„Serial“-Podcast kündigt neue Folge an Spektakuläre Wendung im Fall Adnan Syed
Washington · 23 Jahre lang kämpfte Adnan Syed gegen sein Mordurteil an – und bekam dabei Unterstützung durch den weltweit populären Podcast „Serial“. Nun hat ein US-Gericht in einer spektakulären Wende das Urteil aufgehoben.
23 Jahre lang kämpfte Adnan Syed gegen sein Mordurteil an - und bekam dabei Unterstützung durch den weltweit populären Podcast „Serial“. Nun hat ein US-Gericht in einer spektakulären Wende das Urteil aufgehoben. Die Entscheidung sei „im Interesse der Justiz und der Fairness“, sagte Richterin Melissa Phinn am Montag in der Ostküstenstaat Baltimore. Sie folgte damit einem Antrag von Baltimores oberster Staatsanwältin.
Syed war im Jahr 2000 wegen Mordes an seiner Ex-Freundin zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Er hat stets seine Unschuld beteuert. Am Montag wurde der inzwischen 41-Jährige dann aus der Haft entlassen. Noch im Gerichtssaal wurden ihm unter dem Applaus von Zuschauern die Handschellen abgenommen. Die „Serial“-Produzenten kündigten kurz danach an, schon am Dienstag eine neue Folge zu dem Fall herausbringen zu wollen.
Syed, der einen dichten Bart, ein weißes Hemd, eine dunkle Krawatte und eine weiße Kappe trug, nahm die Verkündung äußerlich reglos hin und äußerte sich beim Verlassen des Gerichts nicht. Seine Anwältin Erica Suter sagte, ihr Mandant könne nicht glauben, dass die Gerichtsentscheidung „real“ sei.
In der vergangenen Woche hatte die oberste Staatsanwältin von Baltimore, Marilyn Mosby, überraschend mitgeteilt, die Aufhebung des Urteils gegen Syed beantragt zu haben. Als Grund nannte sie „neue Informationen“ zu zwei möglichen anderen Verdächtigen. Außerdem gebe es Zweifel an der Exaktheit von Funkzellenabfragen, mit denen Syeds Aufenthaltsort am Tag des Mordes nachgewiesen werden sollte.
Der Staat habe „das Vertrauen in die Richtigkeit des Urteils verloren“, sagte die Ermittlerin Becky Feldman am Montag vor Gericht. Es müsse sichergestellt werden, „dass wir die richtige Person zur Rechenschaft gezogen haben“.
Die Staatsanwaltschaft von Baltimore hat nun 30 Tage Zeit, neu begründete Anschuldigungen gegen Syed vorzubringen oder eine erneute Anklageerhebung gegen ihn zu verwerfen. „Wir erklären noch nicht, dass Adnan Syed unschuldig ist“, sagte Mosby am Montag. Ihre Behörde warte auf die Ergebnisse neuer DNA-Tests. Syed muss vorerst eine elektronische Fußfessel tragen.
Er hatte in den vergangenen mehr als zwei Jahrzehnten hartnäckig gegen seine Verurteilung angekämpft. Zahlreiche Revisionsanträge wurden jedoch abgelehnt. Sein Fall ging bis zum Obersten Gericht der USA, das es jedoch ablehnte, sich damit zu befassen. Syed, der pakistanische Wurzeln hat, bezeichnete sich als Opfer anti-muslimischer Vorurteile.
In dem ursprünglichen Mordprozess hatte die Anklage Syed als „verschmähten Liebhaber“ dargestellt, der seine Ex-Freundin Hae Min Lee getötet habe, nachdem sie mit ihm Schluss gemacht hatte. Lees Leiche war im Februar 1999 in einem Wald gefunden worden. Die 18-Jährige war erwürgt worden.
Die Journalistin Sarah Koenig arbeitete den Fall später zusammen mit Kollegen auf. Die Recherchen wurden in der ersten Staffel des Podcasts „Serial“ von 2014 veröffentlicht, in dem Koenig als Sprecherin auftrat. Die Mischung aus investigativem Journalismus, Erzählung in der ersten Person und dramatischer Präsentation machte „Serial“ ungemein populär - weit über die USA hinaus.
Die dem Fall Syed gewidmete Staffel wurde mehr als 300 Millionen Mal heruntergeladen und gilt damit als der meistgehörte Podcast überhaupt. Mit seinem Erfolg trug „Serial“ wesentlich dazu bei, dass die Mediengattung des Podcast weltweite Popularität erlangte.
Die „Serial“-Rechercheure fanden heraus, dass Syeds Anwalt wichtiges Material zur potenziellen Entlastung seines Mandaten ungenutzt gelassen hatte. Der Fall wurde auch in einer Doku des US-Bezahlsenders HBO von 2019 aufgearbeitet.