Angeblich prüft Finanzministerium bereitsHöhere Neuverschuldung auch 2004
Berlin (rpo). Aus Schätzerkreisen verlautete, dass der Bund wegen der Konjunkturkrise auch 2004 seine Neuverschuldung deutlich höher ansetzen muss als bislang geplant. Angeblich prüfe das Finanzministerium bereits, den angesetzten Betrag von 30 Milliarden Euro nach oben zu korrigieren.Die Rede ist von einem Mehrbedarf von rund zehn Milliarden Euro. Damit rückt die Neuverschuldung 2004 mit rund 40 Milliarden Euro in die Nähe der Rekordmarke dieses Jahres. Vorgesehen sind momentan 30 Milliarden Euro, wobei darin die Kosten für das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 enthalten sind. Wenn die Union den Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen im Bundesrat blockiere, "müssen wir alles noch einmal von vorne rechnen", sagte SPD-Finanzexperte Carsten Schneider dem Berliner "Tagesspiegel". SPD-Haushaltssprecher Walter Schöler erklärte: "Bis jetzt hoffe ich, dass wir die 30 Milliarden Euro halten." In der Koalition wächst der Druck auf Finanzminister Hans Eichel, die zusätzlichen Steuersenkungen mit möglichst wenig Schulden zu bezahlen. Die Grünen berieten laut Haushaltssprecherin Antje Hermenau Vorschläge, "wie weitere zwei bis drei Milliarden Euro eingespart werden können". Einzelheiten wollte sie erneut nicht nennen. Eichel werde die Korrektur der Neuverschuldung wohl schon vor der für Ende November angesetzten Bundestagsabstimmung über den Etat 2004 bekannt geben, hieß es in der Koalition. Zunächst müssten die neuen Wachstumsprognosen der Regierung für 2003 und 2004 sowie die Steuerschätzung am 6. November abgewartet werden. CDU/CSU-Haushaltssprecher Dietrich Austermann rechnet kommendes Jahr mit mindestens 50 Milliarden Euro Kreditaufnahme. "Die Risiken in Eichels Planung liegen zwischen 20 und 23 Milliarden Euro", sagte er der AP. Der Bund muss dieses Jahr etwa 42 Milliarden Euro Schulden machen, was Nachkriegsrekord ist. Bund, Länder und Kommunen müssen bei der Steuerschätzung mit einer neuen Hiobsbotschaft rechnen. Als sicher gilt, dass die Einnahmeerwartungen für alle staatlichen Ebenen sowohl für 2003 als auch für 2004 um Milliardenbeträge nach unten korrigiert werden. Hinzu komme die hohe Arbeitslosigkeit. Unklar sei auch, was die Amnestie für Steuersünder bringe und wie sich die Arbeitsmarktreformen auswirkten. Korrektur der WachstumsprognoseDie Koalitionskreise verwiesen auch darauf, dass Eichels umstrittener Haushaltsentwurf 2004 noch auf einem geschätzten Wachstum von 2,0 Prozent basiere. Es sei fraglich, ob der Wert selbst bei einem vollständigen Vorziehen der Steuersenkungen erreicht werden könne. Dieses Jahr geht die Regierung offiziell noch von 0,75 Prozent aus. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement dürfte die Prognose zumindest auf 0,25 Prozent senken. "Der Basiseffekt (für 2004) ist erheblich", hieß es in den Koalitionskreisen. Nach Einschätzung der Grünen wird eine Hiobsbotschaft bei der Steuerschätzung die Chancen für das Vorziehen der 2005-Stufe verringern. "Wenn die Steuerschätzung richtig mies ausfällt", könne der Widerstand der Länder wachsen, sagte die finanzpolitische Sprecherin Christine Scheel. Sie sei dafür, die Stufe vollständig vorzuziehen, um die Konjunktur zu beleben. Eine abgespeckte Version sei besser als gar nichts, aber eben nur die "zweitbeste Lösung". Für die Grünen habe die Entrümpelung des Steuerrechts Vorrang vor weiteren Steuersenkungen.