Alle Politik-Artikel vom 20. Oktober 2003
US-Haushaltsdefizit erreicht Rekordhoch

Ausgaben für den Irak-Krieg belastenUS-Haushaltsdefizit erreicht Rekordhoch

Washington (rpo). Das Haushaltsdefizit in den USA hat in diesem Jahr ein Rekordhoch von 374,2 Milliarden Dollar erreicht. Das Defizit lag damit mehr als doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr und ist der höchste Fehlbetrag in der US-Geschichte. Grund für den Anstieg waren vor allem die Ausgaben für den Irak-Krieg, eine neue Runde von Steuersenkungen und die schwache Wirtschaftslage, wie die US-Regierung am Montag in Washington mitteilte. Das Defizit im zurückliegenden Haushaltsjahr, das am 30. September zu Ende ging, lag mehr als doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr. Damals hatte die Regierung von Präsident George W. Bush ein Minus von 157,8 Milliarden Dollar gemeldet. Es handelt sich um den höchsten Fehlbetrag in der US-Geschichte. Bislang lag der Rekord bei 290,4 Milliarden Dollar im Jahr 1992, als Bushs Vater George Präsident war. Die jüngsten Zahlen liegen jedoch noch deutlich unter Schätzungen aus dem Sommer dieses Jahres. Damals hatten Regierungsvertreter ein Defizit in Höhe von 455 Milliarden Dollar prognostiziert. Für das laufende Haushaltsjahr 2004 kündigten sie einen Fehlbetrag von mehr als 500 Milliarden Dollar an, erklärten jedoch zugleich, das Defizit solle innerhalb der kommenden fünf Jahre halbiert werden.

Franz Alt: Engagement lohnt sich

Der Journalist begleitete die Bewegung mit Büchern und RedenFranz Alt: Engagement lohnt sich

Düsseldorf (rpo). Franz Alt begleitete die Friedensbewegung vor 20 Jahren als Fernsehjournalist. Er schrieb Bücher und hielt Reden. Alt sieht als Ergebnis der demokratischen Bemühungen von damals heute mehr Sicherheit und mehr Freiheit in Europa und auf der ganzen Welt. Frage: In welcher Form waren Sie in der damaligen Friedensbewegung aktiv? Franz Alt: Als Fernsehjournalist, in meinen Büchern und als Redner auf mehreren hundert Veranstaltungen. Was hat für Sie die Atmosphäre dieser Zeit ausgemacht? Franz Alt: Millionen Menschen weltweit haben ihre ganz persönliche Verantwortung für den Frieden gespürt und haben Politiker zur Beendigung des atomaren und lebensgefährlichen Wettrüstens gezwungen. Das Ergebnis dieser demokratischen Bemühungen heute ist mehr Sicherheit und mehr Freiheit in Europa und auf der ganzen Welt. Hat die Friedensbewegung Ihr weiteres Leben geprägt? Franz Alt: Ich habe bei beruflichen Konflikten als Fernsehjournalist von der Friedensbewegung viel Solidarität erfahren. Davon will ich etwas zurückgeben bis an mein Lebensende. Wie beurteilen Sie die Friedensbewegung aus heutiger Perspektive? Franz Alt: Das Wichtigste: Menschen haben einen aufrechten Gang gelernt und konkret erfahren: Engagement lohnt sich. Wir können die Welt verändern und verbessern, wenn wir es wirklich, wirklich wollen.Halten Sie ein Wiederaufleben der Friedensbewegung in der Zukunft für möglich? Franz Alt: Das Frühjahr 2003 hat bewiesen, dass Millionen Menschen sich von der früheren Friedensbewegung anstecken ließen. Das wirkt weiter. Die positiven Erfahrungen bleiben im kollektiven Gedächtnis haften. Nur deshalb wagt George W. Bush keine weiteren Kriege um Öl.

Kalkar: Struck und Schily besuchen Luftraum-Lagezentrum

Minister informierten sich über ArbeitsweiseKalkar: Struck und Schily besuchen Luftraum-Lagezentrum

Kalkar/Kreis Kleve (rpo). In Kalkar am Niederrhein sind am Montag Bundesverteidigungsminister Peter Struck und Bundesinnenminister Otto Schily (beide SPD) vorstellig geworden, um das Nationale Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum zu besuchten. Die Minister informierten sich über die Arbeitsweise des Zentrums. "Wir müssen uns auf so eine Bedrohung einstellen", sagte Schily unter Hinweis auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York. Die Führungszentrale gilt als Koordinationsstelle für die nationale Luftverteidigung und ist seit Oktober einsatzbereit. "Die Zeiträume für eine Entscheidung sind eng bemessen", sagte Schily weiter. Das Zentrum in Kalkar biete aber unter einem Dach alle wichtigen "Informationen rasch und umfassend". Der Zusammenschluss von Kräften der Bundesministerien für Inneres und für Verteidigung sowie der Luftwaffe am Standort Kalkar biete zudem Vorteile in der Einsatzplanung. "Die Vertreter sitzen nahe beieinander und können dadurch effektiver zusammen arbeiten", sagte Oberst Lothar Schmidt bei der Vorstellung des "Zentrums für Luftmacht". Gerade bei Großveranstaltungen sei ein terroristisch motivierter Übergriff mit einem Zivilflugzeug nicht auszuschließen, hieß es weiter. "Das Kabinett trifft in allernächster Zeit eine Entscheidung", erklärte Schily zum bald zu erwartenden neuen Luftsicherheitsgesetz. Vor allem müsse "Klarheit für den Piloten bestehen, wenn ich einen Eingriff befehle", sagte Struck. Nur der Bundesverteidigungsminister oder sein Vertreter im Kabinett seien berechtigt, Maßnahmen anzuordnen, die eine Anwendung von Gewalt bedeuteten.

Kassenärzte fordern Vorkasse

Praxisgebühr von zehn Euro sofort bezahlenKassenärzte fordern Vorkasse

Berlin (rpo). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat am Montag in Berlin bestätigt, dass Kassenpatienten die künftig fällige Praxisgebühr von zehn Euro im Quartal im Voraus entrichten müssen. Neben der Versichertenkarte müssen die zehn Euro auf den Tisch gelegt werden.Ausnahmen gebe es bei Notfällen mit sofortigem Behandlungsbedarf, sagte die SPD-Politikerin. Ob es sich um einen Notfall handle, müsse der Arzt entscheiden. Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Roland Stahl, betonte im NDR, die zehn Euro müssten von den Ärzten an die Krankenkasse weitergeleitet werden. Die KBV fordere aber, dass der Arzt eine Bearbeitungsgebühr erhalte, weil in der Praxis Mehrarbeit anfalle. Im Einzelfall erfordere das Kassieren zwar nur wenige Minuten, aber insgesamt sei "es ganz schön viel Zeit". Dem "Hamburger Abendblatt" (Dienstagausgabe) sagte Stahl: "Die Ärzteseele kocht wegen des hohen Verwaltungsaufwandes. Deshalb finden wir es legitim, eine Vergütung von einem bis fünf Euro pro eingetriebener Praxisgebühr zu verlangen." Vom 1. Januar an müsse dem Patienten "klar sein, ich brauche nicht nur die Chipkarte, ich brauche auch die zehn Euro", sagte Stahl im NDR. In den nächsten Wochen müsse eine Rahmenvereinbarung mit den Krankenkassen ausgearbeitet werden, um zu definieren, "wann der Patient die zehn Euro bezahlen muss und wann nicht". Der Arzt müsse die Möglichkeit haben, Patienten, die das Geld nicht dabei hätten und nicht sofort behandelt werden müssten, wieder wegzuschicken, sagte Stahl. Ansonsten bleibe er auf dem Problem sitzen, wie er zu den zehn Euro komme, die er auf jeden Fall an die Kassen abführen müsse: "Er hat das Inkassorisiko." Möglicherweise könnten die zehn Euro auch per EC-Karte bargeldlos entrichtet werden. "Wir prüfen gerade, inwieweit EC-Karten-Lesegeräte für die Praxen günstig angeschafft werden können. Dazu befinden wir uns gerade in Verhandlungen mit verschiedenen Banken", sagte Stahl.

CDU-Linie: Merkel setzt sich gegen Koch durch

Interne OppositionsdebatteCDU-Linie: Merkel setzt sich gegen Koch durch

Berlin (rpo). In der CDU ist es zu einem internen Streit über die Oppositionsstrategie gekommen. CDU-Chefin Angela Merkel hat sich gegen Hessens Regierungschef Roland Koch mit ihrer Linie nach dpa-Informationen voll durchgesetzt. Koch wollte die Regierung stürzen - Angela Merkel nicht. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur stieß Koch am Montag im CDU-Vorstand mit seiner Position, den Sturz von Rot-Grün zum Hauptziel der Oppositionsarbeit zu machen, auf deutlichen Widerspruch der anderen Vorstandsmitglieder. Merkel signalisierte nach der Sitzung für die anstehenden Verhandlungen mit der Regierung über die Reformgesetze erneut Kompromissbereitschaft unter Bedingungen. Phantomdebatten nicht fortführenZu dem Streit mit Koch sagte Merkel, die Parteiführung sei sich einig gewesen, dass man "Phantomdebatten nicht fortsetzen will". Zur Koordinierung der Oppositionsstrategie soll es Anfang November ein Spitzentreffen mit der FDP geben. Im Unionsstreit über die Vorschläge der Herzog-Kommission für langfristige Reformen in der Krankenversicherung sollen ferner bis zum Parteitag Anfang Dezember Nachbesserungen am bisherigen Konzept vorgenommen werden. Die jüngsten Rentenpläne der Regierung lehnte der Vorstand ab. Der Streit zwischen Merkel und Koch über die Oppositionsstrategie wurde im Vorstand nach Angaben von Teilnehmern offen ausgetragen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) habe sich zunächst für die Linie von Merkel ausgesprochen, hieß es. Teufel habe klar gemacht, dass sich die Union in Verantwortung für das Land nicht Reformen verweigern dürfe. Koch habe dann nochmals betont, dass er die große Chance sehe, die Regierung in den nächsten sechs Monaten zu stürzen, hieß es nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben. Dies stieß auf Kritik der anderen Vorstandsmitglieder. Diskussionsteilnehmer hätten in Unterstützung Merkels darauf hingewiesen, dass nach dem Grundgesetz eine Ablösung der Regierung in einer laufenden Legislaturperiode nur schwer möglich sei. Nach der Sitzung betonte Merkel, klar sei, dass jeder im Präsidium über jeden Tag froh wäre, an dem die derzeitige Bundesregierung nicht an der Macht wäre. Die Frage, wann die Bundesregierung in Bedrängnis gebracht werden könne, entscheide sich aber in der Diskussion um die einzelnen Reformvorhaben. Sie unterstrich, dass die Union hier kompromissbereit sei, aber: "Es gibt keinen Zwang zum Konsens. Wenn die Bundesregierung nicht auf uns zukommt, gibt es keine Einigung." Die Vorsitzende machte deutlich, dass die Union bei den Arbeitsmarktreformen in jedem Fall auf Änderungen bestehe. CDU/CSU und FDP wollen sich vor dem bevorstehenden Vermittlungsverfahren zu den Reformgesetzen in ihren Positionen abstimmen. Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber griffen am Montag einen Vorstoß von FDP-Chef Guido Westerwelle auf. Das Gespräch soll vor der abschließenden Phase der Vermittlungsverhandlungen, die am 13. November beginnen, stattfinden. In der Diskussion über das Herzog-Konzept soll nach Merkels Worten CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer Vorschläge bündeln, die den sozialen Ausgleich für das angestrebte Prämienmodell präzisieren sollen. Herzog schlägt einen Systemwechsel in den Krankenversicherungen vor. Danach soll jeder Versicherte eine Einheits-Prämie unabhängig vom Einkommen zahlen. Der soziale Ausgleich soll über das Steuersystem erfolgen. Dies ist in der Partei stark umstritten.

Villen-Verkauf an Peters wird strafrechtlich geprüft

Strafanzeige des SteuerzahlerbundesVillen-Verkauf an Peters wird strafrechtlich geprüft

Hannover (rpo). Nach Informationen des "Focus" haben IG-Metall-Chef Jürgen Peters und Ex-Ostbezirksleiter Hasso Düvel ihre Hannoveraner Villen nur mit massiver Hilfe der von der SPD beherrschten Wohnungsbausgesellschaft kaufen können. Nun interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft Hannover für den Fall.Die Staatsanwaltschaft Hannover untersucht den umstrittenen Verkauf von zwei Villen an eine Bietergemeinschaft um den IG-Metall-Vorsitzenden Jürgen Peters. Auf Grund einer Strafanzeige des Steuerzahlerbundes prüfe man, ob ein Anfangsverdacht wegen Untreue gegen die für den Verkauf verantwortlichen Mitarbeiter der hannoverschen Immobiliengesellschaft GBH bestehe, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Thomas Klinge, am Montag in Hannover. Vom Ergebnis der Prüfung hänge ab, ob ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen bei der städtischen Gesellschaft eingeleitet werde. Der niedersächsische Steuerzahlerbund bat die Staatsanwaltschaft in einem Brief um die strafrechtliche Überprüfung des Verkaufs der beiden in einer großen öffentlichen Grünanlage gelegenen Häuser. In dem Bieterverfahren, in dem die achtköpfige Gruppe um Peters für 690.000 Euro den Zuschlag erhielt, seien möglicherweise zwei andere Interessenten "systematisch ausgebootet" worden, hieß es in den Schreiben. Einem Architekten, der zunächst das höchste Gebot abgegeben habe, sei anders als der Gruppe um Peters keine Möglichkeit zur Erhöhung des Gebots gegeben worden. Mit dem Übergehen des Mitbieters könnten die Verantwortlichen einen Vermögensschaden bei der städtischen Gesellschaft verursacht und den Tatbestand der Untreue erfüllt haben.

Nordkorea testet Kurzstreckenrakete

Angeblich jährlich stattfindende MilitärübungNordkorea testet Kurzstreckenrakete

Seoul/Tokio (rpo). Nach Angaben der südkoreanischen Armee hat Nordkorea vor seiner Ostküste wieder eine Kurzstreckenrakete getestet.Die Antischiffsrakete sei im Rahmen einer jährlich stattfindenen nordkoreanischen Militärübung abgefeuert worden, hieß es. Das Büro des südkoreanischen Generalstabs nannte keine näheren Einzelheiten zum Raketentyp, erklärte aber, Nordkorea habe denselben Typ in diesem Jahr bereits zwei oder drei Mal getestet. Zuvor hatten der japanische Kabinettssprecher Yukinori Morita und die Verteidigungsbehörde in Tokio erklärt, die japanische Regierung habe Berichte über den Test einer Boden-Schiffs-Rakete erhalten. Er soll mittags (Ortszeit, 5 Uhr MESZ) stattgefunden haben. Die ins Japanische Meer abgefeuerte Rakete habe keine unmittelbare Bedrohung für die Nachbarstaaten dargestellt, erklärte ein Beamter der Behörde. Zuletzt wurde im April über einen nordkoreanischen Raketentest berichtet.

Scharping kommt peinlichem Amtsende zuvor

SPD-Spitze nimmt Ankündigung des Amtsverzichts zur KenntnisScharping kommt peinlichem Amtsende zuvor

Berlin (rpo). Rudolf Scharping wird komplett aus der SPD-Führung ausscheiden. Weder als Vizevorsitzender noch für den Vorstand werde er kandidieren, hieß es am Montag in Berlin. Scharping ist damit offenbar einem peinlichen Ende seiner Karriere zuvorgekommen, denn er hätte überhaupt keine Chance mehr gehabt, das letzte ihm verbliebene SPD-Spitzenamt zu verteidigen.Die SPD-Führung hat die Ankündigung von Rudolf Scharping zur Kenntnis genommen, auf dem Parteitag in Bochum in vier Wochen nicht wieder für das Amt des stellvertretenden Parteivorsitzenden zu kandidieren. Scharping habe dafür keine Gründe genannt, dies aber der Parteispitze "angemessen mitgeteilt", sagte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz am Montag nach einer Präsidiumssitzung in Berlin. Wer Scharping beobachtet habe, habe schon lange mit der Entscheiddung rechnen können. Die SPD wisse, was sie an Scharping habe und habe Respekt vor seiner politischen Leistung. Scholz sagte weiter, er gehe nicht davon aus, dass Scharping völlig aus dem "politischen Leben der Partei verschwinden wird". Forderungen, Scharping solle dann auch sein Bundestagsmandat niederlegen, bezeichnete Scholz als "ein bisschen lächerlich". Rätsel aufgegebenRudolf Scharping gibt den Genossen wieder einmal Rätsel auf. Für Montag um 16.00 Uhr hatte der Noch-SPD-Vize vor der Landespresse in Mainz selbst eine eilige Pressekonferenz einberufen. Aus "persönlichen Gründen" sagte er den Termin kurzfristig wieder ab. Stattdessen verkündete Scharping in diversen Interviews, dass er auf dem SPD-Bundesparteitag in vier Wochen in Bochum nicht noch einmal als stellvertretender Parteichef antreten will. "Ich kann unseren Zielen besser dienen, wenn ich nicht Mitglied dieser Parteiführung bin", lautete mit leicht drohendem Unterton die Begründung in der "Bild"-Zeitung. Auf der Seite, auf der Oskar Lafontaine regelmäßig am Montag seine Breitseiten gegen Gerhard Schröder abschießt, beklagte nun auch Scharping, dass die Partei "sehr viele treue Mitglieder, manche Wahlen und viel Vertrauen" verloren habe. Das alles müsse nun zurückgewonnen werden. Dass er eventuell künftig eine Anti-Schröder-Front in der SPD zusammen mit Lafontaine anführen will, ist eher unwahrscheinlich. Die alten Rechnungen mit Lafontaine, der Scharpings politischen Niedergang mit der Abwahl auf dem Mannheimer Parteitag 1995 eingeleitet hatte, sind noch nicht beglichen. Was sich auf den ersten Blick als großherziger Amtsverzicht eines von der ungewissen Zukunft der SPD getriebenen Politikers darstellt, ist für die übrige Parteispitze ein durchschaubares Manöver. Mit dem Rückzugsgefecht kommt Scharping einem peinlichen Ende seiner Karriere zuvor. Schon in den nächsten Tagen wäre endgültig klar geworden, dass er überhaupt keine Chance mehr gehabt hätte, das letzte ihm verbliebene SPD-Spitzenamt zu verteidigen. Am kommenden Montag gibt der SPD-Vorstand die Personalvorschläge für Neuwahlen auf dem Bochumer SPD-Kongress bekannt. Dafür war Scharpings Name überhaupt nicht mehr vorgesehen. Auf Vorschlag seines rheinland-pfälzischen Landesverbands soll für ihn der Mainzer Regierungschef Kurt Beck als SPD-Vize nachrücken. Auf verlorenem PostenObwohl schon längst auf verlorenem Posten hatte sich Scharping bislang aber noch nicht dazu durchgerungen, von sich aus rechtzeitig das Handtuch zu werfen. Wiederholten Gesprächsangeboten von Beck, der 1994 bei Scharpings Wechsel in die Bundespolitik dessen Nachfolger in Mainz wurde, ging er aus dem Wege und verließ deswegen auch schon früher als geplant gemeinsame SPD-Sitzungen. Im vergangenen Juni dachte Scharping zum Schrecken vieler Parteifreunde sogar laut darüber nach, ein bundespolitisches Comeback zu starten und sich gegen Beck in Bochum zu positionieren. "Ich habe gelernt, dass die gemeinsame Mitgliedschaft in einer Partei noch nichts darüber sagt, ob man es mit einem verlässlichen Charakter, mit einem guten Freund, mit einem Helfer auch dann zu tun hat, wenn die Hilfe nicht sonderlich populär ist", gab sich Scharping damals in einem Gespräch bei kreolischer Küche und einem roten Dornfelder über alte Weggefährten schwer enttäuscht. Nach seinem Rausschmiss durch Schröder als Verteidigungsminister wegen der Hunzinger-Affäre tauchte Scharping zunächst ins Privatleben ab. Nach der Scheidung von seiner Frau Jutta ehelichte er im April dieses Jahres seine Lebensgefährtin Kristina Gräfin Pilati, mit der er vorher durch Pool-Fotos auf Mallorca auf sich aufmerksam gemacht hatte. Im Bundestag erscheint Scharping, wenn überhaupt, meist nur noch als einsamer SPD-Hinterbänkler. Noch bis vor kurzem wurde er von den Folgen seiner Kontakte zu dem Frankfurter PR-Berater Moritz Hunzinger verfolgt. Gegen Zahlung einer Geldbuße wurde ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingestellt. Bis heute bestreitet Scharping den Vorwurf, er habe sich von Hunzinger exquisite Kleidung im Wert von mehreren Tausend Euro bezahlen lassen. Sein SPD-Bundestagsmandat will der 55-Jährige behalten. Dort ist Scharping im Auswärtigen Ausschuss aktiv, der unter Parlamentskennern wegen attraktiver Reiseziele auch als "Shopping-Ausschuss" bekannt ist. Offenbar in solcher Mission traf die Delegation von CDU-Chefin Angela Merkel bei deren USA-Besuch den Ex-Minister kürzlich in New York mit großen Einkaufstüten.

Riester befürwortet Nullrunde für Rentner

Auch viele Beschäftigte müssten verzichtenRiester befürwortet Nullrunde für Rentner

Berlin (rpo). Weil auch viele Beschäftigte in diesem und nächsten Jahr keine Lohnerhöhung erhielten, hält der frühere Bundesarbeitsminister Walter Rieser die geplante Nullrunde bei den Rentnern für gerechtfertigt. Das sagte Riester am Montag in einem Interview des Deutschlandfunks. "Wären die Renten angehoben worden, wären die Beiträge gestiegen", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete. Das wiederum hätte zu einem weiteren Absinken des Lohnniveaus geführt. "Das ist ein Kreislauf, der durchbrochen werden muss." In den "Kurzfristfragen" hätte er als verantwortlicher Minister genauso entschieden, sagte Riester zu den Rentenbeschlüssen der Bundesregierung. "Denn bei den Beschäftigten wird schon die volle Pflegeversicherung erhoben - dafür ist ein Feiertag gestrichen worden, und in Sachsen bezahlen sie es voll." Er halte es für legitim, "zwischen Rentnern und Beschäftigten eine Gleichstellung zu machen". Auf die Frage, ob seine eigene Rentenreform vor drei Jahren mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung blauäugig gewesen sei, antwortete Riester: "Die wirtschaftliche Entwicklung haben alle falsch eingeschätzt." Alle hätten ein stärkeres Wirtschaftswachstum angenommen.

Herzprobleme: Blair schränkt Arbeit ein

Rede vor dem Parlament wurde abgesagtHerzprobleme: Blair schränkt Arbeit ein

London (rpo). Nach seiner Behandlung wegen Herzrhythmusstörungen muss der britische Premierminister Tony Blair kürzer treten: Eine Rede vor dem Parlament wurde kurzerhand abgesagt.Der Regierungschef nehme aber an den "üblichen Konferenzen" teil, teilte eine Sprecherin mit, ohne Einzelheiten zu nennen. Am Dienstag werde Blair seine Amtsgeschäfte aller Voraussicht nach wieder aufnehmen. Der 50-Jährige musste am Sonntag wegen Herzrhythmusstörungen überraschend für fünf Stunden ins Krankenhaus. Während ein unregelmäßiger Herzschlag bei älteren Menschen weit verbreitet ist, tritt das Problem in Blairs Altersgruppe seltener auf: Rund vier Prozent aller Männer zwischen 45 und 55 Jahren seien betroffen, heißt es in einem Bericht der Britischen Stiftung für Herzkrankheiten (British Heart Foundation) von 1999. Zu den Auslösern zählen nach Angaben der Stiftung Stress, zu viel Koffein und genetische Faktoren. Blair steht seit Beginn des Irak-Kriegs sowohl in der Öffentlichkeit als auch parteiintern stark unter Druck. Es sei nicht unbedingt damit zu rechnen, dass das Leiden wieder auftreten werde, sagte der Kardiologe Duncan Dymond dem britischen Rundfunksender BBC. "Es gibt Menschen, die haben in ihrem ganzen Leben nur einen einzigen Anfall. Es könnte auch sein, dass das Problem erst in fünf oder zehn Jahren wieder auftritt", sagte Dymond. "Es gibt keinen Grund, warum er aufhören sollte, Premierminister zu sein." Die Nachricht von Blairs Krankenhausbesuch hatte in Großbritannien einen Schock ausgelöst. Bislang galt er wegen seines jugendlichen Aussehens als kerngesund, von gelegentlichen Erkältungen abgesehen. In letzter Zeit wirkte er allerdings zunehmend müde und abgespannt. "Man sieht mir mein Alter jetzt an", hatte der Premierminister auf dem Labour-Parteitag Ende September gesagt. Unter Druck geratenVor dem Irak-Krieg setzte Blair all seine Energie ein, um seine Labour Party auf seinen pro-amerikanischen Kurs einzuschwören. Später geriet er unter Druck, da die als Kriegsgrund angeführten irakischen Massenvernichtungswaffen nie gefunden wurden. Die Affäre um den Selbstmord des Waffenexperten Kelly stürzte Blair in seine bislang schwerste Glaubwürdigkeitskrise. Sollte Blair länger ausfallen, würde Vizepremier John Prescott seine Amtsgeschäfte führen. Wenn ein Premierminister der Labour Party sein Amt gar nicht mehr ausüben kann, muss die Partei laut ihren Statuten einen Nachfolger wählen.

VdK: Beschlüsse kosten Rentner monatlich 20 Euro

Scharfe Kritik an RegierungVdK: Beschlüsse kosten Rentner monatlich 20 Euro

Berlin (rpo). Nach Angaben des Sozialverbands VdK belasten die Rentenbeschlüsse der rot-grünen Koalition die durchschnittlichen Renten mit 20 Euro monatlich. Die Hälfte der männlichen Rentner habe bis zu 1000 Euro Rente im Monat, Frauen erhielten im Durchschnitt bis zu 650 Euro, sagte der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger, am Montag in Berlin. Wie die Gewerkschaften kritisierte Hirrlinger die Regierung scharf. "Das ist sozialpolitische Wilderei, die die 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner bei den nächsten Wahlen höchst wahrscheinlich entsprechend quittieren werden", sagte er. Ver.di-Chef Frank Bsirske nannte die Rentenbeschlüsse ungerecht. Sie seien eine "Umverteilung in der jetzigen Generation", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Der Bund der Ruhestandsbeamten, Rentner und Hinterbliebenen (BRH) unterstrichen, Rentner seien "keine Schmarotzer des Sozialsystems und die Renten kein Geschenk eines gütigen Staates". Die "Volkssolidarität" sprach vom "größten Vertrauensbruch in der Sozialgeschichte.

CDU fordert Stasi-Überprüfungen für NRW-Politiker

Ergebnisse sollen veröffentlicht werdenCDU fordert Stasi-Überprüfungen für NRW-Politiker

Düsseldorf (rpo). Nach dem Willen der CDU sollen Regierungsmitglieder und Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen auf Mitarbeit für den Staatssicherheitsdienst (Stasi) überprüft werden.Einen entsprechenden Antrag an den Landtag hat die CDU-Fraktion am Montag in Düsseldorf vorgestellt. Er gehe davon aus, dass keine Fraktion sich der Verantwortung entziehen werde, Klarheit zu schaffen, sagte CDU-Justiziar Hans-Ulrich Klose. Der CDU-Antrag sieht vor, die Ergebnisse der Anfragen dem Landtagspräsidenten mitzuteilen und zu veröffentlichen. Die Landesregierung wird aufgefordert, ihre Mitglieder sowie die Staatssekretäre zu überprüfen. Ferner solle die Landesregierung Stellung beziehen, ob und in welchem Umfang Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auf Stasi-Tätigkeiten durchleuchtet werden sollten. Die Überprüfung werde möglich, nachdem die so genannten "Rosenholz-Dateien" aus den USA zurückgegeben worden seien, erläuterte Klose. Dabei handelt es sich um rund 350.000 elektronisch gespeicherte Karteien der Staatssicherheit der ehemaligen DDR. "Die Einträge müssen allerdings mit großer Sorgfalt geprüft werden", mahnte Klose. Wer dort namentlich auftauche, dürfe nicht von vornherein für schuldig gehalten werden. Der Deutsche Bundesrat hatte im vergangenen Monat gefordert, die Rosenholz-Dateien für neue Überprüfungen zu nutzen. Er hatte außerdem an alle Parlamentarier von Bund und Ländern appelliert, sich einer Überprüfung zu unterziehen.

Schlauch verzichtet auf Kandidatur bei OB-Wahl

Aus persönlichen GründenSchlauch verzichtet auf Kandidatur bei OB-Wahl

Stuttgart (rpo). Rezzo Schlauch (Grüne) will nicht noch einmal als Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart antreten. "Für mich gibt es auch noch ein Leben nach der Politik und vor dem Tod", sagte Schlauch.Für seine Absage nannte der 56-jährige Jurist am Montag persönliche Gründe: Schlauch ist derzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. "Die Grenze des Politischen ist das Persönliche", sagte der frühere Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Schlauch hatte zuletzt 1996 knapp sein Ziel verfehlt, den damaligen Oberbürgermeister Manfred Rommel zu beerben: Nur 3,8 Prozent trennten ihn bei der bundesweit stark beachteten Auseinandersetzung vom heutigen Amtsinhaber Wolfgang Schuster (CDU). Seinerzeit war die SPD stark kritisiert worden, weil sie ihren aussichtslos im Rennen liegenden Kandidaten nicht zurückgezogen und damit wahrscheinlich Schlauchs Sieg verhindert hatte. Schlauch attestierte Schuster am Montag eine "magere Bilanz" und erklärte, er habe für sich "sehr gute Chancen" gesehen, beim dritten Anlauf zu gewinnen. Seine Lebensplanung sei aber anders, als sich 2004 für acht Jahre zum Stadtoberhaupt wählen zu lassen. Auch in Berlin gelte es "noch einige Herausforderungen zu bestehen". So wie Politiker "mit Noblesse Niederlagen akzeptieren" müssten, so hätten auch Bürger keinen Anspruch darauf, einen Politiker "beliebig oft im Angebot zu haben". Nicht äußern wollte sich Schlauch, ob Wirtschaftsminister Clement ihn gebeten habe, bei seiner Aufgabe in der Bundespolitik zu bleiben.

FDP: "Es gibt nur Verlierer"

Liberale fordern SystemwechselFDP: "Es gibt nur Verlierer"

Berlin (rpo). Die Liberalen sehen in den Rentenbeschlüssen der Bundesregierung "die Fortsetzung des rentenpolitischen Chaoskurses" von Rot-Grün. In Berlin sagte FDP-Parteichef Guido Westerwelle am Montag: "Es gibt praktisch nur Verlierer". Die Bundesregierung habe es nicht geschafft, eine Perspektive in die Rentenpolitik zu bringen. Die FDP verlangt bei der Rente einen Systemwechsel. Dabei soll die private Vorsorge eine immer stärkere Rolle spielen.

Bush müht sich um Lösung im Nordkorea-Konflikt

APEC-Gipfel in ThailandBush müht sich um Lösung im Nordkorea-Konflikt

Bangkok (rpo). George W. Bush ist am Montag in Thailand mit dem südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun zusammengetroffen. Zuvor hatte der US-Präsident erstmals Bereitschaft signalisiert, der Regierung in Pjöngjang entgegen zu kommen.Die USA bemühen sich beim Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Thailand um eine friedliche Beilegung des Atomstreites mit Nordkorea. US-Außenminister Colin Powell wiederholte am Montag das Versprechen von US-Präsident George W. Bush, sein Land plane keine militärische Intervention und sei zu Sicherheitsgarantien bereit. "Niemand auf dieser Konferenz droht Nordkorea", sagte er in einer Rede vor Wirtschaftsführern am Rande des Gipfels in Bangkok. Bush hatte am Sonntag erstmals signalisiert, der Regierung in Pjöngjang entgegenzukommen. Die USA sowie China und andere Staaten könnten Nordkorea als Gegenleistung für einen Verzicht auf ein eigenes Atomprogramm schriftliche Sicherheitsgarantien zukommen lassen, sagte Bush am Rande des APEC-Gipfels. Einen formellen Nichtangriffspakt, wie von Pjöngjang gefordert, lehnte er jedoch weiterhin ab. Powell bestätigte, Bush habe dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao "ausführliche Ideen" vorgelegt, wie Pjöngjang zur Aufgabe seines Atomprogramms bewegt werden könne. Am Montag traf der US-Präsident in Bangkok mit seinem südkoreanischen Kollegen Roh Moo Hyun zusammen. Anschließend sprach er von Fortschritten zur Lösung des Konflikts mit Nordkorea. Er erklärte, Südkorea und die USA teilten das Ziel einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel. Schwere VorwürfePowell machte Pjöngjang in seiner Rede schwere Vorwürfe, auf Kosten seines Atomprogramms die Bevölkerung hungern zu lassen: "Man kann Plutonium nicht essen. Es wächst kein Getreidekorn, nur weil in irgend einem Bunker eine Atomwaffe versteckt ist." Das Schicksal des nordkoreanischen Volkes werde verspielt.Zugleich äußerte Powell die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung. In den kommenden Tagen werde Washington mit seinen Partnern entsprechende Ideen erörtern und Nordkorea übermitteln. In "nicht zu ferner Zukunft" könnten neue multilaterale Gespräche unter Beteiligung Pjöngjangs stattfinden, sagte Powell. Nordkorea erklärte indes, der APEC-Gipfel sei nicht das geeignete Forum für eine Erörterung des Atomstreits. Der Konflikt könne nur in direkten Gesprächen zwischen Pjöngjang und Washington beigelegt werden. Dies lehnen die USA jedoch ab.

Rentenpläne: Union lehnt Mitarbeit ab

Scharfe Ablehnung bei PräsidiumssitzungRentenpläne: Union lehnt Mitarbeit ab

Berlin (rpo). In der Union sind die Rentenpläne der Bundesregierung auf scharfe Ablehnung gestoßen. Roland Koch sprach von einem "üblen Offenbarunseid".Vor einer CDU-Präsidiumssitzung am Montag in Berlin bekräftigten mehrere Ministerpräsidenten, dass die Union die kurzfristigen Maßnahmen zum Ausgleich des Defizits in den Rentenkassen nicht unterstützen werde. Die Pläne von Rot-Grün sind nach den Worten von Hessens Ministerpräsident Roland Koch ein "übler Offenbarungseid". "Wir werden sicher nicht die Hand reichen". Die Regierung müsse die selbst verschuldeten Probleme allein lösen.

Bolivien: Neuer Präsident stellt Kabinett vor

Ministerium für Ethnische Angelegenheiten geschaffenBolivien: Neuer Präsident stellt Kabinett vor

La Paz (rpo). Carlos Mesa, neuer bolivianischer Präsident, hat sein Kabinett vorgestellt. Bei der Mehrheit der 15 Minister handelt es sich um wenig bekannte Wirtschaftsfachleute und Intellektuelle.Mesa schuf ein neues Ministerium für Ethnische Angelegenheiten, dem der Indianer Justo Seoane vorstehen wird. Unter dem Eindruck der nach wochenlangen Protesten weiter angespannten Lage forderte Mesa seine Kabinettsmitglieder auf, ihre Ämter sehr ernst zu nehmen und bei jeder Entscheidung die möglichen Konsequenzen gut zu bedenken. "Jeder Fehler könnte das Land in den Abgrund führen", sagte er bei der Vereidigung am Sonntag. Mesa hatte ein von den Parteien unabhängiges Kabinett von Fachleuten angekündigt, das sich die Überwindung von Armut und sozialer Ungleichheit zur Aufgabe machen werde. Ein 16. Minister für den Bergbau muss noch ernannt werden. Der neue Präsident ist der Nachfolger von Gonzalo Sanchez de Lozada, der am Freitag zurückgetreten und in die USA ausgereist war. Sanchez de Lozada reichte seinen Rücktritt ein, nachdem die Regierung mit dem Rückzug des Koalitionspartners Neue Republikanische Kraft eine weitere Schlappe erlitten hatte. In La Paz und anderen Städten des Andenstaates normalisierte sich das Leben weiter. Bei Zusammenstößen von aufständischen Bergarbeitern und Bauern mit Polizei und Armee waren seit Mitte September nach Angaben von Menschenrechtlern 65 Menschen ums Leben gekommen. Am Montag öffneten Schulen, Restaurants und Geschäfte wieder. Ursache der Proteste war die strikt marktwirtschaftliche Politik von Sanchez de Lozada, durch die sich die Kluft zwischen armen und wohlhabenden Bevölkerungsteilen vertieft hatte. Vorgezogene WahlDer politisch unabhängige Mesa distanzierte sich schon vor einer Woche von der Politik des Präsidenten und kündigte eine vorgezogene Wahl an. Seine Entscheidung, Personen jenseits des politischen Establishments ins Kabinett zu berufen, ist umstritten. Kritiker befürchten, die neue Regierung werde am Widerstand der Parteien scheitern. Mit Misstrauen wurde zudem die Ernennung von Juan Ignacio Siles zum Außenminister beurteilt. Siles ist der Neffe von Jaime del Valle, der unter dem früheren chilenischen Diktator Augusto Pinochet als Außenminister diente.

Gaza: Israel fliegt mehrere Luftangriffe
Gaza: Israel fliegt mehrere Luftangriffe

Drei Hamas-Mitglieder getötetGaza: Israel fliegt mehrere Luftangriffe

Gaza (rpo). Bei mehreren Attacken durch israelische Kampfhubschrauber sind am Montag Ziele in der Stadt Gaza zerstört worden. Dabei wurden drei Mitglieder der radikalen Hamas-Organisation getötet und weitere Palästinenser verletzt.Innerhalb weniger Stunden wurden mehrere Angriffe in Gaza-Stadt geflogen. Ein Militärhubschrauber feuerte zwei Raketen auf einen Kleinlaster ab, der in der Nähe einer Schule vor einer Ampel hielt. Der Unterricht war gerade zu Ende, auf der Straße befanden sich zahlreiche Schüler und Kindergartenkinder. Kurz zuvor hatten Kampfflugzeuge im Osten von Gaza-Stadt ein im Bau befindliches Haus bombardiert und weitgehend zerstört. Nach israelischen Angaben diente das Gebäude der militanten Palästinenser-Organisation Hamas als Raketenwerkstatt. Zuvor war vermutet worden, dass der Angriff dem nur 200 Meter entfernten Haus eines ranghohen Mitglieds des Islamischen Dschihad galt. Amil Schami blieb nach Angaben eines Sprechers der Gruppierung jedoch unversehrt. Palästinensischen Rettungskräften zufolge wurden sechs Menschen verletzt, darunter zwei Kleinkinder. Die israelischen Streitkräfte teilten in einer Erklärung mit, in dem bombardierten Gebäude seien unter anderem Kassam-Raketen hergestellt worden. Diese Raketen, die eine Reichweite von etwa zehn Kilometern haben, feuert die Hamas regelmäßig über die israelische Grenze. Allein am Sonntag waren acht Kassams auf israelischem Gebiet niedergegangen, allerdings ohne Schaden anzurichten. Drei Soldaten getötetAm Sonntagabend hatten militante Palästinenser im Westjordanland eine israelische Armee-Patrouille angegriffen und drei Soldaten getötet. Ein vierter Soldat wurde nach Informationen aus israelischen Sicherheitskreisen verletzt. Der Überfall war der schwerste Angriff auf israelische Truppen im Westjordanland seit Februar vergangenen Jahres.

Rentenbeschlüsse stoßen auf breite Ablehnung

Harsche Kritik von allen SeitenRentenbeschlüsse stoßen auf breite Ablehnung

Berlin (rpo). Die Sozialverbände haben mit harscher Kritik auf die von Rot-Grün beschlossenen Einschnitte für Rentner reagiert. Jetzt wird eine Klage geprüft und VdK-Präsident Hirrlinger rief sogar zum Wahlboykott gegen SPD und Grüne auf. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, nannte die Beschlüsse in der "Berliner Zeitung" (Montag) einen "Offenbarungseid" für die Regierung. Er kündigte an, jede Maßnahme auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu klagen. Die Rentner sollen sich nach den rot-grünen Plänen 2004 mit einer Nullrunde begnügen und höhere Beiträge zur Pflegeversicherung bezahlen. Der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger, rief indirekt sogar zum Wahlboykott gegen SPD und Grüne auf. "Ich kann den 20 Millionen Rentnern nur raten, sich ihre Stimmzettel genau anzusehen", sagte er der "Financial Times Deutschland" (Montag). Schmidt: "Es geht nicht anders"Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte die Maßnahmen als notwendig zur Sanierung der Rentenkassen. "Es geht nicht anders", sagte sie am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Das Wichtigste für das kommende Jahr sei, Wachstumsimpulse für mehr Beschäftigung zu setzen. Deswegen habe sich die Koalition bei ihrer Klausur gegen eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Rente entschieden. Grünen-Fraktionschefin Krista Sager sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag), bei der Klausur habe die Glaubwürdigkeit der Reformagenda auf dem Spiel gestanden. "Die Beitragsstabilisierung ist die richtige Priorität; die Lasten sind so gerecht verteilt." Den Gewerkschaften bereiten die Beschlüsse nach den Worten von DGB-Chef Michael Sommer allergrößte Bauchschmerzen und müssen in jedem Fall die letzte Notoperation dieser Art sein. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte er, dass es wegen der Erhöhung des Pflegebeitrags der Rentner im kommenden Jahr zu faktischen Rentenkürzungen kommen werde. Spätestens wenn die Inflation stärker anziehe, wäre das für Millionen Rentner ein zu tiefer Einschnitt. "Für diesen Fall fordere ich Nachverhandlungen, um die Einschnitte für Rentner sozial verträglicher zu machen." Stoiber: "Hektische Notmaßnahmen"Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) nannte die Beschlüsse "hektische Notmaßnahmen". Sie seien "Ergebnis eines Regierungsstils ohne klare Linie und ohne Beständigkeit, der kein Vertrauen schaffen kann", sagte Stoiber der dpa am Sonntagabend. Die Rentner, die Jahre lang in die Versicherung eingezahlt hätten, müssten den Eindruck gewinnen, dass die Rente von der Kassenlage abhänge. Bei den langfristigen Maßnahmen zur Sicherung der Rente könnte es aber eine Zusammenarbeit zwischen Regierung und Opposition geben. Ulla Schmidt sagte in der ARD: "Wir können zusammenkommen." Nach CDU- Chefin Angela Merkel hält auch CSU-Sozialexperte Horst Seehofer Renten-Gespräche mit Rot-Grün für möglich. "Bei der langfristigen Rentenpolitik schließen wir eine Zusammenarbeit prinzipiell nicht aus", sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Montag).

Andrea Nahles für Scharping in den Bundestag?

Jusos fordern früheren Verteidigungsminister zum Rückzug aufAndrea Nahles für Scharping in den Bundestag?

Hamburg (rpo). Niels Annen, Vorsitzender der Jungsozialisten, hat früheren Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping aufgefordert, sich aus der Bundespolitik zu verabschieden. Andrea Nahles könnte für ihn in den Bundestag rücken.Wenn er der Partei noch einen Gefallen tun will, soll er auch sein Abgeordnetenmandat niederlegen", sagte Annen der "Financial Times Deutschland" (Montag). In dem Fall könnte die Sprecherin der Linken, Andrea Nahles, in den Bundestag nachrücken. Scharping hatte am Sonntag erklärt, er wolle im November nicht mehr als stellvertretender Parteichef antreten.

US-Präsident sieht Fortschritte im Konflikt mit Nordkorea

Bush in ThailandUS-Präsident sieht Fortschritte im Konflikt mit Nordkorea

Bangkok (rpo). George W. Bush ist am Montag in Thailand mit dem südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun zusammengetroffen. Zuvor hatte der US-Präsident erstmals Bereitschaft signalisiert, der Regierung in Pjöngjang entgegen zu kommen. Im Mittelpunkt des Treffens stand die Suche nach einem friedlichen Weg zur Beilegung des Atomstreits mit Nordkorea. Bush sprach von Fortschritten bei der friedlichen Beilegung des Konflikts mit Nordkorea. Er erklärte, Südkorea und die USA teilten das Ziel einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel. Weitere Themen des Treffens mit Roh sollten Handelsfragen sein. Die USA sowie China und andere Staaten könnten Nordkorea als Gegenleistung für einen Verzicht auf ein eigenes Atomprogramm schriftliche Sicherheitsgarantien zukommen lassen, sagte Bush am Sonntag am Rande des APEC-Gipfels in Bangkok. Einen formellen Nichtangriffspakt, wie von Pjöngjang gefordert, lehnte er jedoch weiterhin ab. Der Atomstreit ist eines der Themen beim Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC), der am (heutigen) Montag begann. Nordkorea erklärte, der APEC-Gipfel sei nicht das geeignete Forum für eine Erörterung des Atomstreits. Der Konflikt könne nur in direkten Gesprächen zwischen Pjöngjang und Washington beigelegt werden. Dies lehnen die USA jedoch ab.

Schweiz: Hoher Wahlsieg für Rechtskonservative

Linke legen zuSchweiz: Hoher Wahlsieg für Rechtskonservative

Genf (rpo). Als deutlicher Sieger ist die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) aus den Parlamentswahlen in der Schweiz hervorgegangen. Der befürchtete Rechtsruck blieb dennoch aus.Nach dem am frühen Montagmorgen veröffentlichten Endergebnis konnte sie im 200 Abgeordnete umfassenden Nationalrat um 11 Sitze auf 55 zulegen und wird damit auch stärkste Fraktion im Parlament. Dennoch blieb der von Wahlforschern befürchtete Rechtsruck in der Schweiz aus, weil auch das rot-grüne Lager sieben Mandate hinzugewann. Die Sozialdemokraten verbesserten sich um 2 Sitze auf 53 und die Grünen um 4 Sitze auf 13. Große Verlierer sind die Parteien der bürgerlichen Mitte. Christ- und Freidemokraten verloren jeweils 7 Mandate. Rund 4,7 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, die 200 Abgeordneten für den Nationalrat sowie eine neue Vertretung für die 26 Kantone zu bestimmen. Nach ihrem Wahlsieg stellte die SVP die seit 1959 geltende Regierungsform in Frage. Danach verfügten die Sozialdemokraten, die Christdemokraten und Freidemokraten jeweils über zwei der sieben Ministerämter in einer Koalitionsregierung. SVP-Präsident Ueli Maurer verlangte, dass seine Partei einen zweiten Ministerposten erhält. Dieser solle mit Parteifinanzier und Chemie-Unternehmer Christoph Blocher besetzt werden. Sollten die anderen Parteien diese Forderungen nicht erfüllen, wolle die SVP in die Opposition gehen, drohte Maurer. Den weit gehend ruhigen Wahlkampf hatten die Themen Arbeitslosigkeit, Renten, Europa- und Asylpolitik beherrscht. SVP gewann überraschendDie SVP gewann überraschend sechs zusätzliche Mandate in der französischsprachigen Westschweiz. Dort war sie erstmals bei Parlamentswahlen angetreten. Auch im traditionell roten Genf verbuchte die SVP auf Kosten der bürgerlichen Parteien Stimmengewinne und eroberte ein Mandat. In der Schweiz wählt jeder der 26 Voll- und Halbkantone nur seine Abgeordneten für das Parlament und die Kantonsvertretung. Wahlkommentatoren führten das gute Abschneiden der rechtskonservativen SVP vor allem auf Protestwähler zurück, die den bürgerlichen Parteien einen Denkzettel verpasst hätten. Die Rechtskonservativen hätten vor allem mit den Themen Sicherheit, Finanzen und Asylpolitik punkten können. Angesichts der Probleme um die weitere Finanzierung des Sozialstaates hätten viele Wähler auch das linke Lager gestärkt, um einen Sozialabbau zu verhindern.

DGB-Chef Sommer: "Für Rentner ein zu tiefer Einschnitt"

Gewerkschaften haben "Bauchschmerzen"DGB-Chef Sommer: "Für Rentner ein zu tiefer Einschnitt"

Osnabrück (rpo). DGB-Vorsitzender Michael Sommer fordert, dass die Rentenbeschlüsse der Bundesregierung "auf jeden Fall die letzte Notoperation dieser Art" sein müssen. Die Beschlüsse bereiteten den Gewerkschaften "allergrößte Bauchschmerzen".Das sagte Sommer bei einem Interview in der "Neue Osnabrücker Zeitung" (Montagausgabe). Es werde schon im nächsten Jahr - für das die Regierung eine Nullrunde für die Rentner vorgesehen hat - zu einer faktischen Rentenkürzung kommen, weil die Rentner dann den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen müssten. Im Jahr 2005 werde es dann wegen des neuen demographischen Faktors eine Nullrunde geben. Spätestens bei einem stärkeren Ansteigen der Inflationsrate wäre dies für Millionen Rentner ein zu tiefer Einschnitt, meinte Sommer. "Für diesen Fall fordere ich Nachverhandlungen, um die Einschnitte für Rentner sozial verträglicher zu machen." Stabile Beiträge gutes SignalPositiv bewerte er den Verzicht auf eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre und auf eine Anhebung des Beitragssatzes. Stabile Beiträge seien ein gutes Signal für die Arbeitnehmer, die bei der Gesundheitsreform kräftig draufzahlen müssten. Auch die Absenkung der Schwankungsreserve auf 20 Prozent akzeptiere der DGB, sagte Sommer. So würden Beitragssteigerungen oder noch tiefere Einschnitte verhindert. Die Rücklage müsse aber in Zeiten des Aufschwungs wieder aufgefüllt werden. Sommer regte an, solche "Puffer" auch für die Staatskassen anzulegen.

Scharping besorgt über den Zustand der SPD

Ehemaliger Verteidigungminister will nicht mehr kandidierenScharping besorgt über den Zustand der SPD

Berlin (rpo). Rudolf Scharping, scheidender stellvertretender SPD-Parteivorsitzender, ist besorgt über den Zustand seiner Partei. Die Sozialdemokraten hätten sehr viele treue Mitglieder verloren.Scharping, der ankündigte, beim Bochumer Parteitag im November nicht wieder als SPD-Vize zu kandidieren, sagte der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe): Er mache sich "große Sorgen" um die Partei. Die SPD habe "sehr viele treue Mitglieder verloren, manche Wahlen und viel Vertrauen". Das müsse wieder zurückgewonnen werden. Scharping weiter: "Wir müssen diese Mischung aus Zorn, Ratlosigkeit und Verzweiflung überwinden." Zugleich mahnte er "klare Leitlinien" an. Seinen Rückzug aus der Parteispitze begründete der scheidende SPD-Vize so: "Ich kann unseren Zielen besser dienen, wenn ich nicht Mitglied dieser Parteiführung bin. Für meine Grundüberzeugungen brauche ich (...) kein Amt." Scharping hatte der Zeitung "Trierischer Volksfreund" am Sonntagabend seine Rücktrittsabsichten bestätigt. Wie das Blatt weiter berichtete, wolle er seine Beweggründe am Montagnachmittag in Mainz erläutern. Laut "Focus"-Online will er aus Unzufriedenheit mit dem derzeitigen SPD-Kurs sein Amt niederlegen. Unterdessen forderte der Vorsitzende der Jungsozialisten, Niels Annen, Scharping auf, sich ganz aus der Bundespolitik zurückzuziehen. "Wenn er der Partei noch einen Gefallen tun will, soll er auch sein Abgeordnetenmandat niederlegen", sagte Annen der "Financial Times Deutschland". In dem Fall könnte die Sprecherin der Linken, Andrea Nahles, in den Bundestag nachrücken.