Patient ist immer Versuchskaninchen Verbraucherschützer fordern Mitsprache bei Medikamentenkontrolle

Berlin (rpo). Nach der Marktrücknahme des Bayer-Medikaments Lipobay fordern Verbraucherschützer eine größere Transparenz bei der Zulassung von Arzneimitteln.

Zudem müsste die Zahl der Versuchspersonen bei den Medikamenten, die medizinisch nicht dringend notwendig seien, erhöht werden, sagte Thomas Isenberg, der bei dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den Fachbereich Gesundheit und Ernährung leitet, am Freitag der dpa. Dazu habe der Wirkstoff Cerivastatin gehört, den der Fett-Senker Lipobay enthält.

Unbekannte Nebenwirkungen könnten mit 95 Prozent Sicherheit nur ausgeschlossen werden, wenn 40 000 bis 50 000 Probanden getestet würden - also rund zehn Mal so viel wie derzeit üblich. "Insofern ist der Patient immer ein Versuchskaninchen, wenn Medikamente neu auf den Markt kommen." Man könne aber nicht pauschal von den Pharmaunternehmen fordern, jedes medizinisch notwendige Medikament an 40 000 Menschen zu testen, bevor es zugelassen wird.

Es gebe für die Zeit nach der Markteinführung deshalb eine Kontrollkommission, die auf neue Nebenwirkungen achte. Allerdings sei es ein Skandal, dass darin keine Verbraucherschützer säßen. Die Verbraucherschützer müssten auch Einsicht in die bei der Zulassung der Medikamente eingereichten klinischen Studien erhalten. "So haben wir einfach eine mangelnde Transparenz. Wir könnten in der Kommission andere Fragen stellen". Unabhängige Arzneimittel-Informationsdienste hätten seit Monaten vor starken Nebenwirkungen von Lipobay gewarnt.

Es reiche auch nicht aus, dass bei Bedenken in der Kommission nur die Ärzte informiert würden, die oft durch die Pharmaunternehmen unter Druck gesetzt würden. "Die Verbraucher müssen das auch wissen und ihren Arzt gezielt darauf ansprechen", sagte Isenberg. "Das hat nichts mit Panikmache zu tun."

(RPO Archiv)
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