Union: "Selbstbedienungs-Mentalität"Neue Flugaffäre? - Künast und Trittin orderten Flieger nach Brasilien
Berlin (rpo). Weil die Grünen-Minister Renate Künast und Jürgen Trittin für einen Kurztrip innerhalb Brasiliens extra eine Challenger-Maschine der Luftwaffe aus Deutschland geordert hatten, steht der Bundesregierung jetzt möglicherweise eine neue Flugaffäre ins Haus.Der Auftrag wurde erst gestoppt, als der Flieger bereits auf dem Weg war. Beide Ministerien beteuerten, die Richtlinien für die Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr seien strikt eingehalten worden. Die Union will Künast und Trittin vor den Haushaltsausschuss des Bundestags laden. Die Minister hatten ihre Brasilien-Reisen getrennt geplant und für die Anreise Linienflüge gebucht. Für Kurzreisen innerhalb des Landes beantragten beide nach Angaben ihrer Sprecher die Nutzung von einer der sechs Challenger-Maschinen, die von der Bundeswehr für Dienstreisen von Regierungsmitgliedern bereit gehalten werden.Reiseprogramm geändert - Maschine abbestelltDer Flieger startete am Donnerstagmorgen ohne Passagiere in Richtung Brasilien. Kurze Zeit später wurde der Auftrag von beiden Ministerien storniert, die Challenger kehrte unverrichteter Dinge zu ihrem Heimatflughafen Köln zurück. Am Montag berichtete der "Spiegel" darüber. Trittins Sprecherin Frauke Stamer begründete die kurzfristige Stornierung mit einer Änderung des Reiseprogramms in Brasilien. Ein von brasilianischer Seite gewünschter Ausflug ins Amazonasgebiet sei erst am Donnerstagmorgen gestrichen worden, weil die 16 Sitze in der Challenger nicht ausreichend für die 30-köpfige Delegation gewesen seien. Ein Linienflug sei wegen des logistischen Aufwands nicht in Frage gekommen. Ministerien: Stornierung nicht erst nach "Spiegel"-RecherchenDie Sprecherin Künasts, Katrin Ohse, argumentierte ähnlich. Die Anforderung bei der Bundeswehr sei zurückgezogen worden, nachdem das endgültige Reiseprogramm feststand. Beide Sprecherinnen bestritten, dass die Stornierungen mit der Recherche des "Spiegel" zusammenhingen. Das Nachrichtenmagazin habe sich zwar im Ministerium gemeldet, dies sei aber erst am Donnerstagmittag gewesen, sagte Stamer. Das Verteidigungsministerium wusste nach eigenen Angaben allerdings bereits vor der Stornierung des Challenger-Flugs von den journalistischen Nachforschungen. Ob die Ministerien für Verbraucherschutz und Umwelt darüber informiert wurden, konnte Sprecher Hannes Wendroth aber nicht sagen. Auch die Kosten des abgebrochenen Challenger-Flugs wollte er nicht beziffern. Die Maschine sei "nach kurzer Zeit" umgekehrt, die Kosten würden sich daher "in Grenzen halten". Nach Informationen des "Spiegel" hätte der Challenger-Einsatz 250.000 Euro gekostet, falls der Brasilien-Trip vollendet worden wäre.Regierungssprecher sieht kein ungewöhnliches Verhalten Der CDU/CSU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann warf den Grünen-Ministern "Selbstbedienungs-Mentalität" vor. "Der Haushaltsausschuss muss sich in Anwesenheit der beiden Minister, wenn sie dann noch im Amt sind, in seiner nächsten Sitzung mit dem Vorgang befassen." Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte, er könne kein ungewöhnliches Verhalten der Minister erkennen. "Es gibt natürlich auch bei diesen Dingen einen Bewertungs- und Ermessensspielraum und ich habe den Eindruck, dass der auch zu Grunde gelegt worden ist." Grünen-Chef Reinhard Bütikofer zeigte sich überzeugt, dass beide Ministerien "richtig entschieden haben, indem sie auf die Nutzung der Challenger verzichtet haben".Union fordert PrivatisierungDie Union fordert eine Privatisierung der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Dietrich Austermann (CDU) sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag), das Verteidigungsministerium müsse prüfen, ob die Flugbereitschaft für Politiker privatisiert werden könne. Die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Antje Hermenau, forderte strengere Regeln für die Nutzung der Flugbereitschaft. Der Ludwigshafener Tageszeitung "Die Rheinpfalz" (Dienstag) sagte sie, die Regeln für Politiker, mit Flugzeugen der Luftwaffe zu reisen, müssten den veränderten Zeiten angepasst werden. "Die protzigen Zeiten sind vorbei." Das Finanzministerium müsse zusammen mit dem Verteidigungsministerium die Richtlinien überarbeiten. Der Bund der Steuerzahler verlangte in der "Passauer Neuen Presse", Trittin und Künast sollten persönlich für die Kosten haften. Verbands-Präsident Karl Heinz Däke sagte dem Blatt: "Mir stellt sich die Frage, wer denn für die entstandenen Kosten des abgebrochenen Flugs gerade stehen muss. Die Allgemeinheit, also die Steuerzahler, dürfen für dieses Missmanagement auf keinen Fall zur Kasse gebeten werden."