Parteilinker Larcher nennt Rücktrittsdrohung "Erpressungsversuch"Reformstreit in der SPD eskaliert
Berlin (rpo). Der Reformstreit in der SPD spitzt sich weiter zu. Der linke Parteiflügel warf Bundeskanzler Gerhard Schröder "Erpressungsversuche" vor. Wirtschaftsminister Clement verglich die derzeitige Situation mit den Ereignissen, die 1982 zum Regierungswechsel geführt haben. "Für freie Abgeordnete ist es unzumutbar, dass immer wieder versucht wird, sie durch Rücktrittsdrohungen auf Linie zu bringen", sagte der Sprecher des Forums Demokratische Linke 21, Detlev von Larcher, laut "Die Welt". Schröder schade mit dieser Methode der SPD und sich selbst. "Irgendwann läuft er damit auf." Von den Grünen erhielt Schröder dagegen Unterstützung für seine Rücktrittsdrohung. "Das ist nicht die Wiederholung einer Drohung, sonder die Wiederholung eines Arguments", sagte Fraktionschefin Krista Sager im WDR2-Morgenmagazin. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement warnte seine Partei vor dem Verlust der Regierungsfähigkeit. "Ich rufe meine Partei - und darin alle, die es angeht - dringend zur Besonnenheit auf", sagte Clement laut "Handelsblatt". Schröder hatte am Dienstag nach der Zitterpartie bei der Verabschiedung der Gesundheitsreform im Bundestag sein politisches Schicksal mit der Durchsetzung seiner Reformagenda verknüpft. Auch Juso-Chef Niels Annen kritisierte dieses Vorgehen. "Je häufiger man den Rücktritt andeutet, desto weniger hören die Leute zu", sagte er laut "Welt" in Anspielung auf frühere Rücktrittsdrohungen. SPD-Fraktionsvize Michael Müller mahnte zur Gelassenheit. "Ich plädiere dafür, ein bisschen abzurüsten", sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken. Auch er äußerte sich aber kritisch zur Rücktrittsdrohung Schröders: "Man muss schon ziemlich blind sein, nicht zu sehen, dass er sein politisches Schicksal an die Agenda 2010 geknüpft hat. Insofern braucht man es nicht so häufig zu sagen." Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti forderte sowohl Schröder als auch dessen Kritiker auf, den Streit zu deeskalieren. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Schösser drohte mit einem erneuten Nein bei der Abstimmung über die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe am 17. Oktober. "Ich will ja nicht den gesamten Schröder-Kurs stoppen, sondern nur den gröbsten Unfug verhindern", sagte Schösser der "Süddeutschen Zeitung". Die SPD-Fraktionsführung müsse zu Kompromissen bereit sei und gravierende Gerechtigkeitslücken beseitigen. Schösser hatte vergangenen Freitag zusammen mit fünf weiteren SPD-Abgeordneten gegen die Gesundheitsreform gestimmt. Verständnis für die SPD-Linke äußerte ver.di-Chef Frank Bsirske. "Eine Politik, die in zentralen Punkten in die falsche Richtung geht, wird nicht richtiger dadurch, dass man sie mit aller Macht zu exekutieren versucht", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende der "Rheinpfalz". Clement erinnert an Sturz Schmidts Clement verglich die derzeitige Situation wie zuvor auch schon der Kanzler mit den Ereignissen, die 1982 zum Regierungswechsel geführt haben. "Es erinnert mich derzeit einiges an das, was zum Sturz von Helmut Schmidt beigetragen hat", sagte Clement. Der Reformweg der Agenda 2010 sei richtig und müsse so schnell wie möglich umgesetzt werden. "Daran führt kein Weg vorbei, wenn wir uns weiterhin als regierungsfähig erweisen wollen." Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Sager: "Wenn diese Regierung die notwendigen Strukturreformen nicht hinbekommt, kann sie nicht einfach so weiter machen als wäre nichts."