekanntgabe des Preisträgers. Im Jahr des Camp-David-Friedens zwischen Israel und Ägypten, 1978, konnte der damalige US-Präsident Jimmy Carter den Preis allein deswegen nicht erhalten, weil er nicht rechtzeitig vorgeschlagen worden war. Im vergangenen Jahr wurde Carter fristgerecht nominiert und erhielt dann auch den Preis.Mythos 4: Jeder kann dem Komitee einen Vorschlag einreichen. - falsch. Die Statuten für den Friedensnobelpreis enthalten eine eindeutig bestimmte Liste von Personen, die zu einer Nominierung berechtigt sind. Nach kleineren Veränderungen in diesem Jahr umfasst der Kreis der zur Nominierung Berechtigten die bisherigen Friedensnobelpreisträger, gegenwärtige und ehemalige Mitglieder des Komitees sowie ihre Mitarbeiter, Mitglieder von nationalen Regierungen und Parlamenten, Universitätsprofessoren für Recht, Theologie, Sozialwissenschaften, Geschichte und Philosophie, Leiter von Instituten für Friedensforschung und zur Erforschung der internationalen Beziehungen sowie die Mitglieder internationaler Gerichtshöfe. Mythos 5: Der Preis kann aberkannt werden, wenn ein Preisträger gegen die mit der Verleihung verbundenen ethischen Grundsätze verstößt. - falsch. Der Friedensnobelpreis erstreckt sich nicht auf künftiges Verhalten. Mythos 6: Der Preis kann posthum verliehen werden. - falsch. Nur ein einziges Mal wurde einem Verstorbenen der Friedensnobelpreis verliehen - 1961 an den tödlich verunglückten UN-Generalsekretär Doug Hammerskjöld. Danach wurde diese Möglichkeit 1974 abgeschafft. Wenn jedoch ein Preisträger nach Bekanntgabe und vor der Verleihung am 10. Dezember stirbt, geht ihm oder ihr die Auszeichnung nicht verloren. Mythos 7: Der Preis wird für erfolgreiche Bemühungen um den Frieden verliehen. - nicht unbedingt. Oft wurde der Preis an Personen verliehen, deren Einsatz noch nicht mit Erfolg gekrönt war. Mythos 8: Der Nobelpreis wird von der norwegischen Regierung verliehen. - falsch. Mitglieder der norwegischen Regierung und des Parlaments dürfen dem Preiskomitee nicht angehören. Nach dem Testament Alfred Nobels von 1895 werden die fünf Mitglieder des Komitees vom Parlament in Oslo berufen, sind aber unabhängig und dem Parlament in keiner Weise rechenschaftspflichtig. Mythos 9: Der Friedensnobelpreis wird in Stockholm verliehen. - falsch. Der Preis wird entsprechend dem Willen von Alfred Nobel in Oslo verliehen. Nur die anderen fünf Nobelpreise werden in Stockholm übergeben.

Zwei US-Soldaten in Bagdad getötet

In Hinterhalt geratenZwei US-Soldaten in Bagdad getötet

Bagdad (rpo). Am Donnerstagaben sind in der Bagdader Schiiten-Vorstadt Sadr-City zwei US-Soldaten getötet worden. Die beiden waren bei einer nach Angaben des US-Militärkommandos in Bagdad bei einer Routinepatrouille in einen Hinterhalt geraten.Das teilte das US-Militärkommando am Freitag in Bagdad mit. Vier weitere Soldaten wurden bei dem Angriff verletzt. Der Vorfall ereignete sich etwa zwölf Stunden nach der Explosion einer Autobombe vor einer Polizeiwache, bei der zehn Menschen getötet worden waren. Nach Informationen des arabischen Fernsehsenders El Dschasira kam es in dem schiitischen Armenviertel in der Nacht zum Freitag zu Zusammenstößen zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Geistlichen Muktada el Sadr. Dabei sei einer der Getreuen des jungen Klerikers erschossen worden. Hunderte von bewaffneten und unbewaffneten jungen Sadr-Anhängern waren nach dem Selbstmordanschlag vor der Polizeiwache auf den Straßen von Sadr-City aufmarschiert. Muktada el Sadr, dessen Einfluss in dem nach seinem von Saddam Huseins Schergen 1999 getöteten Vater Mohammed Sadik el Sadr benannten Armenviertel groß ist, ist der den Besatzungstruppen am feindlichsten gesinnte schiitische Geistliche im Irak.

Hessische SPD hat noch Fragen zu Möbelaffäre

"Kein Grund für besonders ausgestattete Büros"Hessische SPD hat noch Fragen zu Möbelaffäre

Wiesbaden (rpo). Wegen der angeblichen Luxusausstattung der neuen Staatskanzlei hat die hessische SPD Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) ultimativ aufgefordert, noch offene Fragen zu beantworten.Sollte Weimar einen am Freitag in Wiesbaden veröffentlichten Fragenkatalog nicht bis Dienstag 10.00 Uhr beantwortet haben, werde sich die SPD-Fraktion weitere parlamentarische Schritte vorbehalten. Zudem forderte die SPD den Landesrechnungshof zu einer Prüfung des Vorgangs auf. Die Sozialdemokraten verlangen unter anderem Auskunft darüber, wer die Verantwortung für die umstrittene Ausschreibung für die Büros im künftigem Dienstsitz von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) trug. Zudem müsse geklärt werden, ob öffentlich geäußerte Vermutungen zuträfen, dass ein bestimmter Anbieter bevorzugt werden sollte. "Nachdem Herr Koch die Staatskanzlei schon um 50 Mitarbeiter aufgebläht hat, gibt es keinen Grund, jetzt auch noch besonders aufwendig ausgestattete Büros zu finanzieren", sagte der SPD-Finanzpolitiker Norbert Schmitt. Angesichts der allgemeinen Sparmaßnahmen in Hesse müsse die Regierung den Verdacht ausräumen, dass für den Ministerpräsidenten eine Ausnahme gemacht werde.

Neuer Haftbefehl gegen mutmaßlichen DDR-Auftragsmörder

Mehrere Menschen getötet?Neuer Haftbefehl gegen mutmaßlichen DDR-Auftragsmörder

Karlsruhe (rpo). Die Bundesanwaltschaft hat bei den Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Auftragsmörder des DDR-Regimes erste Fortschritte gemacht. "Der dringende Tatverdacht wurde in zwei Fällen konkretisiert", sagte ein Sprecher am Freitag in Karlsruhe. Daher habe der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) am Donnerstag auch einen neuen, dem aktuellen Erkenntnisstand angepassten Haftbefehl gegen den Berliner erlassen können. Der 53-jährige Verdächtige habe bereits die Gelegenheit gehabt, sich vor dem Ermittlungsrichter zu äußern, hieß es. Angaben zu Einzelheiten lehnte die Behörde nach wie vor ab, weil sie sonst den Fortgang der Ermittlungen gefährdet sieht. Der im September verhaftete 53-Jährige wird verdächtigt, zwischen 1976 und 1987 als Angehöriger eines Spezialkommandos im Auftrag der DDR mehrere Menschen getötet zu haben, die aus Sicht des Regimes Verrat begangen hatten. Die Anwältin des Mannes geht Presseberichten zufolge davon aus, dass ihr Mandant die Taten erfunden hat, um sich wichtig zu tun."Purer Blödsinn, den er einfach herumerzählt hat", zitierte der "Berliner Kurier" die Anwältin Barbara Petersen am Donnerstag. Sie bezweifele sogar, dass der 53-Jährige für die Staatssicherheit gearbeitet habe

Israelis stoßen in Flüchtlingslager vor - Sechs Tote

Zur Zerstörung von Tunneln zum WaffenschmuggelIsraelis stoßen in Flüchtlingslager vor - Sechs Tote

Rafah/Gaza (rpo). Mit Dutzenden Panzern ist die israelische Armee in das palästinensische Flüchtlingslager Rafah im Gazastreifen eingerückt. Dabei wurden sechs Palästinenser getötet. Bei einer der größten israelischen Militäraktionen der vergangenen Monate sind am Freitag im Gazastreifen mindestens sechs Palästinenser getötet und etwa 50 weitere Personen verletzt worden. Mit Dutzenden Panzern und Kampfhubschraubern rückten die Truppen in der Nacht ins Flüchtlingslager Rafah ein, das an der Grenze zu Ägypten liegt. Ziel der Razzia, die nach Militärangaben mehrere Tage dauern könnte, sei es, Tunnel für den Waffenschmuggel zu zerstören, sagte ein Armeesprecher. Zwischen Soldaten und bewaffneten Palästinensern kam es zu Feuergefechten, die bis zum Morgen anhielten. Mit Bulldozern rissen die Soldaten drei Gebäude nieder, aus denen ihren Angaben zufolge geschossen wurde. Heftige Explosionen waren zu hören. Die Streitkräfte erklärten, Palästinenser hätten Handgranaten geworfen und mit Panzerabwehrraketen auf die Truppen gefeuert. Augenzeugen sagten, es seien israelische Scharfschützen auf den Dächern postiert worden, und Soldaten hätten eine Granate auf einen Transformator geschossen, was zu einem Stromausfall im Lager führte. Unter den Toten waren nach palästinensischen Angaben Frauen und Kinder. Ali Musa, Direktor eines kleinen Krankenhauses in Rafah, sagte, viele Verletzte müssten operiert werden. Sein Krankenhaus habe aber nur einen Operationssaal und verfüge nicht über ausreichend Arzneimittel oder medizinische Versorgungsgüter. Wegen den von Israel auferlegten Beschränkungen sei es nicht möglich, die Schwerverletzten in andere Krankenhäuser zu verlegen. Die meisten Opfer gab es offenbar, als ein Kampfhubschrauber eine Rakete in eine Menschenmenge feuerte. Die Armee erklärte, Ziel sei eine Gruppe bewaffneter Palästinenser gewesen. Laut Musa handelte es sich bei mindestens zwei der Toten um Mitglieder militanter Organisationen. Nach Armeeangaben gab es vor der groß angelegten Aktion Hinweise, dass militante Palästinenser versuchen, in den Besitz von Flug- und Panzerabwehrraketen sowie Katjuscha-Raketen zu gelangen. Da die ägyptische Regierung dem Schmuggel keinen Einhalt biete, müsse Israel selbst handeln, erklärten Vertreter der Streitkräfte. Die Truppen wurden von Spezialeinheiten mit Hunden begleitet, die für das Aufspüren von Tunneln ausgebildet sind. Arabische Staaten wollen UN-Votum gegen GrenzzaunDie Staaten der Arabischen Liga wollen bei den Vereinten Nationen erreichen, dass der Sicherheitsrat den Bau des umstrittenen israelischen Grenzwalls als illegal verurteilt. Der syrische UN-Botschafter Faissal Mekdad brachte am Donnerstag in New York den Entwurf einer Resolution ein, in der der Abriss der Absperrung am Rande des Westjordanlands gefordert wird. Über die Vorlage wollte der Sicherheitsrat noch am Freitag diskutieren. In dem Entwurf heißt es, Israels Vorgehen verstoße gegen geltendes Völkerrecht. Der israelische UN-Botschafter Dan Gillerman sagte, die Palästinenser würden "wie immer" versuchen, die Debatte weg vom Terror zu lenken. UN-Generalsekretär Kofi Annan verschob wegen der angespannten Lage im Nahen Osten eine Reise nach Indien und Sri Lanka, wie ein UN-Sprecher am Freitag in Neu-Delhi mitteilte. Annan sei der Ansicht, dass er gegenwärtig im UN-Hauptquartier in New York gebraucht werde.

Schwarzenegger beruft die "Besten und Klügsten"
Schwarzenegger beruft die "Besten und Klügsten"

Berater-Stab zur RegierungsübernahmeSchwarzenegger beruft die "Besten und Klügsten"

Los Angeles (rpo). Arnold Schwarzenegger bereitet sich auf seine Regierungsübernahme vor. Dazu hat er einen Beraterstab aus 65 Frauen und Männern berufen, darunter zahlreiche bekannte Namen und alle mit einer hervorstechenden Eigenschaft: Sie seien die "Besten und Klügsten", so der designierte Gouverneur. Sorgen über Schwarzenegger machen sich unterdessen die Mexikaner in Kalifornien.Dem Team gehören unter anderem Ex-Außenmister George Shultz, San Franciscos liberaler Bürgermeister Willie Brown, der frühere kalifornische Gouverneur Pete Wilson und Filmregisseur Ivan Reitman an. Er wolle sich von den "Besten und Klügsten" beraten lassen, um die Probleme im Krisenstaat Kalifornien zu lösen, sagte der Hollywood-Star am Donnerstag in Los Angeles. Schwarzenegger erwartet von dem Übergangs-Team Vorschläge für die Besetzung wichtiger Regierungsposten. Als Finanzexpertin berief er Donna Arduin, die zuvor unter Gouverneur Jeb Bush in Florida tätig war, in seinen Stab. Sie soll die Höhe des Haushaltsdefizits ermitteln. "Als erstes müssen wir die Bücher prüfen", sagte Schwarzenegger. Erst dann werde er konkrete Sparmaßnahmen benennen. Bis Anfang Januar muss die neue Regierung einen Wirtschaftsplan vorlegen. Das Defizit im kommenden Haushaltsjahr wird auf mindestens 8 Milliarden Dollar geschätzt. Schwarzenegger, der am Dienstag mit großer Stimmenmehrheit zum Gouverneur des bevölkerungsreichsten US-Staates gewählt wurde, wird den noch amtierenden Demokraten Gray Davis spätestens Mitte November ablösen. Bei der Wahl, die auf Grund eines Volksbegehrens elf Monate nach der letzten Gouverneurswahl stattfand, stimmten rund 55 Prozent für die Abwahl von Davis. Ihm wurde die schwere Wirtschaftskrise und das riesige Haushaltsdefizit angelastet.

Münsteraner Soziologe in Seoul von Geheimdienst verhört

Wegen verbotener Nordkorea-KontakteMünsteraner Soziologe in Seoul von Geheimdienst verhört

Seoul (rpo). Der Münsteraner Soziologie-Professor Song Doo Yul kehrte das erste Mal seit 37 Jahren in seine Heimat Südkorea zurück und erlebte gleich einen Albtraum. Wegen angeblicher Nordkorea-Kontakte wurde er direkt vom Geheimdienst in Empfang genommen und tagelang verhört. Jetzt wird er an der Ausreise gehindert.Einer Einladung der Korea-Stiftung für Demokratie folgend war der frühere Aktivist gegen die Militärdiktatur Südkoreas am 22. September mit hohen Erwartungen und dem Wunsch nach Versöhnung nach Seoul gereist. Der Wahldeutsche koreanischer Herkunft plante, außer Vorträge zu halten, auch akademische Ehrungen entgegenzunehmen. Doch Ermittlungen gegen den 59-jährigen Wissenschaftler wegen seiner früheren Kontakte zum kommunistischen Nordkorea haben diese Pläne und Wünsche in den Hintergrund gedrängt. Jetzt droht Song ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen Südkoreas umstrittenes staatliches Sicherheitsgesetz, das jeden ungenehmigten Kontakt mit Nordkorea unter Strafe stellt. Auch könnte Song ausgewiesen werden, der 1967 zum Studium nach Deutschland gekommen war und im August 1993 eingebürgert wurde. Seoul will jedoch bei seinem Vorgehen möglichst diplomatische Verwicklungen mit Berlin vermeiden. Kurz nach seiner Ankunft hatte sich Song drei Tage lang den Fragen des Geheimdienstes gestellt. Diese Verhöre zogen sich bis zu 15 Stunden ohne Unterbrechung hin. Trotz einer Vereinbarung sei die Anwesenheit seines Anwaltes verweigert worden, hält Song in einer selbst verfassten Chronologie der Ereignisse fest. Seit dem 3. Oktober wird er nun von der Staatsanwaltschaft in Seoul vernommen. An der Ausreise wird Song gehindert. Der Geheimdienst vermutet in dem 1944 in Tokio geborenen und in Korea aufgewachsenen Song einen Agenten Pjöngjangs. Song soll unter dem Namen Kim Chol Su Mitglied des Politbüros der Arbeiterpartei Nordkoreas und Nummer 23 des Machtapparates gewesen sein. Auch wird ihm vorgeworfen, einen Südkoreaner nach Nordkorea gelockt und von seinen Reisen nach Pjöngjang hohe Geldbeträge zur eigenen Verwendung angenommen zu haben. Song bestreitet die Vorwürfe. So sei er niemals von Nordkorea über seine Politbüro-Mitgliedschaft informiert worden. Er gab zwar zu, in den 70er Jahren die Mitgliedschaft der Arbeiterpartei erworben zu haben. Die Zugehörigkeit sei jedoch nur formell gewesen, weil er ohne sie nicht hätte einreisen dürfen. Song bestreitet auch nicht, mehrmals in Nordkorea gewesen zu sein und Geld erhalten zu haben, doch habe dies wissenschaftliche Gründe gehabt. Das Geld sei für Korea-Studien in Deutschland verwendet worden. Gegen den Geheimdienst erhebt Song schwere Vorwürfe, die von der Verdrehung von Fakten bis zu "menschenrechtsverletzenden Methoden" beim Verhör gehen. Am "Fall Song" hat sich in Südkorea längst ein ideologischer Streit entzündet, der zwischen den politischen Parteien, zwischen liberalen und konservativen Lagern ausgefochten wird. Die Öffentlichkeit nimmt dabei mit regem Interesse Anteil. Für die einen ist Song ein pro-nordkoreanischer Aktivist, für die anderen ein prominenter Vorreiter für die Demokratiebewegung in seinem Land und ein Wegbereiter für die innerkoreanische Aussöhnung. Die konservative oppositionelle Große Nationalpartei (GNP), die die Mehrheit im Parlament hat, fordert für Song eine harte Bestrafung. Die regierungsnahe Demokratische Millenniumspartei (MDP) verlangt, dass die "anachronistischen ideologischen Behauptungen" sofort aufhören. Song selbst sieht sich als Opfer und "Spielball innenpolitischer Machtkämpfe". "Für mich und meine Familie ist diese Situation unerträglich, weil eine Anklage mit Verhaftung und eventueller Gefängnisstrafe auf Grund des staatlichen Sicherheitsgesetzes trotz meiner deutschen Staatsbürgerschaft droht."

Koizumi löst japanisches Unterhaus auf

Neuwahlen am 9. NovemberKoizumi löst japanisches Unterhaus auf

Tokio (rpo). Die Japaner werden am 9. November zu den Wahlurnen gerufen, weil Nippons Regierungschef Junichiro Koizumi am Freitag das Unterhaus des Parlaments aufgelöst hat.Die bereits seit Wochen erwartete Entscheidung wurde den Abgeordneten noch am Nachmittag offiziell verkündet. Von den Neuwahlen verspricht sich Koizumi eine Stärkung seiner liberaldemokratischen Partei (LDP). Im September war Koizumi für weitere drei Jahre als Parteichef bestätigt worden. Die von ihm gebildete Drei-Parteien-Koalition stellt in dem 480 Sitze umfassenden Unterhaus bislang nur eine knappe Mehrheit von 244 Abgeordneten. Die größte Oppositionspartei, die Demokratische Partei Japans, hat 137 Sitze.

Struck rechnet nicht mit Abschaffung der Wehrpflicht

Mit Rumsfeld US-Stationierung in Deutschland erörtertStruck rechnet nicht mit Abschaffung der Wehrpflicht

Osnabrück (rpo). In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" zeigte sich Bundesverteidigungsminister Peter Struck überzeugt, dass nicht mit einer Abschaffung der Wehrpflicht zu rechnen sei. Mit seinem US-Kollegen Donald Rumsfeld erörterte Struck die Stationierung der US-Soldaten in Deutschland.In dem Interview sagte der SPD-Politiker zu den Forderungen der Grünen nach deren Abschaffung: "Ich spekuliere nicht darüber. Ich will, dass sie beibehalten wird und ich rechne auch nicht damit, dass sie in absehbarer Zeit fällt." Struck räumte jedoch ein, dass mit der von ihm in Auftrag gegebenen Reduzierung der Truppe auf maximal 250.000 Soldaten auch deutliche Einschränkungen bei der Zahl der Wehrpflichtigen verbunden seien. "Wir planen die Truppe bis zum Jahr 2010. Im Jahr 2010 werden wir weniger Wehrpflichtige einziehen als wir könnten", zitierte das Blatt den Verteidigungsminister. Zur denkbaren Größenordnung der Zahl der Wehrpflichtigen könne man derzeit noch nichts sagen. Aber die jetzt in Auftrag gegebene Verkleinerung der Truppe sei für ihn dann auch der vorläufige Endpunkt. Struck sagte laut "Leipziger Volkszeitung" ferner, dass er mit der bevorstehenden Schließung vieler Kasernen "keinerlei Garantie für irgendeinen Bundeswehrstandort in Deutschland" mehr abgeben könne. Er wies allerdings darauf hin, dass in Ostdeutschland besonders moderne Standorte geschaffen worden seien. "In den neuen Ländern ist aber in den vergangenen Jahren besonders viel in erneuerte Standorte investiert worden. Es macht keinen Sinn, das schon wieder aufzugeben", zitierte das Blatt den Minister. Er werde Ende 2004 ein Standort-Konzept vorlegen, das sich nur an zwei Kriterien orientiere: "Was ist militärisch an welcher Stelle notwendig? Was ist betriebswirtschaftlich erforderlich?" Struck und Rumsfeld erörtern US-Stationierung in DeutschlandStruck hat am Donnerstag mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld über die Stationierung der US-Truppen in Deutschland gesprochen. Das Treffen fand am Rande der Tagung der NATO- Verteidigungsminister in Colorado Springs (US-Bundesstaat Colorado) statt. Einzelheiten zu dem Gespräch wollte Struck in Anschluss nicht nennen. Es gebe noch keine Ergebnisse, erklärte sein Sprecher. Im Zuge des Streits zwischen Berlin und Washington über den Irak- Krieg war in den vergangenen Monaten auch immer wieder über eine mögliche Reduzierung der in Deutschland stationierten US-Truppen spekuliert worden. Wie es hieß, werde in Washington überlegt, Truppen aus Deutschland in neue NATO-Mitgliedsländer wie Polen oder Tschechien zu verlegen. Die US-Regierung hatte stets dementiert, Truppen wegen der deutschen Haltung zum Irak-Krieg abzuziehen. Allerdings werde die Stationierung der Streitkräfte aus strategischer Sicht überprüft, hieß es. Insgesamt sind in Deutschland rund 70.000 US-Soldaten stationiert.

Israelische Armee auf Tunnelsuche

Starle Verbände rücken ins Flüchtlingscamp Rafah einIsraelische Armee auf Tunnelsuche

Jerusalem (rpo). Um Tunnel zu zerstören, durch die Waffen in die Palästinensergebiete geschmuggelt werden sollen, ist die israelische Armee am frühen Freitagmorgen mit starken Verbänden in das Flüchtlingscamp Rafah im Gazastreifen eingerückt.Das berichtet die israelische Tageszeitung "Haaretz" unter Berufung auf Militärkreise. Rafah liegt an der Grenze zu Ägypten. Bewaffnete Palästinenser hätten das Feuer auf die Soldaten eröffnet. Nach palästinensischen Angaben wurde bei Feuergefechten eine Frau von israelischen Soldaten getötet, 19 weitere Menschen wurden verletzt. Zudem hätten israelische Truppen drei Wohnhäuser zerstört. Wie "Haaretz" unter Berufung auf Militärkreise berichtet, gebe es Geheimdienstinformationen, wonach die Palästinenser erstmals versuchen würden, panzerbrechende Raketen und mobile Luftabwehrraketen einzuschmuggeln, darunter auch so genante Stinger- Rakten, die von der Schulter aus auf Flugzeuge abgeschossen werden. Solche Waffen wurden bislang nicht von den Palästinensern eingesetzt. Augenzeugen in Rafah berichteten, dass die Truppen mit vielen Panzern und anderen gepanzerten Fahrzeugen aus zwei Richtungen in das Flüchtlingslager vorgerückt seien. Drei Häuser in der Nähe der Grenze seien von den Soldaten zerstört worden. Außerdem seien Explosionen zu hören gewesen. Die israelischen Soldaten seien von Spezialeinheiten und Hunden, die zum Aufspüren versteckter Tunnel ausgebildet seien, begleitet worden.