Union kündigt Widerstand gegen Pläne anRot-Grün will Gemeinden um Milliarden entlasten
Hannover (rpo). Die Kommunen in Deutschland sollen in den nächsten Jahren um einen zweistelligen Milliardenbetrag entlastet werden. 2004 können die Gemeinden nach dem Ergebnis des Spitzengesprächs bei Kanzler Schröder erstmals mit Mehreinnahmen von 4,5 Milliarden Euro rechnen. Wermutstropfen: Auch Freiberufler sollen Gewerbesteuer zahlen. Die Union hat Widerstand angekündigt. Die rot-grüne Koalition von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will die finanzschwachen Kommunen in den nächsten Jahren um einen zweistelligen Milliardenbetrag entlasten. Im nächsten Jahr solle die Gemeindefinanzreform den Städten und Gemeinden 4,5 Milliarden Euro bringen, sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) am Montagabend nach einem Gespräch des Kanzlers mit den Spitzen der Koalition in Hannover. Von 2005 an sollten es jährlich rund fünf Milliarden Euro sein. Schröder hatte kurz vor dem Treffen erklärt, er setze bei der Finanzreform auf die Zusammenarbeit mit der Opposition. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte im Anschluss an das Spitzengespräch, es seien grundsätzlich keine Fragen mehr offen geblieben. Lediglich Details gelte es noch bis zur Kabinettssitzung am 13. August zu klären. Auf 700.000 Freiberufler ausgedehntEichel zufolge wird die Gewerbesteuer auf die rund 700.000 Freiberufler ausgeweitet. Dies verstetige die Steuereinnahmen der Kommunen. Clement sagte, Freiberufler könnten ihre Gewerbesteuerlast auf ihre Einkommensteuer anrechnen. Die Reform der Gemeindefinanzen werde sowohl der Lage der Kommunen als auch der der Wirtschaft gerecht. Die Entlastungen für die Kommunen stärkten vor allem deren Investitionskraft. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe würden Städte und Gemeinden zusätzlich entlastet. Am Treffen der Koalitionäre nahmen neben SPD-Fraktionschef Franz Müntefering auch die Grünen-Fraktionschefinnen Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt teil. Nicht mehr umgehenEichel sagte, die Bundesregierung wolle dafür sorgen, dass große Unternehmen die Gewerbesteuer nicht mehr umgehen könnten. Schröder hatte kurz vor dem Treffen gesagt: "Die Steuer heißt ja nicht ohne Grund Gewerbeertragsteuer und die soll bezahlt werden, insbesondere auch von den großen Kapitalgesellschaften, die Erträge erwirtschaften." Diejenigen Unternehmen, "zumal die kleinen und mittleren, die sich fremd finanzieren müssen, die keine Erträge erwirtschaften, die, denke ich, müssen auch verschont bleiben". Einkommensunabhängige Elemente sollen laut Eichel und Clement nicht bei der Gewerbesteuererhebung einbezogen werden. Damit setzte sich Clement bei dem Spitzentreffen durch, der anders als die Kommunen und die SPD-Fraktion Mieten, Zinsen und Leasingraten nicht zur Verbreiterung der Steuerbasis einbeziehen möchte. Nur Gewinne sollten versteuert werden. So sei sichergestellt, dass Unternehmen, die Verluste machten, keine zusätzliche Steuer zahlen müssten. Zudem solle die Erklärung der Gewerbesteuer "außerordentlich einfach" werden. Eichel sagte, der Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer werde verändert. Einzelheiten nannte er nicht. Clement sagte, auch die Unternehmen, die bislang ihre Gestaltungsspielräume zu Lasten der staatlichen Kassen genutzt hätten, würden künftig von der Gewerbesteuer erfasst. Im Zuge dieser Reform bekämen die Gemeinden 2,5 Milliarden Euro. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe würden den Kommunen in den nächsten zwei Jahren weitere 1,5 Milliarden Euro bleiben. All das sei ein "wesentlicher Beitrag, um die Investitionskraft der Kommunen" wieder zu stärken. "Wir gehen auch davon aus, dass die Länder mitspielen", sagte Clement. Union kündigt Widerstand anDie Union hat Widerstand gegen die geplante Gemeindefinanzreform angekündigt. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte am Dienstagmorgen im ZDF-Morgenmagazin, die geplante Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler und Selbstständige erscheine der Union "verfassungsrechtlich bedenklich". Zudem bedeute die Ankündigung, Steuerschlupflöcher schließen zu wollen, "immer Steuererhöhung". Bei diesen Punkten werde man "ganz genau hingucken müssen", allerdings müsse man dazu erst einmal den Gesetzentwurf abwarten, sagte Meyer. Im Prinzip gehe es bei den Plänen um eine Steuererhöhung für den Mittelstand, sagte der CDU-Generalsekretär. "Wenn wir Leistungsträger an dieser Steller bestrafen, das kann's doch nicht sein." Bei der Gewerbesteuer könne es zu "ganz großen Verschiebungen" kommen, die etwa bei der Besteuerung von Tochterunternehmen "erhebliche Auswirkungen für den Osten" haben könnten. Zudem sollten die Kommunen bei ihren Aufgaben entlastet werden, anstatt neue Steuern zu erhöhen, forderte Meyer. So sei etwa das Leistungsgesetz für Behinderte eine gesamtstaatliche Aufgabe, die nicht nur von den Kommunen geleistet werden dürfe.Auch Stoiber lehnt rot-grüne Reform ab Auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber hat umfangreiche Änderungen der rot-grünen Beschlüsse zur Gewerbesteuerreform gefordert. Die Ausweitung der Gewerbesteuer auf die 700 000 Freiberufler in Deutschland werde die Union nicht akzeptieren, sagte er am Dienstag in München. Regierung und Opposition müssten zu einem Kompromiss kommen. Stoiber verlangte, die Kommunen müssten auch bei den Ausgaben für Jugend- und Sozialhilfe entlastet werden.