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Wieder Erdstöße an der Schwarzmeerküste Türkei: Gedenken an Erdbebenopfer

Istanbul (dpa). Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben im Nordwesten der Türkei haben Zehntausende von Türken der Opfer der Katastrophe gedacht.

Wie zur Mahnung erschütterte am Donnerstag erneut ein schwächerer Erdstoß der Stärke 4.0 auf der Richterskala Teile der türkischen Schwarzmeerküste. Besonders zu spüren gewesen sei das Beben in der Hafenstadt Kastamonu, hieß es. Über Verletzte oder Schäden lagen den Behörden zunächst keine Angaben vor.

Unter dem Motto "Schlafe nicht Türkei, auch ich schlafe nicht" verbrachten die Menschen im Erdbebengebiet die Nacht zum Donnerstag auf den Straßen. Die zumeist schwarz gekleideten Menschen legten Blumen nieder, zündeten Kerzen und Fackeln an. Viele Überlebende nahmen tränenüberströmt an den Gedenkveranstaltungen teil und beteten für die Toten. Andere wirkten völlig versteinert, als würden sie das 45 Sekunden lange Beben und den Schrecken noch einmal durchleben. Um 03.02 Uhr (Ortszeit), dem genauen Zeitpunkt des Bebens vom 17. August 1999, griffen die Überlebenden zu Trillerpfeifen, um auf ihre Sorgen und Ängste aufmerksam zu machen.

Das Beben der Stärke 7,4 auf der Richterskala hatte die Menschen in der Marmararegion im Schlaf überrascht. Nach offiziellen Angaben kamen 17 840 Menschen ums Leben, zivile Organisationen gehen jedoch von deutlich mehr Todesopfern aus. Knapp 44 000 Menschen wurden verletzt. "Ich kann meine Gefühle nicht beschreiben, das kann nur jemand verstehen, der diese Katastrophe erlebt hat", sagte eine Frau mit verweinten Augen. Etliche Menschen standen noch immer fassungslos auf dem Gelände, auf dem einst ihr Haus stand. Tausende Gebäude waren zerstört worden. Zahlreiche Menschen beteten auf Friedhöfen - unzählige Grabsteine tragen das gleiche Todesdatum: 17. August 1999. Ministerpräsident Bülent Ecevit bedankte sich am Donnerstag bei Helfern aus dem In- und Ausland für ihren unermüdlichen Einsatz und die zahlreichen Spenden.

Überlebende beschwerten sich indes über die nach wie vor unzureichende staatliche Hilfe. "In was für einem Staat leben wir?", fragte ein enttäuschter Mann in einem Fernsehinterview. Auch ein Jahr nach dem Beben leben Berichten zufolge noch knapp 29 000 Menschen in Zelten, 146 600 weitere in Container-Häusern, viele sind arbeitslos. "Der Staat hat (die Stadt) Gölcük vergessen" und "Was ist mit den Spendengeldern passiert", hieß es auf Plakaten. Die Überlebenden forderten eine Bestrafung von Bauunternehmern, die Bauvorschriften missachtet und billiges Material verwendet hatten. "Schuldige vor Gericht" und "Wir wollen eine Zukunft", stand auf schwarzen T-Shirts, die viele Menschen trugen. "Wir haben es nicht vergessen, werden es nicht vergessen und werden es nicht in Vergessenheit geraten lassen", hieß es auf Plakaten.

"Eigentlich will man dieses Erdbeben vergessen, aber man kann und darf es nicht vergessen. Man muss Druck machen", sagte eine junge Frau aus Istanbul. Beobachter bezweifeln jedoch, dass die Türkei von der Katastrophe gelernt hat und ausreichend auf ein mögliches neues Beben - vor allem der Großraum Istanbul ist bedroht - vorbereitet ist. Während sich einige Städte um einen Katastrophenschutz bemühten, rührten andere keinen Finger. "Wir werden wieder Tausende Menschen verlieren", schrieb Mehmet Ali Birand in der "Turkish Daily News".

Mehrere Fernsehsender berichteten die ganze Nacht live aus Adapazari, Gölcük, Izmit und Yalova - diese Städte waren bei dem Beben stark beschädigt worden. Auch im Istanbuler Stadtteil Avcilar, in dem mehrere Hundert Menschen ums Leben gekommen waren, strömten die Menschen auf die Straßen. Ansonsten waren in Istanbul und in der Hauptstadt Ankara aber nur wenige Menschen dem Aufruf der zivilen Organisationen gefolgt.

(RPO Archiv)
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