Kompromiss gegen SPD-Kritiker verteidigtGesundheitsreform: Schröder rechnet mit Mehrheit
Berlin (rpo). Nachdem Regierung und Opposition ein gemeinsames Papier zur Gesundheitsreform ausgearbeitet hatten, rumorte es in der SPD, scharfe Kritik wurde laut. Jetzt versucht Bundekanzler Gerhard Schröder die Gemüter in der Fraktion zu beruhigen und er sieht sich auf einem guten Weg. Unterdessen wurde bekannt, das die Krankenkassen in 2003 schon wieder ein Milliardendefizit eingefahren haben.Schröder wertete das Ergebnis am Dienstag in Berlin als Erfolg. "Ich glaube, das kann sich sehen lassen", sagte er vor Beginn der Sondersitzung der SPD-Fraktion, die drei Stunden über dieses Thema beriet. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering rechnete mit einer deutlichen Mehrheit für die Reformpläne innerhalb der Fraktion. Natürlich habe man sich mehr Belastung der Leistungserbringer und mehr Markt gewünscht, sagte Schröder in Bezug auf die innerparteiliche Kritik am Kompromiss. Doch jeder müsse sich bewegen, wenn zwei große Parteien zusammen säßen. Die SPD-Fraktion beriet erstmals über den Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform, der am 9. September in den Bundestag kommen und schon Ende September Gesetz werden soll. Mehrere sozialdemokratische Abgeordnete hatten zuvor mit Ablehnung gedroht. SPD-Fraktionschef Müntefering zeigte sich dennoch überzeugt, dass es in der SPD eine große Mehrheit für den Kompromiss geben werde. In der SPD war vor der Sitzung massive Kritik laut geworden. Der Bundestagsabgeordnete Peter Dreßen sprach von "Entsolidarisierung". Ihn ärgere, dass Patienten so viel zuzahlen müssten, die Pharmaindustrie hingegen zu gut weg komme. Auch Gesundheitsexperte Horst Schmidbauer kritisierte den Entwurf. SPD will eigene Mehrheit für Reformgesetz Teile dessen, was die Fraktion zu beschließen habe, liege nicht auf SPD-Linie, gestand Müntefering ein. Gleichzeitig verteidigte er den Kompromiss. Die Alternative sei, dass nichts passiere. "Das wäre noch Schlimmer". Die SPD strebe eine regierungseigene Mehrheit für die Reform an, sagte Müntefering. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gudrun Schaich-Walch sagte, von einem Aufstand der Fraktion sei man "meilenweit entfernt". Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sagte im ARD-Morgenmagazin, wenn man zur Suche nach einem Kompromiss in eine Konsensrunde gehe, sei klar, "dass man nicht genau so herauskommt, wie man hineingegangen ist". Dann hätte man es alleine machen können, wozu aber die politische Mehrheit fehle. Große Veränderungen an dem von Regierung und Opposition ausgehandelten Kompromiss seien jetzt nicht mehr möglich, was es an Detailänderungen gebe, werde man sehen müssen. Sie gehe davon aus, dass das Reformpaket von der Fraktion so gebilligt werde, wie es vorgelegt wurde und auch im Parteivorstand eine große Mehrheit gefunden habe. Auch der CSU-Gesundheitsexperte Horst Seehofer wandte sich gegen die anhaltende Kritik an dem vereinbarten Reformwerk. Er sei froh, dass es parteiübergreifend gelungen sei, ein Riesenproblem zu lösen, nämlich eine Finanzierungskrise, die so groß sei wie nie zuvor in der Geschichte des Gesundheitswesens. Milliardendefizit bei den KrankenkassenDie "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete vorab, die gesetzlichen Krankenkassen hätten in den ersten sechs Monaten abermals ein Defizit in Milliardenhöhe eingefahren. Das Blatt berichtete unter Berufung auf erste Berechnungen der Spitzenverbände der Kassen, die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) hätten ein Defizit von etwa 900 Millionen Euro. Bei den Ersatzkassen belaufe sich das Minus auf deutlich mehr als 700 Millionen Euro. Auch die Betriebs- und Innungskassen dürften dem Vorabbericht zufolge Millionenfehlbeträge ausweisen.