Familiendrama durch Mietschulden Fünf Tote in Wohnhaus entdeckt

Halle (dpa). Ein Gerichtsvollzieher hat in Zwintschöna bei Halle den grausigsten Fund seines Lebens gemacht: In einem Reihenhaus fand er am Mittwochmorgen die Leichen eines einjährigen Mädchens, ihrer vier, zehn und 17 Jahre alten Brüder und der 37 Jahre alten Mutter. Der Gerichtsvollzieher hatte sich angekündigt, weil die Familie die Miete für das Haus seit langem nicht mehr zahlen konnte. Die finanzielle Notsituation war vermutlich der Auslöser für das Familiendrama.

Die Familie lebte seit etwa einem Jahr in der nach der Wende neu gebauten Siedlung an der Bundesstraße 6 zwischen Halle und Leipzig. Die Nachbarn wissen wenig über sie, denn die Familie war nicht sehr kontaktfreudig und lebte sehr zurückgezogen. "Wir kannten die Leute gar nicht" sagt der 72-jährige Rentner Günther Pusch, der genau gegenüber dem Haus wohnt, in dem sich das Drama abspielte. Nur die Kinder hätten draußen gespielt wie andere Kinder auch. "Die Frau sah man höchsten mal am Briefkasten".

Der Familienvater sei morgens zur Arbeit gefahren und abends mit seinem Kleintransporter heimgekommen, heißt es. Noch am Mittwoch wurde bundesweit nach dem Mann gefahndet. Welchem Beruf er nachging, weiß der Rentner nicht.

Die Nachricht von dem schrecklichen Ereignis hatte sich wie ein Lauffeuer durch den kleinen Ort verbreitet, der zur Gemeinde Dieskau gehört. Viele Einwohner eilten zum Tatort, den die Polizei abgesperrt hatte. Doch die versammelten Einwohner erfuhren ebenso wenig wie die reichlich versammelten Journalisten über das Geschehen.

Bis zum Nachmittag sicherten Kriminalisten die Spuren in dem Eckhaus mit der hellen Fassade, in dem fast an allen Fenstern die Rollladen heruntergelassen waren. Schockiert sehen die Dorfbewohner zu, als die Leichen abtransportiert werden. "Traurig, traurig sowas, man kann nur froh sein, wenn man selbst seine Miete noch bezahlen kann", sagt eine junge Frau, die mit ihrem Hund spazieren geht-

Die 16-jährige Schülerin Monice Scholze trauert um ihren Schulkamerad Andreas, eines der getöteten Kinder. "Das tut weh. Die Kinder konnten doch nichts dafür, warum mussten sie nur sterben", fragt sie mit hilflosem Blick. "Ich wohne schon 30 Jahre in der Gegend, aber so was ist unfassbar, sagt eine andere Nachbarin.

(RPO Archiv)
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