Alle Politik-Artikel vom 17. Oktober 2003
Präsident in Bolivien offenbar kurz vor dem Rücktritt

Massendemonstrationen den fünften Tag in FolgePräsident in Bolivien offenbar kurz vor dem Rücktritt

La Paz (rpo). Der bolivianische Präsident Gonzalo Sanchez de Lozada erwägt nach wochenlangen Demonstrationen offenbar seinen Rücktritt. Nach der Ankündigung einer "patriotischen Entscheidung", die der Staatschef am Freitag dem Parlament in einer Krisensitzung mitteilen wollte, verlautete aus seiner Umgebung, dass Sanchez de Lozada sein Amt niederlegen wolle. Unmittelbar zuvor hatte die Regierung mit dem Rückzug des Koalitionspartners Neue Republikanische Kraft eine weitere Schlappe erlitten. Deren Vorsitzender Manfred Reyes Villa sagte, der Präsident habe keine andere Wahl mehr als zurückzutreten. Mehrere tausend Menschen zogen auch am Freitag wieder durch die Straßen von La Paz. Unter ihnen waren auch Bergarbeiter, die Dynamitstangen in der Luft schwenkten. "Wir werden nicht aufhören, bis er gegangen ist", riefen sie in Sprechchören. An den Protestaktionen beteiligen sich nahezu alle Bevölkerungsgruppen in dem von verbreiteter Armut betroffenen Andenland. Drei von fünf Bolivianern müssen ihren Lebensunterhalt mit weniger als zwei Dollar am Tag bestreiten. Auslöser der Demonstrationen sind Pläne der Regierung zum Export von Erdgas. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen kamen bei Zusammenstößen mit Polizei und Armee in den vergangenen drei Wochen 65 Menschen ums Leben. Am Freitag flog eine Maschine der brasilianischen Luftwaffen 105 Touristen aus Bolivien aus. Einer von ihnen berichtete nach der Landung, er habe auf der Straße vor dem Hotel Leichen gesehen; "einige von ihnen mit zerschmetterten Köpfen". Ein Flugzeug der peruanischen Luftwaffe brachte etwa 80 eigene Bürger in Sicherheit. Israel schickte ein Hercules-Transportflugzeug nach Bolivien, das mehr als 100 Israelis nach Peru bringen sollte. Der Verkehr auf dem internationalen Flughafen in El Alto ist wegen der Blockade von Zufahrtstraßen weitgehend zum Erliegen gekommen. Der 73-jährige Sanchez de Lozada war vor einem Jahr zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt worden. Seine erste Regierungszeit dauerte von 1993 bis 1997. Der in den USA ausgebildete Politiker wird von Washington unterstützt.

BND-Mitarbeiter wegen Spionage verhaftet

Laut Bericht für den bulgarischen Geheimdienst tätigBND-Mitarbeiter wegen Spionage verhaftet

Karlsruhe (rpo). Ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes ist unter Spionageverdacht verhaftet worden. Der 64-Jährige sei dringend verdächtig, von Ende 1999 bis September 2003 einer Angehörigen eines ausländischen Nachrichtendienstes geheimhaltungsbedürftige Unterlagen übergeben zu haben. Das teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag in Karlsruhe mit. Nach unbestätigten Medienberichten handelt es sich um den bulgarischen Geheimdienst. "Spiegel Online" berichtete, der Mann habe für den bulgarischen Geheimdienst gearbeitet. Der Fall sei außenpolitisch heikel, da Bulgarien voraussichtlich 2007 EU-Mitglied werden soll. Die Bundesregierung sei empört über das als "grob unhöflich empfundene Verhalten des befreundeten Staates", hieß es. Weiter berichtet der Online-Dienst, es gebe Hinweise, wonach der 64-jährige Verdächtige, der im BND für den Balkan zuständig gewesen sei, alkoholkrank sei. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios wurde der BND-Mitarbeiter von der Spionageabwehr seines Geheimdienstes bei einem Treffen mit einer Vertreterin des bulgarischen Dienstes beobachtet worden, mit der er beruflichen Kontakt gehabt habe. Bei dem Treffen habe er der Frau auch interne Papiere des BND übergeben, die der Agentin später abgenommen worden seien. Der Spionageabwehr sei der 64-Jährige aufgefallen, weil er Papiere des Dienstes mit nach Hause genommen habe. Daraufhin sei er observiert worden. "Wir haben die Bundesanwaltschaft nach einer internen Untersuchung eingeschaltet", sagte die Sprecherin des Bundesnachrichtendienstes, Michaela Heber, der Nachrichtenagentur AP. Die Verhaftung liege bereits einige Tage zurück. Alles Weitere würden die laufenden Ermittlungen zeigen. Mit den Ermittlungen ist das bayerische Landeskriminalamt betraut. Dieses wollte sich nicht zu dem Fall äußern und verwies auf die Bundesanwaltschaft. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes habe auf Antrag von Generalbundesanwalt Kay Nehm Haftbefehl erlassen, hieß es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft. Weitere Auskünfte wollte auch diese Behörde aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst nicht geben.

Krieg gegen Terror Kampf mit dem Satan

USA: Versetzung eines Staatssekretärs gefordertKrieg gegen Terror Kampf mit dem Satan

Washington (rpo). Einen Sturm der Kritik haben religiöse Äußerungen eines Staatssekretärs im Pentagon ausgelöst, der den Krieg gegen den Terror als einen Konflikt mit Satan bezeichnet hat. Der Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen forderte die Versetzung von Generalleutnant William Boykin. Der republikanische Senator Lincold Chafee sprach von bedauerlichen Erklärungen. Boykin ist mehrfach in Kirchen evangelikaler Gemeinden aufgetreten, zum Teil in Uniform. Dabei sagte er unter anderem, die islamischen Extremisten hassten die USA, "weil wir eine christliche Nation sind, weil unsere Grundlagen und Wurzeln jüdisch-christlich sind. Und der Feind ist ein Kerl namens Satan." US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte am Donnerstag, er kenne Boykins Äußerungen nicht genau, wisse aber, dass er ein hervorragender Offizier sei. Die Äußerung bestimmter Ansichten sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. Generalstabschef Richard Myers sagte, er könne nicht erkennen, dass Boykin gegen bestehende Richtlinien verstoßen habe.

Rentenversicherer: Beitrag muss steigen

Kassen fehlen insgesamt zehn Milliarden EuroRentenversicherer: Beitrag muss steigen

Berlin (rpo). Wegen eines unerwartet großen Milliardenlochs in der Rentenkasse muss 2004 der Beitragssatz erhöht werden. Das teilte der Verband deutscher Rentenversicherungsträger am Freitag mit. Dies gilt laut VDR auch, wenn Sozialministerin Ulla Schmidt wie erwartet am Sonntag ein drastisches Sparpaket für Rentner vorlegt. Die Erhöhung müsse umso größer ausfallen, wenn es bei der vom Bundestag beschlossenen Kürzung des Bundeszuschusses an die Rentenkasse bleibe. Zuvor hatte der Schätzerkreis der Rentenversicherer berechnet, dass zum Jahresende acht Milliarden Euro in der Rentenkasse fehlen. Die Kürzung des Bundeszuschusses um zwei Milliarden Euro kommt hinzu. Ohne Gegenmaßnahmen müsste deshalb der Rentenbeitrag 2004 von 19,5 auf 20,5 Prozent angehoben werden. Klar ist allerdings schon, dass Schmidt mit Sparmaßnahmen gegensteuern will. Ihr Sprecher Klaus Vater sagte, die Ministerin werde bei der Rentenklausur der Koalition am Sonntag ein Konzept vorlegen, das die Gesamtsumme von zehn Milliarden Euro "beherrschbar" mache. Erwogen wird die Verschiebung der Rentenanpassung 2004 auf 2005, eine Erhöhung des Pflege- oder Krankenversicherungsbeitrags für Rentner und die Senkung der Rentenfinanzreserve von heute 0,5 auf 0,3 Monatsausgaben. Nach Angaben von Rentenversicherern und anderen Experten ist der Fehlbetrag aber zu groß, um ihn mit solchen Sparmaßnahmen ausgleichen. Diese würden "nicht ausreichen, den Beitragssatz stabil zu halten", erklärte VDR-Geschäftsführer Franz Ruland. Er sehe die "Notwendigkeit eines moderaten Beitragssatzanstiegs". Im Saarländischen Rundfunk nannte er eine Größenordnung von 19,8 Prozent. Dies gelte allerdings nur, wenn der Bundeszuschuss nicht gekürzt werde. Die Kürzung ist Teil des Haushaltsbegleitgesetzes, das SPD und Grüne am Freitag im Bundestag beschlossen. Bleibe es dabei, "gibt es nur zwei Alternativen: Entweder muss der Beitragssatz stärker angehoben werden, oder es müssten die Renten gekürzt werden." Eine Zwei-Milliarden-Kürzung des Zuschusses könnte rechnerisch noch einmal zu 0,2 Prozentpunkten Beitragserhöhung führen.Streit um Bundeszuschuss Das Kabinett hatte im Sommer beschlossen, sowohl den Beitragssatz bei 19,5 Prozent zu halten, als auch die Zahlungen des Bundes an die Rentenkassen von derzeit rund 78 Milliarden Euro um zwei Milliarden zu kürzen. Angesichts des dramatischen Finanzlochs schließt die SPD ein Abrücken von beiden Zielen nicht mehr aus. Eine Erhöhung des Rentenbeitrags müsse zumindest erwogen werden, erklärte SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch. Wenn Schmidt und Finanzminister Hans Eichel sich auf eine Rücknahme der Zuschusskürzung einigen würden, wäre dies "schön". Das Bundesfinanzministerium verwies aber darauf, dass Kabinett und Regierungsfraktionen die Vorlage im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt unterstützt hätten. Eine Änderung sei somit "nicht angezeigt", sagte ein Sprecher. Union und FDP warfen der Regierung eine gescheiterte Rentenpolitik vor und nannten die Kürzung des Bundeszuschusses nicht vertretbar. Rot-Grün trage die Verantwortung für die desaströse Lage der gesetzlichen Rentenversicherung, sagte CDU-Sozialexperte Andreas Storm. Der FDP-Sozialpolitiker Heinrich Kolb forderte zudem, den Beitragssatz stabil zu halten. Sonst drohe weiterer Arbeitsplatzabbau.

Anglikanischer Kirche droht "gewaltige Krise" um Homosexuelle

Streit spitzt sich zuAnglikanischer Kirche droht "gewaltige Krise" um Homosexuelle

London (rpo). Der Streit um homosexuelle Priester in der Anglikanischen Kirche spitzt sich zu. "Wir stehen in dieser Frage vor einer gewaltigen Krise", sagte der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams. Als geistliches Oberhaupt der weltweit 70 Millionen Anglikaner hatte Williams Kirchenführer aus aller Welt zu einer Krisensitzung nach London eingeladen, die am Donnerstagabend zu Ende ging. Bei dem Streit geht es konkret um die Wahl des homosexuellen Amerikaners Gene Robinson zum Bischof von New Hampshire. In einer nach Angaben von Williams einstimmig angenommenen Erklärung drückten die Anglikanischen Bischöfe ihr "tiefes Bedauern" über die geplante Bischofsweihe von Robinson aus. Für den Fall, dass Robinson wie geplant am 2. November in sein Amt eingeführt werde, drohe eine "Gefährdung der Einheit" der Anglikanischen Kirche. Die Bischöfe beschlossen die Einsetzung einer Kommission, die sich dem "spalterischen Thema" des Umgangs mit Homosexuellen widmen soll. Schon kurz nach Ende der Sitzung wurde deutlich, dass die tiefen Spannungen zwischen dem liberalen und traditionalistischen Flügel der Anglikanischen Kirche keineswegs beigelegt werden konnten. US-Bischof Frank Griswold, der an der Sitzung teilnahm, machte deutlich, dass er an der Weihe Robinsons festhält. "Ich stehe voll hinter der Diözese von New Hampshire", sagte er. In einer am Freitag von der Diözese herausgegebenen Erklärung heißt es: "Wir freuen uns auf die Weihe von Bischof Robinson ...wir glauben, dass er von Gott berufen wurde."

Großzügigste Steueramnestie in der Geschichte der BRD

Rot-grüne Mehrheit für Eichels ProjektGroßzügigste Steueramnestie in der Geschichte der BRD

Berlin (rpo). Der Bundestag hat die großzügigste Amnestie für Steuersünder in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen. Für die "Brücke zur Steuerehrlichkeit" stimmten am Freitag SPD und Grüne, die Opposition votierte geschlossen dagegen. Tritt das Gesetz in Kraft, können reuige Bürger vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2005 sollen straffrei Schwarzgeld offen legen und es zu einem Satz versteuern, der unter dem normalerweise geltenden Tarif liegt. Der von CDU und CSU dominierte Bundesrat muss zustimmen. Dies gilt als unwahrscheinlich, da die Union die Regelung für zu großzügig hält. Finanzminister Hans Eichel rechnet durch die Amnestie mit zusätzlichen Einnahmen von fünf Milliarden Euro. Wer sich 2004 zur Offenlegung illegaler Gelder entschließt, zahlt 25 Prozent Steuern. Vom 1. Januar bis 31. März 2005 muss er 35 Prozent abführen. Zwei Milliarden Euro aus dem erhofften Einkünften hat Eichel bereits im Bundeshaushalt 2004 verplant. Die Amnestie gilt für Schwarzgelder, die zwischen 1993 und 2001 ins Ausland oder auf anderem Weg illegal zur Seite geschafft wurden. Entgegen erster Pläne Eichels soll nicht der gesamte Betrag, sondern höchstens 60 Prozent der offen gelegten Summe nachträglich versteuert werden. Dazu muss der reuige Bürger eine "strafbefreiende Erklärung" abgeben. Dafür bleibt ihm ein Konflikt mit der Justiz erspart. Die Strafbefreiung gilt für alle Tatbeteiligten, also auch Komplizen oder Tippgeber. Nachermittlungen wegen anderer Delikte sind ausgeschlossen. Das Finanzministerium rechnet mit Verfassungsklagen gegen das Projekt, räumt diesen aber keine Chancen ein. Die Amnestie gehört zu Eichels Strategie, Deutschland für Anleger attraktiver zu machen. Ein Ziel ist, dass Geld gar nicht erst ins Ausland gebracht wird. Nach Erreichen des Rechtsfriedens soll der Kampf gegen Steuerhinterziehung verschärft werden. Die Finanzbeamten erhalten nach dem Auslaufen der Amnestie Kontrollmöglichkeiten, um neue Kapitalflucht zu unterbinden. Dazu gehört ein Auskunftsrecht, wer bei welcher Bank ein Konto oder Depot hat. Kontobewegungen und -stand dürfen nicht "ins Blaue hinein" abgefragt werden, sondern nur bei Verdacht. Das Finanzministerium erwartet, dass "nur einige Schlafmützen" erst 2005 das Angebot nutzen und die fünf Milliarden Euro schon 2004 hereinkommen. Davon entfallen jeweils 2,1 Milliarden Euro auf Bund und Länder, der Rest geht an die Kommunen. "Es gibt in der Bevölkerung offenbar hohen Druck, sich steuerehrlich zu machen, so dass wir glauben, mit unseren Annahmen auf der sicheren Seite zu sein", heißt es im Finanzministerium. Geld soll nach Deutschland zurückgeholt werden Jene, die bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer betrogen haben, müssen die Strafsteuer nur auf 60 Prozent des eigentlich zu versteuernden Betrages bezahlen. Bei der Gewerbesteuer sind es zehn, bei der Erbschaftsteuer 20 und bei der Mehrwertsteuer 30 Prozent. Die Amnestie gilt nicht für laufende Verfahren und Straftaten, die mit mindestens drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Dazu zählt Geldwäsche. Die Union kritisierte, wer Steuern hinterzogen habe, gehe nicht nur straffrei aus, sondern werde gegenüber dem ehrlichen Bürger auch noch finanziell erheblich besser gestellt. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich Schwerstkriminelle "der staatlichen Geldwäsche" bedienten.

Scharon schließt Ausweisung Arafats aus

Doch keine "gute Idee"Scharon schließt Ausweisung Arafats aus

Jerusalem (rpo). Erstmals hat der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon die mehrfach angedrohte Ausweisung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat als eine "unrealistische Option" ausgeschlossen.In einem Interview mit der Zeitung "Jerusalem Post" vom Freitag sagte Scharon, eine solche Ausweisung würde "nichts Gutes" für Israel bedeuten. Erst vor wenigen Wochen hatte die Regierung in Jerusalem auf Vorschlag Scharons beschlossen, Arafat aus seinem Amt zu "entfernen". "Die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn ausweisen könne, ohne ihn körperlich zu verletzen, ist gering. Nicht nur wegen seiner Leibwächter, sondern weil er von einer Menschenkette von Israelis umgeben ist. Unsere Geheimdienste glauben deshalb, dass die Ausweisung keine gute Idee wäre", meinte der Politiker. Gleichzeitig warnte der 75-jährige Regierungschef, er glaube nicht, dass es "eine Lösung oder einen politischen Prozess geben kann, der zum Frieden führt", so lange Arafat die Kontrolle über die palästinensische Autonomiebehörde habe. Es sei zu bezweifeln, ob ein palästinensischer Ministerpräsident unter Arafat genug Unabhängigkeit erlangen könnte, um den Terrorismus zu stoppen. Ein Abkommen sei nur mit einem starken palästinensischen Ministerpräsidenten möglich. Bisher seien die nötigen Reformen in der Autonomiebehörde nicht verwirklicht worden. Scharon gab erstmals zu verstehen, dass er notfalls bereit sei, auf US-amerikanische Kreditgarantien zu verzichten, um Teile der international höchst umstrittenen Sperranlage im Westjordanland fertig zu bauen. Die Sperranlage sei nicht nur aus Sicherheitsgründen nötig, sondern auch um die illegale Einwanderung von Palästinensern nach Israel zu verhindern. Washington hat gedroht, Kreditgarantien über neun Milliarden Dollar für Israel zu kürzen, falls die Sperranlage bei der jüdischen Siedlerstadt Ariel die im Umfeld wohnenden Palästinenser vollständig von ihrem Hinterland abriegeln würde.

Berlusconi: "Ich bin kein Zwerg!"

In italienischen Medien belächeltBerlusconi: "Ich bin kein Zwerg!"

Brüssel (rpo). Der für seinen mehr oder weniger guten Humor bekannte italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sich beim EU-Gipfel in Brüssel selbst auf die Schippe genommen. Bei einer Pressekonferenz entfuhr es dem Politiker plötzlich: "Ich weiß gar nicht, warum sich alle immer über meine Größe lustig machen. Ich bin 1,70 Meter groß - zu meiner Zeit war das ganz normal." Auch der außenpolitische EU-Repräsentant Javier Solana sei schließlich nicht größer als er: "Wir sind keine Zwerge!". Berlusconi wird vor allem in italienischen Medien häufig wegen seiner kleinen Statur belächelt. Auf Gruppenfotos mit seinen Amtskollegen platziert er sich meist in der zweiten Reihe - auf einem Podest oder einer kleinen Stufe.

EU: Planung eigener Militär-Fähigkeiten

Chirac: "Entschlossen weiterzumachen"EU: Planung eigener Militär-Fähigkeiten

Brüssel (rpo). Die EU-Staaten wollen den Aufbau eigener militärischer Strukturen vorantreiben, ohne dabei die NATO zu schwächen. Dies wurde auf dem EU-Gipfel in Brüssel deutlich. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac sagte: "Wir sind entschlosssen weiterzumachen." Der britische Premierminister Tony Blair schränkte ein: "Wir brauchen natürlich eine starke europäische Verteidigung. Aber nichts darf die Verteidigungsgarantien der NATO in Gefahr bringen." Die Pläne Deutschlands, Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs, ein eigenes EU-Hauptquartier zur Planung und Führung militärischer Einsätze aufzubauen, haben in den USA Argwohn hervorgerufen. Mitte der Woche hatte dies der US-Botschafter bei der NATO, Nicholas Burnes, im Kreis seiner Brüsseler Kollegen erneut deutlich gemacht und betont, die EU-Pläne stellten eine Gefahr für Allianz dar. Blair, engster Verbündeter Washingtons in Europa, betonte: "Jeder wird am Ende akzeptieren, dass die Verteidigungsgarantien in der NATO wurzeln." Für Großbritannien sei eine enge Anbindung an Europa aber genau so wichtig wie die Verbundenheit zu den USA. Darin sehe er keine Widersprüche. In der EU-Verteidigungspolitik gehe es darum, einsatzfähig zu sein, wenn sich die NATO beziehungsweise die USA nicht engagieren wollten. Auch der italienische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratsvorsitzende Silvio Berlusconi sagte: "50 Jahre war die NATO die Basis unserer kollektiven Verteidigung, und das sollte auch so bleiben." Aus deutschen Regierungskreisen verlautete, es gehe nicht darum, dies zu ändern. Vielmehr müsse die EU eigene Strukturen für Einsätze aufbauen, die sie ohne die NATO und auch ohne Rückgriff auf Strukturen der Allianz führe. Investitionsprogramm auf dem Weg Zur Ankurbelung der Konjunktur brachte der EU-Gipfel ein milliardenschwereren Investitionsprogramm auf den Weg. "Da die Lage weiterhin labil ist, muss ein Zeichen des Vertrauens in das Wirtschaftspotenzial der Europäischen Union gesetzt werden", erklärten die Chefs. Eine zusätzliche Belastung der Haushalte soll es aber nicht geben. Konkrete Beschlüsse will der EU-Gipfel im Dezember fassen. Die Forderung der EU-Kommission, die Kofinanzierung der Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Verkehrsprojekten von derzeit zehn auf 30 Prozent zu erhöhen, wurde in die Gipfelerklärung nicht mit aufgenommen. Besonders Deutschland hatte sich dagegen gewehrt, weil dies eine zusätzliche Belastung des Haushalts nach sich gezogen hätte. Jetzt wird lediglich geprüft, "ob in einigen besonderen Fällen eine Erhöhung des Kofinanzierungsanteils der Gemeinschaft möglich ist". "Tief besorgt" äußerte sich der Gipfel über die jüngste Entwicklung im Nahen Osten. Die Bemühungen beider Seiten, die Chance auf einen dauerhaften Frieden zu ergreifen, seien unzureichend, erklärten die Chefs. Angesichts der jüngsten Terroranschläge müsse die Palästinensische Autonomiebehörde "ihre Entschlossenheit, extremistische Gewalt zu bekämpfen, konkret unter Beweis stellen". Besorgt äußerte sich der Gipfel zugleich über den von Israel an der Grenze zum Westjordanland gebauten Sicherheitszaun. Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde am zweiten Gipfeltag in Brüssel vom französischen Präsidenten Jacques Chirac vertreten, um an der Abstimmung im Bundestag teilzunehmen. Chirac äußerte sich im Anschluss zufrieden mit der Zusammenarbeit.

Frieden über alles
Frieden über alles

Vor 20 Jahren: Demos gegen den Nato-DoppelbeschlussFrieden über alles

Düsseldorf (rpo). Es war die Zeit, als viele fürchteten, nicht einmal mehr das nächste Jahrzehnt zu erleben. Denn die Angst vor einem Atomkrieg ging um. Mit dem Nato-Doppelbeschluss drohte ein neues Kapitel des Wettrüstens zwischen Ost und West. Dagegen gingen am 22. Oktober 1983 Hunderttausende in Deutschland auf die Straßen, bildeten rekordverdächtige Menschenketten oder setzten sich einfach hin, um amerikanische Militär-Depots zu blockieren. Hintergrund der neuen Friedensbewegung: Der Kalte Krieg war in eine neue heiße Phase getreten. Die Sowjetunion hatte aufgerüstet, die USA wollten nachziehen. In den 70er Jahren modernisiert die Sowjetunion unter Leonid Breschnew ihre auf Westeuropa gerichteten Mittelstreckenraketen. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt sieht besonders Deutschland bedroht und fordert die Nato zu Gegenmaßnahmen auf. Ergebnis: der Nato-Doppelbeschluss. Der Beschluss vom Dezember 1979 sieht Verhandlungen über den Abbau der russischen SS-20-Raketen vor. Bei einem Scheitern der Gespräche sollen 1983 amerikanische Mittelstreckenraketen in Deutschland und Westeuropa stationiert werden. Die Angst vor einer sich weiter drehenden Rüstungsspirale beschert der Friedensbewegung nun einen nie gekannten Zulauf. Fast fünf Millionen Menschen unterzeichnen Anfang der 80er Jahre den "Krefelder Appell". Darin fordert die Friedensbewegung die Regierung auf, sich für eine einseitige Abrüstung der Nato-Staaten einzusetzen. Ende Oktober 1983 starten die Friedensaktivisten dann noch einmal richtig durch. Die Bundestagsentscheidung über den Nato-Doppelbeschluss steht vor der Tür, und Hunderttausende strömen am 22. Oktober auf die Straßen von Bonn, Berlin, Hamburg, Stuttgart und Neu-Ulm. Und nicht nur dort — auch in Brüssel, London oder Wien geben Zehntausende ihrem Friedenswunsch Ausdruck. Prominente Unterstützung Den meist friedlichen Demonstranten, die vor allem der alternativen Bewegung, kirchlichen und gewerkschaftlichen Gruppen nahe standen, schlossen sich bald prominente Politiker aus SPD, FDP und den frisch gegründeten Grünen an. "Wir sagen Nein zu immer neuen Atomraketen", erklärte der SPD-Vorsitzende und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt im Bonner Hofgarten vor rund 350.000 Friedensbewegten und forderte, keine Pershing-II-Raketen und Marschflugkörper zu stationieren, sondern weiter über die Abrüstung zu verhandeln. Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll zeigt sich entsetzt sich über die Wettrüstung als der "einzig wahren Gotteslästerung". Das US-Militärdepot in Mutlangen wird Monate lang zum Schauplatz einer wahren Prominentenblockade. Zusammen mit tausenden von Bürgern demonstrieren der SPD-Politiker Oskar Lafontaine, der Schriftsteller Günter Grass sowie die Grünen-Gründerin Petra Kelly und ihr Lebensgefährte, der Ex-General Gerd Bastian, gegen die bevorstehende Stationierung von US-Raketen. Ab Stuttgart bilden rund 200.000 Menschen die bis dahin längste Menschenkette der Welt. Sie endet nach über 100 Kilometern in Neu-Ulm vor einer US-Kaserne. Es gab jedoch auch kritische Stimmen im Friedens-Chor. CDU-Generalsekretär Heiner Geißler warf Willy Brandt anlässlich seines Auftritts in Bonn eine "Verharmlosung" der Sowjetunion vor, FDP-Chef Dietrich Genscher kritisierte die Entfernung von der westlichen Sicherheitspolitik. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Helmut Schmidt die Friedensbewegung gemahnt: "Lassen Sie sich keine einseitigen Behauptungen einreden." In ein ähnliches Horn blies damals auch Helmut Kohl. Der CDU-Chef warnte vor einer "einseitigen Vorleistung der westlichen Seite", die die Sowjetunion niemals honorieren würde. Der Anfang vom Ende Am Ende sollten die Gegner der Friedensbewegung die Oberhand behalten. Die 1981 in Genf begonnenen Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion gingen ohne Ergebnis zu Ende. Grund genug für US-Präsident Ronald Reagan, vor dem Bundestag nochmals mit folgenden Worten das Prinzip des Wettrüstens zu verteidigen: "Die Abschreckung hat den Frieden erhalten. Deshalb müssen wir weiterhin diejenigen Schritte unternehmen, die getan werden müssen, um die Abschreckung glaubhaft zu machen." Und so stimmte der Bundestag am 22. November 1983 nach hitziger Debatte mit den Stimmen von Union und FDP der Stationierung amerikanischer Raketen in Deutschland zu. Der langsame Untergang der Friedensbewegung war damit besiegelt. Sie sollte nie wieder — auch nicht während zweier Irak-Kriege - ein solches politisches Gewicht wie damals erlangen.

Ermittlungen gegen Helmut Kohl eingestellt

Wegen angeblicher FalschaussageErmittlungen gegen Helmut Kohl eingestellt

Berlin (rpo). Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ihre Ermittlungen gegen Altkanzler Helmut Kohl (CDU) wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage eingestellt. Das teilte die Justiz am Freitag mit.Nach Justizangaben vom Freitag ging es bei der Überprüfung um den Vorwurf, dass Kohl bei den Vernehmungen zur CDU-Parteispendenaffäre im Untersuchungsausschuss des Bundestages einen Beratervertrag mit dem Medienunternehmer Leo Kirch verschwiegen haben soll. Die Vorermittlungen hätten nun ergeben, dass Kohl zu diesem Vertrag überhaupt nicht befragt wurde.

Rot-Grün boxt Hartz III und IV durch

Abstimmungspanne bei Reformgesetzen im BundestagRot-Grün boxt Hartz III und IV durch

Berlin (rpo). Der Bundestag hat am Freitag Reformgesetze in Serie beschlossen. Mit rot-grüner Mehrheit wurden dabei Hartz-III und -IV durchgedrückt, die unter anderem die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe vorsehen. Beschlossen wurden ferner die Tabaksteuererhöhung, die vorgezogene Steuerreform sowie die Gemeindefinanzreform. Gesetze zur Neuregelung des Arbeitsmarktes und zum Vorziehen der Steuerreform um ein Jahr auf 2004 werden jedoch kaum in der jetzt verabschiedeten Form umgesetzt. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sind im unionsdominierten Bundesrat ebenso zustimmungspflichtig wie das Haushaltsbegleitgesetz, dessen wesentlicher Bestandteil die Steuerreform ist. Schröder forderte die Opposition nach den fünf namentlichen Abstimmungen über die Gesetzentwürfe von Rot-Grün auf, "die Notwendigkeit des Reformprozesses nicht aus parteitaktischen Gründen" zu blockieren. Das Votum über die Gesetze habe gezeigt, dass die "Koalition geschlossen steht, wenn es darum geht, Deutschland zu reformieren". Schröder hatte bei allen Gesetzen mehr Stimmen als die so genannte Kanzlermehrheit (302) erhalten. Union und FDP haben Ablehnung im Bundesrat signalisiert und setzen auf Kompromisse im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und der Länderkammer. Erste Sitzung dieses Gremiums ist am 5. November. Wenn die Reformgesetze am 1. Januar 2004 in Kraft treten sollen, muss über das Vermittlungsergebnis wegen vorgeschriebener Zeitfristen am 19. Dezember endgültig im Bundestag abgestimmt werden. Die umstrittenen Arbeitsmarktgesetze Hartz III und IV regeln unter anderem die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die die staatliche Unterstützung für Langzeitarbeitslose zum Teil erheblich absenkt. Danach gilt jede Arbeit als zumutbar, auch Mini-Jobs. Wegen einer Panne - versehentlich waren nach den ersten Urnengängen die Stimmkarten aus beiden Wahlgängen bei der Auszählung vermischt worden - mussten beide Abstimmungen wiederholt werden. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte zuvor eindringlich um Zustimmung für die Reformvorhaben geworben. "Wer zumutbare Arbeit ablehnt, kann nicht damit rechnen, dass er öffentliche Unterstützung bekommt", sagte er. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) betonte, die rot-grünen Gesetze bewirkten nichts, sondern verwalteten nur den Mangel. Das beschlossene Steuerpaket soll den Bürgern milliardenschwere Entlastungen bringen. Zugleich werden aber massiv Vergünstigungen gestrichen. Hauptbestandteil ist das Vorziehen der 3. Steuerreformstufe von 2005 auf 2004. Gleichzeitig wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 der Sparbeitrag des Sozialministeriums beim Bundeszuschuss für die Rente in Höhe von zwei Milliarden Euro verabschiedet. Auch die Eigenheimzulage mit einem Umfang von 9,5 Milliarden Euro wird wegfallen. Reduziert wird die Entfernungspauschale für alle Verkehrsmittel auf 15 Cent pro Kilometer. Finanzminister Hans Eichel (SPD) bezeichnete die Haushaltslage des Bundes als "dramatisch". Opposition und Länder rief er zu einer gemeinsamen Anstrengung auf, um die Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Das Parlament beschloss auch eine Modernisierung der Gewerbesteuer. Die künftige Gemeindewirtschaftsteuer soll den Kommunen eine Verstetigung ihrer Einnahmen bringen. Sie wird auf Freiberufler ausgeweitet. Zusammen mit dem sozialpolitischen Teil der Gemeindefinanzreform, der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe, sollen die Kommunen im kommenden Jahr 4,5 Milliarden Euro mehr bekommen, ab 2005 rund 5 Milliarden jährlich. Zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen setzte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eine Erhöhung der Tabaksteuer durch. Die Anhebung soll in drei Stufen von je 1,5 Cent pro Zigarette erfolgen. Eine Schachtel wird dann um rund einen Euro teurer

Bundesrat stimmt Gesundheitsreform zu

Große MehrheitBundesrat stimmt Gesundheitsreform zu

Berlin (rpo). Die Gesundheitsreform ist beschlossene Sache. Der Bundesrat stimmte mit großer Mehrheit zu. Damit kommen auf die Bürger vom 1. Januar 2004 an höhere Zuzahlungen sowie weniger Kassenleistungen zu. Drei Wochen nach dem Bundestag billigte am Freitag auch der Bundesrat die neuen Regelungen. Ob im Gegenzug die von der Politik angestrebte rasche Senkung der Beitragssätze von derzeit durchschnittlich 14,3 auf 13,6 Prozent im nächsten Jahr greift und Verbraucher so entlastet werden, bleibt jedoch offen. Die meisten Krankenkassen wollten sich in einer dpa- Umfrage weder auf einen Zeitpunkt noch den Umfang einer möglichen Senkung festlegen. Sie verwiesen auf anhaltende Haushaltsplanungen. Der zwischen Regierung und Union im Sommer vereinbarte Gesundheitskompromiss fand in der Länderkammer eine breite Mehrheit. Das Gesetz soll Krankenkassen bis 2007 um fast 20 Milliarden Euro entlasten. Es sieht unter anderem vor, dass Versicherte von 2005 an Zusatzpolicen für Zahnersatz abschließen. Ab 2006 müssen Arbeitnehmer auch Krankengeld allein finanzieren. Schon 2004 strebt die Politik Einsparungen von zehn Milliarden Euro an. Die Kassen bezweifeln dies angesichts eines Milliardendefizits und steigender Kosten. "Dieses Gesetz ist kein Jahrhundertwerk", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU). Es gehe vielmehr darum, die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung für einen überschaubaren Zeitraum in Ordnung zu bringen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wies in der Debatte Kritik zurück. Sie zeigte sich überzeugt, dass auch in Zukunft Menschen unabhängig von Einkommen und Alter die notwendige medizinische Betreuung erhalten. Der Wettbewerb der Kassen erfolgt fast ausschließlich über den Beitrag. Nach Darstellung der Techniker Krankenkasse (TK)hat daher kein Anbieter keinen höheren Beitrag als nötig. "Die TK wird jeden Spielraum nutzen, um den Beitragssatz zu senken", sagte eine Sprecherin. Die Ersatzkassen wollen bis Jahresende die Haushalte beschließen. Wegen unterschiedlicher Finanzlagen sowie Entwicklung der Ausgaben sei der jeweilige Spielraum unterschiedlich, hieß es. Bei den Betriebskrankenkassen (BKK) wird es nach Darstellung des Bundesverbandes Nachlässe zu Jahresbeginn geben. "Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass es im Laufe des Jahres weitere Senkungen geben wird", sagte ein Sprecher. Es sei davon auszugehen, dass der durchschnittliche BKK-Beitragsatz 2004 auf etwa 13,4 Prozent sinke. Der AOK-Bundesverband hält eine Absenkung um 0,4 statt 0,7 Prozentpunkte für realistisch. Viele Ortskrankenkassen würden die Beiträge zwar senken, Betrag und Zeitpunkt seien aber Sache der jeweiligen Verwaltungsräte. Auch die Barmer Ersatzkasse gibt sich zurückhaltend. Die Innungskassen wollten sich nicht äußern.

Irak: Drei US-Soldaten bei Anschlag getötet

Feuer auf Patrouille eröffnetIrak: Drei US-Soldaten bei Anschlag getötet

Kerbela (rpo). Drei US-Militärpolizisten sind in der Nacht zu Freitag im Irak bei einem Anschlag ums Leben gekommen. Unbekannte haben das Feuer in der irakischen Schiiten-Stadt Kerbela bei einem Angriff auf eine Patrouille eröffnet. Auch zwei irakische Polizisten starben.Wie ein Sprecher der US-Militärpolizei am Freitag mitteilte, wurde die Patrouille um Mitternacht im Stadtzentrum mit automatischen Waffen und Panzerfäusten angegriffen. Die Angreifer hätten von den Dächern der umliegenden Häuser gefeuert. Vier weitere US-Militärpolizisten und fünf irakische Polizisten seien verletzt worden. Der Ort des Anschlags, in der Nähe der Abbas-Moschee, wurde weiträumig abgesperrt. In Kerbela war am Mittwoch eine nächtliche Ausgangssperre verhängt worden, nachdem sich die Anhänger des radikalen Schiitenführers Muktada el Sadr und des gemäßigten Ajatollah Ali el Sistani Gefechte in der Innenstadt geliefert hatten. Nach Angaben des arabischen TV-Senders "El Dschasira" gingen US- Soldaten und irakische Polizisten in der Nacht zum Freitag gegen Anhänger El Sadrs vor, die ein Gemeindehaus in der Bagdader Schiiten- Vorstand Sadr-City besetzt hatten.

Kalifatstaat von Metin Kaplan bleibt verboten

Karlsruhe nimmt Verfassungsbeschwerde nicht anKalifatstaat von Metin Kaplan bleibt verboten

Karlsruhe (rpo). Die Karlsruher Richter haben eine Verfassungsbeschwerde der Vereinigung Kalifatstaat nicht angenommen. Damit bleibt der Kalifatstaat des Islamistenführers Metin Kaplan verboten. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verstößt das von Bundesinnenminister Otto Schily ausgesprochene Verbot nicht gegen das Grundrecht der Religionsfreiheit. Wie die Karlsruher Richter am Freitag in Karlsruhe mitteilten, nahmen sie die Verfassungsbeschwerde des Kalifatstaates nicht zur Entscheidung an. Schily begrüßte ebenso wie der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) die Entscheidung. Die beiden Innenpolitiker sprachen sich zudem für eine schnelle Ausweisung des Islamistenführers aus. Er hoffe, "dass jetzt auch bald im Fall Kaplan über Ausweisung und Abschiebung im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland entschieden wird", erklärte Schily. Der SPD-Politiker betonte zugleich, die Karlsruher Richter hätten mit ihrer Entscheidung die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz ausdrücklich für verfassungsgemäß erklärt. Der Kalifatstaat war 1984 in Köln gegründet worden. Vor dem Verbot gehörten der Organisation, die auch als "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden" bekannt ist, etwa 1.100 Mitglieder an. Schily hatte die Vereinigung am 8. Dezember 2001 verboten, das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung im November 2002. Das Verbot war möglich geworden, nachdem als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September das Religionsprivileg aus dem Vereinsrecht gestrichen worden war. Die zweite Kammer des Ersten Senats erklärte nun, die Verfassungsbeschwerde lasse keine klärungsbedürftigen verfassungsrechtlichen Fragen erkennen. Religionsfreiheit sei "zwar vorbehaltslos, aber nicht schrankenlos garantiert". Die Beschwerde habe auch keine Aussicht auf Erfolg, denn die darin angeführten Verstöße gegen die Verfassung ließen sich nicht feststellen. Die religiöse Vereinigungsfreiheit habe besonderes Gewicht, sie gelte auch für Organisationen, die sich gegenüber dem Staat und seiner Rechtsordnung kritisch verhielten, erklärte die Kammer. Es bestünden aber keine Bedenken gegen die Meinung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Verbot unerlässlich sei, wenn sich die betreffende Gemeinschaft "aktiv-kämpferisch" gegen unveränderbare Verfassungsgrundsätze wende. Eigene Vorstellungen mit Gewalt durchsetzenDem Kalifatstaat gehe es darum, die eigenen Vorstellungen notfalls mit Gewalt durchzusetzen, erklärten die Richter. Als Beleg dafür zogen sie unter anderem den Aufruf Kaplans zur Ermordung eines Widersachers heran. Der Kalifatstaat habe sich von diesen Äußerungen nie distanziert, sie seien ihm zuzurechnen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies zu Recht als Beleg dafür gewertet, dass der Verein Kalifatstaat glaube, das staatliche Gewaltmonopol negieren zu dürfen. Kaplan war wegen des Aufrufs zu vier Jahren am 15. November 2000 zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das Verwaltungsgericht Köln hatte Ende August Kaplans Asylantrag ebenso abgelehnt wie dessen Abschiebung in die Türkei, weil ihm dort ein Gerichtsverfahren drohe, das nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sei. Sowohl Kaplan als auch die Bundesrepublik Deutschland reichten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Entscheidungen ein. (Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht

Rentenkassen mit Rekorddefizit von acht Milliarden Euro

Rentenbeitrag droht auf 20,3 Prozent zu steigenRentenkassen mit Rekorddefizit von acht Milliarden Euro

Berlin (rpo). In den Rentenkassen klafft ein Rekorddefizit von acht Milliarden Euro. Wie das Sozialministerium am Freitag als Vertreter des so genannten Schätzerkreises mitteilte, wird der Beitragssatz von heute 19,5 Prozent auf 20,3 Prozent steigen, wenn nicht gegengesteuert wird. Damit wird es für die rot-grüne Koalition immer schwieriger, den Beitragssatz auch 2004 bei 19,5 Prozent stabil zu halten. Denn das Finanzministerium beharrt auf einer Kürzung des Bundeszuschusses für die Rentenkassen um zwei Milliarden Euro. Einschließlich des Defizits müsste auf der Rentenklausur der rot-grünen Koalition an diesem Sonntag ein Notsparpaket für zehn Milliarden Euro geschnürt werden. Der Verband der Rentenversicherer warnte angesichts der dramatischen Entwicklung vor einer Kürzung des Bundeszuschusses. "Kommt es dazu, ist ein höherer Beitragssatz unvermeidlich", hieß es. Auch der DGB warnte vor einem "Griff in die Rentenkasse" und erklärte, die Beitragshöhe dürfe nicht zur "heiligen Kuh" werden. Mit der aktuellen Schätzung von Experten der Rentenversicherer, des Sozialministeriums und der Aufsichtsbehörde haben sich jüngste Befürchtungen bestätigt, die von einem Finanzbedarf von bis zu neun Milliarden Euro ausgegangen waren. Auch die günstige Einnahmeentwicklung im September hat den Fehlbetrag kaum gedrückt. Einen Renten-Beitragssatz von 20,3 Prozent gab es zuletzt von 1997 bis Ende März 1999. Noch im vergangenen Jahr betrug er 19,1 Prozent, stieg Anfang dieses Jahres aber auf 19,5 Prozent. Grund für die Finanzmisere ist die Konjunktur- und Beschäftigungsflaute. Die Bundesregierung hatte mehrfach betont, den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bei 19,5 Prozent stabil zu halten und einen Anstieg der Lohnnebenkosten zu verhindern. Die Zahlen des Schätzerkreises sind Grundlage für die rot-grüne Rentenklausur an diesem Sonntag im Kanzleramt. Dort wollen das Kabinett sowie die Partei- und Fraktionsspitzen von SPD und Grünen kurzfristige Sparmaßnahmen sowie ein langfristiges Reformkonzept beschließen. Es wird erwartet, dass auf der Rentenklausur unter anderem die im Juli 2004 anstehende Rentenerhöhung um ein halbes Jahr verschoben wird. Zudem könnte die "Schwankungsreserve" - das Finanzpolster der Rentenkasse - von 50 Prozent auf 30 Prozent einer Monatsausgabe gesenkt werden. Mit diesen Maßnahmen sind aber nur Einsparungen von bis zu 5 Milliarden Euro möglich. Drastische Einschnitte wie Rentenkürzungen waren zuletzt vom Tisch.

EU-Gipfel: Chirac muss Schröder vertreten

Treffen in Brüssel endet ohne deutsche TeilnahmeEU-Gipfel: Chirac muss Schröder vertreten

Brüssel (rpo). Weil der Bundeskanzler am Freitag die Abstimmung im Bundestag verfolgen will, lässt er sich beim EU-Gipfel von Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac vertreten. Ein einmaliger Vorgang, der in der EU zumindest für Verwunderung sorgt. Ohne deutsche Beteiligung beendet der Brüsseler EU-Gipfel heute (Freitag) seine Arbeit. Während Bundeskanzler Gerhard Schröder an den entscheidenden Reform-Abstimmungen im Bundestag teilnimmt, wird Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac die deutschen Interessen am Gipfeltisch mit vertreten. Gegen diese bisher einmalige Vertretungsregelung gab es im Kreis der Staats- und Regierungschefs keinen Widerspruch. Die Gipfel-Teilnehmer wollen in ihrer Abschlusserklärung eine Initiative zur Belebung der Konjunktur auf die Schiene setzen. Konkrete Projekte im Bereich Verkehr, Forschung und Telekommunikation sollen dann beim EU-Gipfel im Dezember verabschiedet werden. In der Schlusserklärung plädieren die Staats- und Regierungschefs mit Blick auf die erweiterte EU mit künftig 25 Länder auch für eine neue Grenzschutz-Agentur. Sie soll die Arbeit der nationalen Grenzschützer besser koordinieren. Über das Maß der Einwanderung soll jeder EU-Staat aber auch künftig in eigener Verantwortung entscheiden. Weitere Gipfel-Erklärungen werden zur Lage im Nahen Osten und zur künftigen Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik erwartet. Bei der zweiten Sitzung der Regierungskonferenz zur neuen Europa-Verfassung hatte es am Donnerstag erste, vorsichtige Signale einer Einigungsbereitschaft gegeben. Die Chefs der 25 alten und neuen EU-Länder und der drei EU-Kandidaten wollen bis Ende Dezember die Verfassung unter Dach und Fach haben. Außenminister Joschka Fischer sah Grund für "gewissen Optimismus", dass es auch bei den besonders strittigen Fragen nach der Zusammensetzung der EU-Kommission und der Abstimmungsregelung Bewegung geben wird. Erwartungsgemäß ernannte der Gipfel den Chef der französischen Nationalbank, Jean-Claude Trichet, zum künftigen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB).

SPD-Politiker wollen Zeichen von Schröder an Lafontaine

"Schön, wenn er einen Schritt machen würde"SPD-Politiker wollen Zeichen von Schröder an Lafontaine

Hamburg (rpo). Den langen Schatten von Oskar Lafontaine wird Gerhard Schröder einfach nicht los. Nach dem Gesprächsangebot des früheren SPD-Vorsitzenden an seinen Nachfolger Schröder fordern Parteikollegen nun ein Zeichen des Bundeskanzlers. "Es wäre schön, wenn jetzt auch der Kanzler einen Schritt auf Lafontaine zugehen würde", sagte der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe). Auch der Sprecher der SPD-Linken, Detlev von Larcher, erklärte, Lafontaine und Schröder sollten sich aussprechen: "Lafontaine sollte nicht wie ein Ausgestoßener behandelt werden." Lafontaine, der seit seinem überraschenden Rücktritt als Finanzminister im März 1999 von der politischen Bühne verschwunden ist, hatte am Mittwoch seine Bereitschaft zu einer Aussprache mit Schröder bekundet.

Wirbel um anti-jüdische Äußerung von Malaysias Premier

Worte als "beleidigend" und "hetzerisch" bezeichnetWirbel um anti-jüdische Äußerung von Malaysias Premier

Brüssel/Washington/Jerusalem (rpo). Wirbel um eine Rede des malaysische Ministerpräsident Mahathir Mohammad: Bei der Eröffnung der Gipfelkonferenz der Islamischen Konferenz-Organisation (OIC) im malaysischen Putrajaya hat der Premier darauf hingewiesen, dass die Europäer sechs Millionen Juden getötet haben. Heute würden hingegen die Juden die Welt durch Stellvertreter regieren. Die anti-jüdischen Äußerungen des malaysischen Ministerpräsidenten Mahathir Mohammad sind von der EU, den USA, Deutschland und Israel scharf verurteilt worden. Die Außenminister der EU-Länder bezeichneten sie in einer am Donnerstag in Brüssel vereinbarten Erklärung als "stark beleidigend". Die USA nannten die Worte "beleidigend" und "hetzerisch". Es ist nicht das erste Mal, dass wir solche Kommentare von diesem Offiziellen gehört haben", sagte US-Außenamtssprecher Adam Ereli am Donnerstag in Washington. "Die Bemerkungen waren beleidigend, und sie waren herzerisch, und wir betrachten sie mit der Verachtung..., die sie verdienen." Auch in Israel stieß Mohammad auf scharfe Kritik. Ein Regierungsbeamter, der ungenannt bleiben wollte, sagte, diese Art von Äußerungen schadeten allen Muslimen. Sie seien "reiner Antisemitismus". Es sei schade, das moderate arabische Regierungen, die diplomatische Beziehungen zu Israel besäßen, nicht dagegen protestiert hätten. Kritisiert wurde auch der syrische Staatschef Baschar el Assad, der Israel einen "Terrorstaat" genannt hatte. Bei der Eröffnung der Gipfelkonferenz der Islamischen Konferenz- Organisation (OIC) im malaysischen Putrajaya hatte der malaysische Ministerpräsident in seiner Rede darauf hingewiesen, dass die Europäer sechs Millionen Juden getötet hätten. Heute würden aber die Juden die Welt durch Stellvertreter regieren. Das Auswärtige Amt bestellte daraufhin den Geschäftsträger von Malaysia ein, um "auf das Schärfste" gegen die anti-jüdischen Äußerungen zu protestieren. Sie seien als "völlig inakzeptabel" zurückgewiesen worden, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Die Wiederholung solcher Vorurteile und deren Verquickung mit dem tragischsten Kapitel europäischer und deutscher Geschichte, dem Holocaust, seien unverantwortlich. Das Treffen der 57 OIC-Mitgliedsländer in der neuen malaysischen Verwaltungshauptstadt Putrajaya ist die größte Versammlung muslimischer Führer seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Irak-Resolution: Bush dankt dem Sicherheitsrat

Kofi Annan sagt Unterstützung zuIrak-Resolution: Bush dankt dem Sicherheitsrat

New York/Bagdad (rpo). US-Präsident George W. Bush hat dem Weltsicherheitsrat für die einstimmige Verabschiedung seiner Irak-Resolution gedankt. Die Entschließung werde dabei helfen, den Irak "friedlich und frei" zu machen, sagte Bush bei einem Besuch in San Bernardino (Kalifornien). Nach wochenlangem Tauziehen haben sich die USA mit ihrer neuen Irak-Resolution durchgesetzt. Der von Washington und London eingebrachte Entwurf wurde am Donnerstag einstimmig vom Weltsicherheitsrat in New York verabschiedet. Resolution 1511 erteilt einer multinationalen Truppe im Irak unter US-Kommando das Mandat und ruft die internationale Gemeinschaft zur finanziellen Unterstützung beim Wiederaufbau des zerstörten Landes auf. Die Entschließung des Sicherheitsrates - rechtzeitig vor Beginn der Madrider Spendenkonferenz für den Irak in der kommenden Woche verabschiedet - gilt als diplomatischer Sieg für US-Außenminister Colin Powell. Allerdings kritisierten Frankreich, Deutschland und Russland in einer gemeinsamen Erklärung, dass die Resolution in zwei wichtigen Punkten ihre Erwartungen nicht erfülle und sie deshalb nicht bereit seien, militärische oder zusätzliche finanzielle Hilfe im Irak zu leisten. US-Präsident George W. Bush dankte dem Weltsicherheitsrat für die einstimmige Verabschiedung seiner Irak-Resolution. Die Entschließung werde dabei helfen, den Irak "friedlich und frei" zu machen, sagte Bush bei einem Besuch in San Bernardino (Kalifornien). "Ein demokratischer Irak wird ein Beispiel für alle im Nahen Osten sein", fuhr der Präsident fort. "Freiheit ist die Hoffnung und das Recht eines jeden Landes." UN-Generalsekretär Kofi Annan, der den Resolutionsentwurf anfänglich als "undurchführbar" abgelehnt hatte, lobte die Einigkeit des Sicherheitsrates und versprach, sein "Äußerstes" für die Ausführung des Mandats zu geben. Das Ergebnis des Votums zeige "den Willen aller Mitglieder des Sicherheitsrates, den Interessen des irakischen Volkes Vorrang vor allen anderen Überlegungen" zu geben. Der Präsident des von den USA eingesetzten provisorischen Regierungsrates, Ahmed Chalabi, begrüßte die Resolution als positive Entwicklung, die von der Mehrheit der Iraker unterstützen werde. Damit würden die Widerstandskräfte geschwächt, die sich gegen einen souveränen, demokratischen und wirtschaftlich dynamischen Irak stemmen würden. Deutschlands UN-Botschafter Gunter Pleuger begründete die deutsche Zustimmung damit, dass der neue Resolutionstext "wichtige Anregungen" von deutscher Seite enthalte. Außerdem sei auch Deutschland an einer "schnellen Stabilisierung" der Lage im Irak und anderen Punkten der Resolution gelegen. Washington hatte in letzter Minute drei Zusätze in seinen Text aufgenommen und damit die zögernden Ratsmitglieder an Bord geholt. Zwei dieser drei Zusätze geben UN-Generalsekretär Kofi Annan mehr Spielraum für Aktionen, mit denen sich die Vereinten Nationen an dem Aufbau eines politischen Systems im Irak beteiligen dürfen. Die unter den Nachkriegslasten leidenden USA erhoffen sich davon, dass Länder wie Bangladesch und Pakistan zehntausende Soldaten in den Irak schicken und dass EU-Staaten sowie Japan Milliarden von Dollar für den Wiederaufbau zur Verfügung stellen. Die Besatzungsmächte USA und Großbritannien behalten das uneingeschränkte Kommando im Irak. Im Irak haben unterdessen US-Soldaten und irakische Polizisten innerhalb eines Tages in Bagdad drei Terroranschläge vereitelt, darunter ein Selbstmordattentat in der Zentralbank. Wie die irakische Zeitung "Al-Sabah" am Donnerstag berichtete, nahmen Sicherheitskräfte am Vortag in der Zentralbank eine Frau mit einem Sprengstoffgürtel fest. Ferner entschärften zwei Autobomben vor dem Arbeitsministerium und an einem Eisenbahnknotenpunkt. Unterdessen schloss US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nicht aus, dass sich die harten Bedingungen des Irak-Einsatzes längerfristig negativ auf die Moral der Truppen auswirken könnten. Bisher sehe es gut aus, und es gebe es nur bei den Reserven Anzeichen für eine nachlassende Bereitschaft, sich nach Ablauf der Dienstzeit neu beim Militär zu verpflichten. Auch Generalstabschef Richard Myers sagte, die US-Soldaten im Irak befänden sich in einem "sehr harten und schwierigen Umfeld". Die Frage der Truppenmoral sei etwas, "das wir sehr, sehr ernst nehmen". Laut einer Umfrage einer US-Armeezeitung ist die Unzufriedenheit der Soldaten im Irak sehr groß ist. Danach beschrieben 49 Prozent der befragten Soldaten die Moral ihrer Einheit als schlecht und nur 16 Prozent als gut. Ein Drittel erklärte, der Einsatz im Irak mache keinen Sinn.

Bundestag will heute zentrale Reformen verabschieden

Union kündigt Widerstand anBundestag will heute zentrale Reformen verabschieden

Berlin (rpo). Der Bundestag will heute zentrale Reformvorhaben beschließen. Im Mittelpunkt stehen die so genannten Hartz-Reformen für den Arbeitsmarkt und das Vorziehen der Steuerreform. Die Rot-Grüne Mehrheit ist offenbar sicher, wohingegen die Union Widerstand angekündigt hat. Die heute (Freitag) im Bundestag zur Abstimmung stehenden Arbeitsmarkt-Gesetze bringen nach Auffassung von Industrie-Präsident Michael Rogowski keine spürbare Entlastung. Die Hartz- Gesetze der Bundesregierung gingen nicht weit genug, sagte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) der Ulmer "Südwest Presse" (Freitag). Das neue Arbeitslosengeld bleibe auf einem zu hohen Niveau. Zusätzliche Arbeitsplätze würden nur über einen "attraktiven Niedriglohnsektor" entstehen. Die rot-grüne Koalition will heute im Bundestag zentrale Reformvorhaben durchsetzen. Im Mittelpunkt stehen die so genannten Hartz-Reformen für den Arbeitsmarkt. Daneben stehen auf der Tagesordnung eine Reihe von Steuergesetzen, das Vorziehen der Steuerreform, die umstrittene Kürzung der Pendlerpauschale, der Wegfall der Eigenheimzulage sowie die Gewerbesteuerreform. Auch über das Gesetz zur Erhöhung der Tabaksteuer soll abgestimmt werden; mit den Mehreinnahmen will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) versicherungsfremde Leistungen der Krankenkassen finanzieren. Merz: So nichtDie Union hat bereits Widerstand gegen wichtige Teile der Gesetze angekündigt und harte Verhandlungen im Vermittlungsausschuss in Aussicht gestellt. Fraktionsvize Friedrich Merz (CDU) bekräftigte am Donnerstagabend im ZDF, die Arbeitsmarkt-Gesetze würden in der vorliegenden Form nicht in Kraft treten. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte mit Blick auf ein mögliches Vermittlungsverfahren aber auch: "Wir werden keinen Kompromiss machen bedingungslos." Merz drohte, auch eine auf 2004 vorgezogene Steuerreform werde es nicht geben, wenn die Bundesregierung keine anderen als die bisherigen Vorschläge zur Finanzierung vorlege. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz dagegen zeigte sich im ZDF optimistisch, die Steuerreform im Bundesrat hinzubekommen. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sein politisches Schicksal mit der Durchsetzung der rot-grünen Reformagenda verknüpft. Nach Zugeständnissen der Koalitionsspitzen an interne Reformkritiker steht einer rot-grünen Mehrheit aber nichts mehr im Wege. Nur der ostdeutsche Grünen-Abgeordnete Werner Schulz hat in der Berliner "Tageszeitung" ("taz"/Freitag) angekündigt, dass er sich der Stimme enthalten will. Seine Fraktionskollegin, Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, warb im Berliner "Tagesspiegel" (Freitag) dafür um Verständnis. Die Mehrheit sei gesichert. "Deshalb ist absolute Geschlossenheit weder notwendig, noch wäre sie unter Demokratiegesichtspunkten eine Auszeichnung für Rot-Grün."

Schlappe für Bushs Irak-Politik im Kongress

Senat will Hälfte der Gelder nur als Kredit vergebenSchlappe für Bushs Irak-Politik im Kongress

Washington (rpo). US-Präsident George W. Bush hat mit seiner Irak-Politik im Kongress eine Schlappe erlitten. Obwohl die Republikaner im Senat die Mehrheit haben, stimmte dieser gegen den Willen des Präsidenten dafür, die Hälfte der für den Wiederaufbau Iraks beantragten Gelder nur als Kredit zu gewähren.Gegen den Willen des US-Präsidenten beschloss der Senat in Washington in der Nacht zum Freitag, dass die Hälfte der von Bush gewünschten zusätzlichen 20,3 Milliarden Dollar (17,5 Milliarden Euro) Irak-Hilfe nur als Darlehen gewährt werden. Im Irak kamen am Freitag vier Amerikaner und zwei Iraker ums Leben. Drei US-Militärpolizisten und zwei irakische Polizisten wurden nach amerikanischen Angaben in der Schiiten-Stadt Kerbela bei einem Angriff während einer Patrouille getötet. Ein weiterer US- Militärpolizist starb nach Angaben eines US-Militärsprechers in Bagdad am Freitag bei einer Attacke im Raum Bagdad. Das Votum über das Darlehen fiel im Senat mit 51 zu 47 Stimmen. Auch acht Republikaner, die insgesamt in der Kammer die Mehrheit haben, stimmten dafür. Dem Beschluss zufolge soll der Irak das Geld nur dann nicht zurückzahlen müssen, wenn andere Staaten wie Deutschland dem Irak ebenfalls den größten Teil seiner unter dem gestürzten Diktator Saddam Hussein angehäuften Schulden erlassen. Ein ähnlicher Vorstoß im ebenfalls von den Republikanern beherrschten Abgeordnetenhaus scheiterte. Die 20 Milliarden Dollar sind Teil eines von Bush beantragten Pakets von 87 Milliarden Dollar für Irak, Afghanistan und insgesamt den Anti-Terror-Kampf. Abstimmungen über Bushs Gesamtforderungen wurden in beiden Kammern noch für diesen Freitag erwartet. Danach muss im Vermittlungsausschuss des Kongresses ein Kompromiss zwischen beiden Vorlagen gefunden werden. Die US-Regierung steht dabei unter Zeitdruck. Sie will das Paket unter Dach und Fach haben, bevor am 23. Oktober die internationale Irak-Geberkonferenz in Madrid beginnt. Spanien, das inzwischen einen Betrag von 300 Millionen Dollar (260 Millionen Euro) bis zum Jahr 2007 für den Wiederaufbau des Irak in Aussicht stellte, hat zu dem Treffen 68 Staaten eingeladen. Japan sagte Bush zum Auftakt von dessen Asienreise Unterstützung zu und will im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Dollar beisteuern. Bis zum Freitag hatten 33 Länder ihre Teilnahme an der Konferenz in Spanien bestätigt, wie Wirtschaftsminister Rodrigo Rato mitteilte. Bush hatte in den vergangenen Wochen in Telefonaten versucht, noch unschlüssige Senatoren für eine Gewährung der Irak- Hilfen als Geschenk zu überzeugen. Dies werde ihm größere Flexibilität bei der Verwendung der Gelder geben und andere Staaten anspornen, dem Beispiel zu folgen, argumentierte Bush. Die Darlehenslösung ging unter anderem auf eine Initiative des Demokraten Evan Bayh zurück. Er sagte in der Senatsdebatte, es gehe nicht darum, dem Irak mehr Schulden aufzubürden. Vielmehr sei es das Ziel, andere Staaten unter Einschluss von Frankreich und Deutschland dazu zu ermutigen, dem Irak während der Diktatur von Saddam Hussein zu Stande gekommene Schulden zu erlassen. "Wie hätten sie sich gefühlt, wenn der Rest der Welt eine Rückzahlung der Nazi- oder Vichy-Schulden gefordert hätten?" fragte Bayh. Erst am Freitag hatte sich Bush beim UN-Weltsicherheitsrat für die einstimmige Billigung der Irak-Resolution bedankt, die grünes Licht für eine multinationale Truppe unter US-Kommando gibt. Die Entschließung werde zur Schaffung eines friedlichen und freien Irak beitragen, sagte der Präsident.