Alle Politik-Artikel vom 11. Oktober 2003
Döring will Gerhardt als Bundespräsidenten

Westerwelle: Diskussion törichtDöring will Gerhardt als Bundespräsidenten

Frankfurt/Berlin (rpo). In die Diskussion um die Nachfolge von Bundespräsident Johannes Rau hat FDP-Vize Walter Döring einen neuen Namen eingebracht - und damit seinen Partei-Chef verärgert.Döring schlägt Fraktionschef Wolfgang Gerhardt als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl im Mai vor. "Der nächste Bundespräsident muss ein Liberaler sein", sagte er der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". "Der beste Mann für das höchste Staatsamt ist Wolfgang Gerhardt..." Nach Informationen der Zeitung bemüht sich der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle bereits bei der Unionsführung um Zustimmung für einen Kandidaten seiner Partei. Westerwelle wollte dies am Samstagabend weder bestätigen noch dementieren. Döring sagte, Gerhardt sei allseits als "integre Persönlichkeit" und "überzeugender Redner" geschätzt. Zudem habe er als früherer hessischer Wissenschaftsminister bereits Regierungserfahrung. Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff plädierte ebenfalls dafür, einen FDP-Kandidaten aufzustellen. Einen Namen nannte er aber nicht. Westerwelle erklärte: "Ob die FDP eine Kandidatur aus einer anderen Partei unterstützen wird, oder ob sie mit einer eigenen Kandidatur in die Bundesversammlung geht, ist noch völlig offen und steht derzeit auch nicht zur Entscheidung an." Zudem kritisierte er die Diskussion um die Nachfolge von Amtsinhaber Johannes Rau. "Das törichte öffentliche Gerede schadet dem Amt, dem Ansehen der FDP und hilft keinem Genannten." Westerwelle hatte sich vor zwei Wochen mit CDU-Chefin Angela Merkel unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen, um über die Präsidentenfrage zu diskutieren.

Über 40 Taliban-Kämpfer ausgebrochen

Unter den Flüchtlingen sind auch KommandeureÜber 40 Taliban-Kämpfer ausgebrochen

Kandahar (rpo). Erneuter Rückschlag im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Im Süden Afghanistans sind mehr als 40 Kämpfer der Taliban, darunter auch mehrere Kommandeure der Islamisten, aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausgebrochen. Sie hätten einen Tunnel gegraben, um aus dem Gefängnis in Kandahar zu entkommen, berichteten Vertreter der Provinzregierung am Samstag. Der Ausbruch vom Freitagabend wurde erst einen Tag später bemerkt. Unter den Geflohenen ist auch der Bruder des früheren Verteidigungsministers der Taliban, Mullah Ubaidullah, wie der Gouverneur von Kandahar, Jusaf Paschtun, sagte. Es sei eine Großfahndung nach den Geflohenen eingeleitet worden. Wie andere Regierungsvertreter sagten, werden auch fünf Wachleute vermisst, die offenbar mit den Geflohenen verschwunden sind. Ihre Rolle werde noch untersucht. Die Taliban hatten im vergangenen Monat einen neun Meter langen Tunnel gegraben. Wie es hieß, flohen 41 von 50 inhaftierten Taliban. Die Geflohenen waren in den vergangenen Monaten nach Gefechten zwischen afghanischen Truppen und Aufständischen gefangen genommen worden.

Unionsstreit über Steuerreform

Merz will fünf Milliarden EntlastungUnionsstreit über Steuerreform

Berlin (rpo). Die Unionsführung streitet um das von Rot-Grün verlangte Vorziehen der Steuerreform. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist klar dagegen, CSU- Chef Edmund Stoiber (CSU) will dem Projekt noch eine Chance geben, sofern die Zusatzentlastung von 15,6 Milliarden nur zu höchstens 25 Prozent mit neuen Schulden bezahlt wird. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) begann laut "Spiegel" mit seinem Bremer SPD-Amtskollegen Henning Scherf (SPD) Vorverhandlungen über Kompromiss. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Friedrich Merz, teilte indessen weitere Einzelheiten seiner Pläne einer großen Steuerreform mit. Unter dem Strich sollen die Steuerzahler zu einem späteren Zeitpunkt netto um 5 Milliarden Euro entlastet werden. Ein Stufentarif mit nur noch drei Steuersätzen (12/24/36 Prozent) soll zu Bruttoentlastungen von 40 Milliarden führen. Ihnen stünden laut "Spiegel" 35 Milliarden gegenüber, die sich der Fiskus nach den Merz- Plänen durch das Streichen von Vergünstigungen wiederholen soll. Dazu erklärte der CDU-Politiker: "Viele Bezieher hoher Einkommen werden dann auch wirklich den Spitzensteuersatz bezahlen müssen, weil sie sich vor dem Fiskus nicht mehr arm rechnen können." Die FDP hat einen ähnlichen Vorstoß angekündigt, die CSU will dagegen aus Gründen der Gerechtigkeit am allmählich steigenden Steuertarif festhalten, ihn aber senken und das Steuerrecht ebenfalls vereinfachen. Nach dem vertraulichen Gespräch zwischen von Beust und Scherf würden durch ein nur teilweises Vorziehen der Steuerreform-Stufe 2005 auf 2004 die Steuersätze für mittlere und kleine Einkommen sinken, heißt es im "Spiegel". Der Spitzensteuersatz bliebe dagegen hoch. Dies führte zu Steuerausfällen von lediglich 8 statt knapp 16 Milliarden Euro. Die von Bund und Ländern geplante Neuverschuldung könnte erheblich gesenkt werden. Dieser Vorschlag von Beusts war bereits in der SPD-Bundestagsfraktion begrüßt worden. Koch gegen Vorziehen der ReformKoch lehnte dagegen im Gespräch mit der "Bild am Sonntag" ein Vorziehen der Reform insgesamt ab: Es sei überhaupt keine seriöse Gegenfinanzierung in Sicht. Koch räumte ein, dass zur Feststellung des Finanzspielraums zunächst die Steuerschätzung am 5. und 6. November abzuwarten sei. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) verteidigte das Vorziehen der Steuerreform ohne vollständige Gegenfinanzierung: In einer Phase der Stagnation dürfe man dem Wirtschaftskreislauf nicht noch Geld entziehen, sagte Eichel beim Parteitag der hessischen SPD in Baunatal: "Das ist der ganze Sinn." Im Gegensatz zu Koch erklärte Stoiber in der "Welt am Sonntag": "Trotz der neuen Probleme durch sinkende Steuereinnahmen, die die Schätzung vom November bestätigen wird, wollen wir ein Vorziehen der Steuerreform ermöglichen." Allerdings dürfe die Bundesregierung diese Steuersenkung nicht zu mehr als 25 Prozent über Schulden finanzieren.

Ab 2005 zahlen 1,5 Millionen Rentner Steuern

"Spiegel": Entwurf des FinanzministeriumsAb 2005 zahlen 1,5 Millionen Rentner Steuern

Berlin (rpo). Ab dem Jahr 2005 werden weitere rund 1,5 Millionen Rentner zur Steuerkasse gebeten. Zurzeit zahlen lediglich etwa 2,5 Millionen der insgesamt 19 Millionen Rentenbezieher Steuern, meldet der "Spiegel". Das sehe ein bislang unveröffentlichter Entwurf des Finanzministeriums für das Gesetz zur vollständigen Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung der Rente vor, meldete das Nachrichtenmagazin "Spiegel" am Samstag vorab. Mit dem Projekt setzt Finanzminister Hans Eichel ein Verfassungsgerichtsurteil um. Die Karlsruher Richter hatten die Regierung verpflichtet, bis spätestens 2005 die nachgelagerte Besteuerung einzuführen. Dabei werden - anders als heute - die Renten generell besteuert. Dafür dürfen private Aufwendungen für die Altersvorsorge steuermindernd geltend gemacht werden. Das Prinzip war schon mit der Riester-Rente eingeführt worden. Eichel will das Urteil schrittweise umsetzen, wie der "Spiegel" berichtete. Der Gesetzentwurf basiere auf Empfehlungen einer Expertenrunde unter Leitung des Sozialwissenschaftlers Bert Rürup. 2005 sollten die Altersbezüge aller Rentner zur Hälfte steuerpflichtig werden. "Viele Rentner werden aber auch dann nichts ans Finanzamt zahlen müssen, weil ihre Einkünfte unterhalb des steuerfreien Existenzminimums liegen", hieß es. Bis 2020 steige der steuerpflichtige Anteil für jeden neuen Rentnerjahrgang jährlich um zwei Prozentpunkte, danach um einen Prozentpunkt. Ab 2020 80 Prozent der Rente versteuern Neurentner im Jahr 2020 müssten also 80 Prozent ihrer Altersbezüge versteuern, rechnete der "Spiegel" vor. Von 2040 an solle die gesamte Rente steuerpflichtig sein. Für den Staat sei die Maßnahme dennoch ein Zuschussgeschäft, weil die Steuerersparnisse der noch arbeitenden Bevölkerung größer seien als die Steuerzahlungen der Rentner. Denn im Gegenzug zur Rentenbesteuerung wolle die Bundesregierung von 2005 an 60 Prozent der Vorsorgeaufwendungen von der Steuer freistellen. Dieser Anteil steige jedes Jahr um zwei Prozentpunkte. Ab 2025 dürften die Eigenleistungen ganz von der Steuer abgezogen werden. Dadurch summierten sich die Ausfälle für den Fiskus auf rund acht Milliarden Euro.

Steuereinnahmen um eine Milliarde Euro gestiegen

Dennoch klar unter den Erwartungen für das GesamtjahrSteuereinnahmen um eine Milliarde Euro gestiegen

Berlin (rpo). Bundesfinanzminister Hans Eichel hat plötzlich eine Milliarde Euro mehr in der Kasse. Grund: Die Steuereinnahmen von Bund und Ländern in Deutschland sind im September im Vergleich zum Vorjahr überraschend stark gestiegen. Das Plus reicht aber nicht aus, die Mindereinkünfte der Vormonate auszugleichen, so dass Finanzminister Hans Eichel bei der Steuerschätzung im November erneut mit einer Hiobsbotschaft rechnen muss. Das Finanzministerium bestätigte am Samstag einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung", wonach vor allem bei der Körperschaftsteuer enorme Zuwächse zu verzeichnen waren. Den Angaben zufolge fielen die Steuereinnahmen im September insgesamt um 2,8 Prozent höher aus als im Vorjahresmonat. Die Steuereinkünfte der ersten drei Quartale lagen mit 0,3 Prozent im Plus. Weil die Steuerschätzer aber im Mai für das Gesamtjahr einen Zuwachs von 2,3 Milliarden Euro prognostiziert hatten, könnten nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" in der Staatskasse bis zu neun Milliarden Euro fehlen. Im Finanzministerium war mit Blick auf die September-Zahlen von einer erfreulichen Entwicklung die Rede. Der September gehört zu den wichtigsten "Steuermonaten", der Rückschlüsse auf das gesamte Jahr zulässt. Die Steuern, die allein den Ländern zustehen, kletterten um 5,5 Prozent. Bei der Körperschaftsteuer, die von den großen Unternehmen entrichtet wird und die nach In-Kraft-Treten der Steuerreform Anfang 2001 extrem eingebrochen war, gab es einen rasanten Anstieg. Den Angaben zufolge flossen im September drei Milliarden Euro. Das Plus gegenüber dem Vorjahresmonat lag bei 16,3 Prozent. Vor allem Banken und Versicherungen hätten den Finanzämtern überraschend hohe Beträge überwiesen, schrieb die "Süddeutsche Zeitung".

Der "Gouvernator" ist ein "schlechter Scherz"

Susan Sontag distanziert sich von WalserDer "Gouvernator" ist ein "schlechter Scherz"

Frankfurt/Main (rpo). Die amerikanische Autorin Susan Sontag hat das Ende klassischer Politik beklagt. Die Autorin bezeichnete die Schwarzenegger-Wahl als "schlechten Scherz". "Wir leben in einer postpolitischen Zeit", sagte die Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels am Samstag in Frankfurt am Main, und nannte als Beispiel die Wahl Arnold Schwarzeneggers zum Gouverneur von Kalifornien. US-Präsident George W. Bush bezeichnete sie als extremen Rechten, der die US-Außenpolitik radikal verändert habe. Außerdem distanzierte sich Sontag vom deutschen Schriftsteller Martin Walter wegen dessen Äußerungen über den Holocaust. Schwarzenegger sei nicht intelligent, er sei aus dem Nichts aufgetaucht, habe diese unglaubliche Karriere gemacht und sei sehr ehrgeizig, sagte Sontag. Zugleich verbinde man mit dem "Terminator", anders als bei Ronald Reagan, der nur sympathische Figuren gespielt habe, Gewalt. Die Kalifornier hätten ihn aus Bewunderung gewählt und weil sie sich mit ihm identifizieren könnten. "Das hat mit Politik nichts zu tun", sagte Sontag, die als zweites Beispiel Silvio Berlusconi nannte. Schwarzenegger sagte sie Scheitern voraus, weil er die wirtschaftlichen Probleme nicht in den Griff bekommen werde. Was die politische Entwicklung in den USA angeht, zeigte sie sich pessimistisch. Sie glaube nicht, dass es fundamentale Veränderungen geben werde, sagte sie. Es fehle eine wirkliche Oppositionspartei. Die Demokraten seien zu einem Ableger der Republikanischen Partei geworden, kritisierte sie. Hillary Clinton räumte sie keine realistischen Chancen ein, zur US-Präsidentin gewählt zu werden. "Die US-Regierung hat den 11. September als Möglichkeit gesehen, die Spielregeln zu verändern", sagte Sontag. Schätzungsweise 30 bis 40 Prozent seien mit der radikalen Veränderung der Außenpolitik nicht einverstanden, auf die Kritik spiegele sich nicht auf politischer Ebene wider. Die Leute gingen einfach nicht zur Wahl. In den USA sei möglicherweise das Ende der Republik gekommen und der Beginn eines Imperiums. "Clinton war Julius Caesar, und dieser furchtbare Herr aus Texas ist vielleicht Augustus." Sie würde ein stärkeres Europa begrüßen, sagte Sontag, die sich selbst als europhil bezeichnete. Eine gemeinsame europäische Außenpolitik hätte vielleicht den Krieg in Bosnien verhindern können, und "die Schaffung einer europäischen Armee ist meiner Ansicht nach eine Notwendigkeit". Das alles werde kommen, aber es werde ein langwieriger Prozess sein, bis ein Gegengewicht zum US-Imperium aufgebaut sei. Ein solches sei absolut nötig, damit die Amerikaner lernten, dass sie in einer multilateralen Welt lebten. Auf Distanz zu WalserSontag distanzierte sich von Martin Walsers Äußerungen bei der Verleihung des Friedenspreises 1998: Der damalige Preisträger hatte die immer wiederkehrende Thematisierung des Holocausts als "Moralkeule" bezeichnet. Walser denke offenbar, es müsse jetzt Schluss sein mit der Vergangenheitsbewältigung. "Damit stimme ich überhaupt nicht überein." Walser sei der Ansicht, man könne jetzt zur Normalität übergehen. "Das Großartige an Deutschland ist, dass es eben kein normales Land ist." Sie sehe den Preis nicht als politisches Signal, erklärte die 70-Jährige. "Ich bin unbescheiden genug zu glauben, dass ich wenn ich nichts über Bush gesagt hätte, den Preis bekommen hätte." Sie verstehe sich als Schriftstellerin, nicht als Kritikerin oder Intellektuelle. Aber sie sei auch ein Mensch, eine Bürgerin ihres Staates und weine Weltbürgerin. Als solche habe sie eine moralische Norm, wie sie leben und schreiben wolle. "Ich versuche einfach die Wahrheit zu sagen und die Dinge hier und da etwas zu verbessern."

SPD-Reformstreit: Zuckerbrot und Peitsche

Clement verspricht NachbesserungenSPD-Reformstreit: Zuckerbrot und Peitsche

Berlin (rpo). Die koalitionsinternen Verhandlungen über die umstrittenen Arbeitsmarktreformen gehen in die entscheidende Phase. Während Arbeitsminister Nachbesserungen in Aussicht stellt, hat Fraktionschef Müntefering Abweichlern wieder gedroht. Eine Einigung scheint möglich.Arbeitsminister Wolfgang Clement signalisierte Entgegenkommen und kündigte Änderungen an. Auch Kritiker bei SPD und Grünen setzten am Samstag auf eine Einigung, äußerten aber Bedenken wegen des Zeitdrucks. So sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele der "Braunschweiger Zeitung": "Es sind Kompromisse möglich. Aber das Zeitfenster wird jetzt eng." Über die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Hartz III und IV) stimmt der Bundestag kommenden Freitag ab. Am Montag soll ein Koalitionsgipfel Kompromisslinien festlegen, gefolgt von Sondersitzungen der SPD- und der Grünen-Fraktion. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering redete den Kritikern nochmals warnend ins Gewissen. Ohne eigene rot-grüne Mehrheit gäbe es auch "schlichtweg keine Mehrheit für das Gesetz", und das wäre dann "eine höchst schwierige Situation", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Nach mehrstündigen Beratungen der Fraktionsexperten am Freitag zeigte er sich aber zuversichtlich. Clement sagte "Focus" zufolge: "Es wird etliche Veränderungen geben, die aber nicht an den Grundlagen unserer Reformen rütteln werden." So könne man "im Gesetz noch etwas deutlicher formulieren", dass es keine Unterstützungspflicht für Eltern und Kinder von erwachsenen Arbeitslosenhilfeempfängern gebe. Auch über die Zumutbarkeit von Arbeitsangeboten sei er "gern bereit zu diskutieren, aber mit möglichst klarem Blick". Der SPD-Politiker fügte hinzu: "Natürlich wird kein Professor zum Würstchenverkäufer gemacht." "Gemeinsame Basis hat Priorität" Für Langzeitarbeitslose soll Berichten zufolge auch die Annahme von Minijobs zumutbar sein; um Lohndumping zu vermeiden, muss allerdings der Stundenlohn dem ortsüblichen Niveau entsprechen. Änderungen waren auch dabei gefordert worden, wie weit ältere Arbeitslose ihr Erspartes aufzehren müssen, bevor sie Unterstützung bekommen. "Ich hoffe sehr, dass wir zu Beginn der Woche zu Entscheidungen kommen, die ein Scheitern ausschließen", sagte der SPD-Linke Ottmar Schreiner laut "Berliner Zeitung". Der Wortführer der Kritiker verlangte aber noch Korrekturen der Zumutbarkeitsregelung. Er gehe mit großer Anspannung in die bevorstehende Woche, denn er wolle weder einen Regierungswechsel, noch könne er den Entwürfen in ihrer derzeitigen Form zustimmen, sagte er im Saarländischen Rundfunk. Seine Fraktionskollegin Sigrid Skarpelis-Sperk äußerte in der "Berliner Zeitung" die Hoffnung auf ein positives Ergebnis. "Priorität hat, dass wir eine gemeinsame Basis finden", betonte der ebenfalls zu den SPD-Kritikern zählende Horst Schmidbauer. Im gleichen Blatt signalisierte auch der Abgeordnete Klaus Barthels Kompromissbereitschaft: "Meine Hoffnungen auf eine Einigung erhöhen sich tagtäglich." In der "Braunschweiger Zeitung" betonte er allerdings, der Reformstreit "spitzt sich jetzt zeitlich zu". Er halte es nicht mehr für vorstellbar, bereits am Montag ein abschließendes Urteil zu fällen, meinte er dem Blatt zufolge. "Die Reform ist im Moment noch nicht zustimmungsfähig", wurde auch der Grünen-Abgeordnete Werner Schulz zitiert. Die bisherigen Nachbesserungsankündigungen reichten nicht.

Erneut Sabotageakt im Irak

Vier Festnahmen bei drei Razzien in TikritErneut Sabotageakt im Irak

Tikrit (rpo). Schon wieder haben Unbekannte im Irak eine Ölleitung zum Ziel eines Anschalgs gemacht. Mitarbeiter der amerikanischen North Oil Company sind fassungslos. Indes wurden bei einer Razzia am Samstag vier Verdächtige verhaftet.Nahe der Heimatstadt von Saddam Hussein haben US-Truppen mutmaßliche Mitglieder der Elitetruppe des gestürzten irakischen Staatschefs festgenommen. Die US-Soldaten stürmten am Samstag drei Häuser in der Umgebung von Tikrit und nahmen insgesamt vier Verdächtige fest. Sie fanden außerdem mehrere Sturmgewehre und Uniformen. VerhöreIn Tikrit verhörten die Truppen einen Festgenommenen, der nach Angaben eines US-Kommandeurs zu den Sicherheitskräften Saddam Husseins gehörte. Oberstleutnant Steve Russell zeigte sich zufrieden mit der Operation. Der Verdächtige sei wahrscheinlich von großem Wert für die Ermittler. "Wir werfen ein großes Netz aus", sagte Russell. "Manchmal fangen wir einen Delfin und manchmal einen Hai." Auch einem weiteren Festgenommenen wurde vorgeworfen, Verbindungen zu den Sicherheitskräften Saddam Husseins gehabt zu haben. Nahe Bakuba nahmen US-Truppen sieben mutmaßliche Aufständische fest und stellten 50 Sturmgewehre vom Typ Kalaschnikow sicher. Die Soldaten durchsuchten fünf mutmaßliche Ausbildungslager für Terroristen, wie Militärsprecher Andrew Morgato erklärte. Wieder eine ÖlpipelineIm Nordosten des Landes wurde wieder eine Ölpipeline Ziel eines Anschlags. Nach einer Explosion an der Pipeline westlich von Kirkuk am späten Freitagabend brach ein Feuer aus, das erst am Samstag gelöscht werden konnte, wie die Feuerwehr mitteilte. Die Leitung, durch die Öl von Sab nach Kirkuk floss, wurde auf einer Länge von 100 Metern beschädigt. Die Flammen seien nach der Explosion 40 Meter hoch geschossen, hieß es. Ein Mitarbeiter der amerikanischen North Oil Company sagte, es habe sich um einen Anschlag gehandelt. Auf die Ölleitungen in der Region wurden schon mehrfach Anschläge verübt. Der amerikanische Zivilverwalter Paul Bremer sagte, wegen der Schließung der Export-Pipeline in die Türkei gingen Irak täglich sieben Millionen Dollar verloren. Die Leitung war nach drei Bombenanschlägen im September geschlossen worden. OIC ablehnendDer irakische Verwaltungsrat bemühte sich bei einem Treffen der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) in Malaysia um Unterstützung. Er bekräftigte jedoch seine ablehnende Haltung gegenüber der Stationierung türkischer Truppen im Land. Die Türkei forderte dagegen die OIC-Mitglieder auf, nicht länger auf ein UN-Mandat zu warten und Irak sofort zu helfen.

Kassen-Kritik an Herzog-Modell: Versicherte werden gestraft

"Verheerende ökonomische Folgen"Kassen-Kritik an Herzog-Modell: Versicherte werden gestraft

Hamburg/Wuppertal (rpo). Die Herzog-Vorschläge zur künftigen Finanzierung der Krankenversicherung stoßen bei den großen Kassen auf Kritik. Vor allem junge Familien mit mittleren Einkommen "werden brutal gestraft", sagte ein DAK-Vorstandsmitglied. "Ein Prämienmodell löst weder die aktuellen Finanzprobleme der Gesetzlichen Krankversicherung noch die Probleme hinsichtlich der Qualität der medizinischen Versorgung", sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse (BEK), Eckart Fiedler, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Nach Ansicht von DAK-Vorstandsmitglied Herbert Rebscher hätte das vom CDU-Vorstand favorisierte Modell "verheerende ökonomische Folgen". Nach Fiedlers Auffassung entließe die Einführung einer so genannten Kopfpauschale die Arbeitgeber aus der Verantwortung für die Kosten des Gesundheitssystems. Rechne man die Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen hinzu, müsse ein Versicherter künftig rund zehn Prozent seines Einkommens für die Krankenversicherung ausgeben. "Das entspricht einer Steigerung des Beitragssatzes um über 25 Prozent." Dies treffe vor allem die sozial Schwächeren, da die Stärkeren in die Privatkassen fliehen könnten. In einem Ausgleich für Geringverdiener aus dem Steueraufkommen sieht Fiedler keine Lösung. Es sei völlig offen, wie das von der Kommission unter Leitung von Alt-Bundespräsident Roman Herzog errechnete Umverteilungsvolumen von mehr als 27 Milliarden Euro gegenfinanziert werden solle. "Wir reden dabei über eine Größenordnung, die einer Anhebung der Mehrwertsteuer um 3,5 Prozent entspricht", sagte der BEK-Chef. DAK-Vorstand Rebscher sagte: "Ich kann absolut nicht nachvollziehen, wie eine Partei wie die CDU, die sich die Stärkung der Familie auf die Fahnen geschrieben hat, so etwas beschließen kann." Die Kaufkraft gerade von jungen Familien würde enorm geschwächt. Derzeit bezahlt eine Familie mit zwei kleinen Kindern und einem Monatseinkommen von rund 3 500 Euro nach Angaben Rebschers etwa 210 Euro für die Krankenkasse. Nach Einführung der Kopfpauschale müssten beide Elternteile jeweils um die 260 Euro für die Krankenkasse bezahlen. Das wären mehr als 500 Euro. Den beschlossenen Kompromiss der Parteien zur aktuellen Gesundheitsreform sieht Rebscher dagegen grundsätzlich positiv. Zwar würden die Versicherten durch hohe Zuzahlungen belastet. "Doch bei der DAK gleicht die Beitragssenkung das mehr als aus", sagte er. Der Beitragssatz werde "deutlich unter 15 Prozent gesenkt". Zu erwartende Entlastungen der Kassen würden an die Versicherten weitergegeben.

SPD-Politiker soll mit Kinderpornos gehandelt haben

Schwere Vorwürfe gegen Ex-Schwuso-ChefSPD-Politiker soll mit Kinderpornos gehandelt haben

Bremen (rpo). Der zurückgetretene Bremer SPD-Abgeordnete und Ex-Vorsitzende der Schwulen und Lesben in der SPD, Michael Engelmann, soll nach Medienberichten nicht nur tausende von Kinderpornofotos auf seinem Rechner gespeichert haben, sondern auch damit gehandelt haben. Die Nachrichtenmagazine "Spiegel" und "Focus" berichteten am Samstag, Engelmann habe in einschlägigen Internet-Foren entsprechendes Material angeboten. Die Polizei kam dem Bürgerschaftsabgeordneten demnach über einen Internetnutzer aus Kiel auf die Spur. Engelmann war diese Woche von allen Ämtern zurückgetreten, nachdem ein Ermittlungsverfahren gegen ihn bekannt geworden war. Nach Informationen des "Spiegel" ist der Politiker möglicherweise auch erpresst worden. Die Polizei war ihm demnach auch über einen Hinweis aus dem niedersächsischen Oldenburg auf die Spur gekommen. Dort werde gegen einen angeblichen Kinderschutz-Verein ermittelt, der Teilnehmer an Sex-Foren ausfindig gemacht und erpresst haben soll. Engelmann erhielt demnach eine "Abmahnung", worin stand, dass man gegen Zahlung von 2.000 Euro darauf verzichte, Daten an die Polizei weiterzugeben. Ob der Politiker gezahlt habe, sei unklar, schrieb das Magazin weiter. Bei einer Hausdurchsuchung am Mittwoch hatte die Staatsanwaltschaft eigenen Angaben zufolge bei Engelmann eine Computer-Festplatte beschlagnahmt. Laut "Bild"-Zeitung (Samstagausgabe) wurden auf der Festplatte Tausende von eindeutigen Bildern gespeichert. Man gehe davon aus, dass Engelmann das Material an Gleichgesinnte weitergab, wurde ein Ermittler zitiert. Laut "Bild" sollen darunter auch so genannte Snuff-Videos sein, in denen Menschen zu Tode gefoltert werden. Hinweise im Internet gelöscht Engelmann gehörte der Bremer Bürgerschaft seit 1999 an. Seit November 2002 war er Bundesvorsitzender der Schwusos. Der "Bild"-Zeitung zufolge ist Engelmann auf der Flucht. Seine Internet-Seiten waren am Samstag alle abgestellt. Auch auf den Schwuso-Internet-Seiten waren alle Hinweise auf den Ex-Vorsitzenden verschwunden.

Powell mit "neuen Ideen" für Irak-Resolution

China fordert komplette ÜberarbeitungPowell mit "neuen Ideen" für Irak-Resolution

Washington/New York (rpo). Noch wird die US-Regierung im Ringen um die neue Irak-Resolution nicht aufgeben. Außenminister Colim Powell will nun im UN-Sicherheitsrat neue Ideen ins Spiel, um die Kritiker doch zum Einlenken zu bewegen.Außenminister Colin Powell sagte am Freitag in Washington, seine Beamten hätten "einige neue Ideen" entwickelt und er werde darüber am Wochenende mit den Außenministern einiger noch skeptischer Staaten sprechen. Der UN-Botschafter der Veto-Macht China, Wang Guangya, sagte unterdessen, sein Land könne nur bei einer komplett überarbeiteten Fassung für die Resolution stimmen. "Wenn die USA die Unterstützung von allen Sicherheitsratsmitgliedern haben wollen, müssen sie ihr ganzes Konzept ändern", sagte Wang. Sonst werde es für ihn schwierig, mit Ja zu stimmen. Die USA wollen mit der Resolution erreichen, dass sich mehr Staaten mit Truppen und Geld in Irak engagieren. Für eine Verabschiedung müssten neun der 15 Sicherheitsratsmitglieder mit Ja stimmen. Sollte der derzeitige Entwurf vorgelegt werden, kämen laut Wang kaum neun Ja-Stimmen zu Stande.Vielleicht am Montag aufgeben Auf die Frage, ob die USA ihre Bemühungen um eine Resolution angesichts des Widerstandes vielleicht doch bald aufgeben werden, sagte Powell halb im Spaß: "Noch denke ich nicht daran, aber vielleicht tue ich das Montag." Derzeit versuche Washington "zuzuhören, das Gesagte zu berücksichtigen und die Gemeinschaft zu einer gemeinsamen Resolution zu bringen". Neben China kritisieren auch Frankreich, Deutschland und UN-Generalsekretär Kofi Annan den Entwurf, weil er das militärische Oberkommando der USA in Irak festschreibt und darin kein Zeitplan für eine Übergabe der Regierungsgewalt an das irakische Volk vorgesehen ist. Nach Einschätzung von UN-Diplomaten würde die Zustimmung der Ratsmitglieder erheblich steigen, sollte ein Zeitrahmen für die Machtübergabe in den Entwurf aufgenommen werden. Die Besatzungsmächte USA und Großbritannien pochen jedoch darauf, dass zuerst eine Verfassung in Kraft treten und eine Wahl stattfinden müsse, bevor an die Übertragung der vollen Souveränität zu denken sei.

Korruptionsskandal: Südkoreas Kabinett bietet Rücktritt an

Präsident lehnt abKorruptionsskandal: Südkoreas Kabinett bietet Rücktritt an

Seoul (rpo). Regierungskrise in Südkorea: Das komplette Kabinett sowie Berater des Präsidenten boten ihren Rücktritt an. Präsident Roh Moo Hyun Roh lehnte ab. Offen blieb jedoch, ob er selbst aufgrund mehrerer Korruptionsskandale zurücktreten will. "Wenn ein Präsident in der Hälfte seiner Amtszeit geopfert wird und das der Stärkung der südkoreanischen Politik dient, dann ist dies ein größerer Schritt nach vorne, als wenn er im Amt bliebe", sagte er auf einer Pressekonferenz in Seoul. Der erst seit acht Monaten amtierende Präsident steht wegen mehrerer Korruptionsversuche unter Druck. Am Freitag hatte er angekündigt, das Volk womöglich um ein Vertrauensvotum zu bitten. Roh sagte, er wolle die Wähler zugleich um Entschuldigung bitten und um neues Vertrauen werben. Daraufhin bot das Kabinett seinen Rücktritt an, um die Verantwortung für die Korruptionsskandale auf sich zu nehmen. "Es ist ihre moralisches Recht und mutig von ihnen", sagte Roh über seine Minister. Doch für die Situation trage er die Verantwortung. Die Milleniumspartei sprach angesichts der Rücktrittsangebote von einer dummen Aktion, die die Sicherheit des Volkes gefährde.

Altkanzler Schmidt: Ostdeutsche Weinerlichkeit "zum Kotzen"

Rentner im Westen schlechter dranAltkanzler Schmidt: Ostdeutsche Weinerlichkeit "zum Kotzen"

Dresden (rpo). Es wird zu viel gejammert. Das ist zurzeit der Tenor vieler Poiltiker. Da stimmt auch Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD)ein. Er hat nun die "Weinerlichkeit" vieler Ostdeutscher kritisiert. Schmidt verwies darauf, dass die Renten im Osten real zum Teil höher seien als in Westdeutschland. "Trotzdem klagen viele über ihre Rente. Das finde ich zum Kotzen", sagte Schmidt der "Sächsischen Zeitung" (Samstag). "Wenn wir die Statistik ansehen, dann sind die Frauen in Ostdeutschland bei den Renten im Durchschnitt besser dran als die Frauen im Westen. Bei den Männern herrscht ungefähr Gleichstand."

Neue Rekordverschuldung in Sicht

Mehr als 40 Milliarden möglichNeue Rekordverschuldung in Sicht

München (rpo). Bundesfinanzminister Hans Eichel schließt einen neuen Rekordwert bei der Neuverschuldung offenbar nicht mehr aus. Das 40-Milliarden-Loch von 1996 könnte getoppt werden. Das Ministerium gehe in seiner Planung jetzt von 41,9 Milliarden Euro aus, berichtete das ZDF am Samstag nach der Aufzeichnung eines Interviews mit Eichel für die Sonntagssendung "Berlin direkt" unter Hinweis auf Regierungskreise. Damit wäre der bisher vom früheren Finanzminister Theo Waigel (CSU) 1996 gehaltene Minusrekord von umgerechnet rund 40 Milliarden Euro deutlich überschritten. Scharfe Kritik kam von der Opposition. Eichel sei "haushalts- und finanzpolitisch gescheitert", seine Tage seien gezählt, erklärte der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin. Rücktritt gefordertUnterdessen fordert fast die Hälfte der Bundesbürger den Rücktritt des Ministers, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Infratest dimap" im Auftrag von "Welt am Sonntag" ergab. Auf die Frage "sollte Finanzminister Eichel, der in diesem Jahr vermutlich eine Rekordverschuldung in der Nachkriegszeit aufnehmen muss, zurücktreten, oder sollte er das nicht?" plädierten 45 Prozent der Befragten dafür, 49 Prozent dagegen. Zugleich wird von Fachleuten der Koalition erwartet, dass Deutschland die 3-Prozent-Defizitgrenze der EU nicht nur - wie nach Brüssel gemeldet - mit 3,8 Prozent überschreiten wird, sondern noch deutlicher mit etwa 4 Prozent. Vom Erreichen dieser Marke geht der zuständige EU-Kommissar Pedro Solbes jetzt auch für 2004 aus. Hierfür hat Eichel in seinem Haushaltsentwurf bisher 28,8 Milliarden neue Schulden eingeplant. Für 2003 hatte der Bundestag zunächst 18,9 Milliarden Nettokreditaufnahme bewilligt. Bei anhaltend schwacher Konjunktur sprach Eichel in den letzten Wochen von 38 Milliarden. Einen Kabinettstermin für den Nachtragshaushalt 2003 gebe es noch nicht, sagte eine Ministeriumssprecherin auf dpa-Anfrage. Eichel selbst erklärte im ZDF: "Wir überschreiten die Marke, weil die wegbrechende Konjunktur uns die Einnahmen weggenommen hat und uns gleichzeitig gezwungen hat, viel mehr Geld für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung zu stellen", erklärte Eichel. Wenn wir in allen anderen Bereichen so lasch geblieben wären, wie ich es 1999 vorgefunden habe, hätten wir noch viel höhere Schulden." Dagegen erklärte Koppelin: "Der Sparkommissar hat sich selbst aufgelöst und ist zum Schuldenmacher der Nation geworden." Die Schulden wird die nächste Generation durch höhere Steuern bezahlen müssen. Dieser finanzpolitische Offenbarungseid wird dafür sorgen, dass die Tage von Hans Eichel gezählt sind. Der Finanzminister sollte zurücktreten."

Nobelpreis: Gemischte Reaktionen im Iran

Stunden nach der Bekanntgabe der Entscheidung in OsloNobelpreis: Gemischte Reaktionen im Iran

Teheran (rpo). Mit vorsichtigen Worten und mehrstündiger Verspätung hat die iranische Regierung der Regimekritikerin Schirin Ebadi zur Verleihung des Friedensnobelpreises gratuliert. Die Reaktionen in ihrer Heimat fielen eher gemischt aus."Wenn jemand den Preis verdient hätte, dann Staatspräsident (Mohammed) Chatami, denn er war die Haupttriebkraft hinter den Menschenrechtsaktivitäten in Iran", sagte Taleh Haschemi, der Verleger der konservativen Zeitung "Entechab". ErmutigungEin führender liberaler Dissident, Ebrahim Yazdi, meinte: "Ich beglückwünsche Frau Ebadi zu diesem Preis, der eine Ermutigung für jene ist, die für Demokratie und Menschenrechte in Iran kämpfen, und zugleich ein Warnsignal an jene, die den Einsatz von Gewalt vorziehen." Yazdi verglich die Preisverleihung an Ebadi mit den Preisen für den früheren Bundeskanzler Willy Brandt, die Vereinten Nationen und Mutter Teresa. Mit Blick auf den ständigen Kampf Präsident Chatamis mit dem konservativen Klerus meinte er: "Ich glaube, dass Chatami tief im Innern glücklich ist, wenn er das auch nicht zeigen darf." Chatami bleibt stillChatami hat bisher noch nicht reagiert. Aber sein Sprecher führte in einer sehr zurückhaltenden Erklärung die Preisverleihung mehr auf Irans reiche Kultur und Zivilisation denn auf die Verdienste von Schirin Ebadi zurück. Die iranischen Konservativen reagierten verärgert. Einer ihrer führenden Vertreter, Assadollah Badamchian, kritisierte den Preis als politisch motiviert und die Preisträgerin als von den USA unterstützt. Kritisiert wurde in diesen Kreisen auch der Auftritt Ebadis im Fernsehen ohne Tschador und Kopftuch. Die Regierung plant dennoch eine Willkommenszeremonie, wenn Ebadi zu einem noch nicht feststehenden Zeitpunkt nach Iran zurückkehrt. Kein Widerspruch Islam - MenschenrechteDas Nobelkomitee in Oslo hatte am Freitag den mutigen Einsatz der 56-jährigen Juristin für Demokratie und Menschenrechte gewürdigt. Ebadi hatte sich in den vergangenen Jahren besonders für die Rechte von Kindern und Frauen in Iran eingesetzt. Sie selbst unterstrich, dass der Preis nicht ihr allein gehöre, "sondern allen Personen, die für die Menschenrechte aktiv sind". Im ZDF-"heute-journal" sagte sie, dass sie als erste muslimische Frau den Friedensnobelpreis bekommen habe, sei wichtig, "weil es zeigt, dass das, was ich zum Ziel hatte, richtig ist: Zwischen den Menschenrechten und der islamischen Religion gibt es keinen Widerspruch. Wenn die Lage der Menschenrechte in den islamischen Ländern nicht gut ist, dann hängt das damit zusammen, dass hier der Islam falsch interpretiert wird". Auf einer nach der Bekanntgabe der Auszeichnung in Paris einberufenen Pressekonferenz hatte Ebadi zuvor bereits die rasche Freilassung "der vielen iranischen Häftlinge" gefordert, die in dem Land für Freiheit und Demokratie kämpfen. Gleichzeitig forderte sie die Regierung in Teheran auf, die Menschenrechte jetzt und in Zukunft einzuhalten. "Am wichtigsten ist dabei die Rede- und Meinungsfreiheit in Iran und dass diejenigen sofort freikommen, die wegen ihrer Meinung im Gefängnis sitzen", erläuterte sie.