Alle Politik-Artikel vom 20. August 2003
Kelly-Ausschuss: Regierung verteidigt Vorgehen

Aussage vor ErmittlungskommissionKelly-Ausschuss: Regierung verteidigt Vorgehen

London (rpo). Ein hoher britischer Regierungsbeamter hat das Vorgehen im Fall Kelly verteidigt. Die Regierung habe den Namen des Waffenexperten David Kelly als Quelle des umstrittenen BBC-Berichts nennen müssen, da ihre eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel gestanden habe, so Kevin Tebbit.Tebbit ist der ranghöchste Beamte im Londoner Verteidigungsministerium. Tebbit sagte vor der Ermittlungskommission unter Leitung von Richter Lord Hutton zu Kellys Selbstmord aus. Der Ruf und die Integrität der britischen Regierung im Umgang mit Geheimdienstmaterial hätten öffentlich in Frage gestanden, sagte Tebbit. "In diesem Fall muss man gegen persönliche Interessen abwägen." Kelly sei zwei Mal von seine Vorgesetzten über seine Informationen an die BBC befragt worden und habe den Eindruck gemacht, als käme er gut mit dem Druck auf seine Person zurecht. "Er war ziemlich robust", sagte Tebbit über Kelly. "Er hatte regelmäßig Kontakt mit Journalisten und war auf diesem Gebiet kein Anfänger." Der Waffenexperte habe seinen Vorgesetzten Ende Juni gesagt, dass er mit dem BBC-Journalisten Andrew Gilligan gesprochen habe, jedoch nicht davon ausgehe, die Quelle für dessen umstrittenen Bericht vom 29. Mai zu sein. Darin hieß es, die britische Regierung habe die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen aufgebauscht, um den Krieg zu rechtfertigen. Das Verteidigungsministerium gab Kellys Namen am 10. Juli als Quelle des BBC-Berichts bekannt, fünf Tage später musste der Waffenexperte vor einem Parlamentsausschuss zur Rechtfertigung des Irak-Kriegs aussagen. Am 18. Juli nahm sich der 59-Jährige das Leben. Sein Selbstmord stürzte die Regierung von Premierminister Tony Blair in die bislang größte Krise seit dem Amtsantritt vor sechs Jahren.

Merkel lehnt Reformgipfel mit Schröder ab

"Brauchen keine Sonderrunden"Merkel lehnt Reformgipfel mit Schröder ab

Frankfurt/Main (rpo). Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel lehnt einen Reformgipfel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder im Augenblick ab. Ein solches Treffen stehe derzeit nicht auf der Tagesordnung, sagte Merkel nach einer Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Union. Die Union lehnt einen Reformgipfel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zur Zeit ab. Nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder sagte CDU-Chefin Angela Merkel am Mittwochabend in Frankfurt am Main: "Wir brauchen keine Sonderrunden." CDU und CSU wollten sich für zügige Beratungen in Bundestag und Bundesrat einsetzen. Zugleich bekräftigte die Unionsspitze ihren Widerstand gegen das jüngste Reformpaket des Bundeskabinetts zu Steuern, Finanzen und Arbeitsmarkt. Zum Thema Gemeindefinanzen und der Zusammenlegung von Arbeitslosen und Sozialhilfe einigte man sich auf Alternativkonzepte. Zuvor hatte es in der Frage des Reformgipfels deutliche interne Meinungsunterschiede gegeben. Noch vor dem Treffen hatte sich Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) für ein solches Treffen ausgesprochen. Auch Sachsens-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hatte sich nicht abgeneigt gezeigt. Vor der Zusammenkunft hatte aber Parteichefin Merkel klargestellt, dass sie von einem solchen Treffen zur Zeit nichts halte. Nach dem Treffen zeigte sich auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) zufrieden mit der Ablehnung des Reformgipfels. Entscheidend sei, dass man sich darauf verständigt habe, die Diskussion im Bundestag und Bundesrat zu führen und grundsätzlich nicht in Nebenrunden.

Regierung will sich noch nicht auf Pendler-Regelung festlegen

Für neue Modelle offenRegierung will sich noch nicht auf Pendler-Regelung festlegen

Berlin (rpo). Die Diskussionen um die Pendlerpauschale in Deutschland sind noch längst nicht abgeschlossen. Nicht nur zwischen Regierung und Opposition ist man sich nicht einig, auch innerhalb der Bundesregierung besteht offenbar noch kein Konsens. Man zeigt sich dort jetzt wieder offen für neue Modelle zur Einsparung von drei Milliarden Euro.Wirtschaftsminister Wolfgang Clement erklärte in der "Passauer Neuen Presse", die Summe werde bei einer Halbierung der Kilometerpauschale für alle Pendlergruppen erreicht. Er betonte aber zugleich, dass er sich damit nicht auf den Weg des Einsparens festgelegt habe. Bundeskanzler Gerhard Schröder bestand laut seinem Sprecher Bela Anda am Mittwoch darauf, dass kein Verkehrsträger über Gebühr belastet werden dürfe. Ein Sprecher des Finanzministeriums konnte noch nicht beziffern, auf welchen Betrag die Entfernungspauschale abgeschmolzen werden solle. Derzeit bekommen Pendler 36 Cent für die ersten zehn Kilometer angerechnet und 40 Cent für jeden weiteren Kilometer. Die in Medienberichten genannte Pauschale von 15 Cent wollte er nicht bestätigen. Wie das Modell aussehen solle, müssten die Arbeitsgruppen der Fraktionen noch erarbeiten. Der Sprecher des Finanzministeriums beteuerte, dass ein Einstieg in den Subventionsabbau gefunden werden müsse. Die Subventionen für die Fahrtkosten müssten von sechs auf drei Milliarden Euro halbiert werden. Clement versicherte: "Alle Pendler werden gleich behandelt." Eine Benachteiligung von Autopendlern lehnte der SPD-Politiker mit dem Argument ab, schließlich könne man nicht überall mit dem Bus zur Arbeit oder zum Flughafen fahren wie in einem Ballungsraum. Da aber dafür nicht mehr Geld als geplant ausgegeben werden könne, bedeute dies ein in etwa eine Halbierung der Pauschale, so der Minister. Damit wollte er aber nichts über den Weg gesagt haben, wie man zu dieser Halbierung komme. Clement bedauerte "die Irritationen der vergangenen Tage". Schuld daran sei "ein Kommunikationsproblem" gewesen. Die Koalition hatte in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf gebilligt, der vorsah, Autofahrern die bisherige Pauschale von 40 Cent nur noch bei Arbeitswegen über 20 Kilometer zu gewähren. Das war auch von Regierungsmitgliedern als Benachteiligung der Autofahrer und der Bevölkerung in strukturschwachen Gebieten kritisiert worden. Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel sprach angesichts des "Kommunikationsproblems" von einem Stück aus dem Tollhaus". Vor kaum drei Jahren habe die Bundesregierung die Pendlerpauschale erhöht, "um die mit der Ökosteuer belasteten hohen Benzinpreise zu senken". Obwohl das Preisniveau seitdem nicht gesunken sei, solle die Pauschale nun halbiert werden, kritisierte er am Mittwoch in Stuttgart. "So gehen Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit der Politik verloren."

Partei will Nockemann als Schill-Nachfolger

Entlassener Innensenator verzichtet auf FraktionsvorsitzPartei will Nockemann als Schill-Nachfolger

Hamburg (rpo). Der entlassene Hamburger Innensenator Ronald Schill will nicht den Fraktionsvorsitz seiner Partei übernehmen. Neuer Innensenator der Hansestadt soll nach dem Willen der Partei Schills bisheriger Büroleiter Dirk Nockemann werden.Das beschloss die Bürgerschaftsfraktion der Schill-Partei mit großer Mehrheit am Mittwochabend in Hamburg, teilte der Fraktionsvorsitzende Norbert Frühauf mit. Nockemann habe sich einen Tag Bedenkzeit ausgebeten, ob er für dieses Amt zur Verfügung stehe und wolle seine Entscheidung am Donnerstagabend bekannt geben.Schill selbst will nicht mehr Vorsitzender seiner Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft werden: "Ich will als Abgeordneter tätig werden und habe darüber hinaus keine Ambitionen", sagte Schill am Mittwoch in einem dpa-Gespräch.Schill: Entlassung war länger geplantSchill warf Beust erneut vor, seine Entlassung länger geplant zu haben. Beust habe ihn am Dienstagmorgen ins Büro gerufen und mitgeteilt, er werde Innenstaatsrat Walter Wellinghausen entlassen. Laut Schill sagte Beust, wenn ihm das nicht passe, könne er ja gleich zurücktreten. "Er hat die behauptete Erpressung benutzt, um mich zu entlassen. Und dies Rechnung ist aufgegangen." Er behalte sich vor, gegen Beust Strafantrag wegen Verleumdung zu stellen, sagte Schill. Wegen der Vorfälle in Beusts Büro prüft die Bundesanwaltschaft, ob Schill sich der versuchten Nötigung eines Verfassungsorgans schuldig gemacht hat. Schill bestritt erneut, Beust mit einer angeblichen Liebesbeziehung zu Justizsenator Roger Kusch (CDU) erpresst zu haben. Er bedauerte allerdings, dass er bei der Rücktrittspressekonferenz auf Fragen von Journalisten weitere Details dazu genannt habe. Justizsenator: "Nie sexuelles Verhältnis gegeben"Der Hamburger Justizsenator Roger Kusch hat die Vorwürfe des entlassenen Innensenators Ronald Schill in Zeitungsinterviews scharf zurückgewiesen. "Was Herr Schill behauptet, ist eine freie Erfindung und zu 100 Prozent falsch", sagte Kusch nach Angaben des "Hamburger Abendblatts" (Donnerstagausgabe). Schill hatte behauptet, Bürgermeister Ole von Beust habe ein homosexuelles Verhältnis mit Kusch und somit Privates und Politisches vermischt. Daraufhin hatte von Beust Schill entlassen. In einem Interview mit der "Welt" (Donnerstagausgabe) erklärte Kusch, er kenne von Beust seit 25 Jahren. "Vielleicht ist das nicht meine engste, sicherlich aber eine sehr enge und die dauerhafteste Freundschaft, die ich pflege", wurde der CDU-Politiker zitiert. Er und von Beust fuhren häufiger zusammen Ski oder verbrachten Urlaube gemeinsam. Ein sexuelles Verhältnis aber habe es nie gegeben, sagte Kusch der Zeitung. Zu Schills Vorwurf, bei Kuschs Mietwohnung handele es sich um eine "Liebeshöhle", wollte der Senator demnach nichts weiter sagen. Er bestätigte lediglich, dass er von Beust im April 2001 zum Kauf der Wohnung am Hansaplatz geraten habe. Später habe er dessen Angebot, die Wohnung gegen 1.100 Euro Miete zu beziehen, "gern angenommen". Kusch betonte laut "Welt", dass Homosexualität kein Vorwurf sein könne. "Man kann doch einem Rothaarigen nicht vorwerfen, dass er rote Haare hat", wurde er zitiert. "Im Übrigen habe ich privat nie ein Hehl daraus gemacht", fügte er demnach hinzu. Schill musste Waffe abgeben Mit seinem Amt als Hamburger Innensenator hat Ronald Schill auch seine Pistole abgeben müssen. Wenige Stunden nach seiner Entlassung musste Schill seine "Glock 17", Kaliber neun Millimeter, der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes übergeben, berichtet das "Hamburger Abendblatt" (Donnerstag). Ein Personenschützer habe Schill am Dienstag aufgefordert, die Waffe abzugeben, sagte ein Mitarbeiter der Innenbehörde dem Blatt. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach sich unterdessen für Neuwahlen in Hamburg aus. Zur Entlassung von Innensenator Schill sagte der SPD-Vorsitzende am Dienstagabend in Berlin, es handele sich um ein "makabres Schauspiel". SPD und Grüne in Hamburg haben im Landesparlament einen Antrag auf Auflösung und Neuwahlen gestellt. Im Hamburger Szenebezirk Schanzenviertel haben am Dienstagabend 2.000 Angehörige der linken Szene die Entlassung von Schill gefeiert. Vereinzelt wurden bei einer Freuden-Demonstration Flaschen in Richtung von Polizisten geworfen. Die Polizei setzte kurz Schlagstöcke ein.

Israel sieht zunächst von Vergeltungsangriff ab

Nach dem Selbstmordanschlag mit 20 TotenIsrael sieht zunächst von Vergeltungsangriff ab

Jerusalem (rpo). Anders als zunächst vermutet will Israel auf den jüngsten Selbstmordanschlag in Jerusalem zunächst nicht mit einer groß angelegten Militäraktion reagieren. Die Führung der Palästinenser soll zunächst Zeit bekommen, selbst gegen die militanten Organisationen vorzugehen. Auf diese Weise wolle man der palästinensischen Führung mehr Zeit geben, gegen die militanten Organisationen vorzugehen, verlautete am Mittwoch aus israelischen Sicherheitskreisen. Die Autonomiebehörde hatte zuvor ihre Kontakte zu den radikalen Gruppen abgebrochen. Der Anschlag hatte am Dienstagabend mindestens 20 Menschen das Leben gekostet, darunter sechs Kinder. Fünf der Toten waren US-Bürger. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und ranghohe Vertreter des Verteidigungsministeriums hätten entschieden, zunächst von einer größeren Vergeltungsoffensive abzusehen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Israel werde jedoch seine Suche nach mutmaßlichen Extremisten verstärken, falls die Palästinenser keine Maßnahmen ergriffen. Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas rief sein Kabinett am Mittwochabend zur Krisensitzung zusammen, um über mögliche Schritte zu beraten. Ein Mitarbeiter der Autonomiebehörde kündigte für die kommenden Tage "Aktionen" der Sicherheitskräfte gegen die Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad an. Abbas verurteilte den Anschlag als "fürchterliche Tat, die den Interessen des palästinensischen Volkes nicht dienlich sein kann." Die israelische Armee hatte zuvor die Grenzübergänge in die palästinensischen Gebiete geschlossen. Zugleich fror die Regierung den Dialog mit der Autonomiebehörde ein und sagte den für diese Woche geplanten Rückzug der Armee aus Jericho und Kalkilja im Westjordanland ab. Im israelischen Rundfunk hieß es, das Sicherheitskabinett habe sich aber gegen eine nochmalige Belagerung des Amtssitzes des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat in Ramallah entschieden. Rau spricht Katsav Anteilnahme ausDer Nahost-Friedensplan "Road Map" verpflichtet die palästinensische Autonomiebehörde, die militanten Organisationen aufzulösen. Dies lehnte Abbas bislang jedoch ab, weil er einen Bürgerkrieg befürchtet. Im Gazastreifen erklärten Hamas-Führer, sie wollten die vereinbarte Waffenruhe einhalten, behielten sich jedoch das Recht vor, Morde an ihren Mitgliedern zu rächen. Die Organisation Islamischer Dschihad bezeichnete den Anschlag als Vergeltung für den Tod von Mohammed Sidr, einem ihrer Führer, der in der vergangenen Woche von israelischen Soldaten getötet worden war. Einem Bericht des israelischen Militärrundfunks zufolge war der Attentäter ein enger Freund von Sidr. Die EU, die USA und Russland sowie die Vereinten Nationen kritisierten die Tat scharf und forderten Abbas auf, entschlossen gegen den Terror vorzugehen. Es sei ein Anschlag auf "alle Kräfte, die sich für den Frieden einsetzen" gewesen, erklärte die EU-Kommission. Bundespräsident Johannes Rau sprach seinem israelischen Kollegen Mosche Katsav seine Anteilnahme aus. Der russische Präsident Wladimir Putin kondolierte in einem Telegramm an die israelische Regierung, auch US-Präsident George W. Bush telefonierte am Mittwoch mit Scharon.

Schill liebäugelt mit Fraktionsvorsitz - "Koalition bedroht"

Partei berät am NachmittagSchill liebäugelt mit Fraktionsvorsitz - "Koalition bedroht"

Hamburg (rpo). Nach seinem Rauswurf als Innensenator in Hamburg will sich Ronald Schill doch noch nicht aus der Politik verabschieden. Er liebäugelt jetzt offenbar mit dem Fraktionsvorsitz seiner Partei. In diesem Fall sieht die CDU allerdings den Bestand der Koalition bedroht.Schill habe Interesse am Fraktionsvorsitz, hieß es bei Abgeordneten seiner Fraktion. Unmittelbar nach seiner Entlassung durch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am Dienstag hatte er noch erklärt, sich möglicherweise aus der Politik zurückzuziehen. Wenig später sagte er, er wolle als Abgeordneter in der Bürgerschaft mitarbeiten.Allerdings räumte Schill ein, dass die Entscheidung ganz bei Bürgermeister Ole von Beust (CDU) liege, so Schill am Donnerstag im Gespräch mit AP: "Wenn der Bürgermeister sagt, er will mich nicht als Vorsitzenden, dann wird sich die Fraktion dem fügen." So seien nun mal die Machtverhältnisse, fügte er hinzu. Ob er Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz habe, ließ er offen. CDU gegen Schill als FraktionschefDer Hamburger CDU-Fraktionschef Michael Freytag sieht die Mitte-Rechts-Koalition bedroht, sollte der entlassene Innensenator Ronald Schill auf den Posten des Fraktionsvorsitzenden wechseln. "Ich vertraue auf die Klugheit der Kollegen von der Schill- Partei", sagte Freytag am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Schill-Fraktion müsse die Position von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) akzeptieren, dass eine politische Zusammenarbeit mit Schill in einer Spitzenfunktion nicht möglich sei.Bausenator Mario Mettbach hatte sich noch am Dienstagnachmittag von den Äußerungen Schills über die angebliche homosexuelle Beziehung von Bürgermeister Ole von Beust mit Justizsenator Roger Kusch distanziert und sich im Namen der Partei entschuldigt. Schill erklärte, er sei "ein bisschen" enttäuscht von seinen Parteifreunden. Er habe aber als Abgeordneter nicht vor, einen Keil in die Fraktion zu treiben, und werde die Regierung aus CDU, FDP und Schill-Partei weiter mittragen - "natürlich nur die Entscheidungen, die ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann". Beust erklärte im NDR, dass er sich eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit vorstellen könne, wenn die Schill-Partei sich von ihrem Gründer distanziert. Nach Angaben von Schill hatte er bereits am Montag mit ihm über ein mögliches Ausscheiden Schills aus der Regierung gesprochen. Beust hatte den Innensenator demnach darüber informiert, dass er den umstrittenen Innenstaatsrat Walter Wellinghausen gebeten habe, von sich aus zurückzutreten. "Er sagte zu mir, wenn mir dass nicht passe, könne ich ja zurücktreten. Die Koalition werde daran bestimmt nicht scheitern", erzählte Schill. Die Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive (Schill-Partei) will voraussichtlich am Mittwochnachmittag in einer Sondersitzung über Schills Nachfolge zu beraten. Schill und Mitglieder seiner Fraktion brachten den eigenen Fraktionschef Norbert Frühauf als Innensenator ins Gespräch. Beusts Stellvertreter soll Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) werden. Eine Entscheidung soll bis Freitag fallen. Beust hatte Schill am Dienstag fristlos entlassen, weil dieser dem Regierungschef mit Enthüllungen gedroht haben soll. Laut Beust kündigte Schill an, eine angebliche homosexuelle Beziehung des CDU- Regierungschefs mit Justizsenator Roger Kusch (CDU) publik zu machen, falls er den umstrittenen Innenstaatsrat Walter Wellinghausen entlasse. Beust versetzte auch Schills Staatsrat Wellinghausen in den einstweiligen Ruhestand.

11. September: CIA kannte auch zweiten Todespiloten
11. September: CIA kannte auch zweiten Todespiloten

Informationen bereits seit 2000 bekannt11. September: CIA kannte auch zweiten Todespiloten

Hamburg (rpo). Nach einem neuen Bericht soll der amerikanische Geheimdienst CIA auch einen zweiten Todespiloten der Anschläge vom 11. September 2001 gekannt haben. Der US-Geheimdienst war seit Januar 2000 über die Absichten des Hamburger Studenten Siad Jarrah informiert, in die USA reisen zu wollen.Jarrah wollte dort eine Flugausbildung zu absolvieren. Das berichtet das Hamburger Magazin "Stern" in seiner neuen Ausgabe. Nach einem vertraulichen Dokument der US-Bundespolizei FBI, das dem "Stern" vorliege, war der Libanese Jarrah bei einem Zwischenstopp von Afghanistan nach Hamburg in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen und vier Stunden lang vernommen worden. Jarrah sei damals direkt von einem afghanischen Trainingslager der El Kaida gekommen. Dort habe er sich zusammen mit den beiden anderen Hamburger Todespiloten, Mohammed Atta und Marwan Alshehhi, mehrere Monate lang zur Ausbildung aufgehalten und sich auf den Anschlag in den USA vorbereitet. Jarrah, der in Hamburg Flugzeugbau studierte, habe den Behörden auf dem Internationalen Flughafen in Dubai freimütig über seinen Afghanistan-Aufenthalt und seine USA-Pläne erzählt. Pflichtbewusst hätten die Behörden der Emirate alles an die CIA weiter berichtet. Obwohl Jarrah damit als El-Kaida-Kämpfer identifiziert worden sei, hätten ihn die USA nur vier Monate später einreisen lassen. Die US- Behörden hätten dem Libanesen, der am 11. September 2001 jenes Flugzeug steuerte, das über Pennsylvania abstürzte, auch keine Schwierigkeiten gemacht, als er ein US-Visum beantragte und sich von Hamburg aus für eine Flugschule in Florida anmeldete. Damit habe die CIA lange vor den Anschlägen zwei der drei Hamburger Todespiloten im Visier gehabt. Denn neben Jarrah soll die CIA auch rechtzeitig über Marwan Alshehhi unterrichtet gewesen sein, wie der "Stern" in der Ausgabe der vergangenen Woche berichtet hatte. Alshehhi, der die Boeing steuerte, die am 11. September in den Südturm des World Trade Center flog, sei der CIA sogar schon seit Frühjahr 1999 als gefährlicher El-Kaida-Mann bekannt gewesen. Auch ihn hätten die US-Behörden problemlos einreisen lassen. (Der Beitrag lag der dpa vorab in redaktioneller Fassung vor)

UN räumen Sicherheitsmängel in Bagdad ein
UN räumen Sicherheitsmängel in Bagdad ein

"Offenheit für Iraker bewahren"UN räumen Sicherheitsmängel in Bagdad ein

Stockholm (rpo). Die Vereinten Nationen bleiben auch nach dem Anschlag auf ihre Vertretung in Bagdad weiter im Irak. Das erklärte UN-Generalsekretär Kofi Annan am Mittwoch, während ein Sprecher Sicherheitsmängel bei dem durch einen verheerenden Bombenanschlag zerstörten Hauptquartier in Bagdad einräumte.UN-Sprecher Fred Eckhard begründete den mangelnden Schutz vor möglichen Attentaten am Mittwoch damit, dass die UN "eine gewisse Offenheit für jene Iraker bewahren (wollten), die wir regelmäßig als Gäste bei uns erwarteten". Allerdings sei vor kurzem mit dem Bau einer vier Meter hohen Betonmauer um den in einem früheren Hotel untergebrachten UN-Quartier begonnen worden. Aber weder UN-Generalsekretär Kofi Annan noch er selbst hätten die Schuld auf die USA, Großbritannien und ihre Koalitionspartner zu schieben versucht, die im Irak für die Sicherheit verantwortlich sind. Eckhard bezifferte die Zahl der geborgenen Toten auf 16. Es würden aber noch weitere Opfer unter den Trümmern vermutet. In Bagdad war von mindestens 20 Toten die Rede. Hinweise schon fünf Tage zuvorBereits fünf Tage vor dem Autobombenanschlag soll es Hinweise auf entsprechende Angriffspläne gegeben haben. Das behauptete das Mitglied des irakischen Provisorischen Regierungsrates, Ahmed Chalabi (Irakischer Nationalkongress), am Mittwoch in Bagdad. Nach Chalabis Angaben haben sich am 14. August frühere irakische Geheimdienstoffiziere, Mitglieder der Fedajin-Saddam und Extremisten verständigt, Angriffe auf so genannte weiche Ziele wie Parteien und die UN zu unternehmen. Sie seien eine sehr gut organisierte und professionelle Gruppe, die Saddam aufgebaut habe, und vom Ausland finanziell unterstützt werde, sagte Chalabi. Auf dem Treffen soll von einem Anschlag mit einem mit Sprengstoff beladenen Lastkraftwagen die Rede gewesen sein. Der Provisorische Regierungsrat habe diese Information der US- Seite mitgeteilt, sagte Chalabi. Er wollte unter Hinweis auf laufende Untersuchungen keine weiteren Angaben machen. Nach seinen Worten haben auch Mitglieder der radikalislamischen Terroristengruppe Ansar el Islam bereits in Bagdad Fuß gefasst. In Bagdad wurden am Mittwoch weitere Leichen aus den Trümmern der UN-Mission geborgen. Unter den mehr als 100 Verletzten ist auch ein Deutscher. Es war noch immer unklar, wer hinter dem Anschlag steckt. Am Dienstagnachmittag war ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen vor dem UN-Hauptquartier explodiert. Nach UN-und spanischen Angaben wurden dabei neben dem brasilianischen UN-Beauftragten Sergio Vieira de Mello Bürger Spaniens, der USA, Großbritanniens, Ägyptens, der Philippinen und Kanadas getötet. Die Bundesregierung lehnt weiterhin einen deutschen Militäreinsatz im Irak ab. Die Frage stelle sich nicht, sagte Außenamtssprecher Walter Lindner in Berlin. Deutschland leiste umfangreiche humanitäre Hilfe. Nach Ansicht von Unionsfraktionsvize Wolfgang Schäuble gefährdet dieses Nein die Zustimmung der USA zu einem breiteren UN- Mandat für den Irak. Die Vereinten Nationen werden nach Worten ihres Generalsekretärs Annan auch nach dem Anschlag im Irak bleiben und ihr Personal nicht abziehen. "Wir werden das Mandat des Sicherheitsrates weiter ausführen. Die wichtigste Botschaft lautet, dass wir unsere Arbeit weitermachen", sagte Annan in Stockholm. Über eine mögliche Verbreiterung des bisher ohne UN-Mandat von den USA geführten internationalen Einsatzes im Irak werde es in den kommenden Monaten eine Entscheidung geben. Annan sagte dazu weiter: "Die Befriedung und Stabilisierung des Iraks ist so wichtig, dass alle, die die Kapazität zur Hilfe haben, auch helfen sollten. Aber natürlich müssen auch die Bedingungen stimmen." Der Weltsicherheitsrat will an diesem Donnerstag über die Lage beraten. Der britische Außenminister Jack Straw sagte der BBC, London und die USA seien für Diskussionen über ein neues Irak-Mandat offen. Die Rolle der UN und ihre verstärkte direkte Beteiligung an der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Irak stünden "ganz oben auf der Tagesordnung." Die letzte Verantwortung bleibe aber bei den Alliierten. Der Anschlag löste weltweit Entsetzen und Empörung aus. Zahlreiche Politiker, unter ihnen Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundespräsident Johannes Rau, und die Präsidenten Frankreichs, Russlands und Chinas, sprachen Annan in Telegrammen ihr Beileid aus, verurteilten den Anschlag und würdigten die Arbeit des getöteten UN- Beauftragten de Mello. US-Präsident George W. Bush hatte bereits am Vorabend angekündigt, die USA würden den "Krieg gegen den Terrorismus fortsetzen".

Umfrage: 60 Prozent sprechen SPD "soziale Gerechtigkeit" ab

CDU büßt einUmfrage: 60 Prozent sprechen SPD "soziale Gerechtigkeit" ab

Hamburg/Berlin (rpo). Das Thema "soziale Gerechtigkeit", einst eine Hochburg der SPD, scheint den Sozialdemokraten abhanden gekommen zu sein. Denn mittlerweile 60 Prozent der Deutschen sprechen der SPD "soziale Gerechtigkeit" ab.Nur jeder dritte Deutsche verbindet den Begriff "soziale Gerechtigkeit" noch mit der SPD. Das ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag des "Stern" (Hamburg). Für 60 Prozent der Befragten besteht zwischen dem Begriff und der Partei kein Zusammenhang mehr. In der wöchentlichen Forsa-Umfrage von "Stern" und RTL zur Parteipräferenz hat die Union zwei Prozentpunkte der Wählerstimmen eingebüßt. Sie liegt jetzt bei 43 Prozent. Die SPD kann daraus kein Kapital schlagen, sie liegt unverändert bei 30 Prozent der Stimmen. Auch die Grünen stagnieren, für sie sprachen sich 11 Prozent der Befragten aus. Die FDP kann im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt gutmachen, sie liegt bei 8 Prozent. Die PDS bleibt bei vier Prozent.

SPD will Riester-Rente zur Pflicht machen - Absage aus dem Ministerium

Gesamtniveau wird im Alter sinkenSPD will Riester-Rente zur Pflicht machen - Absage aus dem Ministerium

Düsseldorf (rpo). Die umstrittene und bislang wenig beliebte Riester-Rente soll zur Pflicht werden. Das fordert ein SPD-Politiker. Dadurch soll erreicht werden, dass auch im Alter ein ausreichendes Einkommen zur Verfügung steht. Diesen Überlegungen hat das Bundessozialministerium allerdings eine Absage erteilt.Es gebe bis zum Jahr 2005 keinen Entscheidungsbedarf, sagte eine Sprecherin am Mittwoch in Berlin. Das Ministerium werde im Jahr 2005 einen "Erfahrungsbericht" vorlegen und dann über eine "vernünftige Datenbasis für weitere Entscheidungen" verfügen. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit, Rainer Wend, sagte dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe), ergänzende Versorgungen wie die Riester-Rente müssten schon jetzt verpflichtend werden, damit die heute aktive Generation später als Rentner ein vernünftiges Gesamtniveau erreicht. "Die ursprüngliche Idee, die Riester-Rente als obligatorische Privatabsicherung einzuführen, steht jetzt angesichts der Prognosen für künftige Rentenhöhen wieder auf der Tagesordnung", wurde Wend zitiert. Allerdings müsse diese steuerlich geförderte Zusatzversicherung vereinfacht werden, schränkte der SPD-Politiker ein. Die niedrige Zahl von Abschlüssen bei der Riester-Rente liege auch an der "arg komplizierten Ausgestaltung". Auch die Sprecherin der Arbeitsgruppe Soziale Sicherung der SPD-Fraktion, Helga Kühn-Mengel, sprach sich laut der Zeitung dafür aus, die Riester-Riester zur Pflicht zu machen.

Wende bei Pendlerpauschale: Alle kriegen weniger

Einseitige Kürzung ist vom TischWende bei Pendlerpauschale: Alle kriegen weniger

Passau (rpo). Die Regierung wird nach Ankündigung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement eine Wende bei der Pendlerpauschale vollziehen. Heißt: Alle kriegen weniger.Nach den massiven Protesten gegen die geplante einseitige Kürzung der Pendlerpauschale für Autofahrer vollzieht die Bundesregierung offenbar eine Kehrtwende. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement kündigte in einem Interview der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochausgabe) an, dass die Steuererleichterung für alle Betroffenen halbiert werde. "Alle Pendler werden gleich behandelt", wurde der SPD-Politiker zitiert. Schließlich könne man nicht überall mit dem Bus zur Arbeit oder zum Flughafen fahren wie in einem Ballungsraum, sagte Clement zur Begründung. Da aber dafür nicht mehr Geld als geplant ausgegeben werden könne, bedeute dies ein in etwa eine Halbierung der Pauschale, so der Minister. Er bedauerte "die Irritationen der vergangenen Tage". Schuld daran sei "ein Kommunikationsproblem" gewesen. Die Koalition hatte in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf gebilligt, der vorsah, Autofahrern die bisherige Pauschale von 40 Cent nur noch bei Arbeitswegen über 20 Kilometer zu gewähren. Das war auch von Regierungsmitgliedern als Benachteiligung der Autofahrer und der Bevölkerung in strukturschwachen Gebieten kritisiert worden. Daraufhin hatte das Finanzministerium Verhandlungsbereitschaft erklärt, und Grünen-Politiker hatten eine Halbierung auf 20 Cent unabhängig von der Länge des Weges zur Arbeit angeregt.

Demonstranten feiern Schills Entlassung

40 Personen sind in GewahrsamDemonstranten feiern Schills Entlassung

Hamburg (rpo). Die Entlassung von Hamburgs Innensenator Ronald Schill ist in Hamburg mit Erleichterung, ja sogar mit Freude aufgenommen worden. 2000 Demonstranten feierten die Entlassung von Schill regelrecht.Wie die Polizei mitteilte, wurden 40 Personen in Gewahrsam genommen, als es nach Ende der Demonstration zu Handgreiflichkeiten mit den Ordnungshütern kam. Anwohner im Stadtteil Schanzenviertel hatten sich zuvor wegen Ruhestörung beschwert. Noch während der Demonstration hatten Teilnehmer vereinzelt Flaschen in Richtung der Beamten geworfen; diese setzten kurzzeitig Schlagstöcke ein. Verletzt wurde den Angaben nach aber niemand.Zu den Teilnehmern der Aktion gehörten auch ehemalige Bewohner des Bauwagenplatzes "Bambule" im Hamburger Schanzenviertel. Dessen Räumung im vergangenen November durch den Senat hatte zahlreiche Protestdemonstrationen ausgelöst.

17 Tote bei schwerstem Anschlag auf die UN
17 Tote bei schwerstem Anschlag auf die UN

Unter Hoteltrümmern werden noch Opfer vermutet17 Tote bei schwerstem Anschlag auf die UN

New York/Bagdad (rpo). Beim schwersten Anschlag auf die Vereinten Nationen (UN) überhaupt sind 17 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch der Sonderbeauftragte für den Irak, der Brasilianer Sergio Vieira de Mello. Am Dienstag hatte ein Selbstmordattentäter einen Anschlag auf den UN-Sitz in Bagdad verübt.UN-Sprecher Fred Eckhard teilte am späten Abend in New York mit, 86 UN-Mitarbeiter befänden sich mit teils schweren Verletzungen in Krankenhäusern. 22 seien mit leichteren Verletzungen aus ambulanter Behandlung entlassen worden. Unter den Trümmern der UN-Mission in Bagdad "werden aber noch Tote vermutet".Unter den Toten befindet sich auch der UN-Sonderbeauftragte für den Irak, Sergio Vieira de Mello (55). De Mello soll nach US-Angaben das eigentliche Ziel des Attentats gewesen sein, bei dem es sich laut "New York Times" um einen Selbstmordanschlag gehandelt habe. Der US- Zivilverwalter für den Irak, Paul Bremer, sagte, der Lastwagen sei so geparkt gewesen, dass das Büro von de Mello von der Detonation habe getroffen werden müssen. Neben dem Brasilianer de Mello wurden nach UN-Angaben auch Bürger der USA, Großbritanniens, Ägyptens, der Philippinen und Kanadas getötet. Unklar blieb weiter, wer hinter dem Anschlag gesteckt haben könnte.Engagement im Irakt bleibtUS-Präsident George W. Bush und der UN-Sicherheitsrat verurteilten den Anschlag auf das Schärfste. Sie betonten, dass sie sich durch den Terrorakt nicht von ihrem Engagement im Irak abhalten lassen werden. Der Tod de Mellos ist nach den Worten von UN-Generalsekretär Kofi Annan "ein schwerer Schlag für die Vereinten Nationen und für mich selbst". Die Mörder "haben nicht nur ein Verbrechen gegen die UN, sondern auch gegen den Irak selbst verübt", sagte Annan, der seinen Urlaub in Finnland abbrach und nach New York heimkehrte.Der mit Sprengstoff beladene Lastwagen war um etwa 16.30 Uhr (Ortszeit) vor dem zum UN-Hauptquartier umfunktionierten Canal-Hotel explodiert. Die Vorderfront des Gebäudes wurde fast gänzlich zerstört.Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach Annan in einem Telegramm sein Beileid aus. "Das ist ein verbrecherischer Anschlag, ausgeführt von Kräften, die nicht wollen, dass im Irak der Aufbau in Frieden und Freiheit gelingt", schrieb der Kanzler. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac sprach von einem "abscheulichen Verbrechen", das "vorbehaltslos verurteilt" werden müsse. Außenminister Joschka Fischer verurteilte den "verbrecherischen Terrorakt". De Mello sei auch ein Freund Deutschlands gewesen. "Dies ist ein kaum zu ersetzender Verlust für die Vereinten Nationen", erklärte Fischer am Dienstag in Berlin. US-Außenminister Colin Powell verurteilte den Anschlag als "verabscheuungswürdiges Verbrechen" gegen die internationale Gemeinschaft und das irakische Volk. Die USA würden die wichtige Rolle der Vereinten Nationen bei dem Wiederaufbau des Irak nachhaltig unterstützen, erklärte Powell in Washington. Schwerer VerlustDer Tod des UN-Sonderbeauftragten löste auch in Brasilien, seinem Heimatland, Erschütterung aus. Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva kündigte in Brasilia eine dreitägige Staatstrauer an. US-Zivilverwalter Bremer bezeichnete den Tod de Mellos als schweren Verlust für den Irak, die Vereinten Nationen und die alliierten Streitkräfte. De Mello habe unermüdlich und aufopferungsvoll dafür gearbeitet, Frieden und Demokratie für das zerstörte und traumatisierte Land zu bringen, so Bremer in Bagdad.Vor und in dem verwüsteten Hauptquartier spielten sich nach Augenzeugenberichten dramatische Szenen ab. Blutenden Frauen und Männer wurden auf Tragbahren aus dem Gebäude und zumeist per Hubschrauber in Krankenhäuser gebracht, während Helfer in den Trümmern weiter Verschüttete ausgruben.Furcht vor dem FortschrittDie für den Anschlag verantwortlichen Terroristen hätten ihre "Furcht vor dem Fortschritt" im Irak gezeigt und wollten die Tage der Folterkammern und Massengräber zurückbringen, hatte Bush betont. Sie seien nicht nur Feinde des irakischen Volkes, sondern der gesamten zivilisierten Welt. Die USA und die internationale Staatengemeinschaft würden jedoch jenseits aller Schwierigkeiten ihre Aufgabe im Irak erfüllen. Der amerikanische Anti-Terror-Krieg werde fortgesetzt und die Mörder zur Rechenschaft gezogen. "Und wir werden gewinnen", so Bush.Seit dem 1. Mai, an dem Bush das Ende der "größeren Kampfhandlungen" erklärt hatte, hat es eine Reihe größerer Anschläge auf amerikanische Soldaten und ausländische sowie internationale Einrichtungen im Irak gegeben. So waren erst am 7. August bei der Explosion einer Autobombe vor der jordanischen Botschaft in Bagdad mindestens elf Menschen getötet worden.

Gericht stoppt Hinrichtung in Texas

Dreifachmörder sollte heute durch Gift sterbenGericht stoppt Hinrichtung in Texas

Huntsville (rpo). Nur Stunden vor der Ausführung hat ein Berufungsgericht im US-Bundesstaat Texas die Hinrichtung eines dreifachen Mörders gestoppt. Der 35-Jährige sollte am Mittwoch durch die Giftspritze sterben.Die Anwälte des 35-jährigen Mark Robertson hatten geltend gemacht, dass den Geschworenen hätte erlaubt werden müssen, die unglückliche Kindheit des Angeklagten zu berücksichtigen. Der Prozess gegen Robertson fand 1991 statt, bevor entsprechende Richtlinien für die Geschworenen festgelegt worden waren. Robertson hätte am Mittwoch in Huntsville mit der Giftspritze hingerichtet werden sollen.